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Ulmenallee

Ulmenallee

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Ich heiße Allison. Ich bin 15 Jahre alt. Wenn es nach meiner Mutter geht, dann wohne ich in der Ulmenallee.
Tu ich natürlich nicht. Erzählt meine Mutter aber immer. Wenn Männer aus dem Internet sie treffen wollen schickt sie sie in die Ulmenallee. Oder wenn man etwas umsonst bekommen kann, dafür aber seine Daten aufschreiben muss. Dann leben wir in der Ulmenallee 128 in Berlin. Danke!


Hier wachsen aber keine Ulmen. Eigentlich wächst hier nichts, was wiederum verwundert bei der ganzen Pisse, Kotze und Scheiße die hier jede Nacht auf der Straße landen. Eigentlich müsste es hier blühen. Aber das einzige was wächst sind kleine Haufen aus Müll.

Warum meine Mutter ausgerechnet in der Ulmenallee wohnen will weiß ich nicht. Vielleicht weil es so schön klingt, so normal. Als könnte dort eine Familie wohnen. Vater, Mutter, Kind, Hund. Nr. 128 ist klar: Sie hat am 12.8 Geburtstag.

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[h=4]Westend am anderen Ende der Welt[/h] Die Ulmenallee 128 liegt in Westend/Charlottenburg. Mit den Öffentlichen brauche ich etwa 60 Minuten.
Wenn ich laufe 75 Minuten. Es fühlt sich an wie das andere Ende der Welt. Wie eine Spiegelwelt. Die Straße sieht aus wie meine Straße. Aber die Laternen sind klein, grün und verschnörkelt. Die Wände sind ohne Graffiti. Auf dem Boden liegen Blätter statt Tüten.
In der echten Ulmenallee gibt es 2 Botschaften. In meiner Ulmenallee gibt es 2 Spielhallen.

Wenn ich aus der echten Ulmenallee stadtauswärts laufe bin ich im Grünen bevor ich schwitze. Die Stadt hört auf, es wird leiser und ich werde schneller.

Ich laufe aber aus meiner Ulmenallee los. Egal in welche Richtung, die Stadt ist überall. Sie hört nicht auf. Nach Süden übers Tempelhofer Feld? Nach Osten? Norden? Westen? Es ist egal, die Stadt hat den längeren Atem. Noch

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[h=4]Hinterherlaufen[/h] Normalerweise laufe ich alleine. Ich mag es alleine zu laufen. Aber ich bleibe selten alleine. Sobald ich am Park bin höre ich dieersten Kommentare, trotz Kopfhörer. Irgendwer brüllt einem immer hinterher. Mein Busen ist nicht sehr groß, aber wenn ich die Wiener Straße entlang laufe und die ersten mir Speed und Pillen anbieten, dann kommt er mir riesig vor.Als würde er mich erschlagen und jeder der zu mir herüber sieht starrt ihn an.
Vor ein paar Wochen war ich wieder unterwegs. Diesmal nicht im Görlitz, sondern rüber über die Spree. Am Schlesi kamen mir plötzlich jede Menge Läufer entgegen. So wie sie in den Blogs aussehen. Schöne Menschen, alle schon älter, Mitte 20 bis 30 in tollen Laufsachen. am Ende der Gruppeliefen 2 Frauen und dann passierte ist: Sie nickt mir zu! Und lächelt! Siehat mich als Läuferin wahrgenommen. Als ihresgleichen. Trotz meines Primark-Tshirt und meiner 20-Euroschuhe.
Ich hab bestimmt 10Sekunden auf der Straße gestanden bis die Gruppe in der Köpenicker verschwunden ist. Und dann bin ich hinterher. Die Gruppe war nicht so schnell alsohatte ich sie baldwieder. Natürlich binich weit genug weg geblieben, denn ich wollte nicht auffallen. Aber plötzlich war ich unsichtbar.
Eine von vielen.
Die ganze Köpenicker lang, dann links am märkischen Ufer lang. Über dieAxel-Springer Straße. Vorne Lief ein Mann der sowas wie der Anführer war. Der sagte wo lang. Und wie? Kreuz und quer über die Straße. Ich versuche nicht gesehenzu werden wenn ich laufe.
Dieser Gruppe waren hupende Autos egal.
Während ich der Gruppe durch Mitte folgte fragte ich mich ob sie jemals anhalten würden.
Ich war schon klatschnass geschwitzt und meine Füße brannten. Und dann lief dieGruppe durchs Brandenburger Tor.
Einfach so. Als würde es ihnen gehören. So eine Gruppe macht stark. Und schnell. Dann ging es weiter Unter den Linden. Zwiachen den Touristen durch die uns Platz machten. Immer hinerher, weit genug weg um nicht ausfzufallen aber nah genug dass man mich für eine von denen halten könnte. Und plötzlich bleiben sie stehen. Einfach so voreiner Schule. Bevor ich es mitbekomme stehe ich schon mittendrin. Voll reingelaufen. Meine Beine fühlen sich Butterweich an undzittern.
Alle lachen klatschen sich ab und gehen ihrer Wege. Und ich stehe da und komme mir so allein. Ich willes wieder. Ich will eine Läuferin sein. Eine von vielen. Eine von denen

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schau im I-Net nach einem Lauftreff in deiner Nähe oder akzeptabler Ferne. Ganz ohne Hoffnung ist das nicht
12.05.2007 / 12.05.2012 / 09.04.2013 / 27.05.2017
...an Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit
An Tagen wie diesen, haben wir noch ewig Zeit
In dieser Nacht der Nächte, die uns soviel verspricht
Erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht
(Toten Hosen)
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BIG 25 Berlin 2015 HM 2:14:xx

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Mir hat jemand Geld geboten


Jemand hat mir Geld angeboten, einfach so. Sagt er zumindest.
Kein Bargeld sondern einen Amazon-Gutschein. Damit ich mir Laufschuhe kaufen kann.
Ich hab mich nicht getraut es anzunehmen. Hätte ich sollen? Immer wenn ich jetzt Blasen habe ärgere ich mich dass ich es nicht angenommen habe

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Sehr interessant, was du schreibst und wie du es scheibst. Macht Spaß zu lesen. Bin gespannt, wie es weiter geht. :daumen:

Und bei der 128 musste ich lachen. Nein, ich habe nicht am 12.8. Geburtstag und ich wiege auch keine 128 kg. :D

Und beim Lesen kam mir direkt der Gangsterrapper Peter Fox in den Sinn: Berlin, du kannst so hässlich sein ...

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d'Oma joggt hat geschrieben:schau im I-Net nach einem Lauftreff in deiner Nähe oder akzeptabler Ferne. Ganz ohne Hoffnung ist das nicht
Das könnte was für dich sein Allison:
http://hupsi-przybyllok.de/laufreff-bra ... ostenfrei/

und hier auch auf Fatzebuck, falls du dort "unterwegs bist"
https://www.facebook.com/media/set/?set ... 791&type=3

Fiel mir sofort ein, als du schrubst, dass ihr durchs Brandenburger Tor gelaufen seid. "Hupsis Lauftreff am Brandenburger Tor" startet und endet immer am Brandenburger Tor, ist kostenlos und offen für alle. Man meldet sich nicht an, sondern ist 19:10 anwesend, begrüßt die Anwesenden, stellt sich vielleicht kurz mit Namen vor, wenn man neu ist und dann läuft man mit. Und schon gehört man dazu. Ich weiß das, denn ich bin da auch schon ein paar mal mitgelaufen und mit einigen, die ich dort kennen lernte, bin ich mittlerweile gut befreundet. Einen Versuch könnte es Wert sein.

Ansonsten geht es mir wie Fred. Deine Schreibe gefällt mir, hebt sich ab von uns anderen hier im Tagebuchbereich und verspricht, interessant zu werden. Weiter so!

Gruss Tommi
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Mein Tagebuch: forum/threads/96079-Die-dicken-Waden-der-dicken-Wade

"Unser Denken bestimmt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was uns missfällt, werden wir auch viel Schlechtes sehen, dementsprechend über die Welt denken und unser Verhalten danach ausrichten. Menschen, die sich auf das Schöne konzentrieren, sind folglich zweifelsfrei glücklicher."

Thorsten Havener
Antworten

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