Wenn man um 5.45 Uhr den Wecker hört, dann weiß man: Es ist Sonntag, es ist Wettkampftag. Und man weiß, dass man mindestens einen kleinen Tick hat.
Um 7 wollte ich bei ArminRunner sein, um 5 vor 7 beginnt das große Rätselraten: wo zur Hölle ist mein Schlüssel. Um 7.22 Uhr entdecke ich, dass ich ihn vorher im Halbschlaf in die Tüte mit den Schuhen gesteckt habe. Aber Armin hat ja nen flotten Wagen eines süddeutschen Automobilbauers der _nicht_ in Ingolstadt sitzt, und so kommen wir dann doch schon um 15 nach 8 an der U-Bahn in Freimann an. Nach der Ankunft am Marienplatz trolle ich mich erst mal zum RIndermarkt, Treffpunkt "bei den Kühen", um dort von Sapsine mein Shirt entgegen zu nehmen. Entgegen meinen Hoffnungen bin ich nun auch im Besitz eines orangen(!) Shirts. Tobi (Butzen) habe ich auch gleich getroffen, zusammen wollen wir die 1:45 angehen. Da ich noch meine Sachen verstauen muss, verabreden wir uns am 1:30-1:45 Schild.
Dort stehe ich dann ein paar Minuten später auch, die Menschenmenge ist schon jetzt schauerlich groß. Rund 12.000 TN machen dieses Jahr beim HM mit. Zeit zum sinnieren: Ewig früh aufstehen, Schlüssel verlottert, oranges Shirt, und es scheint aufzu reißen. Tobi ist weit und breit nicht in Sicht. Ich bin müde. Der Heuschnupfen hat mich in den letzten Tagen ziemlich fertig gemacht, ich bin also bis Unterkante Oberlid voll mit Cetrizin. Cetrizin ist so in etwa das Gegenteil von Koffein. Nein, ich meine nicht die Farbe. Tobi kommt nicht. Direkt vor mir steht ein schnuckeliges Blondchen, Typ "ich war immer Klassensprecherin und auch sonst bin ich sehr wichtig"; ein grauhaariger hinter mir wird nervös, weil der Start sich verzögert. Selbst nach 1: 30 sind noch welche auf der 10km-Strecke unterwegs. Ich weigere mich, sie Läufer(innen) zu nennen. Uschi Disl steht da am Start und plappert Belangloses, ich denke nur: die kann doch gut schießen, warum tut sie es nicht endlich. Mir ist langweilig. Ich habe Hunger. Es wird heiß. Und es sind mir viel zu viel Menschen. Bein heben führt unweigerlich dazu, dass man einem/r Anderen drauf tritt. Der zuckt es dann weg, und landet beim Wiederaufsetzen unweigerlich auf dem eines anderen. Fußdomino als Zeitvertreib am Start.
Dann geht es endlich los. Beim Überlaufen der Matte starte ich meine Uhr. Kein Tobi. Die Masse trottet gemütlich vor sich hin, ich "kämpfe" mich nach vorne. Ein schier aussichtloses Unterfangen. Bei km3 ein kleine Rempelei, ich bekomme einen Schlag auf den Hals. Danke. Passt. Ich werde aggressiv. Läufer(innen), deren Schrittfrequenz auf eine Zeit deutlich über 2h schließen lässt, laufen päärchen- und gruppenweise auf den doch sehr schmalen Wegen. Wenn ich eine Waffe hätte. Bei km3 entdecke ich dass erste Mal ein Schild, die Uhr zeigt 18:50. Na super. Ich bin nicht nur gelangweilt und sauer, sondern auch noch langsam. Man könnte auf die "dynamische" Tour umschalten, im Slalom durch, gerne auch mal außenrum durch die Wiese, links, rechts, kreuz, quer...aber ich bin 32 und stehe nicht auf Streß. Ach, ich bin so herrlich unambitioniert. Also beschließe ich, dem ganzen Treiben einfach belustigt zuzusehen, lasse den Blick auf durchtrainierte Läuferbeine fallen, untersuche empirisch an süßen Läuferinnenhintern die Wirkung der Psyche auf den Puls, höre aufmerksam den Gesprächen meiner Mitläufer zu (pfui!), und trotte gemach dahin.
Das nächste Chaos bei der Verpflegung. Viel zu kurzer Bereich, auch keine Beschilderung die einem weiterhilft, Man ist Bestandteil einer großen Herde und hofft auf die Fütterung mit dem gewünschten Material. Ich habe Pech und erwische Apfelschorle. Schlage mich auf die andere Seite, dort gibts Wasser. Also, da stehen Becher, aber ohne Wasser. Man kommt grade nicht hinterher mit dem auffüllen. Also belasse ich es bei dem einen Schlückchen Apfelschorle. In 5km solls ja schon wieder was geben. Ich trabe in Wohlfühl-Tempo rum, nur kommt bei km10 keine Verpflegung. 55 Minuten sind rum, und langsam wäre ich dann doch etwas durstig. Das schwül-warme Wetter turnt ab. km11. Keine Verpflegung. DIe Zunge klebt im Mund. Schweiß brennt im Auge. Ich grüble, wie man einen HM "genießend" läuft...bei km12 endlich die Verpflegung. Ich nehme gleich mal zwei Becher und stelle mich etwas abseits, fülle zwei mal nach. Die verteilen da glaube ich sogar kleine Fleischstückchen. Tztz. Sachen gibts. Nach ca. einer Minute Pause trotte ich weiter. Inzwischen bin ich weitgehend von gleichschnellen Leuten umgeben, werde kaum überholt, dafür werden immer mehr Läufer zu Gehern. Nun kommt Schweini. Genuß heißt gehen, meint er. Klingt sehr verlockend. Engelchen und Teufelchen im Kopf. Es ist die Hitze, eine Frage des Willens, und eine Frage der Ehre. Man geht nicht als Läufer. Aber der Genuß, der Genuß,..ok, Kompromiss: bis zur nächsten Verpflegung, da wird dann ein bisschen gegangen. Ich bin eh schon langsamer geworden, und meine Hochrechnungen prognostizieren eine Zeit knapp über 2h. Ja, nee..das geht ja garnicht. Schweini will hier also PB laufen, oder wie? 2:01:36 warens in Isaming, solls diesmal mehr sein? Ich befehle den Beinen: schneller! Ein müdes "jaahaaa...gleich" wird zurück geraunzt. Und hoppla, da ist ja schon die Verpflegung. Das ging nun aber sehr schnell. Blick auf die Uhr: gemütlich trinken, und dann muss aber ein 5er Schnitt her. "Brain, yes, brain!" sagen die Füße. Also auf, noch 4km und die Uhr steht bei 1:40:33. Brummbrumm....ich imitiere im Kopf das Geräusch quietschender Reifen und umrunde die vor mir laufenden Schnarchzapfen. Nöönöööööhn...nööööhn...jetzt fängt die Sache an, Spaß zu machen. Nee, zwei Stunden geht nun wirklich nicht, lieber Schweini...ich höre ihn auch nicht mehr, zumal es aus dem Englischen Garten rausgeht, nun hats auch wieder mehr Zuschauer, Kinder die abgeklatscht werden wollen, und endlich ein realistischer Kampf gegen die Uhr. Naja, ok, schon ein bisschen einfach, aber egal.
Punktlandung. 1:59:42 sagt meine diesmal nicht verdrückte Uhr beim Überqueren der Ziellinie. Ich bekomme ein o2 Cherry zugeteilt, lecker Gesöff, würde ich mir aber nie kaufen, viel zu teuer.
Ich sitze auf einem Stuhl bei den Rindern. Nee, das mache ich nicht nochmal. Soo viele Leute. Und keiner hält sich an die Zeitschilder. Im Zielkanal habe ich kurz Talisker getroffen, aber der 4km-Schlussspurt hat mich dann doch so platt gemacht dass ich so kurz nach der Ziellinie noch keine Konversation betreiben konnte. Tobi habe ich nicht mehr gesehen. Bei Kilometer drei, wegen Enge Keilerei. Spaß is was anderes. Alkoholfreies Erdinger ist lange nicht so lecker wie Kormbacher, aber zumindest trifft man am Bierstand den FordPrefect. Wieso erkennen mich eigentlich immer alle und ich niemanden?
Fazit: Frühjahrslauf München Flop, Schecklauf München Flop, aller guten Dinge sind drei. Der nächste Auftritt in München in der Marathon. Das wird top!
Danke zum Schluß...
...an Sapsine, die mir eine Fahrt nach München erspart hat
...an Armin fürs Warten
...Tobi für den 2-wöchigen Traum nochmal 1:45 zu laufen
...meine Mizunos für 2 Stunden perfekte Arbeit (keine Blasen o.ä.)
...natürlich an meine Mama - für alles
...für die Aufmerksamkeit
Scheck-Lauf München: Schweini verpasst knapp seine PB
1Wie viele Dinge gibt es doch, die ich nicht brauche!
Diogenes von Sinope
Diogenes von Sinope
Dem Speed Badminton verfallen...da muss man auch viel laufen!