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Nettetal - ein Lauf am Rande der Republik

Nettetal - ein Lauf am Rande der Republik

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Irgendwie fehlte er mir noch, weshalb ich mich auf die Suche nach einer netten Veranstaltung für einen Halbmarathon gemacht habe. Zum Glück bekam ich dann auch den richtigen Tipp von einem Lauffreund. Der 15. HM des LC Nettetal rund um den Pölvensee sollte es also werden. Dabei sollten auch die Kosten im Rahmen bleiben, was bei einem Startgeld von 3,- € gewährleistet war und auch die Entfernung von 25 km hielt sich in Grenzen. Apropos Grenze, Holland liegt in einer Entfernung von gut 2 km.
Nach zwei Marathons in diesem Jahr war die Distanz sicher kein Problem, aber die Anforderungen eines HM sind wohl doch deutlich anders, da hier ein wesentlich höheres Tempo erwarten musste.
So brachen wir, meine Frau und mein zweiter Sohn und meine Tochter, um 13:00 bei grauem Himmel und knappen 14 Grad auf. Der Start für Kilian über die 5 km Distanz war für 14:00 angesetzt und wir kamen zeitig an. Die Organisation war gut und positiv fiel auf, dass selbst ein so kleiner Verein so viel Funktionspersonal zusammentrommeln kann. Sowohl mit der Startnummernausgabe als auch mit den Urkunden ging das sehr flott. Gut so, denn um den See herum war die Luft doch sehr feucht und man müsste sich in Bewegung halten um nicht zu frieren.
Zwar herrsche auch hier die prickelnde Wettkampfatmosphäre, doch lag im Gegensatz zum Marathon auch eine Menge Ehrgeiz in der Luft. Hier war der Gegner nicht mehr die Distanz sondern die Konkurrenz aus dem eigenen oder auch einem anderen Verein. Die zahlreich vertretenen Vereine machten auch einen Unterschied zu meinen bisherigen Erfahrungen. Trainer, die ihre Schäfchen anstacheln. Bei dem Ton passt der Ausdruck motivieren einfach nicht mehr. In Summe also eine deutlich ernsteres Umfeld.
Als erstes lief dann unser Sohn und verschwand in einem Feld von gut 60 bunt gemischten Läufern. Erfahrene Eltern kennen das, man schielt auf die große Uhr am Ziel und späht in die Richtung, aus der die Wettkämpfer wieder kommen müssen. Da geht der Puls schon ganz von alleine hoch. Eigentlich weiß man ja ungefähr, wann der Kleine wieder auftauchen muss, aber trotzdem wandert der Blick immer wieder zwischen Uhr und Straße hin und her. Dann kommen endlich die ersten wieder und wir sind doch erleichtert, als unser Wuschelkopf in die Zielgerade einbiegt. Total durchgeschwitzt und mit rotem Kopf ist er dennoch zufrieden mit seiner Zeit.
Dann musste ich aber schon Richtung Start, der, weil die Runde nicht genau 7 km lang ist, ein paar hundert Meter vorverlegt wurde. Auf dem dann plötzlich schmalen Wirtschaftsweg drängten sich über 300 Starter. Neben mir stand ein älterer Herr, der meinte, er wäre heute nicht in Form. Ich sagte zu ihm, er solle doch nicht schon vorher aufgeben und erhalte als Antwort, dass er das nach 260 Marathons wohl mal sagen dürfe. Na gut, ich fühlte mich belehrt.
Dann fiel auch schon der Startschuss. Ein Lauf ohne Schickimicki, keine Zeitchips, kein Starfotograf, alles noch gute Handarbeit. Wie zu erwarten dauerte es ein paar km bis sich der Pulk etwas lockerte. Trotz Warmlaufen kriecht die Kälte etwas unter die Haut. Da ich keine Ahnung hatte, wie ich es angehen sollte, schloss ich mich einer Laufgruppe aus Moers an, die mir ein adäquates Tempo zu haben schien. Der Puls bei 145 war auch so mein Marathontempo. Das Gebiet ist ein Naturpark und im Sommer, als ich hier meinen Testlauf für Münster gemacht habe, war es auch wunderschön. Jetzt machte sich aber der Herbst schon deutlich bemerkbar und ich vermisste die Blumen, an denen wir uns noch zur Jahresmitte so erfreut hatten. Aber bald war die Runde zu Ende und im Zielbereich stand meine Familie in der Menge der johlenden Zuschauer. Dort wurde auch Wasser gereicht und ab ging es in die zweite Runde. Das Feld zog sich schon deutlich in die Länge und ich erhöhte mal das Tempo auf Puls 150+. Jetzt wollte ich auch wissen was drinsteckt, womit eine langsame Aufholjagd begann. Es ist halt ein Naturschutzgebiet und dem entsprechend waren auch viele Wanderer und Radfahrer unterwegs. Mit deutlich unterschiedlichen Charakteren. Einige grüßten freundlich und feuerten uns an und wieder andere waren völlig rücksichtslos und ließen sich umgehen. Besonders übel fiel eine Gruppe Mountainbikefahrer auf. Von denen hätte ich mehr sportliche Fairness erwartet, aber sie blieben knochenhart auf Kurs und die Läufer müssten weichen. Mittlerweile hatte ich mich an einen Holländer dran gehängt, der ein zügiges Tempo lief. Er war gut einen Kopf größer als ich und in seinem Windschatten konnte ich entspannt hinterher traben. So passierten wir den Zielbereich zum zweiten Mal. Wieder lautes Gejohle, das uns nochmals anspornte. Ab hier lief ich neben meinem Holländer. Bei km 17 fiel er dann zurück. Doch zu schnell angegangen. Bei mir läuft es jetzt aber wie von selber. Die Pulsuhr blinkt zwar bedrohlich, mittlerweile bei 160+, aber jetzt wollte ich auch nicht mehr bremsen. Zweimal wurde ich noch überholt und ich frage mich, wo die noch die Kraft hernehmen für diese Steigerung. Wo ich schon mit jeder Runde schneller geworden bin. Die letzten beiden km wurden dann auch richtig anstrengend, aber ich konnte das Tempo halten. Mein Sohn wartete schon beim letzten km und wir trabten Seite an Seite zum Ziel. An Endspurt war nicht mehr zu denken, Batterie leer. Meine Zeit war besser als ich erwartet hatte. Der 119. Platz natürlich wieder ferner liefen. Aber darauf kommt es einem Marathoni, der nur gegen sich selber läuft, ja nicht an. Ein paar Minuten später kam auch mein Holländer. Wir schüttelten uns die Hände. Wenigstens einer, der hier keine Feinde außer sich selber hatte. Zum Glück gab es einen Tee in Trinktemperatur, der dann auch richtig gut tat. Drei große Becher passten anstandslos rein. Der Urkundendruck erfolgte sogar schon. Als nur kurz etwas Trockenes angezogen, denn Duschen gab es eh nicht, und die Urkunde abgeholt.
Fazit: ein toller, unkomplizierter Lauf. Wir kommen wieder.
PB 2006: M 3:30:33, HM 1:43:03, 10 KM 44:03


09.05.2010 Maratona del Custoza 04:01:38
06.06.2010 Schlössermarahton Potsdam 04:10:28
26.09.2010 Berlin Marathon

Kein existentieller Trübsinn, der nicht von einer veritablen Katastrophe im Handumdrehen geheilt würde. Michael Klonovsky

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Hi, super Bericht, haste auch die Serie gemacht?

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Hallo foto,

habe ich nicht, ist aber für dieses Jahr schon einen Gedanken wert. Das peppt die Vorbereitung für nächstes Jahr doch etwas auf. Hast Du die Serie schon mal gemacht?

Gruß

Peter
PB 2006: M 3:30:33, HM 1:43:03, 10 KM 44:03


09.05.2010 Maratona del Custoza 04:01:38
06.06.2010 Schlössermarahton Potsdam 04:10:28
26.09.2010 Berlin Marathon

Kein existentieller Trübsinn, der nicht von einer veritablen Katastrophe im Handumdrehen geheilt würde. Michael Klonovsky

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aber ja, ofter...
Alleine schon wegen 3 ,-€ HM Startgebühr...
Nee wirkich ist schön zu laufen, seid neuestem ja mit HM.
die 3 er schon gaaanz oft. :)

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Das man sich mit seinen unmittelbaren Mitkonkurrenten nach dem WK die Hand schuettelt, halte ich fuer ganz normalen Anstand. Die grossen City-Events sind hier kein Masstab, die gibt es erst seit wenigen Jahren und viele Teilnehmer sind Event-Jaeger. Was Du bei dem kleinen WK beschreibst, erscheint mir persoenlich als "ganz normal".
Ich liebe diese kleinen Veranstaltungen: Wer sich fuer teuer Geld bei Grossveranstaltungen von anderen Laeufern den Weg versperren lassen will, soll das gerne tun! ;)
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