Hi !!
Mein Report:
11.09.2005 in Köln. Tag X meines „Projekts Marathon“. Als Neuling ohne Referenzzeit stehe ich im 6. und vorletzten Startblock. Die Mission lautet „unter 4 h“ - aber ist das realistisch, mit 7 Monaten Vorbereitung und kaum über 40 Wochenkilometern ? (allerdings mit dem „Joker“ [?] zusätzlichen Karate-Trainings ...)
Ich trage mein rotes Spezial-adidas-Japan-Running-Shirt-Unikat von ebay und hatte mir noch einen dezenten „yin und yang“-Aufnäher mit Karate-Faust auf den Ärmel genäht, als allerletzte Motivationsspritze – dabei weiß ich auch so was ich zu tun habe ...
Erst eine halbe Stunde nach dem offiziellen Startschuss geht es über die Linie und das Abenteuer beginnt ... mit Nieselregen, der sich sogleich zu einem 20-minütigen heftigen Guss steigert - eigentlich nicht so dramatisch, aber den vielen großen, sehr großen Pfützen kann ich nicht immer ausweichen und bald sind beide Füße klatschnass - na toll ... und auf dem allerersten Kilometer gleich mal 20 sec. verloren ??!! ... Mann mann, da rechnet man KM für KM aus um den perfekten Zeitplan zu schmieden (Zielzeit 3:57) und dann fehlen direkt 20 Sekunden !!?
Dann läuft erstmal alles ganz locker - bloß nicht zu schnell angehen, Tempoerhöhung ist erst für KM 16 geplant ...
Erstes Zwischenziel KM 10 nach 57 min, wow trotz aller Schwankungen EXAKT im Plan ! Puls niedrig, Atmung zeitweilig noch im 4er-Rythmus, was ich etwas irritierend finde - das ist doch hier ein Wettkampf !!!
So richtig spannend ist es noch nicht, ich laufe wegen der „schlechten“ Startposition „mein eigenes Rennen“ und überhole ständig. Das kostet objektiv Zeit, aber beflügelt eben auch ...
Bei KM 16 bin ich froh, dass ich etwas Gas geben kann, von 5:40 pro KM auf 5:30, aber so einfach ist es nicht, das genau einzuhalten !
Aber hey, bei Halbmarathon (21,1 km) 1:59 - wieder exakt im Plan !!! (Wobei ich insgeheim erwartet hatte hier eine Minute voraus zu sein ... / offizielle Zeitnahme: 1:58:47)
Es geht hin und her durch die Stadt, ich freue mich über anerkennend klatschende Zuschauer und die verschiedenen Bands, ich winke öfters mal und klatsche hier und da auch eine hingestreckte Kinderhand ab - ganz vorsichtig.
Ich bin richtig gespannt auf die berüchtigten KM 32, 35 und wie sie alle heißen, dort, "wo der Marathon erst anfängt", der "Hammermann" wartet usw. – Neuland für mich und nicht mehr weit.
Aber vorher noch die große Schleife im Norden ... „Hölle von Nippes“, na ja,... Hier hatte ich eine 3,5 km-lange, (ähem) „regenerative, taktische Tempoverlangsamung“ vorgesehen, um Kraft zu sparen (und als Psycho-Anker) ... brauch’ ich das jetzt... ? Hmm, die Beine sind nicht mehr ganz „frisch“ und die hinteren Oberschenkel ... ? - will da etwa ein Krampf entstehen (?)
Am Ende der Schleife (etwa KM 30) geht es ein Stück bergab, prima, gleich mal ausnutzen (!), etwas schneller werden ... uuuh, berg runter gefällt den Beinen nicht (!!) fühlt sich jetzt wirklich nach Krampfgefahr an - das wäre schlecht ! Schon schert der erste vor mir aus, Dehnen am Baum, da wieder einer.
Endlich wieder ebener Boden ... und endlich die 30er-Kilometer - es wird schwerer das Tempo hoch zu halten, Füße durchweicht. (Es hat nicht viel gefehlt und es hätte üble Blasen gegeben - letztlich hat es nur den rechten kleinen Zeh erwischt.)
Wieder eine der elf Verpflegungsstellen, immer mehr nehmen sich dort und danach eine Gehpause - das ist für mich nicht drin, zwei Becher nehmen, laufen, trinken ... Die Geher werden überhaupt zahlreicher, es wird ernst. Ich fühle mich noch recht stark und denke: 'Der Trainingszustand kann nicht so schlecht sein, wenn Du hier noch so läufst' ... Da! Prima - vor dem Rex-Kino meine Frau - mit Fotoapparat im Anschlag, na klar ... ich winke überrascht mit beiden Händen, noch Kusshände zugeworfen und weiter ... pushen! ... KM 33 und 34 jeweils genau in 5:30 min/km - jaaah, ich hab's d'rin !!! Aber leichter wird es nicht ...
Bei km 35 das letzte Gel geschluckt, dann Überraschung bei meinem letzten „Zeit-Checkpoint“, KM 36: Eine geschlagene Minute hinter dem Plan zurück - au weia ! Ich habe keine Ahnung wo ich die Minute gelassen habe !! Ich bin nur noch auf 5:58 h - Kurs – noch (!) wohlgemerkt, denn inzwischen ist es knüppelhart geworden weiter 5:30er-Zeiten „hinzuknallen“ !! (Das kommt mir im Nachhinein ziemlich verwegen vor, dass ich das so "geplant" hatte.)
Ich hatte mich unter Druck gesetzt mit der Zielzeit „unter 4 Stdn“ und mache mir jetzt Gedanken ... 5:40 min/km reicht auch ... aber nicht nachlassen ... erste Selbstgespräche: „Beine `stabil´, komm komm!“ ... Ich fange an richtig zu „beißen“ ... Gesicht verzerrt, ... maximaler Sauerstoffumsatz, heftiges Ausatmen mit Geräuschkulisse wie aus einem Horrorfilm: „stööööhn ...“ besorgte Blicke von Mitläufern, während ich weiter fleißig überhole ... da hatte ich zeitweilig das Gefühl ich bin der Einzige, der sich richtig anstrengt !!
Die letzte Verpflegungsstation reißt mich noch mal aus dem Rhythmus – wieder Tempo aufnehmen, 'komm, komm weiter! Gas!'
Ich übersehe KM-Schilder und bekomme so die Tempoermittlung nicht mehr auf die Reihe ... egal ... (späteres Nachrechnen ergibt einen Schnitt von 5:27 min/km, von KM 36 bis ins Ziel) ... sollte hier nicht noch mal die Frau stehen ? Kölner Dom nur unterbewusst wahrgenommen, letzter oder vorletzter KM ??!
Der Zustand ist schwer zu beschreiben ... Ich war auf Schmerzen eingestellt, aber das war es nicht - der Körper hat gar nicht viel konkrete Rückmeldung gegeben, ist wohl ein "Stoffwechselproblem": Die Energie, die man (ver)braucht ist eigentlich gar nicht da - Körper "meint": "Am besten jede Bewegung einstellen ..." Ich denke: "Mann ist das hart ... so richtig "Spaß" macht das nicht ... im Ziel gleich hinfallen lassen und liegen, einfach nur liegen ..."
Die Erlösung und das erste größere Glückgefühl bei km 41, als irgendwas mit 3:51 h auf der Uhr steht. Schon im Gefühl des sicheren „Sieges“ über die Brücke und Endspurt auf der „Außenbahn“ der Zielkurve. Auf der Linie noch eine Karatetechnik mit befreiendem Schrei ... und dann fühle ich mich stolz, mega-zufrieden ... glücklich, aber auch zum in die Ecke schmeißen ...
Zeit: 3 : 56 : 50 - Mein selbstgestecktes Ziel voll erreicht und die Bestätigung: Es hat sich gelohnt, richtig trainiert, richtig geplant und überhaupt ...
erste Hälfte 1:58:47
zweite Hälfte 1:58:03
Marathon-Premiere nach 7 Mon. Training - Kampf um sub 4
1Laufbericht Köln-Marathon
It's like ... high octane, supercharged fuel to blast you through the wall.
(Werbespruch für ein Kohlenhydrat-Gel )
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