Banner

Stockholm Marathon 05.06.2005

Stockholm Marathon 05.06.2005

1
Rund 14 Jahre ist es her, dass ich meinen ersten und bis gestern letzten Marathon gelaufen bin.

Anfang des Jahres rief mich ein Freund aus Finnland an, um mir mitzuteilen, dass er sich für den Stockholm-Marathon im Juni angemeldet hat und ob ich nicht Lust hätte, mitzulaufen. Nach einiger Überlegung meldete ich mich am letztmöglichen Tag, 18.03., noch an; wohlwissend, dass dies ein recht riskantes Unternehmen ist. Zum einen, da ich in den letzten 14 Jahren kaum einmal über 10 km gelaufen bin und zum anderen wegen meiner doch wieder ausgebrochenen Athrose im rechten Knie. Also hieß es nun innerhalb von 11 Wochen in Form zu kommen.

Nach rund 350 km, einigen Verletzungspausen und öfters in der Stimmung aufzugeben war es dann am 03.06.2005 soweit. Ich war in Stockholm hatte meine Startnummer abgeholt und da überkam es mich wieder, dieses Gefühl was ich früher vor wichtigen Wettkämpfen hatte. Kalt lief es mir den Rücken herunter und nun war ich festen Willens diesen Marathon zu laufen!

Nach einer unruhigen Nacht im Hotel sind dann am Morgen auch meine Freunde aus Finnland eingetroffen. Es regenete und es waren gerade mal 11 Grad. Man was war ich nervös. Alle fünf Minuten musste ich auf die Toilette. Mein Magen tanzte Polka. Um 12:30 Uhr sind wir dann endlich zum Start gefahren und hier fühlte ich mich dann auch schon gleich wohler... Nur noch 20 Minuten bis zum Start, also Zeit sich einzureihen. Aufgrund dessen, dass wir keinen Marathon vorzuweisen hatten, mussten wir leider in der letzten Gruppe Platz nehmen. Also rund 15.000 Läufer vor uns.

Pünktlich um 14:00 Uhr fiel der Startschuss, aber es tat sich nichts. Bei meinem letzten Marathon 1991 in Berlin konnte ich unmittelbar nach dem Startschuss loslaufen. Es sollte dann noch rund 7 Minuten vergehen, bis wir dann endlich über die Startlinie GINGEN. Den ersten Kilometer sind wir dann auch nur im Schrittempo vorwärtsgekommen. Runde 8 Minuten. Dann teilte sich die Straße und wir entschieden uns, den längeren Weg zu nehmen. Endlich hatten wir ein wenig mehr Platz und konnten loslaufen, so dass wir nach rund 14 Minuten den 2. Kilometer passierten. Nun kam die Strasse wieder zusammen und es wurde schrecklich eng. Trotz vieler Sprints, Slalomläufe etc. sind wir kaum vorwärtsgekommen. Da kam dann auch schon die erste Verpflegungsstation. Man was ein Chaos. Bis jetzt war ich von der Organisation eigentlich recht angetan. Aber hier lief überhaupt nichts. Vor den Tischen befand sich ein See von Wasser und Getränken, welcher etwa 1,5 mtr. Breit und 15 cm tief war. Scheisse, jetzt schon die Füsse nass! Also weiter. Das Wetter wurde immer besser und ich hatte wegen des Regens noch meine Goretex Jacke an, welche sich immer mehr als Sauna bewährte. So langsam wurde es dann auch schneller, so dass wir mehr und mehr Läufer überholen konnten. Trotzdem kamen wir über eine 6 min/km Zeit nicht sonderlich hinaus. So langsam konnte ich es in meiner Jacke nicht mehr aushalten. Für km 10 hatte sich der Vater meines Freundes angekündigt. Also raus aus dem Gummizelt und noch ein paar km in der Hand halten. Leider wurden aus ein paar km im Endeffekt 15, da wir ihn erst beim Halbmarathon sehen sollten, welchen wir bei 2:05 passierten.

Ich fühlte mich hier immer noch sehr gut und bis jetzt war mein Puls kaum über die 150 hinausgekommen. Also verabschiedete ich mich von Arto und erhöhte das Tempo. Man, jetzt fing es richtig an Spass zu machen, locker und leicht wurde ich immer schneller und ich hatte das Gefühl zu fliegen. So vergingen die Kilometer und das Wetter wurde immer besser. Zum Teil hatte ich sogar ein Tempo von 4:55 min/km. Dann kam bei km 31 der schlimmste Punkt der Strecke, die Westbrücke, wo man innerhalb eines Kilometers 29 Höhenmeter gewinnt. Hier erwartete ich eigentlich den Mann mit dem Hammer, aber statt dessen bekam ich genau auf der Brücke mein „Runners High". Ich war einfach nur glücklich, incl. Gänsehaut und es lief und lief und lief. Ein kurzer Blick auf meine Pulsuhr. Ach Du liebe Güte, 182!! Na ja, ich fühlte mich gut und hatte nicht das Gefühl, dass ich zu schnell lief. Ich wusste, nach 14 Jahren werde ich zum erstem mal wieder einen Marathon zu Ende laufen. Bei km 35 war ich dann auch schon voll auf Kurs 3:50. Leider hatte ich aber noch jemanden vergessen, der mich jetzt um so härter traf. Der Mann mit dem Hammer. Bei km 36 schlug er gnadenlos zu. Die Beine schmerzten, der Magen drehte sich von innen nach aussen, aber ich konnte immer noch lächeln. Auch beim Puls war zu merken, dass es nicht mehr ganz so schnell lief. Er pendelte sich so um die 165 ein wo ich die vorangegangen Kilometer immer über 170 hatte. Es wurde immer langsamer (5:40 min/km) und die nächsten 4 Kilometer erschienen mir länger als die vorangegangenen 37. Doch schon konnte ich den Turm des Olympiastations sehen. Jetzt hieß es Arsch zusammenkneifen und Hoppla, es ging noch was. Also alle Kräfte mobilisiert und so wurde es wieder schneller, so dass ich die letzten 300 Meter im Station sogar noch einen „Endspurt" hinlegen konnte. Ich war am Ziel! Glücklich und mit den Tränen kämpfend. Endzeit 3:56. Egal, die geplanten 4 Stunden waren geknackt. Ich fühlte mich gut und war mir jetzt sicher – ICH WARTE NICHT NOCHMAL 14 JAHRE AUF DEN NÄCHSTEN MARATHON.

Kurz noch zum Marathon selbst:

Sehr gute Organisation mit rund 2500 Helfern bei 17.000 Teilnehmern. Bei der Startnummernausgabe musste man noch nicht mal anstehen. Alle Informationen in 4 Sprachen (schwedisch, finnisch, englisch, deutsch). Die meisten Dinge, wie Pastaparty, Vorbereitung zum Start, Gepäckabgabe und Rücknahme, Umkleidung etc. waren in einem Stadium. Nachteil bei dem Wetter: Es ist, bis auf ein paar kleine Zelte, nicht überdacht.

Die Strecke: Wenn man keine Bestzeit laufen will – einfach traumhaft. Die Stadt ist wunderschön, es geht auch viel raus ins Grüne, oft am Wasser vorbei und von der oben genannten Brücke hat man, zumindest in der ersten von 2 Runden, eine wahnsinnige Sicht. Leider gibt es nicht einen Kilometer ohne Gefälle oder Steigung. Ständig geht es rauf und runter. Was man normalerweise gar nicht so wahrnimmt, aber bei einem Marathon, vor allem auf den letzten 5 km zum Stadion rauf, kann das schon sehr wehtun.

Stimmung: Die Organisatoren geben sich viel Mühe und haben an einigen Stellen Wagen mit Diskjockeys oder sogar Bands aufgestellt. Das Publikum ist nicht so toll, konnte aber vielleicht auch an dem Wetter liegen

2
hi mork, klasse comeback mit einem spannenden Bericht dokumentiert, man kann beim lesen richtig mitfühlen wie es dir ergangen ist.

Gruss Sigi

3
morkvomork hat geschrieben: Aufgrund dessen, dass wir keinen Marathon vorzuweisen hatten, mussten wir leider in der letzten Gruppe Platz nehmen.
Na, das wird dir das nächste Mal erspart bleiben, auch wenn dein Bericht mich vermuten läßt, daß es gar nicht so schlecht für dich war, am Anfang ausgebremst zu werden, sonst hätte dich der Hammermann bei dieser kurzen Vorbereitung schon früher eingeholt.

Und nach diesem schönen Bericht wärs wirklich schade, wenn wir 14 Jahre auf den nächsten warten müßten.

:daumen:

4
Hallo Sven,

da gratulier ich aber mal ganz fest. Ist doch ein gelungenes Comeback geworden und ein prima Bericht dazu :daumen: . Stockholm scheint ja wirklich eine (Marathon-)Reise wert zu sein.

Erhol dich gut.

Falk
Laufen, weil es Spaß macht.
---
"The swim in an ironman is a contactsport" (NBC)

blasse Nase

5
Gratulation, da werden einige aber ganz schön blass um die Nase. :wink:
Respekt, Respekt und ganz schon gewagt mit 350km in 11 Wochen Vorbereitung und mit Arthrose im Knie (ich kenn mich aber da nicht aus, hört sich ziemlich wild an) einen Marathon zu laufen und dann noch eine Zeit unter 4 Stunden bei dem welligen Parcours + dem zwangsläufigen Gehen am Anfang. Alle Achtung!! :respekt: :respekt:

Schönen Gruß

Caramba :hallo:
Success is knowing that you did your best to become the best that you are capable of becoming (John Wooden)

7
HI Sven,


Glcükwunsch zum gelungen come back. :daumen:

Stockholm ist ja wirklich eine wunderschöne Stadt.
Hast du beim Marathon auch Walker gesehen?

Gruß Martin
mit freundlichem Gruß aus Hamburg


Martinwalkt
About me, alles auf einen Blick

Bild
Bild

8
Vielen Dank euch allen. Die nur 350 km Vorbereitung machen sich jetzt schon recht deutlich bemerkbar - ich habe tierischen Muskelkater und kann kaum Treppen rauf und runter gehen. Dem Knie geht es aber hervorragend - ich habe in den letzten 4 Wochen vor dem Marathon viel Haiknorpel (Chondroitin) geschluckt, was anscheinend geholfen hat.

Martin, ausser uns am Anfang habe ich keine weiteren Walker gesehen.

Ich habe gestern bei meiner Frau schonmal angedeutet, dass ich eventuell in Frankfurt am 30.10. starten möchte.

Jetzt habe ich wieder Blut geleckt..... und werde nun wohl öfters von meinem Planeten zu Besuch kommen

9
Nano Nano!
Vielen Dank für den Bericht und Dein Fazit. Ich werde ihn mir aufheben, da ich auch irgendwann in Stockholm laufen will.
Und natürlich Glückwunsch zu sub 4!

och Mensch ... wieder was, das ich auch haben / machen will ...

10
ein sehr ermutigender, erfrischender, positiver und wirklich schöner Bericht von einem schönen Lauf in einer wunderschönen Stadt.

Danke und Herzlichen Glückwunsch! :daumen:

.... langsam fange ich an, mich darüber zu ärgern, so eine Lauf-Späteinsteigerin zu sein. Diese vielen tollen Läufe in herrlichen Städten und Landschaften, die es alle gibt, schaffe ich wohl in diesem Leben nicht mehr ... *seufz* ....
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“