ich schaue im Moment wie ein Streifenhörnchen aus. Mein Kopf glüht und ich wünschte, ich hätte ein Haus mit Fahrstuhl.
Was ist passiert?
Heute war der große Lauf in Würzburg.
Doch zunächst zur Vorgeschichte:
Vor drei Wochen
war ein 10 km Wettkampf in meinem Dorf (PB 50:xx). Direkt anschließend habe ich mich noch über weiter 20 km gequält. (30 km standen halt im Trainingsplan!)
Vor zwei Wochen
kam der 10 km Residenzlauf. Da war ich dann 2 Minuten langsamer, mehr ging leider nicht.
Danach gings mir aber ziemlich übel. (Schwindel, Müdigkeit --> Absolute Laufpause war angesagt!)
Vor zwei Tagen
Erst am Freitag gings mir dann so einigermaßen gut.
Vorbereitung
Nach dieser verkorksten Vorbereitung (nur einen 30 km Lauf) wollte ich schon ganz auf den Marathon verzichten. Na ja, bin dann halt doch mal hingegangen. Hab meine Zeitziel von 4:15 auf einfach nur Ankommen verschoben.
Schnell noch die Brustwarzen abgeglebt und ne halbe Tube Hirschtalg zwischen die Beine. Trinkgurt mit zwei kleinen Fläschen Hammergel
gefüllt. (Außerdem etwas Salz und zwei Zahnkaugummis wegen den süßen Kohlenhydraten.) Auch die Sonnencreme habe ich nicht vergessen.Der Marathon
Eigentlich fühlte ich mich ganz wohl. Im Hinterkopf hatte ich dann schon wieder sub 4:30 als Traumziel für heute.
1. km
Bin gaaaanz langsam losgelaufen. (6 min/km). Upps, mit der Zeit werdens ja sub 4:15 (
)2. bis 5. km
Na ja, es lebe die Vernunft. Bin dann doch noch ein bißchen langsamer gelaufen und dabei fast eingeschlafen.
Doch dann der Schock. Plötzlich hatte ich drei Luftballons im Gesicht. Der Bremsläufer mit seinen laschen 4:29 hat aufgeschlossen. Hinter ihm gleich mindestens 50 Läufer.
5. bis 17. km
Oh je, schnell weiter. Zum Glück war aber eine "schnelle" Läuferin vor mir, die einen nach dem anderen überholte. Tolle Idee! Bin dann gleich meinem "Hasen" hinterhergelaufen. Für alle, die jetzt das Schimpfen anfangen: Wir haben uns immer schön brav mit der Führungsarbeit abgewechselt. Das hat Spaß gemacht.
17. km
Jetzt wurde mir mein Hase dann doch etwas zu schnell. Außerdem musste er (bzw. sie) nur noch 4 km laufen und ich dagegen noch 25 km.
Au Mann, was bin ich blöd.
(Spaß gemacht hats trotzdem. 
)17. bis 18. km
Irgendwie bin ich voll in ein Loch gefallen. Soll ich nach einer Runde (Halbmarathon) nicht doch schon aufhören? Meinen Beinen gings gut. Aber die Hitze (24°C im Schatten) in der Sonne, das ecklige Hammergel
und diese völlig idiotische Überholerei! Leute, ich war ganz schön fertig, und nicht mal die Hälfte geschafft. Au, bin ich ein Weichei.Der Kenianer
Doch dann der entscheidende Moment. Vor mir war ein Kenianer und der war völlig fertig. Mit geschmeidigen Schritten bin ich an ihm vorbeigelaufen und fühlte mich plötzlich ganz großartig. Na ja, vielleicht wars auch ein Deutscher mit kenianischer Hautfarbe. Auf jeden Fall war er nicht besonders gut trainiert.
18. km
In Wirklichkeit gings mir immernoch ziemlich elendig und der Typ hat mir einfach nur leid getan.
Dann der nächste Schock. Der 4:29 Zugläuferluftballonmensch hat mich eingeholt. Natürlich habe ich versucht an ihm dran zu bleiben. Das ging knapp 500 Meter gut, dann ließ ich ihn ziehen. Seine Gruppe bestand übrigens nur noch aus knapp 10 Leutchen.
So ein Mist, was wird denn das für eine Zeit. Nach 5:30 ist Zielschluss. Wie soll ich das nur schaffen? Doch aufhören? Leute, mir gings schlecht.
Der zweite Kenianer
150 m vorm Ziel hat mich dann der Sieger überholt, ein Wahnsinnstempo. Er lief also doppelt so schnell wie ich. Unglaublich!
Und wenn ich nur einen Hauch schneller gewesen wäre, hätte ich mich aufs Siegerphoto draufschmuggeln können. Mist.
21. bis 27. km
Es war heiß, es war trostlos, ich war erbärmlich in Form. Auf die Uhr habe ich vor lauter Frust lieber gar nicht geschaut.
Dann ein wunderschöner Moment, der mir echt wieder Kraft und Mut gegeben hat. Meine Frau und meine süßen beiden Kinder (4 und 6 Jahre) standen auf der nun relativ leeren Strecke. Das tat gut. Ich hab sie dann beide an der Hand genommen und bin ca. 100 Meter mit ihnen gelaufen. Leider gibts von dieser Szene kein Photo.
27. bis 35. km
Mir wars inzwischen nicht mehr übel, aber meine Beine waren plötzlich so schwer. Irgendwie hats mir aber sogar Spaß gemacht mit diesen Schmerzen zu laufen.
35. bis 42,195. km
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!
Unglaublich, aber wahr. Die Schmerzen waren plötzlich weg, es lief wie geschmiert. Ich hatte Kraft und Energie. Etliche Läufer wurden überholt. Es war immernoch heiß, aber das störte mich nicht mehr.
So was nennt man wohl Runners High! Mir gings saugut. Das ständige Überholen motivierte mich noch weiter.
Und im Ziel dann noch ein kleiner Sprint. Wann ist der nächste Marathonlauf?
Geiiiiiiil!!!!!!!!!!!
42,195. bis 44,195 km
Im Ziel dann knapp unter 4:45
. Na ja, war doch ziemlich langsam. Egal. Mir gings prima. Aber ich hätte noch locker weiterlaufen können.Jeder Finisher hat dann noch eine schöne Medaille um den Hals bekommen.
Doch was ist das? Ich musste plötzlich total das Heulen anfangen
. Ich war so gerührt, dass ich mich gegen einen Zaun stütze. Ein besorgter Würzburger hat mich dann gleich gefragt, ob ich Hilfe bräuchte. So lob ich mir das, nettes Volk, diese hilfsbereiten Würzburger.Aber mir gings einfach gut.
Komisch, dass jetzt das langsame Gehen fast unerträglich wurde. Plötzlich schmerzten die Beine wieder und mein Auto war 2 km entfernt.
Eine hinkende Oma, ein Achtundneunzigjähriger und ein Faultier (Fachbegriff Ai) hätten mich auf diesen beiden Kilometern locker überholen können. (Zum Glück sind sie nicht erschienen.)
Ach ja, noch zum Thema Streifenhörnchen. Ich hatte ein Singlet an, und auf meinem Oberkörper wechseln sich mehrfach die Farben rot und weiß ab. Schaut echt beknackt aus.
Und das Treppensteigen ist kaum zu ertragen.
Trotzdem wars genial!!!!!!!!!!!!
Grüße
Bruno
