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Köln-Marathon lohnt

Köln-Marathon lohnt

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Jetzt will ich auch mal wieder erzählen:

Vorgeplänkel
Nach dem ich im Herbst letzten Jahres mit einer für mich optimalen Zeit von 3:36 h. meine Marathon-Saison beendet hatte, stand für mich in diesem Jahr eine sportliche Rolle rückwärts an, da mein Studienabschluss Vorrang hatte. Den geplanten langsamen Frühjahrs-Marathon nach viel zu wenig Training hatte ich mir abgeschminkt in dem Bewußtsein, dass damit mehr Stress als alles andere auf mich zu kommen würde.
Ich entschloss mich darauf hin, in Freiburg den Halben zu laufen und bot mich dort als u. 2h-Pacer für meine Freundin und einen Kollegen an.
Ein sehr trainingsarmer Winter hinterließ zu diesem Zeitpunkt Spuren, in Form von ca. 10kg mehr Gewicht auf den Hüften, als ein halbes Jahr zuvor. Das machte sich bemerkbar. Die zwei Stunden für 21,1km beanspruchten mich wesentlich mehr, als ich dachte und vor allem auch mein rechtes Kniegelenk.
Die Folge dieses tollen Rennens in Kombination mit richtig Stress bei der Diplomarbeit brachten drei fast komplett trainingsfreie Monate mit sich.
Der Abschluss, genau so, wie die WM in diesem Lande mussten natürlich gebührend gefeiert werden, so dass mein Leben in diesen Monaten nicht unbedingt dem eines ambitionierten MArathon-Läufers entsprach.

Meine Freundin ...
manche erinnern sich womöglich an sie, wegen meines viel kritisierten Berichtes vom Berlin-Marathon letztes Jahr. Den Kritikern sei gesagt, sie ist seit einer kleinen OP im letzten Winter endlich beschwerdefrei!!...
hatte jedoch den Herbstmarathon fest im Blick und ich wollte mich auch mal wieder in den Sport stürzen. Zeit war genug vorhanden.
Es ging mit der Vorbereitung los und ich war sehr erschrocken, wie viel ich an Substanz verloren hatte. Dennoch war ich der Meinung, zumindest mit meiner Freundin und meinem guten Kumpel Christian zusammen, die 4:30 zu schaffen.

Zum Ende hin war ich mir sicher, dass ich zumindest die Distanz schaffen würde.
Ein Ziel hatte ich selber nicht, notfalls würde ich meine Laufpartner einfach ziehen lassen. An einen lockeren Marathon, in dem ich die Rolle des Hasen übernahm, war nicht mehr zu denken. Ich nahm mir also nix vor und lies die Sache auf mich zukommen.
Dementsprechend locker war ich auch, als wir in Köln ankahm. Meine Freundin, die sich fest vorgenommen hatte, die 4:30 zu unterbieten, war schon wesentlich mehr aufgeregt, träumte ab der vorletzten Nacht von nichts anderem als Mißgeschicken, die beim Marathon passieren könnten. (Schuhe vergessen, den Lauf in Jeans, Pullover und Handschuhen beginnen etc.).
Ich war bis kurz vorher recht sorgenfrei, stärkte mir mit einem sogenannten Power Bar die Kiefermuskulatur. Im Startblock wurde das dann ersetzt durch ein freudiges Kribbeln.

LOS GEHTS
Nach dem fast eine halbe Stunde nach dem geplanten Start (12h) vergangen war, liefen wir dann auch über die Startmatten (nachdem wir anfangs irritiert waren, da sie erst ein paar Meter hinter dem "Start-Tor" (sagt man das so?) auftauchte).

Christian und meine Angebetete hatten sich eine Zeit zwischen 4:20 und 4:30 vorgenommen und entsprechend gingen wir dann auch die Runde an.
Wir liefen zu schnell, wie das halt so ist. Tolle Zuschauer spornen an, noch hat man Kraft und zack is man zu schnell. Kein Problem, wir pendelten uns nach drei Kilometern auf km-Zeiten zwischen 6:05 und 6:20 ein und liessen uns von dem wieder einmal super-jecken Publikum tragen, das uns schon auf den ersten Kilometern ein ums andere Mal mit ordentlicher Gänsehaut versorgte. Spitzenklasse.

So vergingen die ersten zehn Kilometer dann auch recht schnell und ganz nach Plan. Keine Herzrythmusstörungen konnten uns stören, nichts.

Ab KM 15... und da war ich dann doch verdutzt begannen bei mir so die ersten Zimperlein in den Oberschenkeln, was mich zu diesem frühen Zeitpunkt schon ein wenig beunruhigte. Dennoch hielten wir das Tempo bis zum Halben ganz gut durch.

Nach 21km veränderte sich vor allem Maikes (meine Freundin) und meine Verfassung immer mehr. Mein Kumpel hielt den Schnitt recht gut, ich konnte gerade mithalten, aber meine Freundin ließ immer mehr nach. Wir hatten uns vorgenommen, zumindest bis km 35 zusammen zu bleiben, also ließen wir insgesamt im Tempo nach. Von km zu km wurden die Beine schwerer und das Tempo langsamer, so, dass wir uns ab ca. km 25 auf TEmpo 6:45 einpendeln mussten. Ich war sehr froh darüber, weil ich da auch schon Schwierigkeiten hatte, ein schnelleres Tempo weiterhin aufrecht zu erhalten. Merklich fiel es Christian schwer, sich an das verlangsamte Tempo zu halten. Bei km 32 ließen wir ihn dann ziehen.

Da waren wir dann alleine, na ja richtig alleine nicht, waren ja genug Jecken um uns rum, aber unter uns... also ohne Christian. Wir hielten relativ konstant die 6:45 aber die Pausen an den nächsten beiden Versorgungsständen wurden immer länger. Meine Freundin hatte keine Stoppuhr, so, dass sie mich immer häufiger fragte, ob wir so noch die 4,5 Std. packen würden. Aufgrund meiner Gesamtverfassung (sehr mangelhaft..) konnte ich nur noch grob schätzen, beruhigte sie aber- Wenn wir nicht noch langsamer würden, wäre das zu schaffen.

Ab km 34 ließ ich nach. Die Anstrengung, dass Tempo zu halten wurde immer größer. Die anderen wollten es vor dem LAuf nicht glauben, aber jetzt kam der Zeitpunkt unaufhaltsam näher, dass ich auch meine Freundin ziehen lassen musste. Ich übergab ihr meine Stoppuhr und ließ sie ziehen.

Ich war erleichtert, dass ich nicht mehr das unglaublich hohe Tempo (6:45) halten musste, lies meiner ERschöpfung freien Lauf und machte eine Laufpause.
Schnell war meine Freundin nicht mehr zu sehen. In dem Moment war ich schon ein wenig enttäuscht und auch ein wenig entsetzt, da mir noch mal klar wurde, wieviel meiner Schnelligkeit und Ausdauer ich wirklich verloren hatte.

" Komm jetzt, Micha, nimm Fahrt auf" schrien die Leute und holten mich aus meinen Selbstzweifeln. Die Zuschauer waren richtig Klasse. Ich beschloss, die negativen Gedanken zu vergessen und ab jetzt die Athmosphäre voll in mich aufzusaugen. So ging und lief ich abwechselnd und freute mich auf die Zuschauer, die so genial pushten.
Ich ließ mir Zeit und beobachtete alles um mich herum genau. Ich sah in die Gesichter, der anderen Läufer, die teils von völliger Erschöpfung oder von ansteckender Fröhlichkeit gezeichnet waren. So konnte ich mir auch die Zeit nehmen, einer ansonsten fitten Läuferin den Wadenkrampf rauszudehnen. Das war bei KM 39. Ich hoffe, sie hat es noch ins Ziel geschafft.

Genial war es, wie man ohne Hast und Eile mit den Zuschauern eine Riesengaudi feiern konnte.

Besonders intensiv war der KM 40, mit Blick auf den Kölner Dom und zahlreichen Zuschauern. Toll. Wie gesagt: Gänsehautfeeling.

Dann war es auch nicht mehr weit und nahm mir vor, den Rest durchzulaufen. Auf der Deutzer Brücker traf ich dann noch auf meine Cousine, die die Läufer anfeuerte. Ich hielt an, unterhielt mich mit ihr.
SIe ist bis heute selten mehr als 5 km gelaufen. Sie sagte, die Athmosphäre habe sie so motiviert, dass sie dass auch mal von Läuferseite aus erleben möchte. Ich bin gespannt.

Im Ziel traf ich meine Mitläufer wieder. Beide waren überglücklich, dass sie ihr Ziel erreicht haben, unter 4:30 zu laufen. Meine Freundin erzählte, dass sie noch ganz schön drauflegen musste, um dieses ZIel zu schaffen. Da hatte ich mich dann wohl doch ein wenig verrechnet.

Aber sie hat es endlich geschafft, was sie in Hamburg und Berlin letztes Jahr so unglücklich verfehlt hatte. Wie freuten uns riesig. Auch mein bester Freund Christian hat sein Soll übererfüllt und die 4:30 unterboten. Superleistung. Ich bin mir sicher, bei ihm wäre noch mehr drinne gewesen, wenn er nicht so lange mit uns mit gelaufen wäre. Egal.

Ich bin mit einer Zeit von 4:41h ins Ziel eingetrudelt und habe durch diesen Lauf auch die Motivation bekommen, mich wieder in Bestform zu bringen und im nächsten Jahr die 3:30 zu knacken.

Probiern kann man es ja, oder?

Gruß, Micha.


P.S.: Herzlichen Glückwunsch an alle Münchner und Kölner Finisher dieser Woche.

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Kleiner Nachtrag.
Es gibt nichts besseres, als die persönlichen Unterstützer. Vielen lieben Dank an Sara, Swaantje und Bjoern, die uns vier mal an der Strecke zu Höchstleistungen geschrien und mit Auswechseltrinkflaschen versorgt haben.

Danke.

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Schöner Bericht! :daumen:

Was hast du denn verbrochen, daß dir keiner antwortet?
Es ist noch eine andere Geschichte, mit wieder anderen Aspekten drin als wir bisher lesen durften, interessant! So schnell ist man langsamer, wenn man anderen Dingen Vorrang gibt (ich merke das auch ein wenig :zwinker5: ) - aber ähnlich schnell wird man auch wieder besser - oder?

:hallo:
Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst (Matthias Claudius)

http://artificial-nonsense.blogspot.com/

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Danke für Deine Antwort. Hab nichts verbrochen. Ich war hier ja auch lange nicht mehr drin. Da muss man erst mal wieder von vorne anfangen. Wie beim Laufen.
Ich hoffe innigst, dass ich bald wieder besser werde.
Aber das langsame Laufen vor allem beim Marathon hat auch was. Das war letztes Jahr in Berlin schon mein Eindruck. Die Läufer sind zwar langsamer aber hier wurde sich unterhalten, man hat viel mehr von der Atmosphäre mitgenommen. Und viel gelacht wurde auch. Über sich selbst und die anderen.

War echt toll.
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