Banner

Paris marathon am 10. April 2005

Paris marathon am 10. April 2005

1
Vor Jahren hatte ich mir vorgenommen niemals einen Städtemarathon zu laufen mit mehr als 10.000 Läufern. Mein persönliches Limit war deutlich niedriger, weil ich solche Megaveranstaltungen nicht mag und lieber entspannt und mit Platz um mich herum laufe. Im Januar ritt mich der Teufel und ich habe mich für den Paris Marathon angemeldet, weil quasi um die Ecke. Immerhin 35.000 Läufer. Aber wer weiß?

Am 26. März hatte ich einen tollen Lauf in Kapstadt über 56 km, so dass ich nicht wusste, wie ich drauf bin für Paris. Körperlich oberflächlich erholt (Eine Rücksprache mit Manfred Steffny erbrachte als Tipp, Paris als Genusslauf über 4 Stunden, 4:00 bis 4.30 anzugehen). Die Wetterberichte verhießen nichts Gutes. Am Samstag pfeift ein eisiger Wind durch Paris, 2 bis 4 Grad vormittags und Wind bis 30 km/h, kalt dazu. Na toll! Immerhin heißt es, dass der Sonntag milder werden soll: 4-6 Grad, kaum Wind, trocken.

Tatsächlich ist es Sonntagmorgen milder, kaum Wind. Von unserem Hotel in Startnähe sind es zu Fuß 5 Minuten. Die Masse der Läufer erschlägt und motiviert kaum. Tatsächlich gibt es Probleme, in die Startaufstellung zu kommen. Ein Durchlass von ca. 80 cm ist für jede Startgruppe geöffnet. Einige Läufer schreiten zur Selbsthilfe und demontieren einfach ein Zaunelement. So kommen die meisten doch noch rechtzeitig in die Startaufstellung. Ein ziemliches Gedränge und Schieben. Nach dem Startschuss geht es im langsamen Schritttempo zunächst 7 Minuten bis zur Startlinie. Immerhin wertet Paris die reale Netto Zeit und nicht die berühmte Brutto Zeit (die in Frankfurt ja bei vielen zu Frustrationen führte). Ich hoffe, dass sich der Pulk nach ein paar Kilometern auf löst. Denkste. Es bleibt so bis auf die Ziellinie. Ziemliches Gedränge, Läufer überholen, rempeln. Ellbogen werden eingesetzt. So stelle ich mir entspanntes Laufen nicht vor. Die Streckenführung lässt von Paris und seinen Highlights nicht allzu viel sehen, der Parcours führt hautsächlich durch Häuserschluchten. An der Seine entlang, mal 2 km durch einen Tunnel. Ich kann mir Schöneres vorstellen.

Die Verpflegungsstationen sind dünn gesät. Acht an der Zahl, also etwa alle 5 bis 6 km, gibt es Wasser in 0,5 Liter Flaschen. So eine Verschwendung habe ich noch nicht erlebt. Ich schätze dass 75 bis 80 Prozent davon weggeworfen werden. Dazu Schnipsel von Orange, Banane, Feigen, später Kuchen. Kein Elektrolyt. Um die Verpflegungsstationen herum ist die Gefahr, auszurutschen groß auf dieser Pampe von Bananenschalen und Orangenschnipseln vermischt mit Wasser, das aus den Flaschen läuft. Immerhin gelingt es mir innerhalb von meinem Tempobereich zu bleiben, den ich mir vorgenommen hatte.

Unterwegs, schon ab ca. km 22 sind jede Menge Aussteiger, Läufer die Erste-Hilfe-Mässig versorgt werden. Tatsächlich kommen rund 20% aller Läufer überhaupt nicht ins Ziel (35.500 Läufer zu 28.857 Finisher), und viele (was ich so sehen kann) nur mit allergrößter Mühe. Todesfälle werden jedenfalls nicht berichtet. Es scheint, dass es zunehmend Läufer gibt, die unzureichend vorbereitet auf eine solche Strecke gehen, oder wie erklärt sich eine solche drop-out Zahl? (Vorbereitung hat auch damit zu tun, dass ich mir eine konkrete Vorstellung mache, wie schnell ich angehen kann, um durchzukommen, oder?)

Nach der Ziellinie wird zuerst der Paris eigene Champion Chip entfernt, dann geht es über einen Müllparcours von ca. 400 Meter Länge (Banane, Orange, Wasser) in den rückwärtigen Bereich mit Erste-Hilfe zelten und der Möglichkeit, Klamotten zu wechseln.

Fazit: Nie wieder Mega-Städte-Marathon, sondern wie gehabt kleine Landschafts- und Städtemarathons ohne Prestige, dafür mit Freude, Lust und Platz zum Laufen. Meine Zeit: 3:50:11.

Grüße roadrunner

2
Danke für den Bericht, hat mich mal interessiert wie es denn in Paris abgeht. Klasse, dass du so gut abgeschnitten hast, obwohl dir es nicht so gefallen hat.
War da noch jemand dort?
Gruß Judith

3
Hi RR, das war mal ein Bericht, welcher nicht aus der Kategorie der Endorphinzugeschütteten stammt( wobei ich mich durchaus auch dazu bekenne solche Berichte sehr gern zu lesen ) . Ist vielleicht ganz heilsam, auch mal so was zu lesen bevor man sich in irgendwelchem Ueberschwang dazu hinreissen lässt, sich selber für einen solchen oder ähnlichen Event anzumelden. Thx

Gruss sigi

Positiver Bericht vom Paris-Marathon

4
So schlecht ist der Paris-Marathon nun auch wieder nicht. Auch wenn ich vielleicht eine endorphinausgeschüttete Meinung vertrete, kommt es sicherlich grundsätzlich darauf an, ob man einen großen Stadtmarathon mag oder nicht, denn nur mit denen kann man diesen Marathon vergleichen. Stellt man den Paris-Marathon in einer Reihe mit Berlin, Amsterdam, Hamburg, Köln, Frankfurt etc., so relativiert sich dieses schlechte Urteil von Roadrunner erheblich. Zugegeben, ist die Verschwendung mit den Wasserflaschen groß. Diese sind aber für Läufer durchaus sehr praktisch, da man nicht auf ein Trinken in dem Verpflegungsbereich angewiesen ist und man so langsamer und verteilter trinken kann, ohne selber eine Getränkeflasche über die Gesamtdistanz mitschleppen zu müssen. Dass alle 5 km eine Verpflegungsstation ist mit meiner Meinung nach all dem, was derzeit nur noch auf den großen Marathons üblich ist (Wasser, Obst, ...) ist ausreichend. Der Sightseeing-Faktor, der bei einem Stadtmarathon entscheidend ist, ist hier voll gegeben. Das Durchlaufen eines Straßentunnels fand ich im Vorfeld auch nicht sehr toll. Die akustische "Welle" aber, die von den meist gut gelaunten Läufern intoniert wurde fand ich sehr beeindruckend und war ein Gänsehauterlebnis (ich hatte hier noch kein Runners High!).
Vom Laufplatz her war es die ersten 8 km etwas eng, was nachteilig war, wenn man sich eine gute Zeit vorgenommen hatte. Meine angepeilten 3h40Min. konnte ich auch schnell zu den Akten legen und habe dann den Marathon und die Stadt genossen um nach 3h52Min das Ziel zu erreichen. Hier war, wie bei den meisten Großveranstaltungen, bei dieser Zielzeit ein großes Gedränge und nur schwieriges Durchkommen. Dies ist sicherlich verbesserungsbedürftig, trifft aber nicht nur den Paris-Marathon. Auch in Frankfurt habe ich 30 Minuten vom Zieldurchlauf bis zum Verlassen des umzäunten Bereiches gebraucht (an Essen und Trinken war fast gar nicht zu denken).
Bei einer Erscheinung muss ich allerdings roadrunner vollumfänglich recht geben. Auch ich habe auf den letzten 20 km sehr viele andere Läufer überholt, die nicht unbedingt so aussahen, als wenn sie halbwegs gesund das Ziel erreichen werden. Ich bin auch der Meinung, dass erkennbar ist, dass vor allem bei diesen Großveranstaltungen immer mehr unvorbereitete Läufer teilnehmen, die sich, aber vor allem auch dem Ausdauersport, großen Schaden zufügen. Hier muss sicherlich bald eine Regelung gefunden werden. Ein Marathon ist und bleibt eine besondere Anforderung an den Körper und ein Mindesttraining ist Grundvorraussetzung. Wenn aber auch Untrainierte sich dieser Herausforderung stellen und nur noch langsam gehend oder schleppend das Ziel erreichen, wird der Marathon bald seine Sonderstellung verlieren und an Attraktivität einbüßen.
Ein erster Schritt ist sicherlich die Vorlage eines Gesundheitsnachweises vom Hausarzt (wie er übrigens in Paris gefordert wird) bei der Anmeldung. Weitere Schritte wäre die klare Einteilung in Laufklassen nach nachgewiesenen Zeiten und nicht nach beabsichtigten Zielzeiten sowie die Herausnahme von erkennbar gesundheitlich angeschlagenen Läufern durch Streckenposten und die Verkürzung der Zielöffnungszeiten.

5
Hallo,

@bienen-runner.

Ja, so gehen die Meinungen eben auseinander zu einem Marathon!

Wahrscheinlich wird man zu jeder Veranstaltung eine breite Palette von Ansichten bekommen. Und jede wird für sich mehr haben als "con grano salis".

Was ich und andere so beobachten bei Marathons ist, dass die Zeiten relativ gesehen immer schlechter werden. Zwar schreibt Steffny, und dem pflichte ich bei, im Oktober Heft von "Spiridon", dass es Sinn machen würde, bei Marathonläufen eine Maximalzeit einzuführen, bringt aber im April Heft den Marathon "piano" für 6 Stunden. Jetzt warte ich nur noch auf den Marathon "pianissimo" für 10 bis 12 Stunden.

Ernsthaft: Marathon wird zum Massenphänomen. Das sieht man auch am Veranstalungskalender. Als ich anfing, Marathon zu laufen, gab's vielleicht ein Dutzend davon im Jahr. Jetzt gibt es u. U. ein Dutzend an einem Wochenende. Ich persönlich habe mich vor Jahren entschieden, solche Massenveranstaltungen nicht mitzumachen.

Sicher war Paris kein Versuch von mir ohne eine gewisse Haltung im Hintergrund. Die fand ich halt zum größten Teil bestätigt.

Was die "Highlights" von Paris angeht, bin ich wohl von meinen eigenen seit ca. 40 Jahren in Paris gesammelten Eindrücken ausgegangen. Im Übrigen war das ja auch die Motivation, Paris zu laufen und nicht Berlin, Hamburg oder was anderes.

Als Gegenposition zu solchen Veranstaltungen lobe ich mir Läufe, die ein deutlich niedrigeres Limit ansetzen. Aber in Deutschalnd wird, auch in Spiridon, ja die Hitliste der Marathons danach geführt, wo die meisten Läufer waren.

Grüße roadrunner
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“