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Münchner Marathon - Diesmal hat fast alles gepasst

Münchner Marathon - Diesmal hat fast alles gepasst

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Vor einem Jahr hatte ich in München meine Marathon-Premiere gegeben und die ist nach meinen damaligen Vorstellungen ziemlich in die Hose gegangen (4:38). Der diesjährige Münchner Marathon stand somit für mich zwangsläufig unter dem Motto: Diesmal wird alles wesentlich besser.

Mein Minimal-Zeitziel stand bereits fest: Getreu meinem Motto, den Marathon immer schneller als den letzten zu laufen, musste ich eine Zeit von 4:23 vom April in Freiburg unterbieten. Ich muss aber gestehen, dass ich mir heimlich eine Zeit von 4:10 vorgenommen habe. Einen kleinen Dämpfer hatte ich aber auf der Marathonmesse erhalten, als mir beim Stand von Peter Greif unter Einbeziehung mehrerer Faktoren eine Leistungprognose erstellt worden war, die besagte, dass ich bei idealen Bedingungen (maximal 15 Grad) eine Zeit von 4:21 erreichen könnte. Das war für mich aber nur eine weitere Motivation, denn an meinem Zeitziel von 4:10 wollte ich trotz leichter Verunsicherung festhalten.

Am Start reihte ich mich zunächst einige Meter hinter dem 4:15-Pacemaker ein. Ich wollte mich sowieso nur auf meinen Forerunner verlassen, der mir auf einem dreigeteilten Display Informationen über den Vorsprung oder Rückstand auf die Zielzeit (in Metern), die verbleibende Zeit und die verbleibenden Kilometer geben sollte. Nach dem Start entzerrte sich das Feld sehr schnell und ich konnte meinen Rhytmus laufen, den ich mir im Training verinnerlicht hatte. Der Schnitt pendelte auch ständig um die 5:55, also alles im Plan. Den 4:15-Pacemaker habe ich bereits nach wenigen Kilometern in Schwabing überholt, da ich der Hektik an den Verpflegungsstellen entgehen wollte und einfach mein Rennen für mich laufen wollte. Die beiden Spitzen-Fahrrad-Groupies Sabine und Marcus, die bereits in der Anfangsphase zweimal am Streckenrand standen, waren aber eine willkommene Abwechslung für mich und es war unterwegs immer interessant, zu rätseln, wo sie denn das nächste mal auftauchen würden.

In Schwabing und am Marienplatz standen zahlreiche Zuschauer und die Stimmung war großartig. Auf dem Weg in den Münchner Osten wurden sie etwas weniger, was mich aber nicht störte. Obwohl die Gegend um den Münchner Ostbahnhof nicht gerade sehr einladend ist, genoss ich die langen, geraden und breiten Straßen. Die Halbmarathonmarke passierte ich bei 2:04 und somit bereits um rund 9 Minuten schneller als im Vorjahr. Ich fühlte mich noch immer topfit, was vielleicht auch daran lag, dass ich ab Kilometer 5 konsequent an jeder Verpflegungsstelle getrunken habe. Zuerst einen Becher Wasser trinken und einen zweiten über den Kopf schütten, da es langsam wärmer wurde. Nachdem ich mir aber beinahe einen Becher Isogesöff über den Kopf geschüttet hätte, habe ich meine Taktik geändert. Vom ersten Tisch einen Becher Wasser über den Kopf und dann wahlweise Wasser oder Isogetränk in die dafür vorgesehene Körperöffnung. Das alles erfolgte während des Laufens, so dass ich hier keine Zeit verloren habe. Ab Kilometer 15 habe ich zudem im Abstand von 5 Kilometern vor dem Versorgungsstand einen kleinen Schluck aus meiner Gelflasche genommen.

Ab ca. der Hälfte begann dann eine kleine Abwechslung, die bis ins Ziel andauern sollte. Mir war nun eine Frau im gelben Shirt aufgefallen, die bei den Verpflegungsstationen immer hinter mich zurückfiel, dann aber immer wieder überholte, einen kleinen Vorsprung herauslief, bei der nächsten Verpflegungsstation wieder hinter mich zurückfiel .......

Beim 22 km-Schild fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, auf Banshees Schild zu achten. Dabei wollte ich wenigsten ganz kurz anhalten und mich als Fori zu erkennen geben. Wie ich aber heute bemerkt habe, habe ich das Schild sogar gelesen, aber leider nicht richtig zuordnen können. Obwohl die Zuschauer hier nicht mehr so dicht standen, wurde man immer wieder von einzelnen Gruppen lautstark angefeuert. Die begeisterte Anfeuerung einer etwas älteren einzelnen Dame ("ganz toll, ihr seid super meine Herrschaften") führte dazu, dass nicht nur ich laut lachen musste.

Aber bald sollte der Spaß vorbei sein. Es ging nun bergab auf die grüne Hölle Englischer Garten zu. Obwohl es sonst ein sehr beliebtes Laufgebiet ist, beim Marathon ist es gefürchtet. Auf wunderschönen Wegen, von Bäumen, Wiesen und Biergärten gesäumt, hatte ich vor einem Jahr meinen Einbruch. Bei Kilometer 27 tauchten wir ein und ich hoffte, 9 Kilometer später in annähernd gleichem Tempo auch wieder hinauslaufen zu können. Gleich zu Beginn am Chinesischen Turm bekommt man noch einmal geballte Anfeuerung und dann begann das langsame Sterben. Mir fiel auf, dass immer mehr Läufer begannen, zu gehen. Ich fühlte mich noch sehr gut und überholte immer mehr Läufer. Zur Sicherheit hatte ich mir noch einen Gelchip in den Mund geschoben, ich wollte diesmal nichts unversucht lassen. Mein Schnitt lag zu dieser Zeit bei ca. 5:45. Dennoch begann ich mich jetzt, auf die Groupie-Gruppe am Aumeister bei Kilometer 32 zu freuen. Lag es an meiner bereits leicht eingeschränkten Wahrnehmung oder standen sie diesmal an einer anderen Stelle, ich wäre beinahe vorbeigelaufen. Aber gerade noch rechtzeitig konnte ich einen kurzen Stopp einlegen. Die Frage, wie es mir geht, konnte ich noch wahrheitsgemäß mit "gut" beantworten. Da ich zu diesem Zeitpunkt ca. 1 Minute vor meiner Zielzeit lag, lief ich gleich wieder weiter. Die Anfeuerung hatte ihre Wirkung. Ich legte bei Kilometer 33 einen Schnitt von 5:35 hin, wie mir jedoch so langsam mein Körper signalisierte, sollte dies der letzte gute Schnitt gewesen sein. Ab Kilometer 34 wurde ich etwas müde. Die letzten zwei Kilometer bis zum Ausgang des Englischen Gartens zogen sich unendlich. Nur die vielen Läufer, die ich nun überholte, bauten mich etwas auf. Des einen Leid ist des anderen Freud. Und dann war da noch die Dame in Gelb, die sich durch meinen kurzen Stopp etwas abgesetzt hatte. Ich holte sie wieder ein, denn offensichtlich begann auch sie etwas zu schwächeln, aber unser Spielchen setzten wir trotzdem fort.

Wie eine Erlösung empfand ich den Ausgang aus dem Englischen Garten. Ich lief über eine kleine Brücke und war wieder draußen aus der grünen Hölle, nicht mehr ganz so frisch, aber auch nicht so kaputt wie vor einem Jahr. Der Kampf aber sollte weitergehen. Der Wunsch, ein kurzes Stück zu gehen, meldete sich immer öfter. Aber ich dachte, das kommt vom Kopf, soll der sagen was er will, diesmal laufe ich durch. Kilometer 36 brachte mit 6:32 den schlechtesten Schnitt, danach ging es aber wieder aufwärts.

Bereits im Englischen Garten hatte ich einen Vorteil des Forerunners erkannt: Er zählt die verbleibenden Kilometer in 100-Meter-Schritten herunter. In Momenten der Schwäche baute es mich etwas auf, zu sehen, wie es immer weniger wurde. Aufgebaut wurde ich auch an einer Verpflegungsstation, an der ich mir ausnahmsweise eine Gehpause gönnte, um das Isogetränk in Ruhe schlürfen zu können. Irgendwoher schallte es: "Botti, du Lauftitan" Es riss mich förmlich herum und da waren die zwei unerschrockenen Fahrradgroupies, Sabine und Marcus. Schnell den Becher geleert und dann weiter.

Ich passierte die Schwabinger Partymeile mit begeisterten Zuschauern. Hier konnte man unmöglich schlapp machen. Aber mit Entsetzen musste ich zusehen, wie mein schöner Vorsprung auf meine 4:10 Zielzeit zusammenschmolz bis mein Forerunner meldete: Sie sind 54 Meter zurück! Ich versuchte, das Tempo noch anzuziehen, aber es ging höchstens für 200 Meter. Ich erreichte nicht mal mehr einen Schnitt von 6:00. Plötzlich tauchte der Olympiaturm auf, für mich das Zeichen, dass das Ziel nicht mehr weit war. Kilometer 40 und 41 waren mit einem Schnitt von 6:10 und 6:01 ganz anständig. Die Dame in Gelb war mir aber inzwischen einige Meter enteilt und ich sollte sie auch nicht mehr einholen. 1,5 Kilometer vor dem Ziel wurde man nochmals von einem Moderator über Lautsprecher angefeuert, aber die Anfeuerung wäre gar nicht mehr nötig gewesen. Der Anblick des Zeltdachs des Olympiastations beflügelte mich sowieso, denn darunter lag das inzwischen herbeigesehnte Ziel. Dann die letzte Kurve vor dem Marathontor und dann eintauchen in den Nebel. "Stand up for the champions" schallte es aus den Lautsprechern. Ein klein wenig Gänsehaut, nicht mehr so viel wie im letzten Jahr, aber trotzdem ein erhebendes Gefühl. Und dann die Runde im Stadion zum Geniessen. Noch eine kleine Rampe hinauf zu den Zielmatten. Und dann kam der Moment, den ich mir im Training immer wieder vorgestellt hatte: Stopuhr ausschalten und dann Faust nach oben. 4:11:55, Zielzeit verpasst, aber anständig durchgelaufen und die Greifsche Prognose weit unterboten. Ich war glücklich, es hatte eigentlich alles gepasst und dennoch ist noch Potential vorhanden, um meinem Motto treu zu bleiben: Immer etwas schneller laufen als beim letzten Marathon.

Von einer netten Dame bekam ich meine Medaille umgehängt und dann gönnte ich mir zwei Red Bull, zwei Nusszopf und ein alkoholfreies Bier. Während ich mein Bier trank, ging ich zur Laufbahn, vielleicht konnte ich noch einen Fori erkennen und ein wenig anfeuern, wenn man 100 Meter vor dem Ziel überhaupt noch Anfeuerung braucht. Und da kam eine Läuferin, die genau so aussah wie Kitty auf ihrem Bild im Forum. Ein kurzer Zuruf und sie klatschte sogar noch ab. Ihre Qualen hat sie wirklich gut versteckt, man konnte ihr nichts ansehen. Da ich mich mit einem leicht lädierten Knie nicht mehr durchs Stadion zu Kitty durchkämpfen konnte, blieb es bei diesem kurzen Kontakt.

Langsam machte ich mich über die berüchtigte Treppe auf zum Foritreffen, wo wir noch nett zusammen saßen.

Für mich war es ein herrlicher Tag gewesen und das ist immer noch das Wichtigste.

Viele Grüße
Ingo

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toller bericht!!

anscheinend hat sich da wohl jeder durch den englischen garten gequält!

eine tolle zeit bist du gelaufen!!! für mich unvorstellbar!

du hattest recht, ich war das, und meine qualen hab ich insofern versteckt, alsdass ich immer wieder skandierte: " haltung , stil, aufrecht,ruhig, haltung......) . ich wollte damit bezwecken, unrund zu laufen und dadurch krämpfe zu provozieren!
liebe grüsse von eva

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Super Ingo. Ich gratulier dir ganz herzlich zu deiner Zeit. Ist doch fast das Wunschergebnis geworden :daumen:
Veganer sind keine Romantiker, sondern Realisten

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Hallo Ingo,

auch von mir nochmal Gratulation zu deiner tollen Leistung. :daumen:
Habe den gestrigen Lauf im Prinzip ähnlich wie du erlebt.
Bericht kommt morgen.
Vielleicht klappst das mit Friedberg ja nächstes Jahr.
Ich für meinen Teil bin ziemlich sicher wieder mit dabei.
Auch das Treffen gestern nach dem Lauf war doch eine super Sache.

So, und ich gehe jetzt noch schnell auf die von meinem Sport - Doc empfohlene Alibi - Auslaufrunde. Und gut is.

Gruß :hallo:
Richard

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Auch von mir nochmal schriftliche Herzliche Glückwünsche!

Tolle Zeit! ... ich ahne jetzt ja zumindest, wovon ich rede ... :wink:

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Glückwunsch Ingo. Haste gut gemacht :daumen: ! Und einen prima Bericht dazu. Beim nächsten Marathon packst du die 4h!

Gutes Regenerieren wünscht
Falk

Laufen, weil es Spaß macht.
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"The swim in an ironman is a contactsport" (NBC)

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Sauber, Ingo! :daumen:
Wo und wann fällt die 4:00? Hast Du für's Frühjahr wieder Freiburg im Auge?

Aber lass bloß Abu Greif nicht wissen, dass Du seine Hochrechnung so weggeputzt hast - der ist imstande und zieht die Daumenschrauben weiter an :wink: .

Viele Grüße & frohes Regenerieren,

Michael

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stachelbär hat geschrieben:Sauber, Ingo! :daumen:
Wo und wann fällt die 4:00? Hast Du für's Frühjahr wieder Freiburg im Auge?
Hallo Michael !

Ich bin für Freiburg schon angemeldet (Startnummer 95). Ob dort schon die 4:00 fällig sind ? Ist doch etwas schwieriger als in München. Aber ich nehme es mir mal für Freiburg vor. Man braucht doch ein Ziel, besonders für den Winter.

Ingo

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Herzlichen Glückwunsch zum überstandenen Marathon. Schön, daß du es dem alten Greif gezeigt hast...

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Botti hat geschrieben:Die beiden Spitzen-Fahrrad-Groupies Sabine und Marcus, die bereits in der Anfangsphase zweimal am Streckenrand standen, waren aber eine willkommene Abwechslung für mich und es war unterwegs immer interessant, zu rätseln, wo sie denn das nächste mal auftauchen würden.
das war ja das Ziel der Übung :zwinker4:
Irgendwoher schallte es: "Botti, du Lauftitan" Es riss mich förmlich herum und da waren die zwei unerschrockenen Fahrradgroupies, Sabine und Marcus. Schnell den Becher geleert und dann weiter.
Genau, denn Du sahst wirklich noch gut aus!

Glückwunsch - und schön, daß die niederschmetternde Vorhersage des Vorabends widerlegen konntest :daumen:

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Gratulation zu dieser Punktlandung! Bei kühlerem Wetter ist da sicher noch mehr drin...

:daumen:

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Danke für die Glückwünsche. Das macht für mich das herrliche Marathonerlebnis perfekt und auch Lust auf mehr.

Ingo

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Botti hat geschrieben:Ich bin für Freiburg schon angemeldet (Startnummer 95).
Das verpflichtet aber, das ist Dir doch klar? Da reden wir nicht mehr von sub4... :wink:

Grüße,

Nr. 227

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stachelbär hat geschrieben:Das verpflichtet aber, das ist Dir doch klar? Da reden wir nicht mehr von sub4... :wink:
Dafür darf ich mich aber in die erste Startreihe stellen :D

Ich hatte bei einem Sylvesterlauf schon mal eine sehr niedrige Startnummer, zumindest bei der Anmeldung. Die haben sie mir dann bei der Startnummernausgabe weggenommen und gegen eine höhere eingetauscht :sauer: . Ich habe mich aber revanchiert und bin nicht sehr schnell gelaufen.

Für Freiburg kann ich jede Motivation brauchen und wenn es nur eine niedrige Startnummer ist.

Ingo

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Hi Botti,

freut mich, dass es dir so gut gegangen ist. Glückwunsch und Räschpeckt!
Vor allem imponiert mir deine konstante Steigerung :daumen:
:hallo:
Jürgen

2009

15.02. HM Ismaning 1:48:47
15.03. HM Gröbenzell
29.03. HM Forstenrieder Volkslauf
19.04. Vienna City Marathon
28.06. HM Stadtlauf München
Rest tbd
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