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"It comes from within" - 81. Comrades Marathon (Durban - Pietermaritzburg)

"It comes from within" - 81. Comrades Marathon (Durban - Pietermaritzburg)

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"What lies behind us and what lies before us are tiny matters compared to what lies within us."

Dieses Zitat von Ralph Waldo Emerson, von dem das Motto des diesjährigen Comrades Marathon abgeleitet wurde, kam mir in den Sinn, als ich am 12. Juni, einem Montagmorgen, aus dem Flugzeug, das bald in Durban landen sollte, auf die Berge und Hügel unter mir blickte.

Hinter mir lagen drei harte Trainingswochen mit insgesamt 330 km und vier Marathons, gefolgt von einer Woche, in der ich mich von dieser Strapaze ausruhte. Vor mir lag mein erster Aufenthalt in Afrika, vor allem aber 87.5 km in der Landschaft, die ich weit unter mir sah, beim traditionsreichsten und teilnehmerstärksten Ultramarathon auf der ganzen Welt. Was in mir liegt - nun, ich erwartete, bei diesem Lauf ein bißchen mehr darüber herauszufinden.

Ich hatte bei Albis Reisen aus Zürich die Reise gebucht und war erst auf dem Flughafen von Johannisburg zum Rest der Gruppe gestoßen, weswegen ich im Bus noch einmal den anderen Teilnehmern - alles Schweizer - vorgestellt wurde. Die Verständigung klappte übrigens während der gemeinsamen Zeit gut, auch wenn ich manchmal den Faden verlor, wenn eine Konversation in Schwyzerdütsch geführt wurde.

Erst einmal ging es ins Hotel, das am Strand gelegene Garden Court, wo wir unsere Zimmer bezogen, und dann zu einer Stadtrundfahrt durch Durban. Durban liegt am Indischen Ozean, auf dem 30. Breitengrad Süd, und ist die drittgrößte Stadt Südafrikas mit dem bedeutendsten Hafen des Landes.Ungefähr ein Fünftel der Einwohner ist indischstämmig, und so gibt es in der Stadt hinduistsiche Tempel und eine große Moschee mit einer goldenen Kuppel. In der Nähe gibt es eine Markthalle, wo wir einige Zeit zu unserer eigenen Verfügung hatten. Einige von uns sahen sich auch den Fisch- und Fleischmarkt gegenüber an, auch wenn die dort feilgebotenen gehäuteten Schafsköpfe und Innereien nichts für übersensible Gemüter sind. Den Abschluß der Rundfahrt bildete der Botanische Garten. Dort kam ich ins mit Markus Kramer ins Gespräch - wie sich herausstellte, hatte er im letzten Jahr die 100 km von Biel gewonnen und war jetzt zum ersten Mal beim Comrades dabei. Es war also außer dem im Reiseprogramm angekündigten Peter Camenzind noch ein Topläufer in unserer Gruppe.

Kurz nachdem wir zurück im Hotel waren, begaben wir uns auf eine lockeres vierzigminütiges Läufchen auf der Strandpromenade in der Abenddämmerung. Das Schlafdefizit vom Nachtflug machte sich bei mir dann nach dem Abendessen bemerkbar, und so verzichtete ich auf einen Aufenthalt in der Hotelbar (wo alle Spiele der WM als Fernsehübertragungen zu sehen waren).

Am nächsten Tag ging es nach dem Frühstück auf einen Ausflug in den Küstenort Ballito 40 km nördlich von Durban. Auf der Fahrt durch die Zuckerrohrfelder, die die Hügel bedecken, gab uns unser einheimischer Führer Rolf Informationen zu Land und Leuten. Ab und zu konnte man Reste des Küstenurwaldes sehen, der vor dem Zuckerrohranbau diese Landschaft charakterisierte. Wir machten am Strand halt, und ich nutzte die Zeit bis zum Mittagessen auf meine Weise - ich zog mich bis auf die Badehose aus und erkundete barfußlaufend den Strand. Zwanzig Minuten in Richtung Norden, bis Felsen meinen Weg blockierten und ich eine kurze Kletterpartie einlegen mußte, ein kurzer Spaziergang über einen ziemlich einsamen Strand, und dann laufend zurück zum Ausgangspunkt. "Are you training for the Comrades?" fragt mich auf dem Rückweg ein schwarzer Strandspaziergänger. Ich bejahe, wir stellen uns kurz vor, schütteln die Hand, und er wünscht mir viel Glück.

Zum Mittagessen gibt es Hühnchen, Salate und Pasta mit verschiedenen Saucen. Danach gibt uns Peter Camenzind, Streckenrekordhalter in Biel und diesmal zum zehnten Mal beim Comrades dabei, Tip und Informationen zum Lauf. Das meiste verstehe ich - aber was wir mit der Startnummer tun sollen, erschließt sich mir nicht. Mein Tischnachbar klärt mich auf, daß mit "verflüggelle" zerknittern gemeint ist.

Zurück in Durban holen wir auf der Marathonmesse unsere Startnummern ab. Die Messe macht einen mondänen Eindruck - die Halle wird durch einen roten Teppich geteilt, der die Laufstrecke symbolisiert, mit Start, Finish, Schildern, die auf die bekanntesten Landmarken verweisen, und Monitoren, auf denen Streckenfotos mit Tips und Informationen zum Lauf kombiniert werden.

Lange bleiben wir allerdings nicht, denn um 18:00 spielt die Schweiz gegen Frankreich. Alle finden sich in der Hotelbar ein, um ihre Mannschaft anzufeuern - "Hopp Schwiiz!" - allerdings wird das eher matte Spiel den hohen Erwartungen dann doch nicht gerecht.

Am nächsten Morgen dann die Streckenbesichtigung. Der Veranstalter hatte Busse für die ausländischen Teilnehmer bereitgestellt, und für die deutschsprachigen übernahm Klaus Neumann, dreizehnmaliger Teilnehmer, die Führung. Auf halbem Wege machten wir an der "Wall of Honour" halt - hier kann sich jeder erfolgreiche Finisher des Comrades mit einem Stein verewigen lassen. Von hier aus hat man nach beiden Seiten einen wunderbaren Blick über das "Valley of 1000 Hills". Der nächste Stop war an der Ethembeni-Schule für behinderte Kinder, die einige Kilometer weiter an der Laufstrecke liegt. Die Kinder sangen und tanzten für uns, und ein herumgereichter Hut zeitigte eine ansehnliche Spende.

In Pietermaritzburg wurden wir dann im Zielgelände, wo die Aufbauarbeiten im vollen Gang waren, mit Sandwichs, Kuchen und Kaffee bewirtet, bevor es zum Comrades-Museum ging, das in einem schmucken Häuschen untergebracht ist. Hier erfährt man einiges über die Geschichte des Laufes, der 1921 vom Kriegsveteranen Vic Clapham im Andenken an seine gefallenen Kameraden ins Leben gerufen wurde. Gewürdigt werden die legendären Gewinner des Rennens, Arthur Newton, Bruce Fordyce, der mit neun Siegen den Rekord hält, der kürzlich verstorbene Wally Hayward - aber auch die Farbigen und Frauen, die inoffiziell das Rennen bestritten, bevor 1975 alle Läufer ohne Ansehen von Hautfarbe oder Geschlecht zugelassen wurden.

Auf dem Weg zum Bus, der uns zurück nach Durban bringt, frage ich Markus, was sein Eindruck von der Strecke ist - der hügelige Kurs nötigt auch ihm Respekt ab. Auf der Marathonmesse gebe ich dann an einem Stand eine persönliche DVD in Auftrag, für die eine persönliche Botschaft aufgezeichnet wird. Inklusive Porto muß ich dafür nur knapp 20 Euro berappen. Zu Wohltätigkeitszwecken werden Halsketten mit bunten Perlen angeboten - ich kaufe eine, die ich dann beim Lauf trage - und Kärtchen mit Tabellen für bestimmte Zielzeiten - ich nehme die für "Sub 9:00".

Auch an diesem Abend gibt es ein gemeinsames Läufchen, bevor wir - wie am Abend zuvor - in einem chinesischen Lokal zu Abend essen. Eigentlich möchte ich früh schlafen gehen, schaue mir deshalb das Spiel Deutschland gegen Polen in meinem Zimmer an - aber die Dramatik des Spiels wühlt mich so auf, daß ich dann doch noch auf ein Bierchen in die Hotelbar gehe, um mich zu beruhigen. Bei den Schweizern hat das Spiel nicht ganz denselben Eindruck hinterlassen wie bei mir. "Den polnischen Torhüter könnte unsere Nati gut gebrauchen" bekomme ich zu hören, ein Urteil, daß wohl mittlerweile - nach dem Patzer dieses Keepers im Spiel gegen Costa Rica und nachdem Zuberbühler der Spieler ist, dem man am wenigsten eine Schuld am Ausscheiden der Schweizer geben kann - revidiert worden ist. ;-)

Den Tag vor dem Lauf verbringe ich mit einem Stadtbummel. Ich besichtige das naturkundliche Museum, das in der City Hall untergebracht ist. Dort sind ausgestopfte Tiere der heimischen Fauna in Panoramaschaukästen zu sehen - und außerdem das Skelett einer Dronte zusammen mit einer Rekonstruktion dieses vor 300 Jahren ausgestorbenen Vogels. Neben der City Hall wird das Rennen gestartet, und dort ist man schon eifrig mit den Vorbereitungen beschäftigt.

Zum Abendessen gehen wir in ein nahegelegenes Hotel, wo wir uns an einem Büffet bedienen können. Offenbar ist hier ein Großteil der Eliteläufer untergebracht, denn die Trainingsanzüge, die die meisten Gäste tragen, stehen im Kontrast zur edlen Atmosphäre. Ich stelle mir erst einen Salat zusammen und nehme dann reichlich Reis und Curry mit diversen Fleischsorten.

Im Hotel dauert es nicht lange, bis ich meine Sachen für den Lauf vorbereitet habe, aber die Aufregung, die nun von mir Besitz ergreift, führt dazu, daß ich wohl keine drei Stunden geschlafen habe, als morgens um 2:45 mein Wecker läutet. Ab drei Uhr gibt es für die Läufer Frühstück - ich esse eine kleine Schüssel mit leichtverdaulichem Obst und einige Käse- und Marmeladebrote. Einige letzte Vorbereitungen in meinem Zimmer - dann kurz nach 4:30 Aufbruch zum Start, der gut eine Viertelstunde zu Fuß von unserem Hotel entfernt ist.

Mit uns gehen einige Amerikaner, die ebenfalls in unserem Hotel wohnen. Auf einer Startnummer erkenne ich einen Namen, der mir bekannt vorkommt. "You are a writer on running, aren´t you?" Meine Vermutung ist richtig - es ist Amby Burfoot, langjähriger Redakteur von Runner´s World. Er erzählt mir, daß Martin Grüning von Runner´s World Deutschland, der sich ebenfalls angemeldet hatte, wegen eines Ermüdungsbruchs leider nicht dabei sein kann.

Mittlerweile sind wir am Startgelände angelangt. In dem Gedränge an der Gepäckabgabe verliere ich meine Begleiter. Es ist kurz nach fünf - vorne am Start singt ein Chor Shosholoza, das bekannte Zulu-Volkslied. Es wird mir während des Laufes immer wieder in den Sinn kommen. Ich ordne mich in Block B ein. In meiner Nervosität schaue ich immer wieder auf meine Pulsuhr. "Don´t worry - you´re not dead!" höre ich eine Stimme neben mir. Sie gehört zu Christine Iwahashi, die aus Kalifornien für ihren vierten Comrades angereist ist. Wir wünschen uns viel Glück für den Lauf, während "Chariots of Fire" aus den Boxen erklingt und der Mond in der tiefschwarzen Nacht über dem kolonialen Uhrturm steht.

Die Musik verstummt, einen Hahnenschrei erklingt - und dann fällt der Startschuß. Über 20000 Läuferbeine setzen sich in Bewegung. Mein T-Shirt (mit dem Aufdruck einer bekannten Münchner Brauerei "Himmel der Bayern") habe ich schon ausgezogen, halte es in der Hand und drücke es einige Straßenecken weiter einem kleinen Mädchen in die Hand. Die Läufer um mich herum schlagen ein erstaunliches Tempo ein - es dauert kaum mehr als zehn Minuten, bis der erste Läufer aus dem letzten Block H mich überholt. Wir biegen auf die Stadtautobahn ein - trotz nachtschlafender Zeit jubeln uns viele Zuschauer von den Brücken aus zu. Nach einer Dreiviertelstunde an einem Hügel die erste von fünfzig Verpflegungsstationen. Es wird Wasser und Iso gereicht - in kleinen Plastiksäckchen, die man aufbeißt und ausnuckelt. Sehr praktisch - so muß man nicht abbremsen, um beim Laufen zu trinken.

Gut eine Stunde dauert es, bis ich das erste Kilometerschild sehe - "78" (es wird rückwärts gezählt). Wir haben den Stadtrand von Durban erreicht, und die Sonne geht hinter uns auf. Ich falle immer weiter im Feld zurück, weil ich auf meinen Pulser höre und ein ganz entspanntes Tempo laufe. Es geht fast immer leicht bergauf, und am Beginn des ersten steilen Anstiegs, Cowies Hill, sind wir schon fast 300 Meter über dem Meer. Gut 15 km sind hinter uns, und als es steiler wird, beginne auf einmal ich zu überholen, ohne mich sonderlich anzustrengen. Ich traue meinen Augen kaum, als ich einen Zugläufer für Sub 11:00 überhole. Die Zeitmessung bei Cowies Hill wird später ergeben, daß ich zu diesem Zeitpunkt auf Platz 6783 war - also ungefähr nur noch ein Drittel des Feldes hinter mir war.

Hinter Cowies Hill geht es bergab nach Pinetown - und hier ist schon um halb acht Uhr morgens Volksfeststimmung. Hinter der Ortschaft lauert der zweite große Anstieg - Fields Hill, wo es über eine gesperrte Autobahnfahrbahn geht. Wie verabredet stehen die Begleiter unserer Gruppe dort am Wegrand und feuern mich an. Ohne große Mühe nehme ich auch diesen Berg und überhole scharenweise andere Läufer, die hier - 65 km vor dem Ziel - nur mit Gehpausen hochkommen.

Hinter Fields Hill geht es immer weiter bergauf, auch wenn es bis zum nächsten wirklich steilen Anstieg, Botha´s Hill, noch mehr als zehn Kilometer sind. Irgendwo hier überhole ich eine schmächtige, asiatisch aussehende Läuferin - es ist Chris, die neben mir am Start gestanden hat. Ich erzähle ihr, daß ich bis Cowies Hill immer überholt worden bin, aber jetzt an den anderen Läufern vorbeiziehe. "That´s the way it should be" sagt sie mit einem Lächeln. Wir verabreden uns für das Ziel, wo wir uns im Internationalen Zelt treffen werden.

Mit meiner blauen Startnummer bin ich als ausländischer Teilnehmer leicht erkennbar, und da neben meinem Namen auch mein Herkunftsland auf der Nummer steht, werde ich immer wieder angesprochen - meistens mit der Frage, ob es mir nicht leid tue, die Fußball-WM im eigenen Land zu verpassen. Ich antworte, daß ich die Spiele auch im hiesigen TV verfolgen könne, und auch nach meiner Rückkehr noch genug von der Stimmung mitbekommen würde. Die WM 2010 wird ja in Südafrika ausgetragen - eine große Ehre für eine Nation, die man ohne Übertreibung als sportverrückt bezeichnen kann. In Durban gibt es drei große Stadien (für Cricket, Rugby und Fußball), zwei Pferderennbahnen, einen zentral gelegenen weltberühmten Golfplatz, und von meinem Hotelzimmer aus konnte ich sehen, wie schon in der Morgendämmerung sich die Surfer in die Brandung begeben. Auch der Comrades wird bis zum Zielschluß live im Fernsehen übertragen.

Auf den Rasenplätzen neben der Laufstrecke haben es sich viele Zuschauer bequem gemacht und Grills aufgebaut. Nach Grillgut steht mir nicht der Sinn - aber ein trockenes Brötchen nehme ich gerne entgegen. Kurze Zeit später werden an einer Verpflegungsstation Kekse und Schokolade angeboten. Ich greife zu und lege eine kurze Gehpause ein, um mich nicht an den Krümeln zu verschlucken.

Auf Botha´s Hill ist der höchste Punkt der ersten Streckenhälfte erreicht - 772 Meter über dem Meer. Hier feuern uns die Jungs vom Kearsney College an und strecken uns die Hände zum Abklatschen entgegen. Die nun folgenden Bergabpassagen sind eine willkommene Abwechslung für die Beine, aber mittlerweile ist es doch ziemlich warm geworden, und ich merke, wie mir das zu schaffen macht - obwohl ich immer noch einen 6:00-Schnitt laufe, muß ich mich spürbar mehr anstrengen. Zu meiner Freude erklingt vom Straßenrand her "We will rock you" von Queen - bei meinem allerersten Marathon wurde es an der 21-km-Marke gespielt, genau zu dem Zeitpunkt, als ich mir sicher war, daß ich in meiner Wunschzeit ins Ziel kommen würde.

Auch hier ist es nicht mehr weit bis "Halfway" - rechts passieren wir die "Wall of Honour", und kurz darauf "Arthur´s Seat", eine Steinbank in einer Böschung, auf der Arthur Newton, legendärer Sieger in den 20ern, sich kurz auszuruhen pflegte. Ihm zu Ehren legen die Läufer hier eine Blume nieder, was einem eine gute zweite Hälfte im Rennen sichern soll. Der Blütenberg, auf den ich meine Gabe für Arthur lege, beweist, daß ich keineswegs der einzige Läufer bin, der diese Sitte befolgt.

Hinter Arthur´s Seat geht es hinab nach Drummond, wo eine Stimmung wie bei der Tour de France einen kurzzeitig vergessen läßt, daß man noch die Hälfte des Weges vor sich hat. Ich bin 4:37 unterwegs, müßte also einen negativen Split laufen, um unter neun Stunden zu bleiben. Meine Beine fühlen sich zwar noch ziemlich frisch an, aber ich spüre deutlich, daß ich in dieser Hitze das Tempo nicht halten kann. Bevor ich also einen heftigen Einbruch erleide oder gar ein Fall für die Sanitäter werde, ist also besser, mein Zeitziel auf 9:30 bis 10:00 zu korrigieren und den Stimmung an der Strecke weiterhin zu genießen, soweit dies möglich ist.

Inchanga, der Hügel, der sich hinter Drummond auftürmt, bekräftigt mich in meiner Entscheidung. 150 Höhenmeter sind zu bewältigen, nachdem es 10 km fast nur bergab ging. Ich lege einige Gehpausen ein, mache aber trotzdem noch Plätze gut.

Hinter Inchanga wieder ein bewegender Moment, als wir von den behinderten Kindern der Ethembeni-Schule angefeuert werden, die wir zwei Tage zuvor besucht hatten. Der Kurs ist jetzt flacher, aber auch im Vergleich reizloser als die Gegend, die wir zuvor passiert haben. Da kommt Cato Ridge gerade recht, wo sich wieder unzählige Zuschauer versammelt haben. An einer Kurve hat sich eine Schulklasse postiert. Ich winke den Kindern zu, bekomme Sonderapplaus und klatsche Hände ab, bevor ich den nächsten Standpunkt der Begleiter unserer Schweizer Gruppe ansteuere.

Es sind nun noch 30 km bis zum Ziel. Von hier ab nehme ich Cola zusätzlich zu Wasser und Iso, was mir aber nur kurzfristig weiterhilft. Mittlerweile drücke ich an jeder Station einen Wasserbeutel über meinem Kopf aus, was es mir erspart, einen Schwamm mit mir herumzuschleppen. Ich habe keinen Appetit, zwinge mich aber dennoch dazu, immer wieder ein Stückchen Banane oder Schokolade zu essen. An einer Station werden gekochte Kartoffeln gereicht - ich ärgere mich nachher, nicht eine zweite genommen zu haben, weil der leicht salzige Geschmack eine willkommene Abwechslung ist. Mein Tempo hat sich dem der Läufer um mich herum angepaßt - ein lahmer 8:00-Schnitt, mit dem es unzählige namenlose Hügelchen hinauf zum höchsten Punkt der Strecke geht: Umlaas Road, 824 m.

7:41 Stunden seit dem Start, und noch 19 km zu laufen. Jetzt geht es die nächsten sechs Kilomter bergab und deshalb ein bißchen schneller voran, und auch meine Stimmung hebt sich, als die ausgewiesene Reststrecke in den Bereich meiner üblichen Trainingsläufe sinkt. In Ashburton, der letzten Ortschaft vor Pietermaritzburg, geht es noch einmal einen Hügel hoch - "Little Pollys" genannt, weil er einen Vorgeschmack auf Polly Shortts, den letzten steilen Anstieg am Ortsende, liefert.

Polly Shortts liegt hinter einer Linkskurve nach einer Bergabpassage - soviel ist mir noch von der Streckenbesichtigung her in Erinnerung. Paradoxerweise hebt sich meine Stimmung, als ich dort ankomme - die Steigung liegt nämlich an einem Südhang und deshalb im Schatten, der nun eine willkommene Kühlung beim langsamen Hochwandern bietet. Noch "9 km" zeigt das Schild am Straßenrand an - also habe ich jetzt eine Strecke geschafft, die länger als der K78 ist, und so einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt. Ich fühle zusehends meine Kräfte zurückkehren und bin zuversichtlich, den 6:30-Schnitt zu laufen, der mir eine Sub 10 garantiert.

Tatsächlich gelingt es mir sogar, hinter dem Scheitelpunkt von Polly Shortts, wo das Stadtgebiet von "Maritzburg" beginnt, noch schneller zu laufen - für die letzten acht Kilometer brauche ich nur noch 46 Minuten und überhole dabei Hunderte von Läufern, angespornt durch die Zuschauermassen, erfrischt durch den Wasserschlauch eines Anwohners und erfreut darüber, daß ich nicht wie die meisten anderen hier auf dem Zahnfleisch krieche.

Auf einem Zickzackweg durch die Stadt geht es ins Cricketstadion, wo natürlich eine ausgelassen Stimmung herrscht. 9:53:46 zeigt die Uhr für mich an (was der Gesamtposition 4071 entspricht), und erschöpft, aber glücklich lasse ich mir eine Bronze-Medaille umhängen.

Ich setze mich ins Gras, trinke zwei Flaschen Iso und bemerke, daß sich neben mir Christian aus Leipzig niedergelassen hat, mit dem ich mich kurz auf der Strecke unterhalten hatte. Er ist wenige Sekunden nach mir ins Ziel gekommen. Er ist unterwegs gestürzt, hat eine geschwollene Hand, aber zum Glück ist ihm nichts ernsthaftes passiert. Ich nehme noch eine Tasse Rinderbrühe und stapfe dann zum Internationalen Zelt, wo ich unsere Begleiter und den Teil der Gruppe treffe, die vor mir ins Ziel gekommen sind - einige mit wirklich tollen Ergebnissen. Ich labe mich an Suppe und alkoholreduziertem Bier und bin dankbar dafür, daß einer unserer Begleiter für mich mein Gepäck abholt. Auch Chris ist mittlerweile eingetroffen. Sie kam 20 Minuten nach mir an - nicht ganz zufrieden über ihre Leistung, aber glücklich über ihr Finish. Ich verzichte darauf, mich zu duschen, und ziehe mich provisorisch um. Unser Zelt liegt direkt an der Laufstrecke, 100 m vor dem Ziel. Es ist noch eine halbe Stunde bis zum Zielschluß, und die Läufer, die jetzt ankommen werden, werden frenetisch angefeuert. Manche humpeln und werden von anderen Läufern gestützt, die auf eine bessere Zielzeit verzichten, um einem Kameraden das Finish zu ermöglichen. Schließlich kommt (die Uhr zeigt 11:50) die Gruppe um den Sub12-Zielläufern - eine riesige Masse von Läufern, die sich alle wie die Schneekönige freuen, das Zeitziel erreicht zu haben, unter ihnen auch der letzte aus unserer Gruppe, der eine Schweizer Flagge schwenkt. Am Horizont ist nur noch ein letzter Rest der Dämmerung zu erkennen, während die Minuten verrinnen. Vom Applaus der Menge getragen schaffen es die allerletzten Läufer ins Ziel, bevor genau 12 Stunden nach dem Startschuß das Rennen mit einem Schuß beendet und das Ziel gesperrt wird - alle, die auch nur eine Sekunde später kommen, werden als DNF gewertet. Entsprechend groß ist die Enttäuschung derjenigen, die nun im Zielkanal an uns vorbei laufen - entsprechend groß aber auch die Freude derjenigen, die es geschafft haben und nun im Ziel mit einer Medaille geehrt werden.

Es dauert nun nicht lange, und wir brechen zum Bus auf, der unsere Gruppe nach Durban zurückbringt. Im Hotel angekommen steige ich gleich in die Badewanne. Erfrischt brechen wir dann einige Zeit später in ein benachbartes Hotel auf, wo wir ein Abendessen einnehmen. Bald schon fühle ich mich müde und gehe zurück ins Hotel. Zwei junge Männer sprechen mich an auf die Medaille, die ich umgehängt habe. Ob ich mich mit der heute nacht schlafen lege? Ich antworte, daß ich ja stolz darauf sein könne, weil es mein erster Comrades gewesen sei. Die beiden sind ebenfalls gelaufen - einer hat gefinisht, der andere hatte einen "bad day". Es schließt sich noch eine Konversation über die WM in Deutschland an (Wie weit kommt Deutschland? Glaubst du, daß Klinsmann seinen Job gut macht? usw.), bevor wir noch kurz auf die WM 2010 in Südafrika zu sprechen kommen. Skepsis überwiegt bei meinem Gesprächspartner - vor allen Dingen deshalb, weil der Aufbau eines leistungsfähigen Nahverkehrssystem nicht vorankommt. Ich gebe zu bedenken, daß die Griechen die Olympischen Spiele von Athen auch gestemmt hätten, obwohl sämtliche Zeitpläne durcheinandergeraten waren. Bevor wir uns verabschieden, werde ich natürlich aufgefordert, noch einmal am Comrades teilzunehmen - der Down Run sei ja viel leichter.

Am nächsten Morgen lade ich mir am Frühstücksbüffet Spiegelei, gebratenen Speck und Würste auf den Teller - also genau das Gegenteil der Kohlenhydratmast, der ich gestern beim Lauf ausgesetzt war. Auch meine Laufkameraden haben, wie sich zeigt, Appetit auf die gleichen Sachen. Danach mache ich ein kurzes Läufchen auf der Strandpromenade - die Beine fühlen sich zwar schwer an, aber Muskelkater habe ich nur wenig. Mittlerweile ist in unserem Hotel eine Rugbyteam aus Irland eingetroffen, das dem Ruf seiner Nation gerecht wird, indem es schon am Vormittag sämtliche Plätze der Hotelbar in Beschlag nimmt. Am Nachmittag spaziere ich zur uShaka Marine World - ein Komplex mit einem riesigen Aqurium, Delphinarium, Robbenshow und Pinguinkolonie. Ich trage das Comrades-T-Shirt und werde deshalb auf meinem Weg von vielen anderen Finishern angesprochen, mit denen ich Glückwünsche austausche und mich kurz unterhalte. Am Abend dann versammelt sich unsere Gruppe in der Famous Fish Co., wo wir uns mit Blick auf den Hafen diverses Meeresgetier schmecken lassen. Anschließend bricht ein Teil von uns ins Nachtleben auf - allerdings finden wir zunächst kein geöffnetes Lokal, so daß schließlich nur ein harter Kern von drei Leuten (ich eingeschlossen) um zwei Uhr nachts in einer Disko am Rugby-Stadion landet. Während meine Begleiter sich an der Bar niederlassen, zieht es mich ziemlich schnell zur Tanzfläche, wo eine Mischung aus 80er und aktuellen Hits läuft. Ich schüttele meine Beine aus, bis sich gegen halb fünf die Disko leert und meine Begleiter Anstalten machen, aufzubrechen.

Am nächsten Morgen spaltet sich die Gruppe auf - während viele zu anderen Zielen in Südafrika aufbrechen, gehöre ich zu denjenigen, die in ihre Heimat zurückkehren. Also heißt es Abschied nehmen, wobei ich mir ziemlich sicher bin, viele bei anderen Läufen (oder auch irgendwann beim Comrades) wiederzusehen. Ein letzter kurzer Jog auf der Strandpromenade, dann Sachen packen - und dann geht es zum Flughafen. Im Flugzeug nach Johannisburg sitze ich neben Nicole, die nach Deutschland zurückfliegt und bei ihrer zweiten Teilnahme Sub 8 geschafft hat - eine tolle Leistung, hinter der aber auch langjährige Ultraerfahrung steckt. Im Flugzeug nach Frankfurt dann bekomme ich mehr Schlaf als auf dem Hinflug - kein Wunder nach dem langen Lauf und der Diskonacht. ;-) In Frankfurt verabschiede ich mich vom Rest der Gruppe, der nach Zürich umsteigt - und stelle im Freien fest, daß es hier mittlerweile genauso heiß ist wie im Süden Afrikas (wo allerdings gerade der Winter beginnt).

Die Resultate unserer Gruppe können sich übrigens sehen lassen:

Silbermedaille:

Markus Kramer 6:16:04 (43. Gesamtplatz, 7. Kategorie Herren 40-49)
Peter Camenzind 6:18:37 (48. Gesamtplatz, 1. Kategorie Herren 50-59)
Roman Gehrig 6:54:59 (154. Gesamtplatz)

Bill-Rowan-Medaille:

Urs Hengartner 7:41:29
Christian Keller 8:02:28
Elmar Akermann 8:46:14
Andi Brunold 8:49:47
Roebi Gehrig 8:53:52 (9. Kategorie Herren 60+)

Bronzemedaille:

Kurt Maus 9:29:47
Claudio Giger 9:30:16
Eveline Blatter 9:31:34
Stephanie Gledstone-Brown 9:32:30
Hugo Gut 9:38:50
Dietegen Allgoewer 10:01:01
Roland Keinath 10:09:30
Toni Tinner 10:26:26
Markus Roth 10:49:52
Edith Wehrli 10:50:50
Richard Meisterhans 10:50:50

Vic-Clapham-Medaille:

Martin Fischer 11:53:01


Ihnen allen und den Begleitpersonen einen herzlichen Dank für dieses schöne Lauferlebnis!

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Was für ein Bericht!!!!

Den muß ich mir ausdrucken und auf Stau hoffen :zwinker2:

:hallo: bisheutabend

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Stephen,
Du bist für mich einfach der Laufabenteurer schlechthin. Schon als Du einen Tag nach dem Rennsteig in Heilbronn einen Marathon laufen wolltest, hatte ich den Eindruck: Der kann nicht anders ;-) - das ist so ein richtiger Lauf-Verrückter! Aber dass Du hier noch ein halbes Buch mit so einem phantastischen Bericht schreibst und dieses wunderbare Lauf-Erlebnis mit uns teilst, ist einfach nur Spitze!

Gratuliere zum Lauf! Ich wünsche Dir viel Spaß bei vielen neuen Laufabenteuern, auf die Du uns dann hoffentlich auch wieder "mitnimmst"! :daumen:

Gruß!
Burkhard
...hab hier nur meine Meinung formuliert. so what?

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Superlanger, schöner Bericht mit vielen Einzelheiten, genau richtig, um auch Lust darauf zu bekommen. Gut gemacht !! Danke für den Bericht und
Glückwunsch zu dem mit Bravour bestandenen Abenteuer Laufen.

firenza :daumen:
auch das noch :tocktock:

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Ein wunderschöner Bericht zu einem ganz tollen Lauf.
Vielen Dank dafür und Glückwünsche zum erfolgreichen Finishen.

Grüsse oli :hallo:

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Hi Stephen,

Gratulation und Danke für den lebendigen Bericht. Der Comrades steht ziemlich weit oben auf meiner persönlichen Wunschliste.

Dass der Down-Run "viel leichter" sei, halte ich allerdings für ein Gerücht. Die Bestzeit des "Comrades King" war beim Down-Run nur wenige Minuten besser als beim Up-Run...

Noch eine Frage zur Startblockeinteilung, hast Du bei der Anmeldung eine Qualifikationsleistung angegeben, die zu einem bestimmten Startblock berechtigt? So weit ich weiss, werden ja alle Medaillen nach Bruttozeit vergeben?

Grüsse
Michael

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:wow: Unglaublich mal wieder! :wow:

Mein lieber Stephen - DU bringst Dinger :daumen: :respekt: ... und danke für den Bericht (der allerdings wirklich dieses ansonsten oft mißbräuchlich verwendete 'vorsicht - lang!' verdient hätte ;-) :winken:
"Don´t worry - you´re not dead!"
Das ist ja mal ein schöner Kommentar zur Pulsuhr :wink:
Stephen hat geschrieben: Was in mir liegt - nun, ich erwartete, bei diesem Lauf ein bißchen mehr darüber herauszufinden.
Hab' ichs überlesen? (war ja wirklich lang :-) Hast du es rausgefunden? Ein bisschen davon wenigstens? Verrätst du's uns?

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Hallo Stephen,

vielen lieben Dank!
Ein eindrucksvoller und detaillierter Bericht, wunderschön zu lesen.

Ich hatte schon in anderen Berichten gelesen, daß die Schlußzeiten brutal eingehalten werden, auch wenn es für einige Läufer nur um Sekunden geht. Bitter, aber man weiß es ja vorher.

Nunja, mir schwebt erst einmal der Two Oceans vor. :)
Gruß
Peter

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miatara hat geschrieben:Ich hatte schon in anderen Berichten gelesen, daß die Schlußzeiten brutal eingehalten werden
Ist ein Comrades über 12h noch ein Comrades? :party3:

In den Anfangsjahren war das Limit 12h. Ab 1928 wurde es auf 11h verringert. Dies wurde nicht angetastet bis 2000, als man zum 75. Jubiläum einmalig das Limit auf 12h erhöhte. Mittlerweile haben die Veranstalter ihre Meinung dazu allerdings geändert, seit 2003 gilt nun generell das 12h Limit.

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miatara hat geschrieben:Nunja, mir schwebt erst einmal der Two Oceans vor. :)
Ja, den will ich auch mal. Eigentlich will ich beide... :)
200x oder 201x? Wollen wir schon mal eine Liste machen? :D


Stephen,

klasse Bericht. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch!
Du kommst ja ganz schön rum in Sachen Laufen und ich bin immer wieder erstaunt, was du so alles verkraftest...
Du hast nicht zufällig noch ein paar Bilderchen, die du vergessen hast, hochzuladen? Das wäre irgendwie das I-Tüpfelchen. :zwinker5:

Viele Grüße,
Winfried

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Phänomenal!!!

Herzlichen Glückwunsch Stephen! Ein wunderschöner Bericht von einem wunderschönen Erlebnis! Dankeschön, daß Du mich mitgenommen hast, nach Durban! Und ich hatte nicht einmal Flugangst :geil: .

Klasse, erfreu uns bitte weiter mit so tollen Abendteuern!

Nun aber ersteinmal: Gute Erholung!

Kathrin :hallo:
☼ ☼ ☼
Entscheide Dich. Und wenn Du Dich entschieden hast,
vernichte die Alternativen.

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Stephen, der helle Wahnsinn :daumen:

:respekt: :beten2: Unglaublich, was Du so alles läufst. Und dazu noch ein toller Bericht

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Erst einmal allen vielen Dank für eure Glückwünsche!
CouchRunning hat geschrieben:Habe mit Bewunderung deinen Bericht gelesen, sehr schön...danke
Dein Kompliment freut mich besonders - habe ich doch bei deinem Bericht über Biel 2006 mitgelitten und freue mich darum um so mehr, daß du jetzt läuferisch stark im Aufwind bist.
42bis100 hat geschrieben:Aber dass Du hier noch ein halbes Buch mit so einem phantastischen Bericht schreibst und dieses wunderbare Lauf-Erlebnis mit uns teilst, ist einfach nur Spitze!
Da die Berichte in diesem Forum für mich eine starke Quelle der Motivation darstellen (und ganz besonders deine!), bin ich selbst bemüht, mich dafür mit eigenen zu revanchieren.

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Stephen hat geschrieben: Dein Kompliment freut mich besonders - habe ich doch bei deinem Bericht über Biel 2006 mitgelitten und freue mich darum um so mehr, daß du jetzt läuferisch stark im Aufwind bist.
Ich wusste gar nicht, das du den Desasterbericht gelesen hattest :peinlich:

Jedoch konnte ich dadurch neue Kraft und Energien schöpfen und meine neue Polar kann mir zu weiteren Erfolgen verhelfen :D

Ich fand deinen Bericht überhaupt nicht lang, das war völlig angemessen in Anbetracht der Länge und der Schwierigkeit des Laufes.

Freue mich auf deine weiteren Berichte :daumen:
Blog: Ein ehem. Ultramarathoni beginnt wieder von Vorne
Einen Schritt nach dem anderen gehen. Mal schnell, mal langsam - aber es geht vorwärts.

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Dromeus hat geschrieben:Dass der Down-Run "viel leichter" sei, halte ich allerdings für ein Gerücht. Die Bestzeit des "Comrades King" war beim Down-Run nur wenige Minuten besser als beim Up-Run...
Die Schwierigkeit beim Down Run besteht darin, daß man auf den letzten 40 km fast nur bergab läuft - und das geht enorm in die Muskeln, wie mir mehrere erfahrene Läufer erzählt haben.

Der Up Run ist in dieser Hinsicht viel weniger belastend - was mir zu schaffen gemacht hat, war eindeutig die Hitze und nicht so sehr die muskuläre Ermüdung (wenn man von den Fußsohlen absieht, die nach 60 km auf Asphalt dann doch weh getan haben).

Besonders interessant für dich dürfte dieses detaillierte Streckenprofil sein:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/e ... rofile.pdf

(Up Run von rechts nach links, Down Run von links nach rechts)
Noch eine Frage zur Startblockeinteilung, hast Du bei der Anmeldung eine Qualifikationsleistung angegeben, die zu einem bestimmten Startblock berechtigt? So weit ich weiss, werden ja alle Medaillen nach Bruttozeit vergeben?
Für Block A muß man eine Marathonzeit Sub 3:00 nachweisen, für Block B Sub 3:20 (oder eine vergleichbare Zeit über längere Distanzen) usw. bis hin zu Block H, für den man einen Marathon Sub 5:00 belegen muß.

Es wird tatsächlich nur die Bruttozeit ermittelt - die Zeitmeßmatten am Start dienen lediglich dazu, die Zahl der Teilnehmer zu ermitteln und Betrugsmanöver aufzudecken.

Viel Zeit verliert man allerdings nicht auf die Nettozeit - und die meisten Teilnehmer wären eh besser beraten, am Anfang nicht auf Teufel komm raus loszurennen.

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Ha, da ist er ja der Bericht! Klasse gelaufen, klasse geschrieben.

Conni

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Lizzy hat geschrieben:Hab' ichs überlesen? (war ja wirklich lang :-) Hast du es rausgefunden? Ein bisschen davon wenigstens? Verrätst du's uns?
Auf die Frage habe ich gewartet - und es überrascht mich nicht, daß du sie zuerst stellst.

Auf der Website des Comrades Marathon findet sich folgende Beschreibung des Zwecks der Veranstaltung:

...celebrating the triumph of mankind's spirit over adversity...

Natürlich ist die "adversity", die sich den Läufern entgegenstellt, bei weitem nicht so gravierend wie die Hunderte von Kilometern, die die Veteranen des Ersten Weltkrieges, an die der Lauf erinnert, mit Gewehr und Marschgepäck durch die Steppen Ostafrikas zurückgelegt haben - oder wie das Apartheid-System, gegen das die Jugendlichen in Soweto im Juni 1976 aufbegehrt haben (seit 1995 findet der Comrades Marathon am Youth Day statt - dem nationalen Feiertag Südafrikas, der an diese Ereignisse erinnert).

Dennoch muß man mit dem ganzen Herzen dabei sein, wenn man sich auf diesen Lauf vorbereitet und ihn bewältigt - das gilt ebenso für die Spitzenläufer wie auch für diejenigen, die lediglich in der Zielzeit ankommen möchten. Und dieses Engagement führt dann zu einer Verbundenheit und Anteilnahme unter den Läufern, die auch auf das Publikum übergreift.

Ich bin beim Abfassen des Berichtes nicht dazu gekommen, diese Gedanken explizit so einzuarbeiten, daß der Erzählfluß nicht gestört wird (und sicherlich ließe sich dazu noch mehr sagen, wenn man weiter darüber nachdenkt) - aber ich hoffe, man kann es zwischen den Zeilen herauslesen.

:)

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WinfriedK hat geschrieben:Du hast nicht zufällig noch ein paar Bilderchen, die du vergessen hast, hochzuladen? Das wäre irgendwie das I-Tüpfelchen. :zwinker5:
Ich habe leider immer noch keine digitale Kamera - aber Markus Roth, der die Reise organisiert hat, hatte bei seinem Lauf eine dabei, und so hoffe ich, daß er seine Fotos entweder selbst online stellt oder sie mir schickt.

Ansonsten warte ich natürlich auf die DVD, die in einigen Wochen bei mir eintreffen wird.

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kk66 hat geschrieben:hast du zufaellig die kanadisch-schweizerische Kollegin Iris getroffen?

Iris Cooper 31628 Female 47 Canada 09:53:06 4044 355 136 Finished Ages 40 - 49
Cowies 01:57:48
Drummond 04:54:34
Cato Ridge 06:38:01
Umlaas Road 07:50:36
Polly Shortts 09:08:47
Finish Time 09:53:06


Ja - ich entsinne mich, daß mich, im Kontrast zu den ca. 400 Läufern, die ich innerhalb von Maritzburg überholt habe, zwei oder drei Läufer auf den letzten Kilometern überspurtet haben, darunter eine Frau.

Anscheinend war sie ebenfalls das erste Mal dabei - da kann man ihr zu ihrer gelungenen Renneinteilung nur gratulieren.

P.S.:

Meine Splits

Cowies 01:55:50
Drummond 04:36:54
Cato Ridge 06:21:46
Umlaas Road 07:41:16
Polly Shortts 09:07:54
Finish Time 09:53:46

Oh, wow

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Das ist mit der schönste Bericht, den ich bisher gelesen habe. :) Unglaublich interessant und spannend. Hätte ruhig noch länger sein können :daumen: Gratulation natürlich auch von mir!


Dromeus hat geschrieben:Hi Stephen,

Gratulation und Danke für den lebendigen Bericht. Der Comrades steht ziemlich weit oben auf meiner persönlichen Wunschliste.
...

Dir Michael, auch noch Gratulation zu Deinem Lauf. Der Bericht dazu hat mir auch super gefallen. Jetzt acker ich mich noch durch anderen :geil: .
Mik

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Dankeschön. Wo willst du eigentlich hin, am Deutschlandlauf teilnehmen?
Wahnsinn, was du für belastbare Gräten hast. :geil:
Liebe Grüsse von Gregor :hallo: (Bremen)
_________________________________________________________________

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WinfriedK hat geschrieben:Ja, den will ich auch mal. Eigentlich will ich beide... :)
200x oder 201x? Wollen wir schon mal eine Liste machen? :D
Hi Winfried,
ja mei warum denn nicht :) Also 2010 laufe ich Boston, das ist schon mit einem Lauffreund abgesprochen. Vor 2009 möchte ich keine Ultras laufen und diese dann auch nur wenn ich orthopädisch belastbar genug bin. Da schweben mir eigentlich bisher auch nur 3 Stück vor. Biel, Two Oceans und der Comrades, vermutlich in diese Reihenfolge. Laufen wir also den Two Oceans 2011 zusammen? :zwinker5:

@Stephen: Sehr schöner Bericht.

Gruß,
Torsten

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Wahnsinn, Stephen :respekt: :respekt:

Das ist einer der besten Berichte, die ich je lesen durfte. Der keine Smileys und Albernheiten benötigt um lesbar zu sein.... einfach nur klasse.


:danke:

Stephen hat geschrieben:"What lies behind us and what lies before us are tiny matters compared to what lies within us."

Nach dieser Antwort hätte ich nicht gefragt, ich finde, sie steht naturgemäß :wink: mitten im Bericht:
Stephen hat geschrieben: ... Noch "9 km" zeigt das Schild am Straßenrand an - also habe ich jetzt eine Strecke geschafft, die länger als der K78 ist, und so einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt. Ich fühle zusehends meine Kräfte zurückkehren und bin zuversichtlich, den 6:30-Schnitt zu laufen, der mir eine Sub 10 garantiert.

Tatsächlich gelingt es mir sogar, hinter dem Scheitelpunkt von Polly Shortts, wo das Stadtgebiet von "Maritzburg" beginnt, noch schneller zu laufen - für die letzten acht Kilometer brauche ich nur noch 46 Minuten und überhole dabei Hunderte von Läufern, angespornt durch die Zuschauermassen, erfrischt durch den Wasserschlauch eines Anwohners und erfreut darüber, daß ich nicht wie die meisten anderen hier auf dem Zahnfleisch krieche.

- der am meisten beeindruckende Abschnitt -

:hallo:

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:hallo: Stephen,

puh, nun habe ich es auch endlich geschafft, deinen Megabericht zu lesen. Vielen Dank und Glückwunsch zu deinem tollen Erfolg :daumen: Woher nimmst Du nur die mentale Stärke nach fast 80 km noch 'ne Schippe drauf zu legen?
:groesste: :respekt:

LG
Gisela


Bild

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RunningTurtle hat geschrieben:Woher nimmst Du nur die mentale Stärke nach fast 80 km noch 'ne Schippe drauf zu legen?
Hat sich halt vorher geschont. :baeh: :hihi:

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Hi Stephen,

das war ja ein ganz toller Lauf und ein richtig schöner Bericht, den zu lesen, jede Zeile es wert ist. Ganz große Gratulation.
Wovon träumt man eigentlich nachdem man diesen Lauf geschafft hat?

Jörg
Neue Laufabenteuer im Blog

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Du hast aus mir einen Wackeldackel gemacht ;) Seit ich heute mittag Deinen tollen Bericht gelesen habe, laufe ich nur noch kopfschüttelnd und "Wahnsinn!" murmelnd durch die Gegend....hoffentlich wächst sich das nicht zu einer schrecklichen Verspannung im Schultergürtel aus ;)

Also, wirklich Stephen..WAHNSINN! Waaahn-sinn!

29
Toller Bericht zu einem klasse Ergebnis! Ich gratuliere zu dieser tollen Leistung

Gruss Sigi

30
Hallo Stephen,

als ich das laß, fingen abwechselnd beide Beine an zu zucken, woher das wohl kommt ... ein HAMMER-Bericht.
... das lesen hat wirklich gefesselt und lust auf mehr gemacht - vielen Dank dafür !
Gruß
Spawn:teufel:
_______________________________

:nick: Keep on running :nick:
...push harder ...dig deeper...far beyond imagination :wow:

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RunningTurtle hat geschrieben:Woher nimmst Du nur die mentale Stärke nach fast 80 km noch 'ne Schippe drauf zu legen?
Geübt ist geübt - wer oft genug so Nickligkeiten wie die Streckenführung in Luxemburg (bei km 38 am Ziel vorbei und dann zwei km stetig bergauf laufen) mitgemacht hat, der läßt sich irgendwann auch von Polly Shortts nicht aus dem Konzept bringen.

Dir und all den anderen Gratulanten

:danke:

für eure Komplimente!

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19joerg61 hat geschrieben:Wovon träumt man eigentlich nachdem man diesen Lauf geschafft hat?
Im nächten Jahr sind dann die 100 km von Biel an der Reihe - und irgendwann muß ich nach La Réunion:

Le Grand Raid - La diagonale des fous

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Stephen hat geschrieben:Im Flugzeug nach Johannisburg sitze ich neben Nicole, die nach Deutschland zurückfliegt und bei ihrer zweiten Teilnahme Sub 8 geschafft hat - eine tolle Leistung, hinter der aber auch langjährige Ultraerfahrung steckt.
Nicole hat selbst einen schönen Bericht zum Lauf geschrieben, der nun, mit Fotos von Klaus Neumann illustriert, auf marathon4you.de erschienen ist:

Comrades - Race of Heroes

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Stephen hat geschrieben:Da die Berichte in diesem Forum für mich eine starke Quelle der Motivation darstellen (und ganz besonders deine!), bin ich selbst bemüht, mich dafür mit eigenen zu revanchieren.
...was Dir wirklich hervorragend gelungen ist! :daumen:

Gruß! :hallo:
Burkhard
...hab hier nur meine Meinung formuliert. so what?
Gesperrt

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