2. Lauf der Ismaninger Winterlaufserie am 15. Januar 2006 über 16,8 KM
Aufgestanden um halb sieben in der Früh' fragte ich mich bei der morgendlichen Schlotter-Hunderunde bei noch -10 Grad Celsius (aber auf Grund der recht hohen Luftfeuchtigkeit gefühlten doppelt so niedrigen Werten) ob ich's nicht doch besser bleiben lassen sollte. Irrsinn bei solchen Verhältnissen fast 17 KM die vereisten Isarwege langrennen zu wollen.
Der erste Lauf der Serie hatte für mich im Dezember ausfallen müssen (verletzt), bezahlt waren alle - Startnummer lag parat, gefreut hatte ich mich wie immer sowieso drauf ... aber der Fuß ... ich wollte doch eigentlich vernünftig sein ... aber mit Bandage drum gings ja die letzten Wochen doch wieder einigermaßen gut ...
Natürlich saß ich - chauffiert von meinem Lieblingsbegleiter, diesmal ohne Hund (der verträgt die Kälte nicht mehr so lange ) - kurz nach 9.00 Uhr im Auto Richtung Ismaning - in der Annahme, dass nicht allzu viele Läufer bei derartig unwirtlichen Außentemperaturen den Sonntag mit Wettkämpfen verbringen würden. Aber Pustekuchen! Massen! der hubbelig gefrorene riesengroße Acker-Parkplatz bis zum letzten Stückchen vollgeparkt, tummelten sich MASSEN an Läufern auf dem Sportgelände und liefen sich warm. Das Thermometer zeigte noch -9 Grad an.
Ich gesellte mich dazu: genau 3 Runden wollte ich laufen, damit aus den abgemessenen 16,8 Wettkampfkilometern eine runde 18 fürs Kilometerspiel raussprang Beim gemütlichen Rundlauf überall die gleichen Gesprächsfetzen: "Wir sind schon blöd, bei der Kälte ..." oder "... könnte jetzt gemütlich im Warmen beim Frühstück sitzen ..." ... " da könnte man mal ausschlafen ..." Immerhin ein Zeichen, dass sich der gemeine Läufer zumindest eines Teils seiner Verrücktheit in Ansätzen bewußt ist
Etwas verspätet einige Minuten nach 10.00 Uhr der Startschuss. Der Stadionsprecher erzählte was von "-8 Grad", der Himmel ist bedeckt, es ist allgemein eher trüb und dunkel. Wie meistens startete ich unter der letzten Handvoll der deutlich über 1000 Läufer, die es aber recht eilig hatten, so dass auch die Hintenstarter weniger als eine Minute benötigten, bis die Startlinie überquert war (es gibt ausschließlich Brutto-Zeitmessung).
Der erste Kilometer verlief noch human über asphaltierte Straße bzw. Radweg mit nur wenigen vereisten Passagen, die gut mit Split abgestreut waren. Nach der Unterführung und einem dort üblichen kurzen Stau erreichte ich den nun durchgängig schneebedeckten Weg die Isar entlang.
Es hat hier seit ca. 2 Wochen nicht mehr geschneit, der Schnee ist harschig, an vielen Stellen war er mehrfach angetaut und ist steinhart und buckelig wieder festgefroren. Die meisten Passagen haben zwei recht schmale 'Fahrrinnen' - dazwischen ein extrem huckeliges und fußunfreundliches Mittelteil, manchmal auch Ausbuchtungen zur Seite, die Überholvorgänge zumindest erleichtern. Aber es gibt auch schön zu laufende Streckenabschnitte mit glatt festgefrorenem Schnee. Spielgeleisflächen sind zum Glück nirgendwo dabei.
Nach dem ersten Kilometer (7:30 min sagt ein Streckenposten) stelle ich aber doch fest, dass mich das Tempo hier ganz hinten zu sehr ausbremst. Vielleicht sollte ich meine Gewohnheit dahin gehend ändern, doch demnächst nur 10% vor Starterende Aufstellung zu nehmen. Denn es war äußerst mühsam, die sehr gemütlichen Läufergruppen und Pärchen im Zick-Zack-Gerenne über Knubbelwege zu überholen, bis ich in einem Bereich lief, der mir angenehm und angemessen erschien. Den fand ich dann aber und lief recht geruhsam vor mich hin. Mir kam es vor, als würde es immer kälter (stimmte aber wohl nicht), Bäume, Wege, Schilder und auch nach und nach alle Läufer waren überzogen von langen schneeweißen Rauhreifsplittern. Ich hatte das Gefühl, dass diese Fetzchen auch in der Luft lagen und beim Atmen durch den Mund eingesogen wurden. Durch die Nase kann ich aber nur atmen, wenn ich sehr langsam laufe. Schnell fühlte sich jeder Atemzug eiskalt an. Manchmal - wenn ich die Geschwindigkeit etwas anzog - wurde es sogar recht schmerzhaft bis tief in die Bronchien.
Im letzten Jahr hatte der Lauf bei der gleichen Temperatur stattgefunden, aber bei völlig schneefreien und trockenen Wegen und trockener Luft, was wesentlich lauffreundlicher ist.
Die ersten sechs Kilometer der Strecke verlaufen schnurgerade am Isarweg entlang. Ein paar Huckel hoch und Huckel runter sind die einzige Abwechslung.
Kurz vor KM 6 flitzte mir die Läuferelite entgegen, (Kilometer 1-6 und 10-16,8 sind identisch, dazwischen eine Schlaufe - während dieser Zeit der 'Begegnung' laufen alle brav hintereinander nur in einer Spur). Sie hatten nun schon gut 10 Kilometer hinter sich, alle waren komplett weißhaarig - ein Rennen der Kältegreise. Wie immer bei solchen Gelegenheiten guckte ich mir diese Turboläufer interessiert an. Das eine oder andere Gesicht erkannte ich inzwischen wieder. Sie wirkten trotz der Geschwindigkeit völlig eingefroren.
Doch plötzlich - ich traute meinen Augen kaum! - ein Läufer in einem extra dünnen megakurzen Flatterhöschen auf nackten Beinen Auch das Hemdchen darüber eher dazu geeignet, bei sommerlichen Temperaturen auf Hawaii zu laufen aber nicht in sibirischer Kälte des bayrischen Winters. Vielleicht habe ich zu sehr auf die Beine geachtet und dabei das Gesicht des Läufers vernachlässigt, denn so entging mir, dass der leicht bekleidete (er hätte im Grunde genauso gut naggisch laufen können) tatsächlich ein Hawaii-geübter und bekennender Schönwetterläufer war. Nämlich Faris al Sultan und Sieger des Ironman von Hawaii. Das erfuhr ich dann erst später und auch, dass Volker ihn beim Zieleinlauf fotogafiert hatte. Übrigens ebenfalls in völliger Unkenntnis der Person und nur wegen des schrillen Outfits.
Michael Seiler, den DVU-deutschen Meister im Cross- und Landschaftslauf erkannte ich. Im letzten Jahr war er in Ismaning zweiter der Gesamtwertung geworden. Doch gestern lief er 'relativ' ... weit hinten (was im Vergleich zu mir natürlich noch relativ ... ähh... verdammt weit vorn ist ).
Kurz nach KM 6 dann die Verpflegungsstelle mit leicht warmem Tee - verflixt, das tat sowas von GUT! Und das war auch nötig, denn die nächsten ca 4 Kilometer verliefen nicht über den schon recht festgetretenen Hauptweg, sondern über einen Neben-Wirtschaftsweg mit noch ziemlich hohem harschig-lockerem Schnee und sehr unkomfortabler Spurrinne. Sehr kräftezehrend waren diese Kilometer 7-10. Hier zeigte sich, dass ich meine immer noch 28,3 BMI-Körpermassen (dank Kilokiller bin ich ja jetzt immer im gräßlichen Bilde ;-) im Vergleich zu einigen deutlich zarteren Gestalten wohl hauptsächlich über die Kraft durch die Landschaft hieve. Es war mir möglich, noch einige langsamer werdenden zu überholen und auch die späteren Steigungen, an denen viele gingen, laufend und überholend zu bewältigen.
Der Fuß hatte die ersten Kilometer über manchmal etwas gezickt - inzwischen war er wohl betäubt und hatte sich ins Unvermeidliche geschickt. Es lief recht gut bei mir. Hier und da machte ich noch den Versuch, ein wenig mit dem Tempo anzuziehen, was aber hauptsächlich von den Bronchien verhindert wurde. Der Brustraum fühlte sich doch sehr frostig an und übertrug die Kälte auf den ansonsten lauferhitzten Körper. Ein Zustand von gleichzeitigem stellenweisem Schwitzen mit Frieren an anderen Stellen.
Nach Kilometer 10 wieder der Versorgungsstand und hochwillkommener warmer Tee. Als nach 15 Kilometern die Strecke wieder auf die Straße mündete, fühlte ich mich zwar verausgabt, aber noch nicht am Ende. Dafür, dass ich nach dem Marathon im letzten Oktober lediglich einmal 12 Kilometer und ansonsten nur kürzere Strecken gelaufen bin, waren die 18 Kilometer auf schwierigem Untergrund und mit Fußbandage in Ismaning für mich hochauf zufriedenstellend.
Die offiziellen Zeiten wurden nicht ausgehängt und sie stehen auch noch nicht online. Wie gesagt: ich werde sie nachliefern, sobald vorhanden.
Meine Zeit müßte irgendwo im 1:45 h -Bereich liegen. Das wären dann 2 oder 3 Minuten langsamer als im letzten Jahr (in dem aber die Voraussetzungen deutlich besser waren).
Bei den Männern kam der erste nach ca. 55 oder 57 Minuten (ohne Gewähr, ich habe bei der Siegerehrung nicht so genau hingehört, weil ich grad Kuchen holen mußte ;-) ins Ziel (die beiden mir bekannten Meister waren nicht auf dem Treppchen) die schnellste Frau brauchte 1:05 h. Noch eine halbe Stunde nachdem ich ins Ziel kam, trudelten Nachzügler ein - ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse
Ich traf auch zwei Mitforis, aber wenn die mögen, sollen sie selber was dazu sagen bzw. schreiben
Nachwort: Den gröbsten Hunger kann man in Ismaning immer schon direkt nach dem Lauf bei kostenlosem Rührkuchen stillen. Überhaupt sind Verpflegung und Organisation bei der Winterlaufserie
Den später folgenden Riesenhunger stillte ein an diesem Tag frei von mir kreiertes Rosenkohl-Hühnchen-Kokos-Gericht aus dem Backofen. Ebenfalls *selbst lob*. Mehr gab's dann nicht mehr - immer im Gedenken an Lars' Killokillerseite und dem Wunsch, am nächsten Tag einen niedrigeren Wert in die Tabelle eintragen zu können
Fazit: mein guter Vorsatz, in diesem Jahr dem lädierten Fuß (aber er wird ja auch zusehends besser ) zuliebe hauptsächlich reines Wellness-Gejogge zu betreiben, steht auf äußerst wackeligen Beinen, denn:
DAS MACHT JA SO EINEN SPAß MIT DEN WETTKAMPF-VOLKSLÄUFEN!
... und ich freue mich entsprechend wie narrisch auf den HM in 4 Wochen.
(Bild 5 zeigt den Drittplatzierten bei den Männern - die beiden ersten sind dem Fotografen durch die Lappen gegangen. Auf Bild 6 im Minihöschen: Faris al Sultan)