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-Wasser, Watt und Gegenwind- Der Gorch-Fock-Marathon in Wilhelmshaven

-Wasser, Watt und Gegenwind- Der Gorch-Fock-Marathon in Wilhelmshaven

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Vorbemerkung: Den Laufbericht mit Bildern gibt es auf meiner Homepage. Im Bereich "Aktuell" befindet sich der Link zum Bericht; eine Verlinkung von hier ist leider nicht möglich.

1. Gorch-Fock-Marathon, Wilhelmshaven, 14.05.2006
- Wasser, Watt und Gegenwind -

Vorgeplänkel:

Als ich die Ausschreibung las, war ich von der Streckenführung sehr angetan. Zwei leicht voneinander abweichende Schleifen sollten unter anderem an verschiedenen Häfen, am Ems-Jade-Kanal, am Jadebusen und am Südstrand entlang führen.
Das versprach maritimes Seightseeing auf flacher Strecke und so entschloss ich mich, den Marathon mit einem verlängerten Wochenende zu verbinden.
Am Vortag reiste ich an, bezog mein Zimmer in einem Hotel direkt am Wilhelmshavener Südstrand mit Blick auf den Jadebusen und trabte ein halbes Stündchen an Promenade und Deich entlang.
Im Gorch-Fock-Haus traf ich dann später, nach einem kurzen Stadtbummel, wie vereinbart auf Jens und Julia Vieler mit zwei ihrer Kids.
Gorch Fock hieß übrigens eigentlich Johann Wilhelm Kinau (* 22. August 1880 in Finkenwerder; † 31. Mai 1916 in der Seeschlacht am Skagerrak) und war ein deutscher Dichter. Nach ihm wurden nicht nur zwei Segelschiffe der deutschen Marine und das Gorch-Fock-Haus benannt, sondern jetzt auch der Marathon in Wilhelmshaven.
Eines der Schiffe zierte das Funktionsshirt, das es bereits zusammen mit der Startnummer gab. Im Starterpack fanden sich neben der üblichen Werbung auch noch ein kleines Brot, eine Zeitung und der Transponder für die Zeitmessung, den man während des Laufs am rechten Handgelenk tragen musste.
Im großen Saal des Gorch-Fock-Hauses fand auch die Nudelparty statt. Mit 5 Euro für Nudeln und Salat war man dabei.

Nachdem die Hochrechnungen aus meinen letzten 10 km-Läufen eine Endzeit von um 4:15 Stunden möglich scheinen ließen, richtete ich meine Taktik darauf aus. Ich wollte versuchen, ein gleichmäßiges Tempo um 5:55 min/km zu laufen und mit einem Schnitt knapp unter 6:00 im Ziel einzulaufen. Dabei war mir klar, dass dafür alle Voraussetzungen stimmen mussten: wenig Sonne, kaum Wind, gute Verpflegung und keine muskulären Probleme.
Da mir die Anzahl und die Ausstattung der Verpflegungsstände recht dürftig erschien, richtete ich mir eine kleine zusätzliche Versorgungsstation für „Notfälle“ am Hintereingang des Hotels ein, da der Lauf daran vorbeiführte.

M-Day:

Nach einer angenehmen Nacht, zwei Honigbrötchen und den obligatorischen Besuchen in der Keramikabteilung fuhr ich zum Gorch-Fock-Haus , wo die Marathon- und Halbmarathonstarter auf die Strecke geschickt werden sollten.
Im Startbereich traf ich nur auf Julia, die ihren ersten Marathon laufen wollte; Jens musste kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen auf einen Start verzichten und sich mit der Rolle des fotografierenden Supporters begnügen.
Bei angenehmem Wetter um 15°C im Schatten setzte sich das 600-700 Läufer starke Feld um 9:00 in Bewegung. Da die evangelische Soldatenbetreuung und die Bundeswehr Mit-Veranstalter waren, sah man viele Läufer in Laufshirts ihrer Truppeneinheit.
Über Straßen und durch einen Park ging es hinunter zum Bontekai.
Nachdem es anfangs etwas eng war und man ausgebremst wurde, konnte man hier bereits gut laufen. Immer am Wasser her ging es am Großen Hafen entlang zur Deichbrücke, danach weiter am Handels- und Kanalhafen entlang zur Mariensieler Schleuse am romantisch-verschlafen wirkenden Ems-Jade-Kanal.
Nach einem ersten, langsameren Kilometer pendelte ich mich schnell auf Kilometerzeiten zwischen 5:48 und 5:55 ein und schoss beim Laufen mit der Handykamera ein paar Fotos von der interessanten Strecke.
In Mariensiel, ungefähr bei Kilometer 6, verließ das Läuferfeld den Kanal und erreichte über Nebenstraßen den Jadebusen. Die Strecke führte dann ungefähr 6 km an der Nationalparkgrenze Wattenmeer entlang zur Strandhalle am Südstrand. Auf der linken Seite hatte man auf diesem Teilstück den Deich, kleine Ferienhütten, ein paar eifrig klatschende Zuschauer, Strandkörbe und etwas oberhalb die Promenade am Südstrand; auf der rechten Seite Watt und Wasser und unter sich teils leicht schräge Asphaltwege und Schafschitte.
Alles war bestens, das Tempo in Ordnung und das Lächeln für’s Foto ehrlich gemeint.
Weiter ging es vorbei am Helgolandkai und einem kleinen Yachthafen und danach auf dem Deich der Schleuseninsel bis zur Westwache des Marinestützpunktes. Knapp 15 Kilometer waren hier vorbei und meine Kilometerzeiten lagen jetzt um 6:00 Minuten herum.
Am Ausrüstungshafen, am Marinemuseum und am Großen Hafen vorbei ging es zurück zur Deichbrücke. Die Halbmarathonis wurden hier nach rechts Richtung Ziel geschickt, die Marathonis nach links in Runde 2.

Das Feld dünnte sich dadurch stark aus und bei mir wurde es langsam schwergängiger. Ein kurzer Anflug von „Ach wäre ich doch auch schon im Ziel“ verschwand aber schnell wieder.
Eine Pipipause wurde auch fällig. Die 2. Runde wurde nicht langweilig, aber zusehends mühsamer und es stellten sich die ersten Problemchen an den Oberschenkeln und an der rechten Knieaußenseite ein. Da war Vorsicht geboten, um sich mit dem Knie keine ernsthaften Probleme einzuhandeln. Die Sonne verschaffte sich auch immer mehr ihren Platz am Himmel und ich wurde langsam, aber sicher, kraftloser und langsamer. Hier hätte ich gut häufigere Verpflegungsstände und die erste Cola gebrauchen können; mein Energy-Gel, der Gelchip und die von Jens angereichte Apfelschorle konnten dies nicht ausgleichen. Die ersten Geh- und Dehnpausen waren fällig. Ich verabschiedete mich zunächst von der sub 4:15 und später auch von einer neuen persönlichen Bestleistung.
Die Endzeit wurde mir dann irgendwann ziemlich egal, denn ich wollte mich nicht unnötig quälen, sondern den Spaß am Lauf behalten. An Aufgabe verschwendete ich - anders als im Jahr zuvor in Münster - keinen einzigen Gedanken. Ich war mir zu jeder Zeit sicher, dass ich den Lauf auf jeden Fall mit Anstand zu Ende bringen würde, denn „richtig“ schlecht ging es mir ja nicht.

An der Westwache ging es diesmal auf das Areal von Deutschlands größtem Marinestützpunkt. Auf dem Weg zum Wendepunkt an der Ostmole, der direkt an mehreren Schiffen der Marine vorbeiführte, blies ein heftiger Gegenwind, der das Laufen nicht gerade einfacher machte. Nach der Wende war ein weiterer kurzer Stopp fällig, da sich ein Stein in den Schuh verirrt hatte. Von der Westwache ging es den gleichen Weg wie in der ersten Runde zurück zur Deichbrücke.
Läufer waren hier nur noch vereinzelt. Eine junge Frau lief noch durchgehend, die restlichen Läufer vor mir legten auch immer mal Gehpausen ein.
Und so langsam bekam der Lauf für mich noch einen Renncharakter. Die Endzeit, das war bereits absehbar, würde jenseits von Gut und Böse sein. Aber ein paar Plätze weiter vorne im Feld waren ohne große Quälerei noch drin. Die junge Frau, die mich zuvor überholt hatte, konnte ich trotz diverser Gehpäuschen wieder einholen und lief auf den Läufer davor auf. Der roch den Braten wohl, fand auch wieder regelmäßiger in den Laufschritt, hielt dagegen und behielt zunächst einen kleinen Vorsprung. So liefen wir auf den nächsten Teilzeit-Walker auf, der plötzlich wach wurde und sich auch nicht kassieren lassen wollte. Im Bereich der Deichbrücke zeigte sich aber, dass ich von uns Leichtinvaliden wohl noch der fitteste war, zog vorbei und bog als erster auf das Schlussstück ein. Ein Stück vor mir sah ich dann zwei junge Läufer, die auch wieder mehr ins Laufen fanden, als sie bemerkten, dass ich herankam. Sie zogen noch einmal kurz weg, aber ich legte noch einen verhältnismäßig flotten Schlusskilometer hin und konnte sie doch noch überholen. Der Transponder piepste im Ziel am Gorch-Fock-Haus bei 4:42:41. Meine selbst gestoppte Nettozeit lag bei 4:42:19. Die Differenz erklärt sich daraus, dass beim Start keine individuelle Startzeitmessung erfolgte, sondern die Startzeit für alle einheitlich gesetzt wurde. Ein Nachteil für die, die sich, wie ich, weiter hinten einsortiert hatten.

Nach dem Zieldurchlauf war man schnell bei der recht gut sortierten Zielverpflegungsstelle.
Sogar alkoholfreies Weizenbier gab es. Alles lag hier dicht beisammen; die Verpflegung für Zuschauer und Läufer, die Urkundenausgabe und das Massagezelt.
Ich gönnte mir ein kühles Weizen, wartete Julias Zieleinlauf ab und ließ mir später noch
vom engagierten Massageteam die Beine durchkneten.

Die Vielers verabschiedeten sich dann wieder Richtung Heimat, ich Richtung Hotel.
Frisch geduscht fuhr ich dann noch nach Hooksiel, ein bisschen spazieren gehen.
Es kann ja schließlich nicht schaden, wenn man sich mal ein wenig die Beine vertritt…

Am nächsten Morgen lief ich mich noch ein paar Minuten barfuß im Watt aus, frühstückte ausgiebig und trat dann nach einem Abstecher nach Jever auch die Heimreise an, womit mein Marathon-Wochenende im Norden zu Ende ging.

Fazit:
Mit meiner Endzeit war ich natürlich nicht zufrieden und auch ein bisschen enttäuscht, dass ich das angestrebte Tempo nicht länger halten konnte.
Eine bessere Zeit, zumindest wohl unter 4:30, wäre aber sicher drin gewesen, wenn vielleicht die Versorgung auf der Strecke besser gewesen wäre und ich mich mehr gequält hätte.
Aber das wollte ich nicht, und auch das Risiko langwieriger Probleme war mir zu groß; schließlich hatte ich für den Juni bereits einen 24-Stunden-Lauf auf dem Plan.
Pinkelpause und Schuhausleeren haben auch etwas Zeit gekostet. Aber was soll’s.
Der Lauf war schön - und das war die Hauptsache.

Die Organisation und Durchführung war (bis auf die etwas dürftige Verpflegungsstellenversorgung) gut, die Strecke schön und interessant, das Wetter spielte recht gut mit – insgesamt also eine nette, familiäre und empfehlenswerte Veranstaltung und ein schönes Wochenende an der See.
Leicht kurios bleibt bei mir weiterhin, dass meine Marathonbestzeit nicht aus einem Marathon, sondern aus einem Ultralauf stammt.

Vielleicht war der hohe Soldatenanteil „Schuld“ daran, dass der Frauenanteil im Feld recht gering war. Von den 283 Marathon-Finishern waren gerade mal 17 weiblich.
Dies führte dazu, dass der Damen-Gesamtsieg „erst“ bei einer 3:40:xx weg ging und der Altersklassensieg in der W35 sogar erst bei 4:40:xx..
Ich fand mich auf Gesamtplatz 259 und auf Platz 62 in der M 40 wieder (Netto-Zwischenzeiten 10 km 58:47, 20 km 1:59:21, 30 km 3:08:33, 40 km 4:27:05)


:hallo: Stefan


Laufloewe.de___ Stefans NotizBlog__Laufen-in-Hagen.de.vu

NRW von A-Z (ein Laufprojekt quer durch's Alphabet)

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hi Stefan,
netter unterhaltsamer Bericht. Danke. Mach dir nichts aus der Zeit und konzentrier dich auf die langen Kanten.

Gruß aus Hamburg nach Hagen

Martin
mit freundlichem Gruß aus Hamburg


Martinwalkt
About me, alles auf einen Blick

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Schön geschrieben, dein Bericht. Und immerhin einen Erst-M in der Tasche. Da kannste eine schöne Serie raus machen.

Bis die Tage!
Laufen in Havixbeck

Die Seite rund ums Laufen in den Baumbergen

Der Pottkieker

Der Havixblog

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schöner bericht. half mir, den lauf noch einmal zu rekapitulieren. an der verpflegung hatte ich aber nichts auszusetzen. höchstens ein paar gels ab der zweiten hälfte wären schön gewesen. die habe ich mir zum glück selbst mitgenommen. am ehesten haben mich noch die eigenwillige zeitmessung und die zu enge strecke auf den ersten drei kilometern gestört. medaille statt t-shirt wäre auch noch ein verbesserungsvorschlag. sonst insgesamt ein netter, kleiner (und nebenbei ein unschlagbar billiger) marathon bei schönem wetter.

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Die Strecke am Ems-Jade-Kanal sieht wirklich sehr schön aus, auch wenn die Zeit nicht die gewünschte war, einen Marathon ohne Quälerei bei guten Wetter auf interessanter Strecker würde ich mir persönlich viel lieber wünschen als einen gequälten in der Zeit unter miesen Bedingungen.
Ein sehr schöner kurzweiliger Bericht, danke

LG
Andrea
Die Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche bei 1,2 g Gewicht. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen. Die Hummel weiß das aber nicht und fliegt trotzdem

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Guter Bericht, besonders hat mir gefallen, daß du ein paar Teilzeit-Walker motiviert und mitgezogen hast. So jemanden braucht man unterwegs manchmal....
:hallo:

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Hallo Stefan,

danke für den schönen Bericht und Glückwunsch zum Finish.
ich finde du hast alles richtig gemacht, klar vielleicht wären 4:30 h noch drin gewesen, aber so scheinst du ja auch recht entspannt in's Ziel gekommen zu sein.

Klar schade das es nicht wie erhofft lief, bestimmt geht es dann beim nächsten Marathon wieder.

Alles Gute
:hallo:
Micha
Diskutiere nicht mit Idioten, sie ziehen Dich auf ihr Niveau und schlagen Dich dort mit Erfahrung!

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Hallo Stefan !

Glückwunsch zum FINISH ! :daumen:

Wilhelmshavener Gorch-Fock-Marathon

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Moin Stefan,

erstmal einen riesen Glückwunsch fürs "Finishen" :daumen:

Dein Bericht ist echt klasse. Ich selber bin den Halbmarathon gelaufen. Darüber war ich auch ganz froh, da der Wind in der zweiten Runde eine gewaltige Schippe draufgelegt hat. Viele Läufer haben über Knieschmerzen und Auskühlen der Beine geklagt.

Zum Organisatorischen, ich denke, dass sich bis zum nächsten Jahr noch einiges verbessern wird, Wilhelmshavener sind sehr lernfähig :D .

Für den ersten WHVner Marathon wars doch super :nick:

:hallo: Viele Grüße
Leze
Gesperrt

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