...das habe ich mir heute auf den letzten 2,5 km meines langen Laufes, die ich gehen musste, wohl an die hundert mal gesagt.
Heute mittag hatte ich noch den tollen Bericht von Lars gelesen und war sicher, etwas ähnliches zu erleben. Um ca. 15 Uhr bin ich dann zum 35er gestartet. Plan war, die ersten 26 km in mit ca. 5:30 - 5:48 und die letzten 9 km mit einer Endbeschleunigung von 5:09. Ich fühlte mich gut und es ließ sich auch gut an. Zwar schmerzt die rechte Achillessehne aber das wid sich bald geben. Die ersten 6,5 km laufe ich mit einer Pace von 5:35. Es geht locker und ich freue mich jetzt schon auf die letzten 9 km. Mein gutes Gefühl übeträgt sich auf meine Geschwindigkeit. Vor mir taucht ein anderer Läufer auf der eingeholt werden will um ihn dann locker zu überholen, nicht ohne ihm noch zu sagen, was ich heute noch vor habe. Also laufe ich die nächsten 4 km mit einem Mittel von 5:20 und damit definitiv viel zu schnell. Ich spüre das, ignoriere es jedoch weil es mir weiterhin richtig gut geht - bis auf die Achillessehne.
Doch als ich auf die Uhr sehe, erschrecke ich doch und reduziere das Tempo auf 5:54 und merke wie die linke Wade anfängt zu zucken. Ach das wird schon nicht schlimm werden. In Wirklichkeit hätte ich hier, nach ca. 15 km umkehren sollen. 30 km hätten heute auch gereicht und der negative Abschluss wäre mir erspart geblieben. Aber nein, der Herr hatte sich ja die 35 in den Kopf gesetzt und sonst gingen die ja auch immer.
Bis km 18 halte ich die Pace von 5:54, doch danach wird es stetig langsamer. Bis km 25 falle ich auf 6:13. Die Waden schmerzen im heftiger die Krampfanzeichen in beiden Beinen werden deutlicher und deutlicher, aber ich laufe weiter doch von der Endbeschleunigung habe ich mich längst verabschiedet.
Von km 26,5 an geht nix mehr. Alle paar Meter muss ich stoppen und die Waden dehnen, damit ich weiter laufen kann. Ich trinke, dann laufe ich, dann stoppe ich und dehne und dann laufe ich wieder mit 6:37 und langsamer und vor allem wird es immer kälter. Ich habe das Gefühl, dass mir die Finger schon einzeln abgefroren sind und nur noch in den Handschuhen hängen. Wenn ich laufe (?) dann mit 7:58 und dann geht laufen gar nicht mehr. Ich probiere es, weil ich nur noch schnell nach Hause will, aber es hat keinen Zweck. Sofort bekomme ich harte Waden, steife Füße. Ich kann nur noch gehen und es sind noch ca. 4 km. Zum Glück kenne ich eine Abkürzung und so schleiche ich 2,5 km völlig geknickt und voller Selbstzweifel die Strecke entlang. Diese 2,5 km kommen mir länger vor als die ersten 25 km von vor ein paar Stunden. Meine Hände spüre ich nicht mehr, die Hüften tun weh und ich habe nur noch das Bedürfnis mich irgendwo hinzusetzen und nie wieder aufzustehen. Ich feuere mich selbst beim spazierengehen! an. Komm, die letzten Meter hälst Du noch durch. Jetzt nicht aufgeben, noch 500 m, noch 300, noch 100, noch 50, 40, 30, 20, 10 - geschafft.
Ich kann mit meinen fehlenen Fingern natürlich auch keinen Hausschlüssel fassen und so falle ich gegen die Klingel. Nach unendlichen 5 Sekunden öffnet sich die Tür und ich stolpere ins Haus. Sofort macht sich meine Frau auf den Weg um mir das Badewasser einzulassen und ich versuche in den Keller zu gelangen um die Schuhe auszuziehen. Sie ganz oben und ich ganz unten - im wahrsten und im übertragenen Sinne.
Auf der Kellertreppe greift der Krampf meine linke Wade und ich setze mich auf die kalten Steinstufen. Ich versuche die Zehenspitzen anzuziehen um den Krampf zu lösen. Es gelingt mir nicht, statt dessen umklammert der Krampf nun auch mein rechtes Bein und den linken Oberschenkel. Meine Frau ist weit weg, rufen hat keinen Sinn und Sie wird sich auch nicht wundern, das ich nicht hoch komme, denn sie wird vermuten, das ich nachdehne. Haha, wie witzig. Fast muss ich lachen aber ich werde auf dieser Kellertreppe jämmerlich erfrieren und an Krämpfen sterben. Niemand kann mir helfen.
NEIN, das will ich dann doch nicht. Ich ziehe mich mit steifen Beinen die Treppe rückwärts wieder hoch und gelange in den Hausflur. Oben höre ich meine Frau rumoren. Ich rufe sie und nach einer Weile hört sie mich. Sie kommt runter und kann mir jetzt die Waden dehnen. Eine Erlösung ohne gleichen. Aber immer wenn die eine Wade locker ist, verkrampft die andere und immer wieder auch der Oberschenkel und es tut verdammt weh. Jeder Versuch aufzustehen scheitert.
Mein Frau geht wieder hoch das Badewasser wieder abzustellen denn diese Sache wird sich ziehen und ich ziehe mich rückwärts zur Treppe, die mit Teppich belegt ist um nicht mehr auf den eiskalten Fliesen sitzen zu müssen. Doch diese Aktion scheint mich so entspannt zu haben, dass ich nun aufstehen und mich die Treppe hochschleppen kann. Nun geht es vorerst gut. Ich zieh die Laufschuhe (nur ein kleiner Krampfansatz dabei) und die Laufklamotten aus und verabschiede mich in die Badewanne mit der Salzlösung. Meine Frau bedient mich mit alkoholfreiem Weizenbier, einem Eiweißshake und mit Buttertoast mi viel Salz. Ich sitze eine Stunde in der Wanne und verfluche ein ums andere Mal den Entschluß beim ersten Krampfanzechen weitergelaufen zu sein, ich verfluche den Entschluß heute überhaupt zu laufen und ich verfluche den Entschluß jemals mit dem Laufen angefangen zu haben. Aber letzteres nur kurz. Morgen werden ich wohl nur 15 km und die ganz locker laufen. In 5 Wochen um diese Zeit ist HH schon Geschichte...und ich werde regenerieren.
Ciao
Michael
Nie, nie wieder werde ich laufen...
1Link zum Erdinger-Tippspiel
Wäre die Welt eine Bank, hättet ihr sie längst gerettet (Greenpeace)
und
Nichts ist scheißer als Zweiter (Eric Mejer)
und
Die Nahrung soll Deine Medizin sein
und nicht die Medizin Deine Nahrung
Hippokrates
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