Huhu,
@PatrickHell Glückwunsch erst einmal zu Deinem Erfolg
Durch mittlerweile mehr als 10 Jahre Erfahrung im Kraftsport und da ich schon vielen Leuten beim Abnehmen helfen durfte, möchte ich auch gerne meinen Senf mal zum Thema Ernährung da lassen.
Grundsätzlich sind 11 KG in 3 Monaten schon eine Leistung, mit der Du sehr zufrieden sein kannst. Dennoch zählt hier nicht nur die Zahl, auch wenn es weniger Gewicht ist, was Dein Körper täglich bewegen muss. Du solltest Deinen Körper regelmäßig im Spiegel betrachten und auch deine Leistungsfähigkeit mit einbeziehen. Denn wer falsch abnimmt, nimmt viel Muskelmasse ab und risikiert den gefürchteten "Jojo-Effekt" oder wird nach dem Erreichen des Ziel feststellen, dass da noch mehr runter muss.
Ich persönliche rate immer dazu nach Möglichkeit 3x die Woche ein Ganzkörpertraining zu absolvieren, damit deine Muskeln gefordert und etwas geschützt werden sowie dein Kaloriendefizit aufgebaut wird. Es muss auch nicht jeden Tag ein Defizit von 500 - 1000 auf der Uhr stehen. In den Tagen dazwischen kannst Du gerne weiterhin zügig spazieren gehen oder -was ich besser finden würde- mit einer Pace von 07-08 Minuten / km joggen. Das ist schon recht langsam und du kannst, wenn es zu anstrengend wird auch kurze Gehpausen einbauen.
Ich habe es oft gesehen, dass Abnehmen für viele gleichgesetzt ist mit weniger essen bzw. der deutlichen Reduktion der Kalorien in Relation zum Grundumsatz. Natürlich ist es wichtig die eigene Ernährung zu reflektieren und an ein paar Stellschrauben zu drehen (weniger Fastfood, Süßkram und zuckerhaltige Getränke), da das "Mehrgewicht" ja von irgendwo her kommt. Aber nur die Reduktion von Kalorien ist keine gute Idee. Besonders, wenn dann nur die Kalorien der Nahrung gezählt werden und dann versucht wird, unter dem Grundumsatz zu bleiben. Das bringt zwar schnell Erfolge. Ist aber weit entfernt von Gesund und nachhaltigem Abnehmen.
Kleines Beispiel:
Mann, 30 Jahre alt 80 KG, 180cm, 8 Stunden schlaf, 8 Stunden sitzende Tätigkeit und 4 Stunden moderates Training pro Woche = ca. 2600 Kalorien Gesamtumsatz. Wenn wir jetzt das Gewicht auch noch erhöhen(z. B. auf noch moderate 95 KG), da die Person ja mehrgewichtig ist, ergibt sich ein Gesamtumsatz von 3100 Kalorien. Jetzt gibt es viele Kalorienrechner und Websites und überall stehen unterschiedliche Dinge und die Wörter Gesamtumsatz und Grundumsatz werden dabei oft auch falsch verwendet. Es bewegt sich aber oft so zwischen 1700 und 2400 Kalorien (bei 80 KG). Oft geistert in den Köpfen der Menschen aber eine bestimmte Zahl herum (Frauen 1500 und Männer 2000). Jetzt nehmen wir mal der Mann nimmt die 2000 an und reduziert noch moderat mit 300 kcal (oft ist es deutlich mehr, weil die Motivation hoch ist). Das würde dann grob ein Kaloriendefizit von 1400 pro Tag (!!!) ergeben. Das bringt zwar kurzfristig viele Erfolge, aber der Körper ist einem umheimlichen Stress ausgesetzt. Der Stoffwechsel fährt runter, der Kalorienverbrauch sinkt, dann bleiben die Erfolge vom Anfang aus und man befindet sich immer mehr in einer Abwärtsspirale und gibt irgendwann auf. Zudem lässt sich mit 1500 Kalorien am Tag kaum das nötigste an Vitaminen, Mineralstoffen, Proteinen und Fetten aufnehmen.
Aus diesem Grund bin ich immer dafür genau zu tracken und eine Uhr zu tragen sowie eine App zu nutzen. Fitbit nutze ich schon sehr lange und auch denen, den ich es empfohlen habe konnten damit gute Erfolge erziehlen. Man bekommt seinen Kalorienverbrauch (Gesamtumsatz) auch super vor Augen geführt und entwickelt ein Gefühl dafür. Viele sagen zwar, dass diese Uhren nicht sehr genau sind, aber die Abweichung kann nicht so hoch sein, sonst würde es nicht so gut funktionieren. Des Weiteren kann hier der Umsatz für die sportliche Betätigung gut erfasst werden. Die Bewegung im Alltag (zum Beispiel vom Arbeitsplatz zum Klo, zur Kantine, der Arbeitsweg usw) wird auch erfasst. Beim Erfassen wird die Herzfrequenz mit einbezogen, so dass auch der Verbrauch durch Bewegung mMn. recht genau ist. Plötzlich hat das Krafttraining dann auch keinen Verbrauch von 650 Kalorien mehr, wie es online stand, sondern nur noch 400, weil man lange Satzpausen hat.
Dazu solltest Du Deine Kalorienaufnahme tracken. Selbst kochen vereinfacht das enorm. Ansonsten musst Du lernen gut zu schätzen, was aber auch gut funktioniert, wenn man etwas Erfahrung gesammelt hat. Dabei würde ich alle wiegen und tracken, damit man ein Gefühl entwickelt. Oft habe ich dann in geschockte gesichter geblickt, weil die 4 kleinen Brötchen aus der TK-Abteilung am Sonntag dann schon 550 Kalorien ausmachen und dann kommt noch der Aufstrich dazu. Eine wichtige Erkenntnis, während des Trackens ist, dass wenn man sich viel bewegt hat, man auch keine Angst haben muss zu essen und auch sehen kann, was noch drin ist. So ergibt es sich oft, dass sich der Verzicht in Grenzen hält. Wenn man am Wochenende 2 Stunden im Wald spazieren war und dadurch über 1000 Kalorien verbrannt hat, ist dann halt die Pizza oder Chips Abends auf der Couch auch drin.
Und nein. Fastfood alleine macht nicht dick. Auch die Menge an Lebensmitteln nicht. Schlussendlich ist die Kaloriendichte, die Menge und der eigene Verbrauch relevant. Wer Bock auf einen Cheeseburger hat, soll ihn essen, wenn es reinpasst. Bis man bei einer Diät an einen Punkt kommt, wo man Themen wie Insulinspiegel, Insulinempfindlichkeit, Kohlenhydrate, Anzahl der Mahlzeiten usw mit einbeziehen sollte, dauert es und man redet dann auch nicht mehr vom Abnehmen, sondern davon, ob und wie man ripped genug für die Bühne ist.
Natürlich ist es wichtig, die Ernährung möglichst gesund zu halten. Aber wir sollten unser Leben auch genießen und viele machen zu Beginn den Fehler (bald ist es ja wieder soweit), an Tag X das komplette Leben umzukrempeln. Das funktioniert aber nur bei den wenigsten. Man brennt zu schnell aus. Aus diesem Grund würde ich empfehlen, das Projekt langsam anzugehen und langsam umzustellen. Zuerst würde ich von einer Einheit Krafttraining pro Woche auf zwei, dann auf drei gehen und wenn man es geschafft hat, das gewünschte Bewegungspensum in den Alltag zu integrieren und es durchzuziehen (mal eine Einheit ausfallen zu lassen ist nicht schlimm), dann kann man sich dem nächsten Thema der Ernährung widmen und dort dann auch hier und da etwas verändern. Die Veränderungen sollen ja auch nachhaltig sein, weshalb man auch die nötige Zeit braucht, um Erfahrungen zu sammeln und das nötige Wissen aufzubauen. Wenn man von heute auf morgen alles umstellt, dann ist man selbst oft einfach mit allem überfordert.
Noch ein letztes Wort zum Thema Waage und Körpergewicht. Es ist nur eine Zahl, welche als Orientierung zu interpretieren ist. Oft hab ich das Feedback bekommen "ich hab jetzt wieder zugenommen". Ich koche schon seit Jahren vor uns esse somit fast eine Woche immer das gleiche. Daher ist es für mich gut abzuschätzen, wie sich mein Körpergewicht verändert. Doch die meisten Menschen tun das nicht. Das heißt Wasseraufnahme, Speicherung und Magen / Darminhalt weichen von Tag zu Tag ab. Somit auch das Gewicht auf der Waage. Außerdem spielt das Gewicht von unttrainierten Menschen am Anfang oft verrückt. Es wird Fett verbrannt, es werden trotz Defizit der eine oder andere Muskel aufgebaut (Beginnergains) und so kann es auch sein, dass nach 1-2 Wochen nicht groß etwas verändert hat. Das wird dann oft auch fehlinterpretiert. Genauso höre ich Erzählungen, wie "Ich hab in 2 Wochen 8 KG abgenommen". Das mag zwar stimmen, aber hier ist das Körpergewicht auch nur eine Zahl. Eigentlich ist das nur viel Wasser, die verminderte Nahrungsaufnahme drückt das Körpergewicht, vielleicht etwas Körperfett und wenn die Bewegung gefehlt hat (was oft der Fall ist) auf jeden Fall Muskelmasse (nur mal als Vergleich. Ich hab während meiner Kreuzbandoperation und den zwei Tagen wo ich das Bein nicht bewegen konnte, so viel Muskelmasse in dem Oberschenkel gelassen, dass ich das Bein nicht mehr aus eigener Kraft anheben konnte. Ich konnte mit beiden Händen um den Oberschenkel rumgreifen). Gerne wird dann vor Tag X auch noch einmal richtig reingehauen, was beim Start gerne für 2-3 KG mehr sorgt, was dann natürlich größtenteils wieder ausgeschieden wird. So bleibt für die Fettverbrennung unterm Strich nicht viel übrig.
Kurz gesagt
1. Das Kaloriendefizit möglichst durch Bewewgung erreichen. 300 Kalorien pro Tag sind vollkommen ausreichend. Auch wenn es länger dauert abzunehmen.
2. Krafttraining ist für den ganzen Körper ist wichtig.
3. Tracken, Tracken und noch einmal Tracken, auch wenn es nervig ist
4. Die neuen und gesunden Gewohnheiten nach und nach in das eigene Leben integrieren. Von 0 auf 100 scheitert oft
5. Gewicht ist nur eine Zahl. Entweder täglich wiegen und richtig interpretieren oder wenn es einen demotiviert, dann bitte nur 1-2x im Monat wiegen.
6. Ein Tag mit keinem Kaloriendefizit oder gar einem leichten Plus sorgt nicht dafür, dass man wieder deutlich zu nimmt.
Das sind meine Erfahrungen zu dem ganzen Thema Ernährung, Sport und Abnehmen. Das wichtigste ist ein funktionierendes Feedbacksystem, damit man nicht auf der Stelle tritt und zum Beispiel durch den wöchentlichen "Cheatday" dann alles wieder hinter sich einreißt. Wie das aussieht muss jeder selbst feststellen. "Viele Wege führen nach Rom".
LG und weiterhin viel Erfolg.