Genuss von Anfang bis Ende - HM–Berlin
1Bei km 7: „Guck mal, da kommt der Berg.“ Bei diesem Satz, an seinen Nebenmann vom schräg hinter mir Laufenden gerichtet, konnte ich mir einen Kommentar mit der passenden, den Steigungswinkel illustrierenden Geste nicht verkneifen „Berg? Hallo! Ich komm´ aus der Eifel …“ Er lachte und erwiderte „Bei uns Preußen sind das Berge.“ Gemeint war natürlich der Kaiserdamm, dessen Anblick für Mittelgebirgler einfach süß ist.Jeder Wettkampf hat seine kleinen Geschichten. Und auch der diesjährige Berliner HM.Den größten Teil der An- und Abreise spare ich mir, da anstrengend, weil von anderen Terminen beeinflusst und außerdem den eigenen Regeln und Gesetzen der Deutschen Bahn unterworfen.Kurz: Ich wollte ja eigentlich nur Zug fahren, dass das oft schwierig ist habe ich wieder leidvoll erfahren müssen. Was gilt eine Platzreservierung? Kann man geruchstechnischen Belästigungen durch Mitreisende mit 4stündigem Luftanhalten begegnen? Hat die mit offenem Mund quer über zwei Sitze Schlafende den Mammutbaumstamm bald durch? Wird sich der Betrunkene neben dir ins Abteil entleeren oder nicht (Prognose 50%:50%)? Er hat nicht! Gab es jemals Züge ohne Verspätung? …Aber dann war ich doch endlich da und schleppte Erschöpfung, Hexenschuss und Koffer ins Hotel. Die heiße Dusche und das bis zum Abend dauernde Nachmittagsschläfchen machten mich halbwegs fit, verhinderten aber leider den Besuch des Foritreffens. Zur City-Night gelobe ich Besserung.Am Wettkampfmorgen fühlte ich mich gut und so entspannt, dass ich erst beim spartanischen Frühstück in einer nahen Bäckerei (ich wollte mir den Anblick des üppigen Hotelbuffets ersparen) bemerkte, dass ich meine Startnummer vergessen hatte. Danach hatte ich mich eingelaufen.Aus der Bäckerei hatte man einen guten Blick auf das gegenüber liegende Starbucks in der Friedrichstraße. Kein Fori weit und breit. Die Anfrage beim dortigen Personal ergab, dass es ein weiteres Starbucks in der Friedrichstraße gab. Anschließend war ich sehr gut eingelaufen.Unterwegs hatte ich noch Lars, Angel und Holgi getroffen und im richtigen Starbucks gab es ein weiteres nettes Hallo.Aber bald schon verstreuten sich die Foris Richtung Kleiderabgabe und Start. Mandy, Frank und ich machten noch einen kleinen Stopp in einer Bäckerei (Frank, danke, du hast auf jeden Fall was gut!), dann reihten auch wir uns getrennt voneinander ein.Als ich über die Startmatte lief, war es endgültig da, das tolle Gefühl. Angebahnt hatte es sich beim ersten Blick aus dem Fenster. Bereits den ganzen Morgen hatte die Sonne geschienen und „Kurzkleidung“ herausgefordert. Ich sah Rennschnecke mit Fotoapparat und winkte. Das anfängliche Mitschwimmen im Strom der vielen HM-Starter brachte die Gedanken auf den Punkt: „Genieße es einfach“. Und das tat ich ab sofort und der Begriff „Genusslauf“ wanderte in meinen mittlerweile umfangreichen Läuferwortschatz vom passiven in den aktiven Bereich. Der Stau am Brandenburger Tor tat der Freude keinen Abbruch. Tiergarten , Siegessäule, Ernst-Reuter-Platz flogen vorbei und beim Anblick des Charlottenburger Schlosses samt des Reiterdenkmals ging mir erneut das Herz auf. Überhaupt, an all dem sonnenbeschienenen kulturellen Inventar vorbeizulaufen machte mir eine Riesenfreunde.Ich trödelte zwar nicht, lief aber die ersten km locker und entspannt. Dem sonst so heiß geliebten Suunto schenkte ich nur ab und zu einen kleinen Blick, nahm auch die ein oder andere Zwischenzeit bei den selten wahrgenommenen km-Schildern (5, 8 10, 15, 20). Allerdings wurde ich bei fast jedem km etwas schneller. Anstrengend fand ich die ständige Kurverei um die Mitläufer. Vor mir lief doch eine Menge von Teilnehmern, die sich mittlerweile in den Ergebnislisten hinter mir befinden. Ok, überholt wurde auch ich öfter.Erst bei der roten Zwischenzeitmatte sah ich die sub 1h und begann zu rechnen. Meine im Forum verkündete Wunschzeit war – trotz, oder wegen des Genusses? - noch drin! Also gab ich bei fast jedem km ein wenig mehr Gas.Das Berliner Publikum feuerte an und beflügelte meine Schritte. Es herrschte an vielen Stellen tolle Stimmung. Der Kudamm bescherte mir Erinnerungen an meinen ersten 10er im letzten August und unterdrückte eine kleine aufkommende Müdigkeit in den Beinen.Zum Glück bemerkte ich auch noch rechtzeitig die ältere Mitbürgerin, die im Stil eines Panzerkreuzers mit starrem Geradeausblick zwischen den Läufern durchpflügte. Nur wenige Zentimeter trennten uns. Gefahr gebannt – weiter gerannt.Die Brücken am Landwehrkanal gaben den Beinen das Gefühl der deutlicher werdenden Präsenz. Aber durch Licht- und Schattenspiele des Baumbestandes, parallel fahrende Touristenschiffe mit winkenden Menschen und die Gewissheit, dass bereits 17km geschafft waren, überwog das Genießen des immer noch gleichmäßig durchgezogenen Laufs. Mein absolutes Highlight war der Anblick der Nationalgalerie. Die Architektur von Ludwig Mies van der Rohe und der Gedanke an die darin befindlichen Schätze verursachten wohlige Schauer. Philharmonie und Potsdamer Platz schoben mich unaufhaltsam weiter.Ein Minihammermännchen tanzte von km 19 bis 20 auf der Straße vor mir her. Der Anblick des sich rasch nähernden Berliner Domes kickte das Kerlchen aber wieder rasch von der Strecke. Genau hier stand auch Jörn und feuerte mich an. Seinem Gesicht nach schloss ich auf eine gute Zeit, die er gelaufen war. Ich beschloss eine lang gezogene Steigerung, falls meine Beine das noch hergaben. Und es hat geklappt. Berlin sah meinen ultimativen Zielsprint einschließlich des Zieljubels exakt in dem Augenblick, in dem der HM im Radio unter großem Getöse der Zuschauer auf Sendung ging. Gänsehaut!Wow, war das ein Wettkampf. Das I-Tüpfelchen war die Zeit: 1:57:36 (Wunsch sub 1:58). Trotz des lockeren Laufens, ohne an die Grenzen zu gehen, hatte ich ein gutes Ergebnis (in meiner AK Platz 42). Die Warterei an zweien der Getränkestände hatte den perfekten Tag zwar ein wenig getrübt und kostete mich, einschließlich des Brandenburger Tor-Staus gute 2 Minuten. Aber ich bin hochzufrieden und bereue es nicht, trotz meines engen Zeitplans nach Berlin gekommen zu sein. Es war schade, dass ich die Foris nur kurz sehen konnte, denn auch das anschließende Foritreffen konnte ich leider nicht mitmachen, da die Hoteldusche samt Check-Out, sowie die Deutsche Bahn (s.o.) warteten.Summa summarum: Berlin hat´s!
Liebe Grüße aus der Eifel____________Nele
Lesen gefährdet die Dummheit
26.8. Maare-Mosel-Lauf 9,693 km in 49:08; 2. Platz AK; 9. Platz in der Frauenwertung
24.9. Berlin-Marathon vorne steht jetzt eine 3; 66. Platz AK
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