Das Zirpen der Zikaden dröhnt in meinen Ohren, oder ist es doch der hohe Puls, der mit dem insektoiden Hintergrundrauschen konkurriert? Gerade noch hatten die Frösche am steinigen Ufer, unten wo der Fluss sich träge durch die Kiesbänke der Schlucht schlängelt ihr Konzert aufgeführt, hatte ich da auch dieses Rauschen in den Ohren?
Apropos Ohren, was war das für ein Geräusch eben, das Rascheln, kein Vogel, vielleicht eine Eidechse oder eine Schlange? Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich schon beim nächsten Griff nach einem Felsen bei diesem steilen Anstieg eine Äskulapnatter am Schwanz packen und ich versuche mir wieder an die letzten 10.000 Jahren Evolution zu denken. Da war doch was – ach ja, der aufrechte Gang. Aber versuch’ das mal, wenn Dein Trainingsgelände eher einem Klettergarten im 2ten oder 3ten Grad ähnelt.
Apropos Trainingsgelände, viel Steine gab es und wenig Brot, das galt für den großen Friedrich Rotbart während seines erfolglosen Kreuzzuges, das gilt noch viel mehr für mein erfolgloses Suchen nach diesem verflixten Pfad. Auf der Karte war er so schön gekennzeichnet, man konnte fast nichts falsch machen. Aber hier im Steineichenwald gibt es keine rote Linie auf dem Boden und die Sache mit der Orientierung ist auch so eine spezielle. Linksherum um einen Felsenturm, rechtsherum um einen Felsenturm, noch mal rechts und wieder links und dann unten durch, so, in welche Himmelsrichtung läufst Du nun? Der dunstige Himmel verhindert eine klare Ortung. Oha, dieses Gehöft auf dem Hügel dort, da wollte ich nicht hin, also doch dem anderen Wegweiser folgen…
Apropos Wegweiser, die gibt es schon, aber die schönen Pfade und Rundwege finde ich wiederum nicht in der Karte, versuchen wir es einmal mit dem Circuit de Roche René, klingt nett, ist nett, führt aber in einem großem Bogen zurück zum Ausgangspunkt. Sozusagen ein Rundweg, der mitten im Nirgendwo anfängt und eben auch endet. Aber man bekommt etwas geboten für seine Mühen, Felsen in jeder Größe und Formation, verwitterte Kalkplatten auf denen man tunlichst nicht stürzen sollte, steinige Pfade, die sich um kleinere Felsen, Buchsbäume, Steineichen und Feigen winden. Und dazu dieses fleißige Crescendo der Zikaden, der Schatten eines Greifvogels, der über mir kreist – wartet der, bis ich ermattet nieder sinke um sich dann ein Festmahl zu gönnen, halluziniere ich bereits? Sind das Tränen oder der Schweiß, der mit über die Backen läuft? Ich will hier raus – und zwar nicht auf dem Herweg, sonder meine so schön geplante Runde beenden, am besten noch im Rahmen meines zwar groben, aber doch mit umso mehr Eifer verfolgten Trainingsplans.
Apropos Plan, da war doch gerade eine Abzweigung, ein kleines „x“ am Baum soll mich wohl davon abhalten die wahren Schönheiten der Landschaft zu sehen. Der Pfad führt nach Süden, die nunmehr hinter den Wolken hervorgekommene Sonne zeigt das an. Richtung Süden liegt der Pfad, der an den Klippen der Schlucht entlang führt. Also auf, heiß ist es, der Schweiß rinnt in Strömen, der einzige Beitrag zum Grundwasserspiegel weit und breit, also will ich mich nicht verweigern und erhöhe leicht das Tempo, der Trail lässt dies auch gut zu und ist recht eben und grasig. Gerade will ich mir schon ausmalen, wie schön das anschließende Bad im Fluss sein wird, da biegt der Pfad erst zaghaft, dann immer deutlicher nach Osten ab. Kein Beinbruch, so komme ich auf die Landstrasse, über die ich dann wieder zur Schlucht zurückfinde. Schön diese Steineichen, der Schatten lockt und ich werde noch ein wenig schneller.
Apropos schneller, immer schneller windet sich der Pfad nun wieder nach Norden, verflixt, da will ich nun gar nicht hin. War ich auf den letzten Streckenabschnitten zu schnell, wird meine Kraft für den Rückweg, welchen auch immer noch reichen? Hätte ich mal doch lieber etwas zu trinken mitgenommen. Hätte ich mal besser nicht großspurig behauptet, nach zwei Läufen in der Gegend, jetzt kann ich einschätzen, wie lange man jeweils für eine Runde braucht und versprochen zum Baden im Fluss mit den Kindern längst wieder auf dem Zeltplatz sein zu können. Und jetzt das, immer steiniger, immer verwinkelter geht es nach Norden, die Sonne brennt in meinem Nacken. Und schon wieder dieses Rascheln im Unterholz. Aber da, ein Hoffnungsschimmer, links kann ich verfallene Hütten erkennen, da wird es ja wohl auch einen Weg geben und tatsächlich mein launischer Begleiter beschließt nun sich endgültig nach Osten zu wenden und ich stolpere unvermittelt auf die Strasse. So jetzt noch diese ein Stück entlang, dann finde ich auf alle Fälle den Pfad, der zu den Klippen zurückführt und damit an der Schlucht entlang wieder zum Zeltplatz. Noch einmal Glück gehabt, ich werde sogar einigermaßen in der Zeit bleiben.
Apropos bleiben, leider konnten wir das nicht mehr lange und nun schwitze ich nicht mehr unter der südfranzösischen Sonne, sonder im Büro. Ich sorge mich nicht mehr um das Zurückkommen, sondern wieder um das Wegkommen…
2
oooohh ... ein schöner Bericht. Mit Urlaub drin und Baden und vor allem mit meinem Lieblingsthema Verlaufen.
Anne, deren Urlaub noch bevor steht
Anne, deren Urlaub noch bevor steht
Musik hören ist Lesen im Kochbuch. Selber Musizieren ist Genießen, ist „Auf der Zunge-Zergehen-Lassen“. (Hermann Lahm)
:in tuepfels küche :tuepfel in Bewegung :tuepfel im bilde
:in tuepfels küche :tuepfel in Bewegung :tuepfel im bilde
3
Hmpf Jörg, eigentlich gehören solche Laufberichte einfach verboten!! Das ist eine Zumutung für uns arme Kerle, die da im Büro sitzen, Urlaub irgendwann mal in weiter Ferne.
Aber danke trotzdem für das Mitnehmen auf einen mentalen Kurztripp unter der prallen Sonne über die Klippen des Chassezac. Der Staub ist aus den Schuhen geklopft, die Natter hat sich leise ins tiefere Gras zurückgezogen, der Schweiss ist von der Stirn gewischt, und ein Schluck Wasser tut jetzt gut - hat Spass gemacht, wieder mal einen Laufbericht von dir lesen zu dürfen.
Gruss, Marianne
Aber danke trotzdem für das Mitnehmen auf einen mentalen Kurztripp unter der prallen Sonne über die Klippen des Chassezac. Der Staub ist aus den Schuhen geklopft, die Natter hat sich leise ins tiefere Gras zurückgezogen, der Schweiss ist von der Stirn gewischt, und ein Schluck Wasser tut jetzt gut - hat Spass gemacht, wieder mal einen Laufbericht von dir lesen zu dürfen.
Gruss, Marianne