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Bericht zum Osterfelder Berglauf

Bericht zum Osterfelder Berglauf

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Ich habe eine besondere Affinität zur Alpspitze, Garmischs Wahrzeichen. Und auch zum darunter liegenden Osterfelder Kopf. Das Massiv hat mich schon immer fasziniert. Landschaftlich ein hochalpiner Traum, trotz der zahlreichen Wanderern und Spaziergängern, die sich schön bequemen mit der Gondel hoch karren lassen. Die letzten Jahre bin ich zum Osterfelder Kopf oft mit dem Mountainbike gefahren - eine harte und kraftraubende Angelegenheit - Steigungen bis zu 30% mit schottrigem Untergrund. Einmal sind wir auf dem Klettersteig zur Alpspitze von einem Gewitter überrascht worden - keine schöne Sache, wenn man im Eisen hängt und die Blitze blitzen und die Donner krachen.

Genug der Vorrede: dieses Jahr ist der Osterfelder Berglauf fällig. Zugleich mein erster hochapliner Berglauf mit 12km und 1.300 Hm. Zur Vorbereitung habe ich drei Wochen vorher meinen ersten Berglauf mit noch gemäßigten 700hm bestritten und ganz ordentlich abgeschnitten. Dann noch zwei lockere Trainingsbergläufe mit jeweils 700hm. Das wars. Da ich für die Wertung der Oberland Challenge "unbedingt" einen Tag vorher noch den Blomberglauf bestreiten und diesen volle Pulle laufen "muss", lege ich mir als Strategie zurecht, den Osterfelder einfach locker zu laufen. Man regeneriert ja angeblich nach Bergläufen so unglaublich schnell. Dabei sein ist also alles. Ich hoffe, dass diese Strategie aufgeht.

In der Früh wache ich kurz vor dem Wecker auf. So richtig vollständig konnte ich natürlich nicht regenerieren. Kein Wunder, der Blomberglauf war erst um 18:00 Uhr und sehr hart. Ich hatte alles gegeben. Egal, also aufstehen, ein dickes Müsli essen und ab ins Auto. In Garmisch angekommen, melde ich mich an, was erfreulicherweise bis kurz vor dem Start ohne Nachmeldegebühr möglich ist und gebe meinen Rucksack zum Gepäcktransport. Ich bekomme eine Tüte mit einer Liftkarte, einem T-Shirt, einen Aufkleber und sonstigem netten allerlei. Ich klebe den Aufkleber gleich stolz aufs Auto und fühle mich jetzt schon als harter Kerl. Kurz einlaufen. Die Muskulatur ist nicht gerade frisch, aber auch nicht übermäßig müde. Passt schon, ich will ja nur locker laufen. Ich reihe mich gegen Ende des erste Drittels ein, normalerweise stehe ich weiter vorne. Am Start gibt es noch ein paar aufmunternde und lustige Worte vom Organisator. Dann fällt der Startschuss. Merkwürdiger Berlauf, denn die ersten Meter geht es ja erst mal (kurz) bergab. Ich laufe betont locker und lasse mich von der Start Hektik nicht sonderlich anstecken. Nach einer kurzen Schleife führt uns zunächst eine breite Forstautobahn nach oben. Die Steigung ist noch moderat mit ca. 10%. Vor mir läuft einer mit einer riesigen Gürteltasche. Ob er darin seinen Überlebens-Biwack dabei hat? Oder eine Kletterausrüstung? Der Weg biegt nach zwei Kilometern auf einen schmalen Waldpfad und der Anstieg wird steiler. Der Mann mit der Gürteltasche bleibt stehen und zieht seinen Foto aus der Tasche. Ich lächle in die Kamera. Da ich sehr locker laufe, geht das ohne Mühen. Mir gefällt das Weglein richtig gut. Ich mag sowas. Den ersten Mitstreitern fällt der Waldpfad allerdings schon sichtlich schwer. Ich überhole eine keuchende Frau, die mich bei der Ismaninger Winterlaufserie noch kurz vor dem Ziel überholt hat. Dieses mal wird sie nicht vor mir im Ziel sein, wird aber in ihrer Alterklasse auf dem Treppchen stehen. Gratulation. Einige Mitstreiter verfallen bei den steileren Passagen in den Gehschritt. Ich probiere das auch aus und merke, dass das gut ist. Mein Vordermann kommt nämlich laufend auch nicht schneller voran. Also werde ich diese kraftsparende Technik noch öfters anwenden. Weitere Mitstreiter fangen schrecklich an zu keuchen. Auf den Seychellen konnte ich Riesenschildkröten bei der Paarung erleben. Sehr laut. Klingt ähnlich. Aber ich laufe ja locker und kann ich mit einem aufmunternden Spruch überholen. Beim ersten Getränkestand schnappe ich mir einen Wasserbecher und kippe ihn mir bis auf einen kleinen Schluck über den Kopf. Sehr erfrischend. Als das Kilometerschild die Hälfte an Höhen- und Kilometern anzeigt, wird der Weg schottrig. Mit längeren Steigungen über 20%. Es beginnt warm zu werden. Immer wenn es steiler wird, gehe ich in den Gehschritt über. Einige Mitstreiter scheinen nur noch im Gehschritt voran zu kommen. So kann ich weiter überholen. Beim zweiten Getränkestand nehme ich mir einen Becher Wasser, kurz bevor ich ihn mir über den Kopf kippe, stelle ich fest, dass dieser Tee enthält. Zu bap-süß, also kippe ich ihn weg. Ich komme in den Übergang zum hochalpinen Bereich. Die Bäume nehmen ab. Nur noch wenig Schatten. Da ich locker laufe, kann ich ein kleines Schwätzchen mit einem Mitläufer anfangen. Er outet sich als Flachlandläufer und fällt auch gleich zurück. In einem Flachstück kommt er noch einmal heran, fällt aber bei der nächsten Steigung gleich wieder zurück. Die letzten zwei Kilometer brechen nun an. In Zahlen bedeutet das 2km, 300hm, grobschottriger Untergrund und Steigungen grösser als 30%. An einem langgezogenen 30% Stück läuft keiner mehr. Alle sind im Gehschritt. Wie eine Karawane in der Steinwüste. Einige Wanderer feuern uns an, während andere uns wie Aliens anstarren. Ich überhole einen schiebenden Mountainbiker. Auch er kann hier nicht mehr fahren. Das Panorama ist gewaltig. Die Alpspitze mit ihren Steilwänden thront über uns. Die Luft wird dünner. Leider ist es nun auch vorbei mit der Lockerheit. Die steileren Passagen lege ich nur noch im Gehschritt zurück. Vor mir tänzelt ein Mitstreiter ohne in den Gehschritt zu verfallen. Gut für sein Ego, aber nicht effizient. Ich überhole ihn im Gehschritt. Beim Felsendurchbruch ist das Ziel zum greifen nah, aber bis dahin sind noch einige mühselige Serpentinen zurückzulegen. Vorher geht es sogar noch kurz bergab. Gerne würde ich bergab schneller laufen. Geht aber nicht gefahrlos, bei dem schottrigen Untergrund. Also laufe ich gemäßigt. Ich schließe mich einer Vierergruppe an. Sie wird von einem älteren Mann angeführt, der sich komplett im Gehschritt vorwärts bewegt und später Sieger in der AK65 sein wird. Wahnsinn. Ein Läufer aus der Gruppe setzt sich ab. Er stöhnt dabei so laut, dass ich hoffe, dass er keinen Steinschlag auslöst. Ich hefte mich ihm an die Fersen. Ich laufe inzwischen alles andere als locker, kann aber noch einmal meine Kräfte mobilisieren. Er bleibt resigniert zurück. Das Ziel kommt in Sichtweite, meine Name wird ausgerufen. Nur noch 5 Meter. Ich bin froh, obwohl ich mit 1:31:10 meine anvisierte Zeit knapp verfehle. Aber das spielt nur eine untergeordnete Rolle. Ich war dabei und habe es mit Würde geschafft. Der Sieger war schon nach 1:07 im Ziel. Ganz nebenbei der Osterfelder Hüttenwirt.

Ich nehme mir die angebotene Verpflegung, ziehe mich um und setzte mich noch etwas ans Ziel. Der Organisator, Wolfgang Plümpe, sitzt dort mit seinem Megaphone und begrüßt jeden Finnischer persönlich, meist noch mit einem witzigen Spruch. Auch nach 2:30 kommen noch Läufer ins Ziel. Bis zur Siegerehrung lese ich noch etwas und esse einen leckeren Kaiserschmarren. Die Siegerehrung findet bei der Hochalm statt, wo ich mich gemütlich ins Gras setze. Trotz des diesjährigen Teilnehmerrekords geht es sehr familiär zu. Die meisten sind überzeugte Wiederholungstäter. Mein Grasnachbar ununterbrochen seit 1992. Bei Hitze, Regen und Schneetreiben. Der Siegerehrung geht eine Tombola voraus, bei der es sogar ein Mountainbike zu gewinnen gibt. Ich freue mich schon auf die Abfahrt mit dem Mountainbike, gewinne aber nur eine Schuhtasche. Also doch Gondel. Wolfgang Plümpe moderiert Tombola und Siegerehrung kurzweilig und witzig. Auch ich werde ganz sicher zum überzeugten Wiederholungtäter und bin auch nächstes Jahr wieder dabei.

Fazit: Mein schönstes Wettkampferlebnis bisher. Die Strecke ist sehr abwechslungsreich und ein landschaftlicher Leckerbissen. Ganz dickes Lob an die hervorragende und perfekte Organisation. Nächstes Jahr werde ich mich auch besser vorbereiten und auf Druck laufen. Und natürlich am Vortag keinen anderen Wettkampf mehr bestreiten.

Weitere Infos: http://www.osterfelder-berglauf.de
Bestzeiten: 3km - 9:50, 5km - 17:08, 10km - 36:05

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Hallo Ralli,

das ist der Hammer, das weißt Du, oder? Ich bewundere Deine Leistung.

Ich bin schon stolz wie Oskar, dass ich mein erstes Gipfelkreuz (Hürschling) erwandert hab. Meinen ganz großen Respekt vor dieser Leistung. :daumen:
It takes both sunshine and rain to make a rainbow.

Grüße von Monika

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Hallo...

auch in meiner Heimat könnte es einen "Osterfelder Berglauf" geben! :daumen:
Hier ist Osterfeld ein Stadtteil von Oberhausen...und Berge haben wir auch ganz in der Nähe...! Bei uns im Revier heißen diese allerdings "Halden"! :)

Gruß aus dem Ruhrpott
:winken:
:nick: +++ "Legenden sterben nicht im Bett" +++ :nick:

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Ich will da auch laufen - schöner Bericht, der Lust macht.

Jörg
Neue Laufabenteuer im Blog

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Hallo @Ralli,

das ist ein superspannender Bericht, vielen Dank, der hat großen Spaß gemacht zu lesen und macht richtig neugierig. Da will ich auch mitmachen im nächsten Jahr :)

Freu dich auf die Jachenau, da war ich im letzten Jahr auch dabei, ein ganz toller Lauf in herrlicher Landschaft mit einer Mordssteigung nach dem Start, schade daß ich in diesem Jahr an dem Tag keine Zeit habe :frown: Ich wünsch dir viel Spaß dort unten und eine gute Zeit :daumen:
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