heute stand der Lindenlauf in Neuenstadt auf meinem Programm.http://www.tsv-neuenstadt.de/Roadrunners/
Eigentlich wollte ich nicht, weil, zu kalt, zu windig, und überhaupt. Gute Geister haben mich schließlich doch überredet. Geklappt hat zwar trotzdem nichts, aber ein gelungenes Trainingsläufchen ist herausgesprungen, und das kam so:
Ausnahmsweise hatte ich, so schien es, nicht mein übliches Verspätungsproblem. Mit meinen Shorts etwas spärlich bekleidet, wartete ich noch bis 3 Minuten vor dem Startschuß in der Stadthalle und wärmte mich dort auf. Dann setzte ich mich behäbig in Bewegung, war ja noch mehr als genug Zeit für die paar Meter um die Halle rum zum Lindenplatz, wo der Start sein sollte. Komisch war nur, da war fast niemand. Jedenfalls kein riesiger Läuferhaufen, wie er so kurz vor dem Start eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Die Schilder und das Stimmengemisch um mich herum machten mir klar, daß man den Start etwas tiefergelegt hatte. Also noch ein paar Meter die Straße runter joggen und noch ein paar Meter....noch 2 Minuten....und immer noch kein Läuferpulk in Sicht. Geht meine Uhr überhaupt richtig, sollte ich mich evtl. etwas beeilen? Ach was, nur nicht hetzen lassen...wir sind doch cool, und ohne die Semiprofis, die genauso verwirrt wie ich vor mir her joggten, würde man schon nicht anfang....
PENG !!!! "War das der Startschuß?" höre ich einen meiner Kollegen ungläubig fragen. "Klar, was denn sonst?", kommt die lachende Antwort. Ich versuche kurz zu analysieren, ob meine Verspätung mich stören sollte. Meine Zeit stoppe ich eh selbst, und da ich nicht vorne mitlaufe, ist die offizielle Zeit ja mehr als egal. Während ich so überlege, höre ich noch einen der Helfer sagen: "Der Start ist hier unten, aber das Ziel ist immer noch oben". Aha, dachte ich, eine Witzveranstaltung ist das also, was fange ich jetzt am besten mit dem angebrochenen Lauf an? Plötzlich fällt mir (Schnellmerker) nämlich auch der eklatante Nachteil des Zuspätkommens auf: Ich habe jetzt den gesamten Läuferpulk vor mir. Ich überhole einige, dann geht es in einen sehr engen Weg hinein, wo Überholen fast nicht möglich ist. Und wir sind langsam, sehr langsam. So langsam, daß ich mich wieder in aller Ruhe der Frage hingeben kann, wie ich diesen Lauf am besten nutze. Nachdem das 1-km-Schild in ca. 5.35 min passiert ist, entscheide ich mich dafür, die Gegend zu begutachten und den Lauf als Genußlauf zu verstehen. Immerhin haben wir wärmenden Sonnenschein, wenn auch mit heftigen Windböen dekoriert. Vielleicht käme eine kleine Endbeschleunigung in Betracht, um ca. 53 - 54 Minuten zu erreichen, das wäre doch ein akzeptabler Trainingslauf.
Mir fällt auf, daß ich im hinteren Teil des Feldes (den vorderen bekomme ich naturgemäß nicht zu Gesicht) der Einzige in kurzen Hosen bin. Ich friere auch etwas, schwitze aber gleichzeitig.
Den Vogel schießt ein Mann ab, der zusätzlich zu Jacke und Mütze auch noch einen dicken Schal als mächtige Waffe gegen den drohenden Erfrierungstod im Einsatz hat.Die Strecke wird zusehends schöner. Wir laufen am Waldrand und schließlich in den Wald hinein. Den Asphalt haben wir verlassen, was einen nicht schneller macht, aber die Gelenke schont. Ich bin schon eine Weile nicht mehr im Wald gelaufen, und schon gar nicht ohne Schnee, einfach so auf eisfreien und abgetrockneten Wegen. Das macht Laune und ich freue mich bereits auf meine nächsten Trainingsläufe.
Da ich ja ganz hinten gestartet bin, bin ich immer wieder am Überholen, ohne daß ich allerdings auch nur im geringsten "schnell" wäre. Überholen ist zwar irgendwie mühsam auf diesen engen Waldwegen, aber psychisch doch weitaus aufbauender als überholt zu werden (wer hätte das gedacht!). Was mich aber nun allmählich wundert ist, daß es ständig bergauf geht. In der Zeitung stand doch, dieses Jahr gebe es einen neuen flachen schnellen Kurs. Die Steigung zieht sich und wird steiler und obwohl ich mich mittlerweile etwas anstrenge, benötige ich für den 5. km geschlagene 6 min, so daß meine 5-km-Durchgangszeit bei weltrekordverdächtigen 28.03 gestoppt wird.
Kurz danach wird die Teilung der 10-km und der HM-Strecke angekündigt. Und jetzt endlich fällt es mir wie Schuppen aus den Haaren: Das ist doch genau die Strecke von der Veranstalter-Homepage (dort war etwas unklar, ob dieses Profil zur alten oder neuen Strecke gehört). Also die Strecke mit (grob abgeschätzt) 110 - 120 Höhenmetern, viele davon auf rutschigem und holprigem Waldboden. Das ist eine schnelle flache Strecke??? Auch egal, wir bringen das hinter uns, schließlich geht es nun fast nur noch bergab. Hier macht der Lauf sogar ansatzwweise sowas wie SPASS!
Ungefähr bei km 6 verlassen wir den Wald, und - unwillkürlich stoße ich ein neandertalermäßiges OOAAAHH aus, als mir - jetzt auf freiem Feld sozusagen - der Sturm voll ins Gesicht schlägt und den Atem raubt. Ich habe das Gefühl zu stehen, trotzdem überhole ich immer noch Leute (schon klar, nicht weil ich so schnell wäre, gelle).Schlußphase: Eigentlich hatte ich keine Lust, nochmal richtig Gas zu geben. Es fällt mir auch immer sehr schwer, mich nach langsamem Beginn noch zu motivieren. Daß ich trotzdem etwas schneller werde, liegt hauptsächlich daran, daß meine Beine einfach kribbeln und ihren Stoff wollen. Sie scheinen mir zu signalisieren "Du hast uns für heute doch Wettkampf versprochen, Meister, und jetzt sind wir gar nicht richtig ausgelastet". Außerdem drängt es mich doch etwas Richtung Ziel, weil der Sturm wirklich unerträglich ist und mittlerweile fühlen sich auch meine Hände ziemlich eingefroren an. Somit laufe ich den letzten km (wenn richtig vermessen) noch in ca 4.22 und komme dabei auch den Schlußanstieg leicht und locker hinauf. Nach 51.50 min findet dieser merkwürdige Lauf sein verdientes Ende und ich kann endlich wieder zu dem übergehen was ich viel besser und ausdauernder kann - Essen!
Schön ist allerdings, daß ich nun morgen doch (bei guten Bedingungen, wie der Wetterbericht meint) trainieren kann, und nicht pausieren muß, wie ich es sonst nach einem "Wettkampf" für nötig halte.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Jürgen
Zum Schlafen aber dann eine lange Hose anziehen 
