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Rursee Marathon

Rursee Marathon

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Dieser Lauf ist mal einen längeren Bericht wert. Zumal ich mich schon im Vorfeld damit sehr schwer getan habe.
Ziel war es dieses Jahr noch einen dritten, meinen dritten, Marathon zu laufen. Viele Möglichkeiten wurden erwogen, aber aus terminlichen und auch Kostengründen lief es auf den Rursee Marathon hinaus. Dennoch habe ich bis einen Tag vor Meldeschluss gezögert. Einmal ist mein Trainingsgelände Brett eben, also habe ich nicht einmal Erfahrung mit hügeligen Gegenden, die Vorbereitung war auch suboptimal, da ich nicht so regelmäßig trainieren konnte wie erforderlich. Das war aber alles nicht wirklich entscheidend, da aufgrund des Geländes keine Bestzeiten zu erwarten waren und es auch nur ein Longjog und Genusslauf werden sollte. Als sich Mitte der Woche noch pünktlich ein Schnupfen einstelle wollte ich die Sache auch schon wieder abblasen. Mit Infektionen hat man nun mal ein erhöhtes Risiko. Aber der Experte meinte dann, solange man sich fit fühlt und kein Fieber hat kann man laufen. Also am Samstagabend mal die Temperatur geprüft und für gut befunden, da nur 0,2 Grad über dem Mittelwert. Am Sonntagmorgen dann nochmals geprüft und auch noch drunter gelegen. Also keine Ausrede mehr.

Um 07:30 Uhr sind wir dann losgefahren. Straßen und Autobahnen leer, der Himmel gräulich, leichter Wind und bei uns noch 10 Grad. Früher als erwartet trafen wir um 09:00 Uhr ein und mussten aber schon im Grünstreifen parken. Der Start, Ziel und Organisationsbereich war nicht zu übersehen. Hier wehte zwar nur ein leichter Wind, der uns aber direkt frösteln ließ. Aber noch 1,5 h fahrt zieht es uns doch erstmal auf die Toilette. Zur Verfügung stand nur ein Toilettenwagen, der dann auch noch 30 Cent kosten sollte. Wie das Ding die mehreren hundert Menschen bewältigen sollte schien uns schleierhaft. Auch der Duschcontainer war eher für zwei Fußballmannschaften dimensioniert, weshalb ich den Gedanken direkt aufgab, nach dem Lauf hier einkehren zu können.

Bei der Anmeldung ging es flott und man bekam auch direkt sein Shirt. In weinrot schon ein bisschen individuell, macht aber sonst einen ordentlichen Eindruck. Der Praxistest steht aber noch aus.
Das Gewühle im Zelt wurde immer heftiger und ich gab den Gedanken auf, noch die anderen Fories zu treffen. Selbst bei einer so kleinen Veranstaltung läuft da ohne konkreten Ort und Zeitpunkt gar nichts. Also wieder was für die Zukunft gelernt.
Ein Manko war auch, dass es für die Betreuer außer der Streckenkarte nichts gab. Diese nutze nämlich nicht viel, da die Zufahrtsstraßen fast alle nicht drauf waren. Ortskundige hatten an diesem Tag auch noch seltenheitswert. So musste sich meine Frau notgedrungen selber durchschlagen.

Der Startschuss fiel pünktlich um 10:30. Bei immerhin 9 Grad, die uns auch über die ganze Strecke erhalten blieben. Konsens gab es bei der Bekleidung mal wieder nicht. Von kurzer Hose mit T-Shirt bis dicker Trainingsjacke mit Mütze und Handschuhen war alles dabei. Selber hatte ich mich für lange Hose, langes Laufshirt, Stirnband und Laufhandschuhe entschieden.
Am Anfang ging es wie immer recht zügig los, da wohl auch alle schnell warm werden wollten. Die Strecke mit leichter Steigung problemlos. An den etwas schlammigen Stellen kam es dann zu gymnastischen Einlagen, weil alle versuchten auf die wenigen trockenen Stellen zu treten. Die ersten 6,5 km gingen so flott über die Bühne bis wir an den Aufstieg zur Staumauer kamen, die sich hier aber noch hinter der Felswand verbarg. Schon war nur noch Gänsemarsch im Schritttempo angesagt. Also nicht Stau sondern zähfließender Verkehr. Mir wurde schon leicht mulmig, weil auf der Streckenkarte diverse Steigungen angegeben waren. Wenn die alle von diesem Kaliber waren, dann Prost-Mahlzeit. Oben ging es dann aber über ein Treppchen herunter auf die Staumauer. Bei Sonnenschein sicherlich ein toller Ausblick, nur jetzt zerrte der Wind an den Startnummern. Der Blick litt auch deutlich unter dem tiefen Wasserstand des Sees. Ein breiter Streifen blanken Felsens zog sich an den Ufern entlang.
Am Ende der Staumauer dann die erste Versorgungsstation. Wegen der Temperatur nahm ich mir einen Tee, da ich meinen Magen nicht mit kaltem Wasser quälen wollte. Der warme Tee tat gut, aber der Verstoß gegen das Prinzip, tue nichts im Wettkampf, was du vorher nicht probiert hast rächte sich später. Bei dem Tee handelte es sich um so einen löslichen Zitronentee, der wohl doch sauerer ist als vermutet und meinen Magen später übel quälte.
Dann ging es weiter am Ufer lang und die nächste angesagte Steigung über 800 m ließ sich doch locker laufen. Auf diesem Abschnitt sprach ich auch mit einer Läuferin, die schon mehrere HM gelaufen war und hier jetzt ihr Marathondebüt feierte. Sie sah zwar kernig aus und zog mir auch an den Steigungen davon, schien mir aber deutlich zu schnell und ich befürchte, dass sie dem Hammermann begegnet ist.
Mitten im Wald betrieb das THW eine Versorgungsstations und an dieser Stelle muss man den Damen und Herren dieser Organisation auch die ihnen gebührende Anerkennung aussprechen. Mit ihrem Engagement vom Betrieb der Stationen bis hin zu Verkehrsregelung haben sie sehr viel zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen.
Bei km 18 wartete dann schon die gute Fee in Form meiner Frau auf mich. Endlich gab es meinen eigenen Tee. Grün, mit etwas Zucker und einer Prise Salz. Damit habe ich dann auch mein erstes Gel runtergespült. Bis zur Kuppe von Steigung Nr. 3 ist sie dann auch noch mitgelaufen. Bei ihr habe ich dann auch das Stirnband, die Handschuhe und meine Brille gelassen. Bei der folgenden Versorgungsstation, die ich überlaufen konnte, hatte sie geparkt und so trennten sich unsere Wege wieder. Hier ging es auch über die nächste Staumauer, an deren Ende dann mal ein paar Zuschauer standen. Ansonsten gab es nur Zuspruch von Spaziergängern, die auf der Strecke unterwegs waren. Aber nicht alle waren Rücksichtsvoll und die Biker schon gar nicht. Da bogen wir dann wieder auf den Uferweg ein. Wir ist gut, denn ich lief mittlerweile alleine. Das Starterfeld war ja ziemlich klein, die Strecke aber aus unerfindlichen Gründen dafür nur kürzer. Also zog sich das Ganze schon weit auseinander. An manchen Stellen sah man weder vor noch hinter sich jemanden.
Bei km 21 lag ich mit 1:55 h eigentlich gut in der Zeit. Etwas schneller als geplant, aber nicht zu schnell. In diesem Abschnitt wurde es dann gähnend langweilig. Der See schmutzig grau, im Uferbereich nur blanker Fels, die Bäume hier schon spätherbstlich trist. Nix mehr mit goldenem Oktober. Dazu die Schleifen in jedes Tal rein. Es erschien endlos.
Etwa bei km 26 wieder eine Steigung. Nur 100 m sagt die Karte. Oben sah man schon einen LKW vom THW mit einer zusätzlichen Getränkestation. Die Steigung wurde immer steiler und die letzten 20 m musste ich gehen. Oben angekommen fiel zum ersten Mal das Antraben etwas schwerer. Den Berg wieder runter stolperte ich auf dem felsigen Untergrund könnte mich aber noch auffangen. Ob ich wieder aufgestanden und weitergelaufen wäre ist nicht sicher, aber es war ja noch mal gut gegangen.
Meine Kleidung war mittlerweile klatschnass, was aber auch etwas gegen den Wind schützte, der sich zwar selten, dann aber unangenehm bemerkbar machte. Die mit den kurzen Sachen sahen auch nicht trockener aus, so dass ich mit meiner Wahl zufrieden war. Kurz und nass wäre glaube ich schlimmer.
Den Versorgungspunkt bei km 29 hörte man schon von weiten. Endlich mal eine Abwechselung. Dort hatten sie dicke Boxen aufgebaut und beschallten das ganze Tal. Die Musik begleitete mich bis zur nächsten Biegung. Die folgende Steigung war zwar wieder lang, aber im Laufschritt zu meistern. Dann ging es mal in eine Ortschaft. Woffelsbach! Nicht viele Zuschauer, diese aber dafür sehr freundlich. Schon beim Abstieg sah ich meine gute Fee von weitem. Also noch einen warmen Tee und das Colagel. Wichtiger ist aber das warme Getränk. Die Steigung im Ort ging ich wieder, um den Tee nicht zu verschlabbern. Oben ging es dann an der Landstraße lang auf der mich meine gute Fee dann fröhlich hupend überholte. Als es wieder Richtung See ging hockt dort der übliche Fotograf. Ich fühle mich wieder ganz gut und kann sogar in die Kamera lächeln und winken.
In Rurberg dann wieder eine Getränkestation bei der ich zum ersten Mal zu Cola griff, diese dann aber mit Wasser mischte. Das puschte etwas und ich konnte mal wieder etwas flotter werden. Es ging am See lang und in einiger Entfernung war auch schon das nächste Wehr zu sehen. Aber selbst als ich dort ankam, konnte ich nicht erkennen, wo es denn weiter geht. Links, rechts oder geradeaus? Nirgendwo waren Läufer zu erkennen. Kurz vor dem Ende des Wehres sah ich es dann. Es ging schräg den Berg hoch. Wie angekündigt fängt die Steigung genau bei km 37 an. Oben gingen die anderen schon und ich versuchte gar nicht erst auch nur die ersten Meter noch zu laufen. Hinter mir war man glaube ich froh, dass ich direkt in Schritt fiel. 500m sollen es sein und die sind hart. Mein Puls stieg und stieg, obwohl ich sogar langsamer ging. Die Atmung war auch nicht mehr zu kontrollieren, ich schnaufte ganz ordentlich. Oben stand ein Trupp vom DRK und THW und ich hörte noch wie jemand sagt: Nicht viele. Anscheinend hatte einer der Läufer gefragt, ob denn schon jemand da rauf gelaufen ist. Die ersten hundert Meter ging ich noch, bis sich der Puls wieder beruhigt hatte und fiel wieder in einen langsamen Trab. Ab diesem Punkt bestehe ich nur noch aus kalt und meine Gedanken kreisten um trockene Kleindung und heißes Bad. Jetzt ging es wieder zügig bergab hinunter zum Ufer. Teilweise wieder über felsige Kraxelpfade, auf denen Laufen kaum möglich ist. Km 40, das Ende nahte, aber schon wieder zu früh gefreut, bei km 41 nochmals eine 200 m Steigung. Die Kräfte sind verbraucht, ich muss gehen. Auf der anderen Uferseite war schon das Ziel zu erkennen. Also noch mal zusammen reißen und locker trabend und möglichst lächelnd über die Brücke in den Zielkanal. Meine Fee winkte dort auch schon, über das Geländer hängend und schoss ein paar Bilder. Dann war ich da und diesmal echt erschöpft, so dass ich mich sogar setzen musste. Mein Körper wollte nicht mehr. Kreislauf am Ende. Die Zeit 4:15:40. Mit 4:15 hatte ich eigentlich kalkuliert, dass es aber so hart wird hatte ich nicht erwartet.

Prolog
Vermutlich wegen dieses Zitronentees konnte ich die nächsten Stunden nichts essen. Das war insofern nachteilig, als ich nicht genug Energie nachführen konnte und bis zum Abendessen ziemlich elend gefroren habe.

Fazit
Bei sonnigem Wetter hat dieser Lauf sicherlich seinen Reiz. Geeignet ist er sicher für die lokale Bergziegenfraktion, Läufer, die regelmäßig Steigungen trainieren können und Flachlandtiroler, die einmal ihre Leistungsgrenzen erreichen wollen. Auf mich trifft keine dieser Kriterien zu, weshalb ich nicht mehr dort starten werde. Die Landschaft hat aber ihren Reiz, weshalb wir sicherlich im Sommer einmal dorthin fahren werden, um die Natur dort zu genießen. Ansonsten lobe ich mir den MüMa, wo ich nach dem Lauf zwar angestrengt aber nicht kaputt war und in der Sonne trocknen konnte.

Peter
PB 2006: M 3:30:33, HM 1:43:03, 10 KM 44:03


09.05.2010 Maratona del Custoza 04:01:38
06.06.2010 Schlössermarahton Potsdam 04:10:28
26.09.2010 Berlin Marathon

Kein existentieller Trübsinn, der nicht von einer veritablen Katastrophe im Handumdrehen geheilt würde. Michael Klonovsky

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Auch wenn es eine ziemliche Quälerei war oder gerade deshalb - Gratulation. Bei schönem Wetter und einfacher Strecke kann jeder laufen.

Jörg
Neue Laufabenteuer im Blog

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Tachschen...

kurzer Bericht von mir:

Bin mit nem Vereinkameraden locker losgelaufen, mehr als 55 Minuten für die ersten 10km, sind dann etwas schneller geworden, bei 1:53 am Halbmarathon durch (kurz vorher müssen wird irgendwo Rückenwind überholt haben). Leider bekam mein Mitläufer in den Anstiegen Knieschmerzen. so dass wir ab km 28 alle Anstiege gegangen sind. Im Ziel war ich dann knapp unter 3:50h.

Das Wichtigste: Es hat Spass gemacht, ich musste an keiner Stelle leiden und habe heute nur ein ganz leichtes "Zwicken" in den Beinen. Ein Marathon geht also immer
:P

Ingo

PS: Meine Vorbereitung für diesen Marathon begann letzen Sonntag um 10 Uhr und war letzten Sonntag um 12:40 Uhr zuende. Ein 30er muss reichen.
:teufel:

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Hallo Peter,

schön, Deinen Bericht gelesen zu haben! Und die Zeit ist doch für dieses Höhenprofil nicht zu verachten!!!

Hacke es einfach als "neue Erfahrung" mit dem Kapitel Marathon ab! Wir hören uns.
It takes both sunshine and rain to make a rainbow.

Grüße von Monika

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Hallo Rückenwind,

Deinen Bericht habe ich gern gelesen, denn so konnte ich die Strecke noch einmal Revue passieren lassen.
Die Zeit ist ordenlich für so einen anspruchsvollen Lauf mit Kraxel-Einlagen und dafür, dass du im Flachen trainierst.
Das mit der Toilette hat mich auch extrem gestört (wir brauchten aber keine 30 Cent zu bezahlen, da die Herrentoiletten mittlerweile verstopft waren) und ich habe mich gar nicht mehr getraut, vor dem Lauf (16,5 KM) noch zu trinken.
Aber die Strecke fand` ich schön und da wir ab KM 11,5 nur noch die Marathon-KM angezeigt bekamen, kann ich sogar behaupten, dass mir ab KM 39 die Beine schwer wurden :D

Regenerier` gut und vieleicht doch nächstes Jahr wieder?
Bifi
Was man nicht im Kopf hat,
muss man in den Beinen haben :D

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Danke für die Glückwünsche und das Lob. Tut auch in meinem Alter noch gut. :D

Aber ich denke mal Schuster bleib bei Deinen Leisten. Aber wie es so schön heißt: sag niemals nie.

Nächstes Jahr wollte ich aber in diesem Zeitraum mal nach Monaco. Ein Blick über die Grenzen kann ja nicht schaden. :teufel:

Vom Termin und als Vorbereitung kommt dann aber eher Monschau in Frage.

Peter
PB 2006: M 3:30:33, HM 1:43:03, 10 KM 44:03


09.05.2010 Maratona del Custoza 04:01:38
06.06.2010 Schlössermarahton Potsdam 04:10:28
26.09.2010 Berlin Marathon

Kein existentieller Trübsinn, der nicht von einer veritablen Katastrophe im Handumdrehen geheilt würde. Michael Klonovsky

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Hi Rückenwind.

ich bin selber vor zwei Jahren hier gelaufen, und habe grade, beim Lesen, den Lauf noch mal nachvollzogen: ging mir ganz änlich wie Dir (nur war das Wetter besser!)

Danke für den schönen Bericht!
Gesperrt

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