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Laufen mit Fliehkraft

Laufen mit Fliehkraft

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Liebe Foris,
habt ihr schon schon einmal vom Laufen mit der "Rotation der Fliehkraft" gehört? Ich hab mir ein Buch gekauft von Benita Cantieni "Lauf los, aber richtig". Wenn man nach dieser Methode läuft, nämlich immer unter Einbeziehung des Beckenbodens, dann "schwebt" man und hat keinerlei Beschwerden, wo auch immer.

Leider blick ich mich nicht durch bei den Übungen bzw. weiß nicht, ob ich das richtig mache. Jedenfalls laufe ich sicher nicht mit Fliehkraft......wäre aber interessiert, ob das eigentlich doch möglich ist?

Liebe Grüße
Andrea

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Carbon hat geschrieben: Ich hab mir ein Buch gekauft von Benita Cantieni "Lauf los, aber richtig".

... Jedenfalls laufe ich sicher nicht mit Fliehkraft......wäre aber interessiert, ob das eigentlich doch möglich ist?
Ich hab' mir das Buch mal in der Bücherei geliehen, seitdem laufe ich mit FLIEHkraft, wenn ich den Namen 'B. Cantieni' lese :hihi:

Sorry für den höchst unqualifizierten Kommentar, den ich mir nichtsdestotrotz nicht verkneifen konnte :P aber alleine die C.-These, dass diverse familiär gehäufte 'Fehlstellungen, Bewegungsmuster, körperliche Ausprägungen' lediglich auf 'Abgucken' zurückzuführen sind - schlechtes Beispiel von Papa und Mama eben - finde ich persönlich so hahnebüchen und - von mir - ratzfatz widerlegbar, dass ich dann auch nicht mehr unvoreingenommen über Fliehkraft und rotierende Kniescheiben beim Laufen lesen kann ...

"Anatomie eines Wunderkindes" DER SPIEGEL 14/2005

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Ich hab vor einigen Tagen einen sehr interessanten Bericht im SPIEGEL (Ausgabe 14/2005 vom 04.04.2005) gelesen. NEIN, Verfasser war nicht DER Achim A.! Diesen Artikel möchte ich euch nicht vorenthalten.

Ob das Mädchen ein Wunderkind ist, kann ich nicht beurteilen. Habe mit Wunder bislang keine Erfahrungen. Aber bestimmt ist sie ein außergewöhnliches Lauftalent (und in und um Hamburg immer wieder mal in den Schlagzeilen)!

Die Erkenntnisse des Artikels sind aus meiner Sicht - leider - für alle "normalsterblichen" Läufer nicht übertrag- oder anwendbar. Trotzdem halte ich die Infos für sehr interessant, vielleicht auch für andere hier im Forum.

Da der Artikel nicht gerade kurz ist, habe ich die Passage mit der Gravitation blau und fett hervorgehoben. Und Danke auch an den Spiegel-Verlag für die sehr kurzfristige Genehmigung zur Verwendung hier im Forum (liegt "Cheffe" vor).

Viel Spaß beim Lesen
Falk

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DER SPIEGEL 14/2005:
"L E ICHTAT H L E T I K
Anatomie eines Wunderkindes

Sie ist elf, sie sieht aus wie neun – und sie ist wohl Deutschlands größtes Ausdauertalent. Wissenschaftler der Kölner Sporthochschule haben das Geheimnis der Hamburgerin Jule Aßmann entschlüsselt. Nur der Leichtathletik-Verband weiß mit der Hochbegabten nichts anzufangen.

Im Hagener Forst, einem Naturschutzgebiet bei Ahrensburg im Norden Hamburgs, traben und trippeln 365 Sportler auf der Stelle, versuchen sich ihre eiskalten Hände ein wenig wärmer zu pusten. Sie warten auf den Startschuss zum 27. „Lümmellauf“, ein Volkslauf, 9,7 Kilometer mitten durch die bucklige Endmoränenlandschaft Schleswig-Holsteins. Ganz vorn im Feld fiebert Jule Aßmann auf das Kommando, direkt hinter ihr lauert Vater Holger. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Sie haben eine bewährte Taktik verabredet: Gleich am Anfang macht Jule mächtig Tempo, um die Masse rasch hinter sich zu lassen. Derweil hält der Vater ihr wie ein Bodyguard den Rücken frei. Nach ein paar hundert Metern wird es merklich ruhiger, und Jule pendelt sich auf ihre Geschwindigkeit ein, rund 17 Kilometer pro Stunde. Ab Kilometer sechs, hinter der vereisten Forstbrücke, geht es gut 800 Meter bergauf. Jule Aßmann verschärft noch einmal das Tempo, reihenweise passiert sie männliche Mitläufer, darunter eine Gruppe Triathleten des TSV Bargteheide. Am Ende der knapp zehn Kilometer bleibt die Uhr für Lisie bei 35 Minuten und 55 Sekunden stehen. Damit ist sie die beste Frau im Feld – die zweitschnellste folgt mit fast drei Minuten Abstand.

Der Begriff Frau ist freilich etwas irreführend. Jule Aßmann ist ein Kind. Elf Jahre alt, 1,40 Meter groß, 30 Kilogramm schwer. Biologisch, so urteilte jüngst ein Fachmann, entspricht sie dem Entwicklungsstadium einer Neunjährigen. Trotzdem läuft sie durchtrainierte Erwachsene in Grund und Boden. Nicht jeder kann mit solch einer Niederlage umgehen. Manch einer fühlt sich gedemütigt, wenn er von einem kleinen Mädchen deklassiert wird. Ja, buchstäblich entmannt. Die einen reagieren mit Unglauben, andere werden schnippisch. So wie einer, der Jule anfuhr: „Wenn du 18 bist, läufst du nicht mehr …“ Das ist natürlich nicht auszuschließen. Es kann aber auch sein, dass Jule Aßmann mit 18 Deutsche Meisterin ist und bei den Olympischen Spielen 2012 um Medaillen rennt – in einer Disziplin, die seit Jahren von afrikanischen Frauen dominiert wird.

Jule Aßmann, kein Zweifel, ist ein Wunderkind. Mit acht Jahren drehte sie ihre ersten Runden auf dem Sportplatz. Sechs Monate später lief sie über 5000 Meter eine Zeit, mit der man sich fürs Sportstudium qualifiziert. Mit knapp neun absolvierte sie ihren ersten Halbmarathon in einer Stunde 39 Minuten. In ihrer Zierlichkeit wirkt Jule wie eine zum Leben erweckte Käthe-Kruse-Puppe. Wenn sie jedoch ihr Laufzeug überstreift, wird sie zu einer anderen Person: ernsthaft, entschlossen, erwachsen. Gleichzeitig macht sie nie den Eindruck, als sei das Rennen eine Last. „Ich laufe einfach gern“, sagt sie, und man glaubt ihr. Das scheint das Holz, aus dem Sieger geschnitzt sind. Aber worin genau liegt ihre Begabung?

Wissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln wollten dem Rätsel Jule Aßmann auf die Spur kommen. Im vorigen Dezember luden sie das wohl größte deutsche Ausdauertalent zu einem Rundum-Check ein, wie er noch nie mit einem so jungen Athleten durchgeführt wurde. Die internistischen Befunde der medizinischen Grunduntersuchung waren unauffällig: weder vergrößerte Lymphknoten noch seltsame Geräusche auf der Lunge; eine Ultraschalluntersuchung des schlagenden Herzens bringt zwei kerngesunde Herzklappen sowie eine perfekte Blutströmung zum Vorschein. Relativ normal ist auch das Herzminutenvolumen von 3,9 Litern – lediglich auf Jules filigrane Konstitution bezogen, liegen die Werte rund 50 Prozent über der Norm.

Für den folgenden Test auf dem Laufband wird Jule Aßmann komplett verkabelt. Mit ihrem Pulsgurt, der Sicherheitsleine und der Maske für die Atemgas-Analyse sieht sie aus wie eine Astronautin aus dem Spielzeugkatalog. Das Band wird auf neun Stundenkilometer hochgefahren. Jule stolpert ein paar Mal – so langsam kann sie gar nicht richtig laufen. Nach fünf Minuten wird die Tretmühle kurz angehalten und ihrem Ohrläppchen ein Tropfen Blut für den Laktat- Test entnommen. Danach steigert die Sportwissenschaftlerin Astrid Osterburg die Geschwindigkeit auf 10,8 Stundenkilometer. Jetzt fühlt sich Jule schon wohler, das ist ihr Tempo bei langsamen Erholungsläufen. Von Intervall zu Intervall läuft das Band jeweils 1,8 Stundenkilometer schneller, immer für fünf Minuten, immer unterbrochen von der Blutabnahme. Nach drei Minuten bei Tempo 18 kann auch Jule Aßmann nicht mehr. Mit hochrotem Kopf und einem Puls von 212 verlässt sie das Laufband. Die Messwerte belegen: Das Mädchen hat eine außergewöhnliche Grundlagenausdauer. Bis zu einem Tempo von 14,5 Stundenkilometern kann sie den Fettstoffwechsel nutzen: Erst danach übersäuern die Muskeln, erreicht sie die anaerobe Schwelle. Joachim Mester, Leiter des Instituts für Trainings- und Bewegungslehre, beurteilt Jule Aßmann als „absolutes Ausnahmetalent“. Warum sie so schnell ist, sagt der Sportwissenschaftler, „erklären diese leistungsphysiologischen Werte allein aber noch nicht“.

Um das Geheimnis zu lüften, geht es vier Häuser weiter zu Gert-Peter Brüggemann, ins Institut für Biomechanik und Orthopädie. Wieder muss Jule auf ein Laufband, doch diesmal erfassen vier Hochgeschwindigkeitskameras ihre Bewegungen aus verschiedenen Perspektiven. Jeder Schritt wird in bis zu 500 Einzelbilder pro Sekunde zerlegt, gleichzeitig werden die Trittkräfte erfasst. Als Brüggemann die Videobänder analysiert, fühlt er sich an „viele der kenianischen Laufwunder“ erinnert. „Jules Beine haben ein auffallend geringes Massenträgheitsmoment“, erläutert der Biomechaniker. Soll heißen: Ein Bein, das wenig wiegt, das keine massige Muskulatur mitschleppen muss, läuft beinahe schwerelos. Doch das ist nicht alles. „Wenn Jule die Beine nach vorn durchschwingen lässt“, erkennt Institutschef Brüggemann, „nutzt sie die Gravitation aus – und spart Energie.“ Und weil sie das Knie nur so weit anhebt, wie es gerade mal sein muss, übernimmt auch beim Strecken des Beins die Schwerkraft einen Großteil der Arbeit. Öko- nomischer kann man nicht vorwärts kommen. Bei weniger begabten Läufern arbeiten indes Streck- und Beugemuskulatur oft gegeneinander. Die Folge ist ein erhöhter Energiebedarf. „Jules Koordination hingegen ist perfekt“, staunt Brüggemann, „sie trampelt nicht, wie manch anderer Läufer, sie rollt beinah wie ein Rad.“

Jule Aßmann ist von der Natur begünstigt. Doch so was scheint im deutschen Leichtathletikwesen nicht vorgesehen. Ihr Vater Holger wird heute noch zornig, wenn er etwa an den November 2003 denkt, das Auswahltraining für den Bundeswettbewerb „Talentecross“. Seine Tochter war damals 10, und weil ihr keine Gleichaltrige mehr gewachsen war, durfte sie bei den 12- bis 15-Jährigen mittrainieren. Fünf Läufe à 1000 Meter sollten absolviert werden. Jede Altersklasse bekam von der Übungsleiterin ein festes Tempo vorgeschrieben. Ohne viel nachzudenken, läuft Jule ihren eigenen Rhythmus. Viel zu schnell, findet die Trainerin, baut sich auf der Tartanbahn auf und versperrt der Kleinen den Weg. Sie solle gefälligst zur Gruppe zurückgehen und so langsam laufen wie alle anderen. Als Jule sich nicht festhalten lässt und einfach weiterläuft, kommt es zum Eklat: Der Cheftrainer wirft Vater und Tochter kurzerhand aus dem Stadion. Als Lehrer an einer Behindertenschule ist Holger Aßmann einigen Kummer gewohnt. Er weiß, wie laut der Amtsschimmel bisweilen wiehert. Gleichwohl fühlt er sich inzwischen wie ein müder Don Quixote, etwa wenn er wieder mal so ein Telefonat hinter sich hat wie neulich das mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband. Da hatte man ihm knapp beschieden, dass seine Tochter ab 2005 nicht mehr in der Bundesbestenliste W 14 geführt wird. Die Begründung: „Wenn wir Ihre Tochter in die Liste der 30 schnellsten Mädchen aufnehmen, dann würde ja eine 14-Jährige rausfliegen.“

Der Verband weiß mit Hochbegabten wie Jule nichts anzufangen. So durfte Jule als 10-Jährige nicht an einem 3000-Meter-Lauf teilnehmen, denn zugelassen waren dort erst Jugendliche ab 15. Natürlich gilt es, Kinder vor dem krankhaften Ehrgeiz mancher Eltern zu schützen, die ihrem Nachwuchs Extremleistungen abpressen wollen. Doch Holger Aßmann, der Sportlehrer und Hobbyläufer, bremst seine Tochter eher in ihrem Elan, als dass er sie antreibt. Nicht mehr als fünf Stunden pro Woche lässt er Jule trainieren – ein Pensum, das gleichaltrige Leistungsschwimmer oder -turner bereits locker um das Vierfache übertreffen. Doch wie soll es weitergehen? Soll Holger Aßmann der Verzögerungstaktik des Verbands folgen, dessen Trainingspläne die Tochter schlicht niederrennt? Oder soll er Jule laufen lassen, so viel sie Lust hat?

In den sechziger Jahren behaupteten die Gelehrten noch, Kinder seien nicht auf Ausdauer trainierbar. In den Siebzigern wurde dieses Dogma aufgehoben, jedoch dürfe die anaerobe Schwelle nicht überschritten werden, der vorpubertäre Körper kein Laktat bilden. „Alles Unsinn“, ärgert sich Joachim Mester. „Entscheidend ist, dass man ein Kind nicht überlastet.“ Und die Belastung lasse sich heutzutage sehr genau kontrollieren. Deshalb hat die Kölner Sporthochschule die Trainingssteuerung von Jule Aßmann übernommen. Dreimal pro Jahr muss sie dazu nach Köln reisen, dazwischen reichen regelmäßige Untersuchungen beim Hausarzt. Jule jedenfalls ist schon sehr gespannt auf ihre nächste Fahrt nach Köln. Unter den Sportwissenschaftlern fühlt sie sich erkennbar wohl. Ihre Lieblingsfächer am Gymnasium sind Sport, Biologie und Mathematik. Als Joachim Mester sie fragt, ob sie denn schon wüsste, was sie später einmal beruflich tun wolle, antwortet die Wunderläuferin: „Na, das, was Sie hier machen.“


(DER SPIEGEL 14/2005 vom 04.04.2005, S. 138)
Laufen, weil es Spaß macht.
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"The swim in an ironman is a contactsport" (NBC)

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@ Falk
Interessanter Artikel :daumen: ... auch wenn mein Kommentar jetzt am Thema vorbei geht: Der derzeitige Lauf-Hype lässt Hoffnungen keimen, dass sich im Nachwuchs noch Potential verbirgt, irgendwann mal wieder auf der internationalen Plattform beim Thema Laufen mitmischen zu können. Mir fällt da auch noch der Name Christin Liedke ein.
Steif
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Ständig verschwinden Senioren spurlos im Internet, weil Sie "ALT" und "ENTFERNEN" gleichzeitig drücken.

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immerhin stimmt bei ihr annähernd die vielzitierte Formel zur HF-max Bestimmung ;)

Ansonsten fiel mir bei der Reaktion des DLV nur ein Wort ein: Typisch....

Danke an Falk für den Link

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Seeehr interessanter Artikel, vielen Dank an Falk fürs Hineinstellen!
Auch wenn das Mädchen wirklich ein Wunderkind ist, so ist ein Laufen mit "Rotationskraft" scheinbar doch möglich....fragt sich jetzt nur, ob man das wirklich erlernen kann.

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Moin

Danke Falk :daumen:

*Jammer an* Ich hab die falschen Gene! *Jammer aus*

Typisch Deutschland, da ist jemand mega-talentiert, und dann kommen so Bremser.

Klasse fand ich, "Das Band wird auf neun Stundenkilometer hochgefahren. Jule stolpert ein paar Mal – so langsam kann sie gar nicht richtig laufen." - :gruebel: vielleicht sollte ich immer irre schnell laufen, dabei das Schnecken verlernen :hihi:
Liebe Grüsse von Gregor :hallo: (Bremen)
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Carbon hat geschrieben:....fragt sich jetzt nur, ob man das wirklich erlernen kann.
Glaube ich nicht, da ja wohl eher anatomisch bedingt.

Aber vielleicht resultieren aus den Analysen der Deutschen Sporthochschule Köln ein paar interessante Tipps zur Optimierung des Laufstils. Ich behalte das Thema auf jeden Fall im Auge.

Grüße
Falk
Laufen, weil es Spaß macht.
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"The swim in an ironman is a contactsport" (NBC)

Rotation der Fliehkraft? *LOL*

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Ich vermute mal, hier geht es in wirklichkeit um das POSEing (R) - ja
genau ein Warenzeichen! Wenn ich sowas schon sehe, bekomme ich das heulen.

Link: http://www.posetech.com/

Dabei wird so angeblioch so trainiert, dass man die Schwerkraft optimal ausnutzt, ich habe keine Ahnung, ob das was bringt. Vielleicht sollten wir mal einen Freiwilligen Fori auf so eine Schulung schicken :confused:

Laufen mit Hilfe der Fliehkraft kann allerdings nicht funktionieren, da es so etwas wie Fliehkraft eigentlich nicht gibt. Physikalisch handelt es sich um
eine Scheinkraft, aus der man keinen (Energie-)Gewinn erzielen kann.

Grüße,

KonBert
Gesperrt

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