Mein Röntgenlauf 2006 – Rückblick mit einem Tag Abstand
Uiuiui, das war was! Ich glaube, gestern habe ich den Schamanen am Wegesrand stehen sehen!
Aber mal von vorn:
Nachdem ich eigentlich recht gut geschlafen habe, klingelt mich mein Funk(!)wecker um halb fünf aus den Federn. Blöderweise halb fünf Sommerzeit! Als ich das realisiert hatte, war ich blöderweise bereits hellwach. So hatte ich von 3:30 bis um fünf prima Zeit mich mental auf's Frühstücken einzustellen. Dann dreieinhalb Stunden vorm Start Frühstück, um mit ungestreßtem Magen zu starten. Hat sich irgenwie nicht ausbezahlt.
Um 7 in Hackenberg angekommen, in der Halle dann festgestellt, daß meine Nervosität vor Starts mit der Zahl der Wettkämpfe keinesfalls nachläßt. Also x-mal überprüft, ob ich alles dabei hatte, dann um halb zum Fori-Treffpunkt, bißchen geplaudert und mit der Frage im Geiste, wie sich denn das Wetter entwickeln würde ne Halbe Ewigkeit zum Klo angestanden und dabei mich blöderweise entschieden mit kurzarmligen schwarzen Shirt zu laufen. Welch ein blöder Anfängerfehler!
So stand ich also zu warm angezogen an der Startlinie und freute mich, daß es recht pünktlich losging. Bin mit der mir bewährten Strategie gelaufen: langsam bergauf (besonders die erste dreiviertel Stunde) und bergab meine Beinlänge ausnutzend rollen lassen. Mein Ziel für den Ultra war es unter fünf Stunden zu bleiben. Platzierung war mir eigentlich egal. So sah ich mir ganz ruhig an, wie mir die Konkurrenz vom Start weg völlig aus den Augen lief. Richtung km10 lief ich so langsam wieder auf, um dann irgenwo auf den Gefällstrecken zwischen 10 und 20 gefragt zu werden, ob ich mich mit Spinat gestärkt hätte. Ich mußte irgenwie recht viele überholt haben, weil so bei km 25 sagte mir ein Radfahrer ich läge irgenwo auf Platz 3 oder 4 (Für jemanden, dessen höchste Auszeichnung bei einem Lauf ein Badehandtuch für den 2. AK-Platz eines 5km Waldlaufs war, ein komisches Gefühl).
So lief ich nach 1:33:59 durch's Halbmarathonziel und fühlte mich recht gut im Plan. Mein Puls war ziemlich im Bereich vom Vorjahr, die Beine fühlten sich ok an. Mir war nur inzwischen dank des eigentlich erst für den Nachmittag angekündigten sonnigen Wetters viel zu warm und ich schwitzte ganz gescheit. Zu diesem Zeitpunkt machte mich ein ziemlich häufiges schaumiges Aufstoßen auch noch nicht nachdenklich, ganz im Gegenteil: Bei km 15 habe ich mir eine Flasche Energydrink+Wasser reichen lassen und so bei 25 und 30 hab ich jeweils ein Gel verdrückt. Blöderweise hab ich's mit zuwenig Wasser gespült – Beim zweiten Gel gab's leichte Konfusion an der Verpflegungsstelle und ich bekam nur ein µ Wasser gereicht. Da ich Verpflegungsstellen immer im vollen Tempo nehme, wollte ich auch nicht stehenbleiben, bzw. in diesem Fall nochmals zurücklaufen. Ich Idiot!!!
Etwa zwischen 30 und 35 Kilometern registrierte ich dann, das irgenwas in meinem Körper mächtig falsch lief. Mir war immer noch sehr warm, mein Mund wurde langsam trocken und mein Magen fühlte sich irgenwie nicht richtig an. Ich hatte keine schweren Beine, aber ich das Gefühl, als müßte ich bald mit fettem Krampf irgenwo in Unter- oder Oberschenkeln stehenbleiben. Dem fliegenden Spaghettimonster sei Dank, blieb es nur bei dem krampfigen Gefühl und ich konnte bis zum Marathonziel das Tempo ganz gut halten. Bin zwar irgendwo bei km39 noch vom gestrigen Drittplatzierten überholt worden, ich lief dabei aber mein anhgestrebtes Tempo.
Hier das einzig (und garantiert das letzte) wirklich positive vom gestrigen Tag: Ich lief zehn Minuten nach dem Marathonsieger mit 3:13:20 durch den (Zwischen-)Zielbogen. Ich wollte bei 3:14 durchgehen, war also perfekt (2.HM 1:39:21). Jetzt nur noch eine 1:45. So war jedenfalls mein Plan.
Aber meinem Gehirn war langsam nicht mehr nach Planen zu Mute. Als ich in die Steigung zur Eschbachtalsperre, die ja wieder in die Steigung nach km45 mündet, melde sich mein Kreislauf so langsam ab. Ich wäre – ungelogen – die paar Stufen zur Talsperre beinahe, hätte ich mich nicht am Geländer festgehalten, rückärts wieder runtergefallen. Irgendwie habe ich noch ein 5:20er Tempo von km40-45 aufrechterhalten können; von 45 bis 50 noch 6:20er.
Das war dann das letzte Aufbäumen! Mit der 50er Markierung sagte ich mir: „Wenn du noch das Ziel sehen willst, läufst du heute keinen Meter mehr!“. Meine Zunge blieb wahlweise am Gaumen oder an der Oberlippe kleben; ich hatte keinen Tropfen Speichel mehr, ich konnte kaum geradeaus gehen, geschweige denn sehen. Zumindest ließ ich mir meine gute Laune nicht verderben. Ich war ja selbst schuld. Und da ich den Kram freiwillig und als Hobby mache, brauche ich mich nicht zu beschweren. Und 13km zu Wandern, sollte doch nicht das Problem sein. Ich wußte ja, daß selbst wenn ich mich 'ne halbe Stunde irgendwo auf 'ne Mauer setze dann weitergehe und mich nochmal ausruhe, es immer noch gereicht hätte. Außerdem finde ich, wenn man auf Risiko läuft und es nicht klappt, haben die dann Überholenden die Genugtuung verdient, einen leiden zu sehen. Sich verschämt zu verdrücken, das finde ich nicht gut. Weiterhin ist es dekadent und eine Herabwürdigung der Leistung der Läufer die trotz gut laufenden Rennens insgesamt länger brauchen. Solange ich nicht verletzt bin oder irgendwelche bleibenden Schäden zu erwarten habe steige ich nicht aus!
Na jedenfalls ging ich immer langsamer, sämtlich Radfahrer fragten mich ob ich Notfallhilfe bräuchte (Hier nochmals vielen Dank an die vielen Helfer) und ich beschloß, daß ich etwas unternehmen müsse: Ich hatte inzwischen das Gefühl, als hätte mir jemand einen Fausthieb in den Bauch versetzt. Also stehen geblieben, nach vorne gelehnt. Und dann kam dann das, was kommen mußte (Vorsicht Wortspiel). Und zwar nicht wenig davon und in Farben die ich niemals konsumiert hatte.
So ging es wieder besser und ich konnte weitergehen. Ab da hab ich mich dann vor jedem Verpflegungsstand leergereiert und wieder mit Cola nachgetankt. Ab etwa km 58 zwang ich mich dann dazu wenigstens wieder auf den flachen Passagen zu laufen. So folgten auf eine 59:38 eine 49:12 auf fünf Kilometer und nochmals 22:55 für den Rest.
Im Ziel hatte ich dann 6:15:11 auf dem Tacho und nach Überschlagung der Zu- und Abfuhr vor und nach dem Lauf wog ich auf dem Zielstrich etwa 6 Kilogramm weniger als an der Startlinie (und das obwohl der halbe Liter Cola von km60 drin blieb). So ein Halbmarathon in über 3 Stunden versaut einem irgenwie den Schnitt.
Meine Analyse ist ganz einfach:
Soweit war ich perfekt auf Kurs. Nur wenn der Magen keinen Nachschub an den Organismus liefert und man dabei verbraucht wie Sau, geht's vor die Hunde!
Aber trotzdem war's ein herrlicher Tag zum Laufen, die Stimmung war super (auch wenn ich zeitweilig ziemlich allein war und auch noch keine Zuschauer da waren), die Veranstaltung ist eine runde Sache.
Fazit:
Meine Vorbereitung lief so gut, sie sollte eigentlich einen guten Grundstock für einen gescheiten Frühjahrsmarathon liefern. Und der Röntgenlauf 2007 ist die deutsche Meisterschaft! Auf ein Neues!
gruß,
redcap
P.S.: Kleiner Wermutstropfen am Rande: Bei meiner Generalprobe zum Röntgenlauf, exakt zwei Wochen vorher, um mein Tempo für den Wettkampf auszuloten, lief ich die 1. HM-Strecke des Vorjahres und exakt die 2. HM-Strecke dieses Jahres als Trainingsmarathon nur mit jeweils einer Halbliterflasche Energydrink verdünnt mit Wasser. Dabei lief ich die erste Hälfte etwas über 3 Minuten langsamer als gestern, die zweite Hälfte war nahezu identisch zu gestern. Im Ziel hätte ich (anders als gestern!) noch prima weiterlaufen können. Irgendwie typisch, aber auch saublöde!!!
Mein Röntgenlauf 2006 – Rückblick mit einem Tag Abstand
1Marge: "Ich glaube, ich werde es mal versuchen."
Homer: "Versuchen ist der erste Schritt zum Versagen!"
Homer: "Versuchen ist der erste Schritt zum Versagen!"