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Halbmarathon Griesheim - Sonne, Hitze und ein überraschend gutes Rennen

Halbmarathon Griesheim - Sonne, Hitze und ein überraschend gutes Rennen

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Starte ich oder starte ich nicht? Eine Frage, die mich die ganze letzte Woche immer wieder beschäftigt. Drei Wochen vor dem Marathon war dieser auf einer absolut flachen Strecke ausgetragene Halbmarathon als Testwettkampf zunächst fest eingeplant, dann aber verspürte ich nach meinem letzten langen Lauf (34 km) vor zwei Wochen heftige Schmerzen am linken Schienbein - vermutlich als Folge der Trainingsumfangssteigerung - und musste in der Osterwoche erst einmal vier Tage völlig pausieren. Ich befürchtete schon, dass nicht nur der Halbmarathon in Griesheim sonder auch der Mainz-Marathon ohne mich stattfinden müssen.

Am Karfreitag und Ostersonntag dann zwei vorsichtige aber keineswegs schmerzfreie Läufe (11 km und 14 km) - zum größten Teil auf dem Vorfuß gelaufen, um das Schienbein zu entlasten - brachten zwar zumindest noch 25 Wochenkilometer (normal sind derzeit 80-105 km in 4-5 Trainingseinheiten) aber zu allem Überfluss auch noch einen Muskelkater in den Waden. In der vergangenen Woche konnte ich dann doch - dank Gymnastik, Kippelbrettübungen und Wobenzym - eigentlich schon wieder voll trainieren. Voll hieß in diesem Fall fünf Einheiten (rd. 70 km), darunter zwar kein langer Lauf aber ein Tempodauerlauf am Dienstag (ca. 10,8 km in 44 min) und zudem am Freitag abend noch ein Fahrtspiel (10 km mit KM-Abschnitten zwischen 4:50 und 3:40) auf der Tartanbahn als zweite Tempoeinheit.

Samstagnachmittag dann noch die gewohnte Lauftreffrunde (knapp 14 km mit 300 HM, die es gleich auf den ersten 4 km zu überwinden gilt), zwar langsam gelaufen (1:11), aber optimale Regeneration und Tapering vor einem Wettkampf sehen doch in den bekannten Trainingsplänen etwas anders aus als Tempo- und Berglauf an den beiden Tagen zuvor.

Am Sonntagmorgen bin ich schon gegen 8:30 Uhr in Griesheim. Das Nachmelden dauert jedoch nur wenige Minuten. Die großen Schlangen sind bei den Voranmeldern, an der T-Shirt-Ausgabe und wie immer vor den Toiletten. Bei der Schuhwahl hatte ich mich gegen die neuen Lightweights entschieden. Mit den ebenfalls fast neuen Mizuno Inspire sollte ich auch in Sachen Schienbeinprobleme eher auf der sicheren Seite sein.

Um 10 Uhr ist sowohl Start für den 10 KM-Lauf als auch für den HM, so dass über 1.000 Läufer gleichzeitig starten werden. Ich will mich diesmal ausgiebig ein- und auslaufen, da der HM einen langen Lauf ersetzen soll und muss. Nach 20 Minuten ruhigem Einlaufen gelang ich über eine Seitenstraße in den vorderen Bereich der Startaufstellung. Kurz vor mir stehen schon der 1:25 und der 40 Minuten-Zugläufer mit ihren Luftballons. Nein, an die will ich mich doch eigentlich gar nicht orientieren, aber der 1:30-er steht wohl irgendwo hinter mir.

Wenige Sekunden nach dem Startschuss überquere ich die Startlinie. Das Anfangstempo ist flott, aber angenehm. Die Zugläufer sind vielleicht 20 m vor mir. KM 1 in 4:00 ("Ui, so schnell will ich doch eigentlich gar nicht laufen", aber ich habe das Gefühl, es passt. KM 2 (3:57), und KM 3 (3:53) vielleicht etwas zu schnell aber damit habe ich die beiden Zugläufer erreicht und laufe jetzt im Pulk.

5 KM-Zwischenzeit 19:55, bei KM 5,5 die erste Wasserstelle. Ich halte mich ganz rechts, greife mir einen Becher, plötzlich langt aus der dritten Reihe im vollen Lauf ein Läufer zu den Wasserbechern und schlägt mir dabei meinen Becher, bevor ich auch nur einen Schluck trinken kann, aus der Hand. "Mist, kein Wasser" und dass bei jetzt schon über 20 Grad im Schatten, aber wir laufen fast pausenlos in der prallen Sonne. Der Rüpel entschuldigt sich zwar, bietet mir die Hälfte seines Bechers an, aber ich lehne dankend ab. Ich beschließe, damit es mir an der zweiten Wasserstelle (KM 9,5) nicht wieder so ergeht, mich einfach etwas nach vorne von der Gruppe mit den beiden Zugläufern abzusetzen. Es läuft weiter sehr rund: " Mensch die ersten 10 unter 40 das wäre doch was!" Und es klappt (39:51) und noch immer alles im grünen Bereich. Neues Zwischenziel setzen: 15 KM unter 1:00. Auch das schaffe ich noch so gerade (59:57) und KM 16 bleibt mit 4:02 noch überraschend schnell. Jetzt aber wird es immer schwieriger, das Tempo zu halten. Liegt es an der ungewohnten Wärme oder am fehlenden Tapering? KM 17 in 4:09, KM 18 in 4:14. Ich verliere also nun doch etwa 10-15 Sekunden je Kilometer gegenüber dem bis KM 16 gelaufenen Schnitt. Der 1:25 Pacemaker überholt mich, er hat jetzt nur noch einen einzigen Läufer im Schlepptau. Waren die anderen alle 10 km-Läufer oder haben schon alle schlapp gemacht? "Häng' Dich rein" ruft er mir zu und ich versuche es, doch nach einigen hundert Metern muss ich etwas abreißen lassen. Zu allem Überfluss gibt es jetzt neben der Hitze und der Sonne kräftigen Gegenwind, der kühlt zwar etwas aber darauf würde ich jetzt liebend gerne verzichten. Ich muss kämpfen, beschließe aber nicht alles zu geben sondern nur einigermaßen das Tempo zu halten. KM 19 wird der langsamste KM mit 4:16, die letzten beiden je 4:12. Und dann sehe ich auch schon die Zieluhr vor mir, 1:25:XX. Ich laufe ohne Endspurt durchs Ziel und drücke meine Stoppuhr 1:25:28 (netto). Ich bin zwar etwas erschöpft aber ich fühle mich kurz nach der Zielüberquerung so gut wie noch nie nach einem Halbmarathon. Ich habe keine Schmerzen im Schienbein beim Laufen gespürt - am Abend beim Dehnen dann doch ein wenig, aber halb so schlimm - bin trotz Wärme und Sonne und ganz ohne Tapering nur 43 Sekunden über meiner vor 4,5 Jahre ebenfalls in Griesheim gelaufenen PB geblieben.

Im Zielbereich gibt es ein großes Zelt mit Massage- und Verpflegungsständen. Ich trinke einen Becher nach dem anderen (auch einen Becher RedBull - igittigitt) und laufe dann nach einer halben Stunde Pause noch zwanzig Minuten aus. Danach noch einmal ins Zelt und wieder trinken ein bisschen Small-Talk mit dem 1:25-Pacemaker - der nächste Woche die 10 km unter 30 Minuten laufen möchte und für den die 1:25:XX ein lockerer bis mittlere Dauerlauf waren - und dann gehts heim. Die Siegerehrung mit großer Tombola (u.a. wird eine Reise zum New York-Marathon verlost) in der nahegelegenen Turnhalle muss ohne mich stattfinden, bei knapp 30 Grad im Schatten, setzte ich mich lieber zuhause in den Garten und entspanne dort. Ich muss ja auch nicht nach New York und mein Ticket für Mainz habe ich schon. Am Abend ein Blick in die Siegerliste: Platz 29 (Platz 8. in der M 40) von über 600 Finishern, nur knapp 5 Minuten hinter Profi-Triathlet Kai Hundertmarck (Platz 20 in 1:20:38) ins Ziel. Der ehemalige Radprofi hat ebenso wie der Griesheimer Top-Triathlet (olympische Distanz) Sebastian Dehmer (Platz 2 in 1:11:00) sein persönliches Zeitziel nicht ganz erreicht. Für mich hingegen bleibt Griesheim ein gutes Pflaster. Jetzt kann Mainz kommen!

Andreas

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Herzlichen Glückwunsch und vollen Respekt für die Leistung aus dem Training heraus, bei den Temperaturen und der Schienenbeingeschichte vorab! :daumen:

Schade, wäre gern in Griesheim dabei gewesen, aber ging terminlich nicht. Vielleicht laufen wir uns ja in Mainz über den Weg.
Gruß Thomas
PBs: 5km: 19:03 - 5,6km: 21:25 - 10km: 41:25 - HM: 1:26:39 - M: 3:11:15 - 50km: 4:09:09
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