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Swiss Alpine - K78

Swiss Alpine - K78

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Angefangen hat alles durch einen Tip – und letzten Endes konnte ich es nicht lassen. Also am Freitag nach Davos gefahren, Startunterlagen abgeholt und ins Nachtlager nahe dem Flüelapaß gegangen. Diesmal statt Nudeln Brot als Kalorienspender für den Folgetag ausprobiert – geht genausogut würde ich sagen. Dann noch schnell einen Zeitplan errechnet – realistisch und trotzdem eine Herausforderung sollte dieser sein. Einfach mal 10 Stunden angesetzt, immerhin ist es fast die doppelte Marathondistanz und +/- 2320m gilt es zu überwinden. Als Lauftaktik habe ich mir einfach 5/6 der Schlußzeiten an den verschiedenen Orten unterwegs vorgenommen.
Meine Marathon-Erfahrung beschränkt sich auf 4 Marathons, davon 2 Bergmarathons (LGT-Alpin und Jungfrau).
Am nächsten Morgen bin ich drei Stunden vor dem Start aufgestanden, und habe begonnen, Flüssigkeit zu bunkern. Zum Frühstück gab’s 3 Marmeladebrötchen, ohne Essen während des Lauf geht’s ohnehin nicht. Dann nach Davos gefahren.
Um acht Uhr fiel der Startschuß – dann drehten wir zunächst eine kurze Runde durch Davos – bevor es in südlicher Richtung nach Filisur ging. Das Höhenprofil hatte ich einigermaßen ebenerdig mit ein paar Steigungen und Gefällen in Erinnerung, also schön locker laufen bis km 31.1. Als Durchgangszeit habe ich mir 3:11 Stunden gesetzt – das war auch machbar. Ich habe mir die errechneten Durchgangszeiten alle 10km und markanten Punkte (Schlußzeiten) aufgeschrieben. Dummerweise haben sie ihre spärlich aufgestellten km-Tafeln direkt auf das Ziel bezogen. Also mußte ich auch noch umrechnen. Diese kurzen Anstiege/Gefälle wurden mit der Zeit sehr mühsam zu laufen, erst am Schmelzboden (km 20.4) kam ein längeres konstantes Gefälle. In Filisur (fast 500m niedriger als Davos) war ich dann um 10:50 Uhr, also deutlich vor meiner gesetzten Zeit. Aber keinesfalls erschöpft.
Hier habe ich mir noch eine kurze Auszeit nehmen müssen, um überflüssigen Ballast loszuwerden. Aber um 11:00 ging’s weiter nach Bergün (300m rauf). Erst verlief der Weg im Tal unten mit leichter Steigung, wo uns die Sonne auf den Kopf brannte. Und dann wurde es brutal steil – was dazu führte, daß ich erst einmal in Bergün 5 Minuten hinter meinem Zeitplan war (4:15 bei 39.2 km). Warum nicht einfach Marathon laufen, dachte ich, dann wäre man schon kurz vor’m Ziel.
Aber ist nicht weiter tragisch, es bleibt ja noch genug Zeit, zum Ziel wieder etwas aufzuholen. Die nächsten 14km zur Keschhütte rauf bedeuten eine Höhendifferenz von fast 1300m. Zuerst geht es auf einer breit ausgebauten Straße ins Tal hinter, die Steigung ist erst einmal angenehm. Dann zieht es wieder an. Aber dadurch, daß ich vom Lauf- in den Gehschritt gewechselt bin, war das nicht so wild. Hinter Chants geht es dann erst in ein paar Serpentinen, und dann direkt auf einem elend steilen Tretpfad den Berg rauf. Aber das Bergpanorama hat was – wenn man es genießen würde. Die letzten 2 km vor der Keschhütte sind dann wieder etwas flacher, aber genauso steinig. 14:50 Uhr, 2620m, 52.9km – der höchste Punkt ist erst einmal geschafft. Suppe, Wasser, Futter – und die freundliche Frage der Betreuer, ob es einem gut ginge, natürlich mit „ja“ beantwortet.
Dann folgte der sog. Panoramatrail (bis km 60.1), rüber zum Scalettapass. Es ging erst einmal ein Stück runter, dann wieder leicht ansteigend am Hang entlang – für jemanden, der schon mal in den Bergen war kein Thema. Aber gewisse Leute tun sich hier schwer. Wenn man immer einen Stein sucht, der eben liegt und schon gar nicht kippen darf. Und ist der Weg ziemlich ausgesetzt. Dieser Teil der Strecke ist sehr schön, nur sind wir von einem Gewitter eingeholt worden, und hinter uns hat es geblitzt und gedonnert. Es wurde richtig unangenehm kalt und naß. Einige nach mir haben wohl noch Hagelschlag abbekommen. Eigentlich sieht man bei solchen Bedingungen in den Bergen zu, irgendwo einen Unterschlupf zu finden. Am Scalettapass oben (km 60.1) gab es dann Müllsäcke, daß man beim Bergablauf nicht so friert. Aber ein paar Minuten später war’s vorbei mit dem Regen. Überholen ist schwierig, und die meisten stolpern da recht unsicher den Berg runter, so daß ich nicht wirklich groß Zeit aufholen konnte. Jedenfalls hatte ich dann um 16:50 Uhr Dürrboden erreicht (km 64.4) – und da die 10 Stunden Endzeit nicht mehr erreichbar schien, habe ich noch die Steine aus den Schuhen raus und bin lockeren Schrittes Richtung Tal nach Davos gerannt.
Normalerweise sind 14km in 1:10 kein Problem, nicht aber nach 64km und 9 Stunden Belastung. Warum soll ich mich hier unnötig quälen? Mir ging’s soweit gut, die Waden brannten nicht, also ins Tal gejoggt. Ab und zu noch gegangen, und dann kam irgendwann Davos. Seltsam, die ganze Zeit läuft alles im Kopf normal, und hier beginnt man dann darüber nachzudenken, ob es sich lohnt, zu rennen. Nach guten 70km. Schließlich hat man ja noch 2 Stunden Zeit ins Ziel zu kommen, und man kann ja auch gemütlich gehen, die Natur genießen, usw. Irgendwie ist es schwierig, sich hier richtig zu motivieren – aber in 10:30 wollte ich es dann schon schaffen. Ob jetzt 10:15 oder 10:20 ist ja auch egal. Zu allem Überfluß muß man dann nochmals eine Steigung überwinden, um einen Weg am Hang entlang laufen zu können.
Das schlimmste sind jedoch die fehlenden bzw. spärlich aufgestellten km-Tafeln. Nur alle 5 km eine, gerade wenn’s auf’s Ziel zugeht wäre es gut, sich von km zu km zu tasten. So kann man nur schwer einschätzen, wie weit man ist. Und die Aussagen der Streckenposten treffen auch nicht immer zu. Aber das 2.5km-Schild hat mich dann doch nochmals beflügelt, das Tempo anzuziehen, auch wenn ich dann in Davos auf der einen Straße nochmals gegangen bin. Dann zweimal rechts rum, ins Stadion und noch 200m Ehrenrunde. Aber irgendwie freut man sich nach so einer Tortur nicht mehr richtig wie bei einem Marathon. Man ist froh, es endlich hinter sich zu haben (10:25). Medaille gab’s leider keine, aber immerhin ein Finishershirt mit dem K78-Aufdruck.
Bei der Zielverpflegung wurde leider kräftig gespart - etwas mehr Obst wäre schön gewesen oder wie beim Jungfrau-Marathon Birnwegge. Auch unterwegs hätte ich erwartet, daß es nicht nur Müsliriegel und Brot (als Kohlenhydratspender) gibt. Cola nur ab km 65 ist auch nicht das Wahre - Zuckerplörre vor einem Steilanstieg ist doch sehr hilfreich. Irgendwie war beim Jungfrau-Marathon 2004 die Verpflegung besser.
Duschen war Mist – richtig kaltes Wasser. Der strapazierten Muskulatur noch einen Kälteschock zu verpassen – das sollte nicht sein nach so einer Anstrengung. Dafür bin ich anschließend zur Massage.
Abends um 9 Uhr war ich dann wieder am Schlafquartier.
Mein Fazit des Laufs:
Ich hatte weniger Probleme als ich befürchtete - keinerlei Krämpfe oder Zwicken in der Muskulatur. Aber ich glaube nicht, daß ich nochmals auf diese 78 km gehe. Bergmarathon gerne, aber 78 km sind mir eigentlich zu weit... .

Viele Grüße,

Marcel.

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:respekt: :respekt: Wahnsinnig geile Zeit für den schweren Lauf, gratuliere :daumen:

Du bist ja bis Filisur fast geflogen :geil:

Mit den Duschen hast Du Recht, das hat anscheinend schon letztes Jahr nicht gepaßt und die Orga hat trotzdem nichts geändert.

Erhol dich gut und vielen Dank für den schönen Bericht ! :daumen:

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Hallo Marcel,
herzlichen Glückwunsch zu Deiner super Leistung. :daumen:
Toller Bericht und wertvolle Hilfe für eine Entscheidung besser die Finger von dem Lauf zu lassen :D
Viele Grüße,
Dietmar

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Merci Dietmar für die Glückwünsche,

aber ich will keinen davon abhalten, den Swiss-Alpine als K78 zu laufen. Nur ich tu's mir wohl nicht mehr an.

Viele Grüße,

Marcel.

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Hallo Marcel,
du hast ja meine Zeiten,auch ich bin mit 10:25 ins Ziel gekommen.Bin das erste Mal den K 78 gelaufen und weiss auch nicht ob ich mir das nochmal antue.Die Belastung der Gelenke beim langem Bergablaufen sind doch heftig.Die Medaille habe auch ich sehr vermisst.Überhaupt fand ich die Zielverpflegung sehr mager. Und die Veranstalter sollten mal darüber nachdenken,das mitführen eines Wetterschutzes ab Bergün zur Pflicht zu machen! Am Scalettapass waren einige sehr unterkühlt und am Ende ihrer Kräfte.
Gruß
Klaus

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Hallo Klaus,

ich habe mich durch forciertes Tempo warm gehalten da oben. Aber in den Hagel hätte ich nicht reinkommen wollen. Ich muß zugeben, daß ich auch kurzärmlig unterwegs war. Aber ich laufe auch bei 5 Grad in München kurzärmlig und in Shorts. Vielleicht kannst Du Dich ja an mich erinnern, wenn Du beim Fotoservice mal nach meiner Startnummer 930 suchst. Wir müssen von den Zwischenzeiten her uns zweimal begegnet sein. Gerade bei den miesen Bedingungen hätten da oben auf dem Panoramatrail mehr Helfer stehen müssen.
Ich weis auch nicht, was diese "Geiz ist geil"-Mentalität der Veranstalter im Ziel/auf der Strecke sollte. Der Gipfel war das kalte Wasser zum Duschen. Beim Jungfrau-Marathon 2005 gab's unterwegs zweimal Gel. Und Cola ab Lauterbrunnen. Ich komme wirklich nicht ans Ziel und schlage mir den Magen voll. Aber einen Apfel oder Birnbrot, wie sie auf der Messe verkauft haben, wäre eine nette Belohnung im Ziel gewesen. Ihr Erdinger Sch***bier können sie selbst trinken.

Viele Grüße,

Marcel.

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Hallo Marcel, ja habe dich mehrmals gesehen.Ich hatte die Nummer 765. Seit dem Graubünden-Marathon 2005 (auch Gewitter) laufe ich Bergmarathons nicht mehr ohne Wetterschutz. Auf dem Panoramatrail mehr Helfer? Ich weiss nicht,wo sollten die sich denn da aufhalten? Die Streckenverpflegung fand ich ok und alle waren sehr nett,nur im Ziel kam irgendwie Frust auf.Man war doch irgendwie verloren im Ziel,keine Medaille,nix zu essen zu sehn. Zum Erdinger sag ich lieber nix,naja im Garten als Schneckenfalle kann mans ja gebrauchen ;-)
Aber vielleicht komm ich zum 25. Lauf wieder,mal sehn...
Gruß
Klaus

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Hallo Klaus,

ja ja, aus Erfahrung wird man klüger.
Die Leute waren super nett, kein Thema.
Aber ich ziele eigentlich darauf ab, daß ich gerade mal 2 Helfer auf dem Panoramatrail gesehen habe. Das finde ich klar zu wenig. Keine Zuschauer, ein entzerrtes Läuferfeld, wer soll denn da helfen, wenn einer zusammenbricht? Bei der Streckenverpflegung habe ich einfach Cola bei den ersten Anstiegen vermißt - und vielleicht mal Gel. Und im Ziel ist man ziemlich verloren dagestanden - zwischen allen Wettbewerben... .
Ich glaube nicht, daß ich nochmals so einen langen Lauf bestreite.

Viele Grüße,

Marcel.

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Hallo Marcel,
im Endeffekt bleibt der Stolz über das Erreichte und wer weiss,vielleicht sieht man sich bei einem Lauf ja mal........
Machs gut und alles Gute ..................
Gruss
Klaus
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