„
…..Nur sehr gut trainierte Läuferinnen und Läufer können dieser alpinen Herausforderung genügen…..“
gnies hat geschrieben:
Umfragen über andere Benutzer sind ja verboten, aber bei Zeitaufschlägen von 1h30 auf die "flach-Leistung" prognostiziere ich mal, dass jmd. ganz ernüchtert seine Grosskotzerei dem panda gegenüber bedauern wird.
Hallo liebe Leute,
wer zuletzt lacht, lacht am besten und ich grinse immer noch
Endlich wieder einmal eine Top-Leistung von mir In diesem Jahr bin ich leistungsmäßig auf einer Berg- und Talfahrt. Nach der Pleite auf der Weinstraße eine Bestzeit in Hamburg, dann der Einbruch mit anschließender Verletzung beim Supermarathon am Rennsteig und danach nur ein paar kleinere 10er ohne nennenswert gute Zeiten.
Die Jungfrau stand schon lange auf meinem diesjährigen Programm. Mich haben die letztjährigen Berichte und vor allem die schönen Bilder von @marathomy fasziniert. Meine Vorbereitung verlief eher mau. Wochenumfänge zwischen 20 – 30 km, 2 Wochen vor dem Wettkampf ein langer 30 km – Lauf, danach 1 Woche getapert, dann 1 Woche vorher der komplette Einbruch beim Achenseelauf bei km 17, wo ich mich nur mit allerletzten Kräften laufend ins Ziel schleppen konnte, am nächsten Tag eine lange Bergwanderung und danach wieder 4 Tage getapert.
Am Freitag holte ich gegen 20:00 Uhr meine Startunterlagen im Kurhaus ohne Wartezeiten. An der kleinen, aber feinen Marathonmesse entdeckte ich einen Stand von der SWISS LIFE, wo ziemlich viele Leute anstanden. Obwohl ich keine Versicherung abschließen wollte interessierte mich das Angebot doch etwas näher. Es gab keine Versicherung, sondern einen maßgefertigten Zwischenzeitplan für seine Wunschzielzeit als Plastikarmband. Ein Spitzen-Service von SWISS LIFE ! Optimistisch wie ich war orderte ich ein Armband mit Zielzeit 6 h ! Die Stimmung im Kursaal war etwas angespannt, weil so viele Leute ganz erwartungsvoll vor den vielen Fernsehern saßen, der das Video vom Lauf aus 2002 (?) zeigte. Ich sah in viele Gesichter und konnte leicht erahnen, wer hier bereits gefinisht hat und wer noch nicht wußte welche Strapazen auf ihn zukommen. Einige Läufer machten große Augen vor lauter Ehrfurcht, andere plapperten ganz aufgeregt vor lauter Nervosität.
Die Nudelpansche der Pasta-Party wollte ich mir nicht geben, also ging ich in ein nettes italienisches Lokal und das war eine gute Entscheidung. Der Kellner fragte mich nach dem 2. Bier, ob ich etwa am nächsten Tag auch mitlaufen will. Selbstverständlich sagte ich grinsend und meine Zielzeit ist sub 6 h. Da musste auch er grinsen und meinte, er laufe auch mit, müsste aber noch bis 01:00 Uhr arbeiten und seine Zielzeit ist sub 4:15 h ! Uffffffff, da war ich platt und ging etwas frustriert zu Bett.
Am nächsten Tag zum Frühstück gab es in meinem kleinen Hotel Spaghetti. Ich musste mir einbilden, dass sie gut schmeckten und fühlte mich trotzdem nach ein paar Tassen Kaffee ganz hervorragend. Also ab zum Start, das Wetter schien schön zu werden, alles supi !
Im hintersten Starterfeld suchte ich vergebens nach @hurry, der hatte sich anscheinend nach vorne gemogelt. Egal, ich schaute mir zum ersten Mal meine Zwischenzeiten an. Also 35 Min auf die ersten 5 km und 1h 11 Min auf 10 km sollten doch zu schaffen sein. Und dann ging es auch schon los. Ich sah noch @marathomy, der drehte sich nach dem Start auf dem ersten km wie ein aufgezogener Kinderkreisel und schoß bestimmt wieder schöne Bildchen. Aber von wegen Genussläufer, ich konnte nicht auflaufen, der war viel zu schnell unterwegs ! Eine großartige Stimmung an der Strecke, zuerst eine Runde durchs Dorf und dann ging es raus Richtung Wilderswill und immer näher rückte die herrliche Landschaft, ein unbeschreiblich schönes Gefühl !
Die ersten 5 km lief ich exakt im Zeitplan in 35 Min. Leider war ich damit fast Letzter im großen Feld und ich wollte mich nicht schon am Anfang vom Besenwagen bedrängen lassen. Also lief ich die nächsten 5 km etwas schneller und hatte mir 6 Min Vorsprung zu meinen festgelegten Zwischenzeiten gesichert. Diesen Vorsprung baute ich bis Lauterbrunnen sogar auf 9 Minuten aus und fühlte mich noch immer prächtig. Ganz eben war es ja nicht, bis Lauterbrunnen waren fast 300 HM zu überwinden. Weiter ging`s , eine sehr schöne Runde durch Lauterbrunnen an einem Wasserfall vorbei und weiter Richtung Berge. So km 25, na wo ist sie denn jetzt die berüchtigte „Wand“ vor der alle zittern, dachte ich. Wann kommt die denn endlich ? Und dann kam sie endlich, es ging ziemlich steil bergauf. (Eine Wand ist für mich was anderes, @M@x würde mir zustimmen ). Alle mussten walken. Ich weiß nicht, ob die im 1. Drittel des Feldes hier laufen können, also für mich unvorstellbar. @Lachmöwe oder der Bergziege @hajka würde ich es noch am ehesten zutrauen.
Egal, jetzt kam auf jeden Fall meine Zeit Ich bin nicht umsonst so viel in den Alpen unterwegs, also war ich die nächsten KM nur am Überholen. Die Streckenschilder waren nun alle 250 Meter aufgestellt, so steil war es. Und dann fiel es mir erst auf wo ich mich hier überhaupt befinde. Wahnsinn, absoluter Wahnsinn was dort alles mitlief und so Viele mit ihren Finishershirts, TEAG Supermarathon, Ford Köln Marathon, Gorch- Fock Marathon, 100 km - Dänemark. Alles Flachlandfinisher und hingen jetzt in den Seilen und ich als Jogger laufend am Überholen. Einfach absoluter Wahnsinn, jetzt walkte ich sogar auf 2 Zermatt-Finisher :eek: auf und überholte ganz leicht ! Was für ein geiles Gefühl ! Ich hatte sogar noch Kraft oben bei den wenigen Flachstücken zu laufen. Also bis zur Moräne überholten mich von der „Wand“ weg höchstens 10 Leute und für meine Zeit von Lauterbrunnen ins Ziel von 3h 35 muß ich ganz weit in der Platziertenliste nach vorne scrollen. Dieser alte Fuchs @marathomy hatte vollkommen Recht, nur nicht auspowern bis km 25 und Kräfte schonen.
Unterhalb der Moräne ein Stau und ich hatte gegenüber meinem Zeitplan einige Minuten eingebüßt und bei km 35 nur noch 4 Minuten Vorsprung. Ich geriet leicht in Panik, denn ich hatte noch genug Kraft da hochzumarschieren und unter 6 h zu finishen, aber ich konnte nicht überholen ! Der Stau löste sich eigentlich überhaupt nicht auf und ich musste die ganze Moräne hoch den Anderen hinterhersteigen. Nur nicht auf die Uhr schauen, sondern die schöne Landschaft genießen und nicht aufregen, dachte ich mir. Endlich ging es wieder etwas schneller und ich sah das 39 km – Schild. Mist, Zeitvorsprung fast komplett eingebüßt auf meine Marschtabelle, das wird knapp ! Dann endlich dieser Dudelsackspieler, trotzdem ein schönes Foto musste noch drin sein. Ein toller Typ dieser Schotte ! So, jetzt den letzten Km noch einmal laufen. Ich hatte noch reichlich Kraft, es ging jedoch bergab und da bin ich vorsichtig, deshalb wurde ich runter bis zum Ziel eigentlich laufend überholt. Aber dann, eeeeendlich, das Ziel !!! Juhuhuhuhuhuhuhuhuhuuuuuuuuuuuuu, ich bin durch, ich bin jetzt JUNGFRAU und das in 5h 55 !
Ein wahnsinnig geiles Gefühl dort so hoch oben mitten in dieser atemberaubend schönen Gebirgslandschaft. Dieses imposante Dreigestirn von Eiger, Mönch und Jungfrau muß man einfach mal aus dieser Nähe gesehen haben. Nach einigen Finisherbierchen fuhr ich erst als einer der Letzten wieder nach unten und war immer noch tief beeindruckt. Erst unten im Tal wurde mir bewusst, was ich dort oben überhaupt geleistet habe !
Ich gratuliere allen Finishern aus diesem Jahr, dass sie diesen Lauf bei so einem tollen Wetter, mit dieser Superstimmung und so einer professionellen Orga miterleben zu durften. Ich glaube nicht, dass dies zu toppen ist, deshalb leg ich mich jetzt auch nicht fest dort wieder mitzumachen, da ich auch gerne was Neues ausprobiere. Graubünden 2007 , ich glaub da schau ich mal vorbei !
Am nächsten Tag ging es mir gut, kaum Muskelkater. Es kam mir so vor, als ob ich mich nicht so ganz verausgabt hätte. Na gut, jetzt erst mal tapern und dann starte ich in Berlin eine Attacke auf die mächtige @kitty-Zeit aus München 05 .