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Harzquerung 2006: ultralang, ultraschön, ultramatschig

Harzquerung 2006: ultralang, ultraschön, ultramatschig

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Wahhh, was is´n das? Weiß, ich sehe weiß dort oben auf dem Berg. Ich fasse es nicht, über Nacht hat es geschneit. Zwar nur in den Höhenlagen, aber da wollen wir ja nun auch hin. Ändern konnte ich es nicht, allerdings sollte die Kleidungsfrage vielleicht neu durchdacht werden? Ach Quatsch (diesen Ausdruck scheine ich oft zu gebrauchen, ein chinesischer Bekannter fragte mal nach der Bedeutung). Kurz unten, kurz oben mit noch was Langem zum Wegschmeißen drüber, Handschuhe und Käppi. Trailschuhe? – ach Quatsch.

8:30 war der Start, unaufgeregt in diesem kleinen Läuferfeld von vielleicht 250 Personen. Manche Gesichter kennt man inzwischen, man trifft sie immer wieder. Vor dem Start mal ein kleiner Schnack hier, mal ein kleiner dort. Auf den ersten Kilometern der Laufstrecke verebbten allerdings die Gespräche. Zumindest im vorderen Feld, wo ich mich einsortiert habe. Die Wege sind sehr schmal, so dass man – wenn es überhaupt möglich ist – beim Überholen viel Energie vergeudet. Nach 2 km war der erste Anstieg geschafft, und man rollte so dahin, mal bergan, mal bergab. Immerhin war mir nun schön mollig warm. Die Kleiderfrage war doch richtig beantwortet. Es war gerade so ausreichend mit Option der Entledigung eines langärmeligen lila (!) Baumwollshirts, welches ich mal in den frühen 90-ern erstanden hatte.

Wunderschöne kleine Pfade. So selten, wie man die kleinen Pfade verließ, so selten lief man nicht bergan oder bergab. Eine Teilumrundung einer Talsperre verhalf auf km 5 zu einer kleinen Verschnaufpause. Nach 11,5 km dann die erste Verpflegungsstelle. Dies ist natürlich nicht mit einem Stadtmarathon zu vergleichen, wo man alle 2,5 km irgendetwas in sich hineinschütten kann. Allerdings hetzt man bei so wenigen Möglichkeiten der Flüssigkeitszufuhr auch nicht und Gedränge ist hier ein Fremdwort. Erst einmal hieß es, sich zu orientieren. `Tschuldigung, ich habe mir nicht alles merken können. Gab es hier schon Kekse, Schmalzbrote und Schokolade, oder doch erst später? An Getränken war alles da: von Tee über Wasser und Iso. Wenn gewünscht, als Heißgetränk oder Erfrischung. Zwei Becher warmer Tee taten gut, frisch war es hier in der Natur. „Guck mal, die erste Frau“ hörte ich von einigen Wanderern. „Wie, was, nee echt?“ Hui, ich lag gut im Rennen.

Bis zur zweiten Verpflegungsstelle ist wenig zu berichten. Nein halt, das stimmt nicht: es hat geregnet oder geschneeregnet. Dann hat es mal gehagelt, oder es hat die Sonne geschienen. Auf jeden Fall war mein lila Baumwollshirt jetzt nass, also weg damit. Immerhin hatte ich noch Handschuhe mit, die ich dankbar über meine kalten Hände zog. Da ich recht zügig lief, reichte dies aber gerade so aus.

Laut Streckenplan war der Abschnitt zwischen km 20 und 31, der nächsten Verpflegungsstation etwas anspruchsvoller. Zwischendurch kamen mir Zweifel, ob ich mein Tempo durchhalten könnte. Immerhin fingen meine Beine an, etwas müde zu werden und es war gerade mal die Hälfte der Strecke absolviert. Bei bergab Passagen konnte ich mich allerdings immer wieder soweit erholen, dass die nächste Steigung kein Problem war.

„Guck mal, das erste Mädchen“ scholl es mir entgegen. Äh, wie jetzt? Mädchen, W40. Nee, das musste richtig gestellt werden. Nur weil man läuft ist man nicht jung, Herr und Frau Wanderfreund. Man einigte sich auf „ Guck mal, der erste weibliche Läufer“. Besser! Kurzes Winken zurück und weiter ging es. Hier nach der Hälfte waren jetzt mehr und mehr Wanderer und Walker unterwegs. Sie waren schon sehr früh gestartet und so langsam büßten sie ihren Vorsprung ein, waren aber immer für ein paar anerkennende Worte oder einen kleinen Spaß zu haben. Gestört haben sie gar nicht. Alle haben sofort Platz gemacht, wenn die Läufer angebrettert kamen oder sich den einfachsten Weg über die Wurzeln bergauf suchen wollten. Aufpassen musste man auf das Foto-Shooting. Meistens wurde man auf den bergab Passagen abgelichtet. Bergab über Stock und Stein und dann noch Lächeln? Schwierig, schwierig!

Nach km 31 und der üblichen Wasser- und Tee-Prozedur kam ein langer Abstieg und eine kleine Weile ebener Weg. Man könnte sagen, es war die Ruhe vor dem großen Poppenberg. Hier ging es bergan, bergan oder bergan. Vier lange Kilometer. Wenige Meter zur Erholung mal etwas eben, dann aber in der größten Matsche. Platsch, platsch, platsch. Glücklich oben angekommen schneite es mal wieder bei 3 °C. Brrrr, schnell weiter. Die schwer erkämpften Höhenmeter büßte man auf weiteren vier km wieder ein. Und zwar so, dass man auch bergab vorsichtig laufen musste, eine Notbremsung in die Büsche bewahrte mich vor einem Sturz. Unten angekommen ging es durch die kleine Ortschaft Neustadt. Hartes Pflaster auf ebener Strecke ließen die Muskeln aufheulen. Da war es fast angenehm, nach der nächsten Verpflegung, wieder bergauf laufen zu können. Ab hier waren die Wege nun extrem aufgeweicht und dadurch schwer und glitschig. Obwohl ich bis jetzt alles gelaufen war, machte es hier auf einigen Passagen wenig Sinn. Also wurden ab jetzt zwei,drei Gehpausen eingelegt. Das Anlaufen war zwar mühsam, aber ich konnte mich noch gut motivieren. Ein Blick zurück zeigte mir nämlich meinen guten Vorsprung, denn auf gut einsehbarer Strecke konnte ich kein weibliches Wesen hinter mir ausmachen. So konnte ich die letzte Steigung locker angehen, wobei ich meine Uhr kontaktierte. Ha, die sub 4:30 waren noch drin. Also noch mal Gas gegeben, an einem Feldrand entlanggeglitscht und die Ausläufer von Nordhausen erreicht. Hier ging es an Schrebergärten vorbei ins Stadion, wo ich bei nun stark einsetzendem Regen meinem ersten Ultra-Sieg entgegenlief.

Eine unaufgeregte Siegerehrung nach der Entfernung von Hühnerei großen Erdklumpen an meinen Beinen unter einer heißen Dusche bescherte mir nützliche wie unnützliche Dinge und eine Gravur auf einem Wanderpokal, den ich für eine Minute in den Händen halten durfte. Die bereits eingravierten Namen erfüllten mich mit Ehrfurcht. Die ganz großen Läuferinnen waren allerdings diesmal nicht am Start, da am gleichen Wochenende auch die DM über 100 km stattfanden. So ganz schlecht hätte ich mit meinen für mich sehr guten 4:27 allerdings auch bei stärkerer Konkurrenz nicht abgeschnitten. Da habe ich einfach Glück gehabt.

Ein tiefe Befriedigung überkam mich, als ich frisch geduscht und mit Erbsensuppe und Kaffee bewaffnet dem Zieleinlauf zusah und die offizielle Zeitnahme die 5:18: 01 anzeigte. Dies war nämlich meine Zeit bei meiner ersten Harzquerung vor zwei Jahren.

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hi lachmöwe,

toll geschrieben und respekt vor dieser leistung :daumen:

lieben gruß
andre

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Toller Bericht!
Und nochmal Gratulation zum Sieg und zu der Zeit!
Mit freundlichen Grüßen,
Volker
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Termine:
Kyffhäuser-Berg-Marathon am 8.4.2006: 3:58:27 (offiziell), 3:59:39 (selbstgestoppt)
Harzquerung am 29.4.2006: 51 km in 5:17:27 Stunden
Rennsteiglauf am 20.5.2006 #01114
Berlin-Marathon am 24.9.2006

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...und die Möwe ist wieder mal geflogen - toll! Gratuliere zum Ultra-Sieg!

Gruss Sigi

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Glückwunsch Conny zu deiner Superleistung. Verdientermassen hast du dafür den 1. Platz erreicht. Klasse.

flieg Vogel flieg......
Oliver

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„Guck mal, das erste Mädchen“ scholl es mir entgegen.
Was die Mädchen heutzutage alles so anstellen :D .

Bei deinem Tempo wird auf dem ollen Harz wohl der Schnee geschmolzen sein. Kann nur sagen :beten2: und :respekt: vor deiner Super-Zeit und deinem Sieg - und Danke für die tolle Story.

Liebe Grüße

El Corredor

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Hey Conni!

Bis auf das Wetter und die Strecke und die Länge der Strecke klingt das doch alles toll! :D

Herzlichen Glückwunsch zu diesem überaus erfolgreichen Lauf!

Was gab es denn so für nützliche und unnütze Dinge?

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Lachmöwe hat geschrieben: Da war es fast angenehm, nach der nächsten Verpflegung, wieder bergauf laufen zu können

Jaja, so kenn ich unsere Lachmöwe Conni :wink:

Super gemacht, Gratulation zum Sieg!

(Waah, dein erster Ultra-Sieg! Was willst du in diesem Jahr 2006 denn noch alles knacken? Du bist ja der Wahnsinn :daumen: )

Damit ich nicht nachgucken muss: Wie lang ist die Harzquerung noch mal?
„Ihr kommt doch klar, so wie ihr ausseht, oder? Den Besenwagen muss ich euch nämlich abziehen. Der wird weiter vorn bei den wirklich Fußlahmen gebraucht.“ - Syltlauf 2008

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:beten: Wie immer: tiefsten Respekt Conni :daumen:
Herzlichen Glückwunsch zum Sieg!!!

Aber sag mal, wie lang genau war denn die Strecke? Oder hab ich das überlesen?

Liebe Grüße, Kathrin
☼ ☼ ☼
Entscheide Dich. Und wenn Du Dich entschieden hast,
vernichte die Alternativen.

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Herzlichen Glückwunsch, Conny!!

Nicht nur zum Sieg allein, sondern auch zu Deiner Zeit: 52 Minuten schneller als vor 2 Jahren - Wahnsinn!!

Erhol Dich gut!


Walter
You can only fail if you give up too soon

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@ all: Danke für die Glückwünsche.

Die Strecke war übrigens 51 km, hatte ich ganz vergessen zu erwähnen. Sozusagen ein kurzer Langer :zwinker5: .


Gruß Conni

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Da habe ich einfach Glück gehabt.
Wenn schon Glück, dann das Glück des Tüchtigen!
Jedenfalls hat alles schön zusammengepasst. Super, gratuliere!
"If I had no sense of humor, I would long ago have committed suicide." (Gandhi)

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Hallo Conny,

herzlichen Glückwunsch, altes Mädchen!

Immer wieder bewundernswert, mit welcher Unaufgeregtheit und scheinbarer Lässigkeit Du die schlimmsten Läufe nimmst und jetzt sogar gewinnst.
Andere (wie ich) heulen über jedes bisschen schmerzende Beine und das Schlimmste, was man von Dir hört, ist das matschige Wetter.

Bewundernswert!
oLi


p.s.: Und vielen Dank nochmal fürs Groupen in Hamburg!

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Mensch Conni,
Du bist Spitze!
Dicken Glückwunsch zum Sieg! Du bist schon Eine: suchst das Wochende mit der DM im 100er raus und dann die entsprechend lange Strecke - und schwupps hast Du die Krone im Sack - kühle Rechnung! :P

Ich freue mich, Dich auf dem Rennsteig fliegen sehen zu dürfen! :daumen:

Gruß!
Burkhard
...hab hier nur meine Meinung formuliert. so what?

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Ganz große Gratulation, ganz großer Respekt.

... und ein ganz toller Bericht!!!

Jörg
Neue Laufabenteuer im Blog

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Unsere Lachmöve ist wiedermal geflogen. Und zwar über den Harz.

Sensationell. Glückwunsch zu deinem Sieg.

Danke für diesen tollen Bericht.

Grüße Marc :hallo:

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42bis100 hat geschrieben:Du bist schon Eine: suchst das Wochende mit der DM im 100er raus und dann die entsprechend lange Strecke - und schwupps hast Du die Krone im Sack - kühle Rechnung! :P

Tja, mit Köpfchen laufen :hihi: . Ne im Ernst. Für den Veranstalter war das sehr schade, dass diese Termine so kollidierten. Für mich als Nicht-Vereinsläufer war die Entscheidung klar: 51 km herrlichste Wege in einer unglaublichen Landschaft versus 10 oder 20 Runden flach.

42bis100 hat geschrieben: Ich freue mich, Dich auf dem Rennsteig fliegen sehen zu dürfen! :daumen:
Gruß!
Burkhard

Puh, jetzt muss ich mich erst einmal wieder regenerieren. War doch ziemlich anstrenged die Sache - so im Nachhinein betrachtet. Obwohl ich ja eigentlich nicht den Rennsteig laufen wollte, freue ich mich doch ziemlich auf in drei Wochen :hallo: .

Gruß Conni

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oLi hat geschrieben:altes Mädchen!
:hihi:
„Ihr kommt doch klar, so wie ihr ausseht, oder? Den Besenwagen muss ich euch nämlich abziehen. Der wird weiter vorn bei den wirklich Fußlahmen gebraucht.“ - Syltlauf 2008

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Lachmöwe hat geschrieben:Tja, mit Köpfchen laufen :hihi: .
Laufen ist Kopfsache - jetzt weiß ich warum... :zwinker4:
...hab hier nur meine Meinung formuliert. so what?
Gesperrt

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