Wer mag, ein "kleiner" Laufbericht.
17. Sächsische Mt. Everest Treppen-Marathon 2021
Vorbereitung:
Angemeldet hatte ich mich schon 2019 dazu, nach meiner ersten Teilnahme an dem Event. Letztes Jahr fand coronabedingt nur ein "Virtueller Lauf statt" und auch dieses Jahr wurde der Lauf von April auf September verschoben. So ergab sich für mich eine einmalige Chance, zwei komplette Sommermonate zum Treppentraing. Keine Kälte, kein Schnee, immer kurze Sachen ... ein Traum.

Insgesamt wurden es 34 Traininsgläufe, im Durchschnitt 10 Runden (1:40h), davon 3x20 Runden als längste Läufe.
Ziele:
Meine drei Ziele für den Lauf waren: die 100 Runden in 20h schaffen / die 24h durchlaufen / (das Geländer nicht nutzen).
Der Lauf:
Die Nacht zum Lauf war ich nach 3 h Schlaf wach und ab da begann das gefühlt minütliche Rumgewälze. Die Nächte vorher waren allerdings auch nicht besser, optimal ist anders. Nach einer großen Pizza ging es dann Richtung Treppe, wohne nicht weit weg davon. Beim Autoparkplatz hatte ich echt großes Glück. Einschulung war an dem Tag und auch das Spitzhaus (Gaststätte/Veranstaltungsort/Weingarten) war somit gut besucht. Selbst im Parkverbot standen diverse Autos. Ich komme an und genau da fährt ein Auto aus einer Parklücke, die nicht allzuweit weg vom Veranstaltungsort war. Für mich quasi ein 6er im Lotto, sonst hätte ich mit Gepäck weit laufen müssen. 14:30 Uhr war dann im großen Zelt die Einweisung und Startnummernausgabe der Einzelgänger, die Stimmung war aufgeheitert. Es ging auch um Weintrauben, Waschbären und das "Maskottchen" (Clara)

, welches nach vielen Jahren immer noch mit dabei ist. Die Themen Corona und Zugausfälle zollten aber auch hier ihren Tribut, das Zelt war noch nicht mal "halb voll". Am Start standen dieses mal "nur" 43 Läuferinnen und Läufer.
15:30 Uhr gab es noch das gemeinsame Gruppenfoto und Punkt 16 Uhr erfolgte der Startschuss. Dieser hat dann wohl auch noch die letzten Wolken vertrieben, als wenn es so geplant war, ab da strahlte die Sonne voll auf die Treppe hinunter. Nur unten, auf der 150m Strasse von der Treppe zum Wendepunkt, war teilweise etwas Schatten. Na super, es waren wohl so um die 22 Grad. Der Puls war von Anfang an so ein ganzes Stück höher und man war schon nach kurzer Zeit klatschnass. Ein Thema, was mich durch den gesamten Lauf bekleiden sollte. Die ersten 20 Runden liefen trotzdem super, die Kraft war da und ich bin die gesamte Strecke gelaufen, also wo es möglich war. Die schnellen Läufer hatten da eine andere Strategie. Die Treppe schnellstmöglich runter, am zweiten Tag dann mit voller Geländerunterstützung und dafür hochzu alles gehen. Wie die teilweise die Treppen runter sind tat mir schon beim Anblick weh, das konnte nicht gesund sein. Habe mich bewusst dagegen entschieden, brauche meine Knie noch ein paar Jahre. Und so ging es ständig in Trippelschritten hinunter, am Anfang auch recht flott. Bei Runde 25 kamen dann langsam die Gedanken in Richtung kurzer Pause, welche ich dann auch bei Runde 30 gemacht habe. Es wurde nun härter.
Davor waren auch wieder die Feuerwehr / THW Leute unterwegs, die immer wieder abwechselnd eine Runde in kompletter Montur mit Gasmaske hinter sich gebracht haben. Ein einzelner Feuerwehrmann hatte sich die 100 Runden vorgenommen, in voller Montur, ohne Gasmaske. Er hat es auf ingesamt 30 Runden geschafft und ist am Sonntag dann mit normalen Sportsachen weitergelaufen. Starke Leistung! In den ersten Stunden war die Teilnehmeranzahl ja noch übersichtlich und so gab es fast bei jeder Runde die Ankündigung der einzelnen Läufer durch den Moderator, mit Rundenanzahl, Platz und Zeiten. Dazu noch die Anfeuerung durch das gesamte Crew Team am Verpflegungspunkt ... war echt genial und gleichzeitig ein guter Ansporn.

18 Uhr starteten dann die "Sherpas", allerdings auch in sehr übersichtlicher Anzahl, da waren wohl einige nicht gekommen. Diese hatten 25 Runden als Ziel, quasi als Einstieg in den Treppenlauf.
Die 30er Pause dauerte etwa 15 Minuten, T-Shirt- und Hosenwechsel, war klatschnass. Mit der Startnummer muss ich mir zukünftig was einfallen lassen, die mehrfache Montage hat mich einiges an Zeit gekostet. Ein Blick auf die Uhr, noch schnell laden bevor es weitergeht! Uhr ab, Powerbank und Mini USB Kabel aus der Tasche ... moment mal ... Mini USB Kabel?!? Passt perfekt ans Handy, aber ganz sicher nicht an die Garmin Uhr.

Na toll! Bei jedem Ultra hätte ich mich nun schwarz geärgert, bei der ründlichen Zeitmessung war es mir aber ganz schnell wieder egal. Habe die Uhr dann bis zum Ende rein als Uhr genutzt, was letztendlich auch hilfreich war. Zum Glück gibt es beim Baer-Service Rundenzeiten, wo ich dann einige Sachen nachvollziehen konnte.
Es ging wieder los, das Tempo wurde nun aber spürbar langsamer. Das nächste Ziel stand bereits nach sehr wenigen Runden fest, speziell für den Kopf. Nach Runde 50 gibt es eine längere Pause, muss einfach sein! Man braucht Ziele, das lenkt von anderen Sachen ab. Zwischenzeitlich waren dann auch die 3er Seilschaften gestartet, nun war etwas mehr los auf der Treppe. Die hatten auch die 100 Runden als Ziel, als 3er Team, jeweils aber stets nur ein Läufer auf der Strecke.
Es lief bereits jetzt mehr als zäh, aber irgendwann war die Runde 50 abgeschlossen. Endlich Pause! Wieder der T-Shirt Wechsel mit der Startnummerfummelei und die Hose wurde auch gewechselt, obwohl diese nicht viel trockener war. Es wurde nun recht frisch, keine schöne Sache wenn man komplett nass ist. Nun war mir auch schlagartig klar, dass ich zu wenig Sachen mitgenommen hatte, auch wenn es insgesamt 4 T-Shirts waren. Im großen Mannschaftszelt gab es trotz gegenteiler E-Mail Ankündigung nun doch ein Heissluftgerät, was die Raumluft etwas angehoben hat. Vielen Dank dafür, war super! Also schnell der Sachenwechsel, in den Stuhl rein und die Beine hoch. Hunger hatte ich nicht, aber ich müsste nun doch langsam mal was essen. Im Starterbeutel gab es eine große Erdnusstüte, mit gesalzenen Nüssen. Da hat jemand mitgedacht.

Also gab es nun Erdnüsse mit Landbier, die Welt war für kurze Zeit in Ordnung.
Nach guten 30 Minuten ging es dann weiter, die Pause tat dem Kopf gut, allerdings nicht den Beinen. Die Rundenzeiten wurden weiter langsamer und im linken Fuß hatte ich nun Ansätze von Fußsohlenkrämpfen, die immer wieder kamen.

Mist, ich hatte nach einem anderen Lauf schon mal solche Krämpfe, das ist schlimmer als Wadenkrämpfe. Magnesium hatte ich die Tage schon regelmäßig genommen, auch am WK Tag. Der Grund fiel schnell auf die Schuhe, die ich normalerweise nur bei den schnellen WK Läufen trage. Die sind leicht, tragen sich gut, gibt keine Blasen und mit denen bleibt man an den Treppen nicht hängen (Profil). Diese sind allerdings relativ hart, beim Training habe ich hauptsächlich weichere Schuhe getragen.
Bei Runde 60 gab es also die nächste Pause, nun wurden schnell Schuhe und T-Shirt gewechselt. Draußen war es regelrecht kalt geworden, dicker Nebel zog auf. Glücklicherweise hatte ich dann doch die dünnen Windjacken mitgenommen, die ich schnell angezogen habe. Ebenso wurde das eigentliche Sonnenbasecap aufgesetzt, es wurde kühl am Kopf. In der farblichen Kombination von Schuhen, Socken, Hose, Windjacke und Basecap sah ich nun aus wie ein Harlekin

, glücklicherweise gibt es keine Fotos davon und es war Nacht und Nebel. War mir in dem Moment aber total egal.
Weiter ging es, die neuen Schuhe waren im Gegensatz nun superweich, eine Wohltat. Der Beginn der Krämpfe kam trotzdem immer wieder vor, speziell wenn ich Läufern ausweichen musste, oder andersweitig aufgetreten bin als sonst. Sowas kann den Lauf beenden, ein anderer Läufer musste mit Wadenkrämpfen bereits aufgeben. Sowas braucht kein Mensch. Der Nebel wurde immer dichter, teilweise war nur 10 Meter Sicht. Nun waren nicht nur die Sachen komplett nass, sondern der ganze Körper. Hatte gedacht, dass ich mich bei dem Lauf gar nicht umziehen muss (12-22 Grad), so kann man sich irren. Eigentlich wollte ich nun aller 10 Runden Pause machen, war kopfmässig aber nicht mehr drin. Nun gab es aller 5 Runden eine Pause, also so aller ~70 Minuten. Ich war am Tiefpunkt angelangt, sowohl mental als auch körperlich. Die Gedanken kreisten nun eigentlich nur noch um Aufgabe, Krämpfe und wieso tut man sich sowas eigentlich an ... ist doch total bekloppt!

War doch 2019 schon dabei, müsste es doch besser wissen! Dazu noch der dichte Nebel, die Nässe und die Kälte, grausam, hat alles perfekt zusammen gepasst. Nur eines hat mich daraus gezogen, du hast noch nie aufgegeben! Also ging es irgendwie von Runde zu Runde weiter.
Bei Runde 65 gab es eine kurze Pause, die nächste war dann bei 70 ... es war eine reine Quälerei. Getrunken habe ich die ganze Zeit nur Apfelschorle, mal mit, mal ohne Wasser. Wenigstens etwas Zucker. Bei der Verpflegung habe ich komplett gepennt, das ging komplett an mir vorbei. Irgendwie war ich die ganze Zeit im Tunnel. So habe ich erst bei der Pause nach Runde 70 entdeckt, dass es Weißbrotschnittchen mit Salami im Verpflegungszelt gab und auch auf der Strecke gab es zumindest Kleinigkeiten, in Form von Kartoffeln, Gemüse, Chips, Salzstangen und so weiter. Also gleich mal reingehauen.
Und siehe da, nach der 75er Pause kam die Beinkraft langsam zurück.Die beginnenden Krämpfe waren zwar nach wie vor da, aber es wurde nun ganz langsam hell und der Nebel begann sich leicht zu lichten. Das war der Wendepunkt, auch mental wurde es nun um einiges besser. Der Kampfeswille war wieder da! Meine Ziele hatte ich schon bei Runde 60 aufgegeben, was war nun aber noch zu retten? Das Rechnen begann und die Entscheidung stand schnell fest. Nach Runde 80 gibt es die letzte Pause und danach ziehst du egal wie durch! Bei der 80er Pause nochmal schnell das letzte T-Shirt an, das Basecap und die Windjacke aus, noch schnell ein paar Schnittchen und es ging wieder auf die Strecke.
10 Uhr startete dann die 2. Sherpa Gruppe (25 Runden),da war nun einiges mehr los als am Abend, war eine gute Abklenkung. Kurz nach dem Start verzog sich dann auch der Nebel komplett, die Sonne kam raus. Schlagartig war es warm, zum Glück lag ein Teil der Strecke noch im Schatten. Sämtliche Gedanken an Pause wurden konsequent verdrängt, da ist zeitlich doch noch eine gute Zeit drin. Die Ankündigung vom Moderator, dass man die letzten 10 Runden einfach genießen soll, nahm ich mit einem gequälten Lächeln mal so hin. Es blieb mir eh nix anderes übrig.
Davor und danach gab es die ersten Einzelgänger Finisher, die mit viel Begeisterung im Ziel empfangen wurden. Da willst du auch endlich hin. Der Schatten verschwand nun ganz von der Strecke, so wie der Laufstart am Vortag begonnen hatte, so endete er auch. Für mich war ganz schnell klar, nach 100 Runden ist definitiv Schluss! Auch wenn jeder einzelner Anstieg nun richtig hart war, mit dem Ziel vor Augen zieht man egal wie durch. Endlich die 99. Runde, gleich ist es geschafft, welch ein Wahnsinn.
Kurz vor der Ziellinie (99. Runde) die Ankündigung des Moderators, wir machen jetzt mal kurz Pause. Bin über die Linie und stand dann trinkend mit einem Grinsen vor ihm, war lustig. "Kann doch nicht sein, wir wollen jetzt Pause machen, du bleibst jetzt mal 5 min hier stehen!" und hat mich dabei kurz am Schlafittchen gepackt. Auch vorher gab es schon diverse Witzeleien mit den fleissigen Helfern, das hilft über alle Schmerzen hinweg. Ein letztes Mal ging es nun auf die Stecke, laufend, nochmal "flott" die Treppe hinunter. Das letzte Mal um den Wendepunkt, den Hügel hoch in Richtung Clara, die unten an der Treppe die Medaillen verteilt hat. Mit einem dicken Grinsen habe ich mir dann die Medaille umgehangen und mich bei Clara und den anderen bedankt.
Nun ging es ein letztes Mal Treppe hoch. Dabei wurde ich von mehreren Läufern abgeklatscht und es gab Glückwünsche. Oben an der Treppe dann die super Ankündigung vom Moderator, die mich bis zum Ziel hin bekleidete. Und mit Applaus ging es dann auch endlich über die Ziellinie! Ist schon ein tolles Gefühl, wenn man es endlich geschafft hat.
Technische Daten: 84,8 Km / +8.848 Hm / 20:24h / ~1:40h Pause / 100 Runden / 39.700 Sandstein Stufen.
Fazit:
Es ist nicht nur die Schwierigkeit / Besonderheit welches dieses kleine Event ausmacht, es ist einfach auch das ganze Drumherum. Ein tolles Crew Team, top organisiert und fleissige, freiwillige Helfer, die immer ein Ohr für einen hatten. Dazu noch die top Verpflegung und die gute Stimmung ringsrum, die Ultra Läufer sind schon eine spezielle Gruppe.
Meine Ziele habe ich nicht erreicht, was mir aber total egal ist. Auf den letzten 20 Runden konnte ich einiges wieder gut machen, was ich mir vorher gar nicht mehr vorstellen konnte. Immerhin habe ich das Geländer nicht ein einziges Mal nutzen müssen, wenigstens ein Ziel erreicht.

Ansonsten zu wenig gegessen und die richtig langen Läufe haben im Training gefehlt, die 3x20er Läufe waren einfach zu wenig. Habe es mir nicht nehmen lassen, mal die schnellen Läufer bei "DUV" zu "stalken". Da habe ich dann richtig große Augen bekommen und da macht es dann auch Sinn, warum einige bis zum Ende so locker hoch und runter sind.

Da waren in den letzten zwei Monaten Läufe mit zig Höhenmetern dabei, 24h Läufe, bis hin zum 200 Km Lauf.
Bilder: https://www.treppenmarathon.de/fotos/11/
Die nächste Mt. Everest Bezwingung ist bereits für Anfang Mai 2022 geplant und nun ratet mal, wer sich dafür anmelden wird.