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Aus dem Leben eines Laufschuhs

Aus dem Leben eines Laufschuhs

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Booooooh. Das ist so langweilig hier. Und so dunkel. Und der Smalltalk mit den Kollegen geht mir so langsam auf die Nerven.
„Was für Sohlen hast Du denn so“ – „Wieviel Kilometer hast Du denn schon weg“ - „Wo war er denn mit Dir schon überall?“.
Ich kann das Geschwätz einfach nicht mehr hören. Es geht mir auf den Senkel – im wahrsten Sinne des Wortes.

Der rechte Trailschuh hinter mir im Regal erzählt schon seit einer Stunde vom letzten Lauf im Schnee und wie schön sauber er jetzt dadurch wieder ist. Bla bla bla. Im Sommer jammert er bestimmt wieder rum weil er kaum nach draußen kommt.

Ich will hier raus!!
Meinem Partner geht es auch so. Ich nenne ihn immer nur „der Linke“.
Zusammen sind wir hier die Könige im Regal, die Lieblinge vom Chef. Und ich bin der Oberkönig. Schließlich habe ich den ChampionChip zwischen den Schnürsenkeln, was die anderen Treter ein wenig neidisch macht.

Draußen auf der Treppe sind Schritte zu hören. Hoffnung keimt auf. Die Tür geht auf, das Licht an. Jaaaaaa – es ist der Chef. In Laufklamotten. Bitte, bitte, bitte - nimm mich!!
Der Chef zögert einen kleinen Moment und greift sich dann meinen Partner und mich aus dem Regal. Ich jubiliere innerlich und grinse über die ganze Sohle.
Tschüß Kollegen, bis nachher. Ich komme jetzt erst einmal an die Luft.

Zunächst aber nur kurz; auf dem Weg zum Auto. Mein Job ist es dann erst einmal, zwischen Gas- und Bremspedal hin und her zu springen.
Aber endlich ist es so weit. Wir sind am See. Super – dann wird es bestimmt nicht langweilig. Hier ist immer was los. Mein Chef steigt aus und zieht noch mal die Schnürsenkel richtig an. Jetzt geht’s los! Nein – doch nicht. Der Herr muß noch mal pinkeln. Paß bloß auf, dass nichts runtertropft!

Nachdem wir dies unfallfrei hinter uns gebracht haben setzen wir uns in Bewegung.
Es ist herrlich. Gleichmäßig traben wir los, grüßen die entgegenkommenden Schuhe.
Man versteht sich unter den Laufschuhen; da ist es völlig egal, wo wir hergestellt worden sind. Auch die Discount-Treter werden gegrüßt. Da machen wir keine Unterschiede. Schließlich sind wir alle Kollegen.

Da hinten kommt uns ein paar grellfarbiger Leightweight-Trainer entgegen. Schnelle Hirsche! Wahrscheinlich ein Tempolauf. Freundlich hebe ich die Senkelspitze zum Gruß, aber die zwei rauschen grußlos vorbei. Arrogante Pinsel!

Ein paar Meter weiter versuchen wir, uns zwischen einer Herde Walkingschuhe durchzuwurschteln. Die nerven manchmal. Das sind die LKW auf dem Laufschuh-Highway.
Da kommst Du manchmal kaum dran vorbei, wenn sie sich nebeneinander über die Piste schieben.
Ich bin da eher ein Kombi. Größe 46. Geräumig. Bequem. Für fast alle Gelegenheiten.

Nachdem wir an Walkingschuhen und Stöcken vorbei sind, haben wir erst einmal freie Bahn. Zumindest fast. Bis auf die paar Pferdeäpfel da hinten auf dem Weg. Aber die wird der Chef ja wohl sehen.

„Der Linke“ hat die Äpfel auch gesehen und kriegt schon Schweißperlen an der Flexkerbe.
Der Chef macht keine Anstalten, den Düngerkugeln auszuweichen. Mensch – paß auf!!!
Im letzten Moment setzt er mit mir zum Sprung an und landet auf meinem Partner. Den hat’s an der Ferse erwischt. Ein bisschen Apfelmus klebt hinten dran. „Mist!“ flucht „der Linke“. Recht hat er. Ich lache mir meinen gebogenen Leisten noch krummer und kriege deshalb nicht mit, dass ich gerade in einer matschigen Pfütze lande. Jetzt lacht „der Linke“. Blödmann!

Als wir nach drei Seerunden am Auto ankommen bin ich wieder halbwegs trocken.
Auch mein linker Partner hat wieder eine musfreie Ferse.
Für heute ist es auch genug. Es war schön, aber ich fühle mich in der Zwischensohle ein bisschen gequetscht und irgendwo klemmt mir ein Stein im Profil.
Noch ein bisschen Pedalgehopse im Auto, dann werde ich wieder im Dunkeln bei den Kollegen im Regal stehen und hoffen, dass ich beim nächsten Lauf wieder der Auserwählte bin.

Bis dahin werde ich mir wohl wieder das Gesabbel des rechten Trailschuhs anhören müssen…

:hallo:


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NRW von A-Z (ein Laufprojekt quer durch's Alphabet)

2
:hihi: genau die richtige Entschädigung für den fehlenden Adventskalender 2005. Toll geschrieben!
Mik

3
Einfach nur schön! Danke!

5
:hihi:
Mensch Stefan,

und da bezeichnest du andere Leute als "Hundepflüsterer". :wink: .
Das mit dem Gesabbel kann aber auch anstrengend sein, aber immer noch besser als Papierhände auszuschneiden :zwinker2: .

Schöne Grüße an dich und die komplette Family.

Micha
:hallo:
Diskutiere nicht mit Idioten, sie ziehen Dich auf ihr Niveau und schlagen Dich dort mit Erfahrung!

6
:hallo: Stefan,

:hihi: ich roll mich weg. Ein tolle gute Nacht Geschichte.
DANKE
Gisela


Bild

7
Frauengespräche kenn ich, Männergespräche auch, aber Laufschuhgespräche... :D man lernt immer was dazu!!! Einfach nur :daumen: :daumen: :daumen:

LG
Vicky

8
Wirklich nett geschrieben. Hoffentlich hört man noch mehr von deinen Schuhen :daumen: :daumen: :daumen:



Gruß
Dirk

9
Du kommst ja immer auf Ideen! :haeh:


Klasse!!! :daumen:
Lieben Gruss von
Andrea


10
Klasse. Dafür hat sich dieser :motz: -Winter gelohnt. :daumen:

Edit: 3 Seerunden??? Was du vorhabe? :haeh: :zwinker2: :daumen: :daumen: :daumen:
Liebe Grüsse von Gregor :hallo: (Bremen)
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Schöne Geschichte. Und über die "LKW auf dem Laufhighway" hab ich spontan gelacht!

ciao,
ZebraLady
Mögest du warme Worte haben
an einem kalten Abend,
Vollmond in einer dunklen Nacht
und eine sanfte Straße
auf dem Weg nach Hause.
-Altirischer Segenswunsch-

12
Nette Geschichte,
freuen sich Deine Schuhe bei Regen auch so auf´s Rauskommen?
Gruss Fri

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Lauflöwe hat geschrieben: die Geschichte (einschließlich der Pferdeäpfel) ist fiktiv.

Och, das enttäuscht mich aber jetzt schon. Du meinst also, deine Laufschuhe würden gar nicht wirklich miteinander reden? :wink:

Schöne und sehr originelle Geschichte :daumen:

Grüße
Uschi :hallo:

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Lauflöwe hat geschrieben: :hallo: Stefan (hört Stimmen...)

Ja ja, so fängt's an. (aber trotzdem coole Story.)

17
Jetzt würde mich auch noch interessieren worüber sich Laufshirt und Tight unterhalten?! :zwinker2:

Viele Grüße
Corinna

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Hallo Stefan,

ich les ja im Forum mangels Zeit und Lust schon lange nicht mehr alles. Da gilt es, die wirklich guten Beiträge rauszusieben.

Wie schön, wenn es dann mal etwas gibt, worüber ich wieder so richtig lachen kann. Doppel-Plus für Dich und Deine Quassel-Schuhe! :daumen: :daumen:

oLi

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nette Geschichte

Danke :daumen:

P.S: Gruß an die Schuhe
er läuft und läuft und läuft und.......:winken:

20
Hallo Stefan,

eine nette Geschichte; die Stelle mit "pass auf,daß nichts runtertropft" gefiel mir besonders gut,obwohl (fällt mir gerade erst auf),runter kommts ja immer,"daneben" würde vielleicht besser passen.
Aber ich will dem Autor hier gar nicht reinquatschen,so oder so 'ne tolle Geschichte,die mich daran erinnert,daß ich meine Laufschuhe gut behandeln soll und meine Zuneigung an sie gerecht aufteile,damit keiner traurig sein muß,in der Hoffnung,daß zum Dank sie mich schützen vor spitzen Steinen,Glasscherben oder ähnlichen Gefahren,mich geschwind die Kilometer flitzen lassen.Oh,meine Helden.

Liebe Grüße Ulla.
The Wycked Lady
METAL BANDCAMP

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Gut gebrüllt, Löwe. :daumen:

Brüll bitte weiter :D
Christa
Eine Diskussion ist unmöglich mit jemandem, der vorgibt, die Wahrheit nicht zu suchen, sondern schon zu besitzen. - Romain Rolland :prof:

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Klasse Stefan, :daumen:

tolle Lese-Lauflöwe-Geschichte die du da erzählst.
Jetzt weiss ich endlich, woher die Geräusche aus dem Schuhschrank kommen.

Übrigens, wie geht es den deinen Zwillingen? :zwinker5:

:hallo:
Edith

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Lauf-Maus hat geschrieben: Übrigens, wie geht es den deinen Zwillingen? :zwinker5:

Die anderen sind etwas neidisch, weil sie am häufigsten an die Luft kommen.
Deshalb werden sie im Regal zur Zeit etwas gemobbt (hat mir zumindest der linke Puma-Schuh erzählt. Aber der übertreibt manchmal ein bißchen...). :wink:

:hallo: Stefan


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Stefan,

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das ist eine herrliche Geschichte,
amüsant und kurzweilig, so richtig zum freuen :daumen: :daumen:

Ich mag solche Geschichten und Ideen rund um das Laufen,
leider gibt es viel zu wenige davon.

Aber es kommen ja immer mal wieder neue... :zwinker5:
Mit freundlichen Füßen
Barefoot Mecki


Ich laufe barfuß und immer für ein Kinderlächeln.
Dabei sammle ich Spenden für die
Stiftung Kinderglück
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