Watt mutt, datt mutt oder: Wer nicht weiß, wo er sein Geld lassen soll ...
1Seitdem ich am letzten Samstag eine längere Strecke in meinen Beastern gelaufen bin, fühle ich mich definitiv unzufrieden mit ihnen. Meine Kondition läßt zwar immer noch zu wünschen übrig, aber das Gefühl wirklich zu laufen anstatt nur die Füße nacheinander aufzuheben und so irgendwie vorwärtszukommen, hat sich doch schon wieder eingestellt. Wenn ... ja, wenn sich nicht die Füße so unglaublich schwer und klotzig anfühlten. Die in Kurzform ja schon BBB genannten Fußbekleidungen könnte man auch als BBBB bezeichnen (= brettharte Beton Brooks Beast) und lassen mich mutmaßen, wie sich ein nicht ganz perfekt ausgestattetes Mafia-Opfer fühlen könnte. Vor der Exekution, selbstverständlich. Falls ich in den nächsten See plumpse, hätte ich zumindest mit den Jungs an den Füßen garantiert keine Chance.
Samstag abend klage ich dann in einem Lauf-Chat den anwesenden Mit-Läufern mein Leid und bekomme zu hören, daß der Beast doch wirklich reichlich heftiges Kaliber sei (ach?) und für mich als Frau mit ca. 65 kg dann doch möglicherweise eine Klasse zu heftig - zumal wenn ich meine Füße nicht völlig von Eigenarbeit entwöhnen wolle. Und das liegt mir fern.
Einen Teil des Sonntagnachmittags verbringe ich dann in einem Einkaufscenter und probiere Laufschuhe an. Zunächst anhand der Liste, die mir der freundliche Laufschuh-Berater aus dem Chat als mögliche Alternativen zu meinen Betonklötzen aufgezählt hat, dann aber auch nur nach dem "Schau' mer mal"-Prinzip.
Ach ja - die Liste ist schnell abgehakt - keiner der Schüh-chen spricht zu mir "Ja, ich bin es - DEIN Paar Schuhe!". Obermaterial zu weich, Gnubbel in der Sohle. Also nicht das wirklich Optimale. Dann probiere ich einen weiteren Schuh aus und plötzlich habe ich das Gefühl mich fußtechnisch "zuhause" zu fühlen.
Auf den Preis hatte ich nicht geachtet - ein Blick auf die entsprechenden Zahlen initiieren einen momentanen Blackout und einen zweiten Blick auf den Schuh: Hatte ich die Blattgoldapplikationen übersehen? Oder die mundgemalten Miniaturen ? Oder war der Schnürsenkel doch aus handverarbeiteter Spinnenseide?
Wie auch immer - für einen Spontankauf viel zu teuer. Also die Marke gemerkt und nachhause gefahren und recherchiert:
Wäre dieser Laufschuh laut Meinung der Experten zumindest grob passend für meine Senk-Überpronier-Füße? Laut Wiesel ist das Modell ein Super-Rundum-Alleskönner, der mittlere und schwere Überpronierer glücklich machen kann. So so. Und arm. Ja, ja.
Ich fahre nach der Recherche glatt noch einmal los und versuche mein Glück in einem anderen Einkaufscenter. Wieder fühle ich mich in viele Schuhe ein und in nur diesen zuhause. Grmpf. Mein Gejammer über den exorbitanten Preis dieser Wunderschuhe verbreitet sich mittels ADSL in geschriebener und gesprochener Form flächendeckend in Deutschland.
Der Montagmorgen dann sieht mich noch immer ohne ein weiteres Paar Schuhe. Aber der Gedanke läßt mich nicht los. Ich bespreche meinen Wunsch nach neuen Laufschuhen in der Kaffeepause mit meiner Kollegin, die auch schon seit mehreren Jahren läuft und ihre Schuhe bisher in einem kleinen Laden in der nächstgrößeren Stadt erstanden hat.
Einschub: So ganz traue ich ihrer Schuh- und Läufer-Erfahrung nicht, erzählt sie mir doch von Blasen, die sie sich regelmäßig an einer bestimmten Stelle holt - in ALLEN ihren Laufschuhen. Wie ich allerdings erst im Laufe des Montagnachmittags erfahre, besitzt sie trotz fast 5jähriger Lauf-Erfahrung nur gerade 2 Paar Schuhe, von denen das eine bereits in den Kindergarten, das andere in die Vorschule gehen könnte.
Da sie auch Interesse an einem neuen Paar Schuhe hat, beschließen wir nach Feierabend gemeinsam einen Abstecher nach Malmö zu machen und unsere Füße möglicherweise neu auszustatten.
Der Laufladen macht einen guten Eindruck. Der nette Verkäufer heißt uns Schuhe und Socken ausziehen und auf einen Glaswürfel mit Spiegelboden steigen. Dort begutachtet er den Winkel der Achillessehne, den Fußverlauf und den Fußabdruck. Anschließend schickt er uns noch mit dünnen Turnschuhen aufs Laufband und nimmt die Füße im Laufen auf Video auf.
Anschließend erzählt er mir das, was ich eigentlich schon wußte: breiter Fuß, Überpronation aber kein Plattfuß. Die Überpronation wird von ihm allerdings als "moderat" eingestuft, auch wenn der rechte Fuß deutlich mehr nach innen knickt als der linke.
Ich bekomme zweimal drei Modelle vorgelegt und probiere an. Adidas: zu schmal. Puma: fürchterliche Paßform. Saucony: zu tief ausgeschnitten, kein Halt. New Balance: Knubbel in der Sohle .... auch ein Mizuno führt nicht zur Begeisterung und der akzeptabelste wäre noch ein Asics Gel irgendwas, der mich auch nicht glücklich macht.
Meine Hinweise auf Knubbel hier und Drücken da und überhaupt kommentiert der Verkäufer in der Form, daß er meint, ich sei keine Pronationsstütze gewohnt. Ha! Ich und keine Pronationsstütze gewohnt! Ich lebe in einer Pronationsstütze! Ich laufe mit Betonschuhen! Ich erwähne meine Laufschuh-Erfahrung (Kayano IX, Adidas Supernova Control, Brooks Beast) und ihm fällt ein, daß er den Kayano ja ganz vergessen hätte - er hatte nämlich vorher schon gesagt, mehr für mich passende Modelle hätte er nicht anzubieten. Also probiere ich auch noch mal das aktuelle Modell des Kayano X in Silber-Blau (potthässlich übrigens) an, das sich aber lange nicht mehr so gut anfühlt wie mein Kayano IX damals.
Ende vom Lied: Kein Einkauf - nur die Überzeugung, daß ich diese ganzen "für mich passenden" Modelle nicht mochte. Ist ja auch schon was - zu wissen, was man NICHT möchte.
Auch Kollegin P. ist mit ihrer Auswahl an Modellen nicht glücklich, hat aber immerhin die Erkenntnis gehabt, daß ihre bisher gewählte Schuhgröße wohl doch eine halbe Nummer zu klein ist - was die ständige Blasenbildung in ihren doch ausreichend (!) eingelaufenen Schuhen erklären könnte.
Auf dem Weg von Malmö nach Lund erzähle ich ihr von meinen Blattgold-Schuhen und überrede sie, mit mir noch einmal in das entsprechende Einkaufscenter zu fahren, damit sie sich die Wunderschuhe auch ansehen und möglicherweise sogar anprobieren kann.
Die Schuhe sind noch immer da, lachen mich an und fühlen sich kein bißchen schlechter an als am Tag zuvor und um Größenordnungen besser als alle Modelle, die ich vorher probiert habe. Kollegin P. probiert dasselbe Modell in einer etwas geräumigeren Größe an und ist ebenfalls begeistert. Nachdem ich nun vielen anderen Schuhmodellen eine reelle Chance gelassen habe, mich von ihrer Qualität zu überzeugen, nehme ich mir ein Herz und wende meine Aufmerksamkeit von meinem Bankkonto zu meinem Bauchgefühl. Und der Bauch kommuniziert über eine Direktleitung mit meinen Füßen und sagt: Mach ett. Ich zücke meine Kreditkarte und schreite zur Tat.
Kollegin P. macht dasselbe. Ein guter Tag für die Spinnenseiden- Schnürsenkel- Fabrikanten.
Morgen früh probiere ich die Schuhe so richtig aus - in Erwartung dessen ändere ich meine Signatur bereits von "Running with the Beast" zu "Running in Trance".
Ella - PS: Der Laufschuhladen hatte die Marke "Brooks" nicht im Sortiment, die werden hier in Schweden wohl nur von STADION vertrieben. Und die haben nicht mal n Laufband. Und draußen rumrennen durfte ich nicht.
Laufpony - aber da geht noch watt !