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Ein "sinnloser" Lauf

Ein "sinnloser" Lauf

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Gestern früh stand ich mit Muskelkater auf. Muskelkater von einer ersten Bergwanderung, die meine Frau und mich Samstag in der Nähe von Füssen etwa 1000 Meter rauf und - was wesentlich ekliger ist - auch wieder runter führte. Runter in relativ kurzer Zeit, was mir zumindest anlässlich der ersten Bergmärsche immer heftigen Muskelkater beschert.

Frühstück draußen, herrlicher Sonnenschein, nicht zu warm, gute Stimmung, da kanns nur eine Entscheidung geben: Ich will heute laufen! Aber der Muskelkater ... ? Musste halt langsam laufen. Wird schon gehen, kannst doch bei dem Wetter nicht nur faul rumliegen ...

Dann habe ich eine Idee: Eigentlich wollte ich schon lange mal wieder vollkommen frei und losgelöst laufen. Ohne Pulsmesser und ohne Gedanken an die "Funktion" des Laufes. Nicht drüber nachdenken, ob er den Trainingsprinzipien genügt, ob er mir was bringt, einfach nur laufen. Nicht über formerhaltendes Laufen grübeln, nicht über Dauer, Tempo oder sonstwas spekulieren. Gar nichts dergleichen. Einfach nur laufen.

Heute wäre doch der ideale Zeitpunkt für so einen "sinnlosen" Lauf ... !? Gegen 18 Uhr laufe ich dann von zu Hause los. Ohne Pulsmesser, mit Uhr. Schon auf den ersten Kilometern frage ich mich dann, wozu ich eigentlich die Uhr mit hab. Ich weiß, dass die Strecke ungefähr 11 Kilometer lang ist, das reicht für's Tagebuch. Einstweilen lasse ich sie noch laufen.

Anfangs zieht's schon ein bisschen in den Oberschenkeln. Aber nach 10 Minuten ist das vorbei und es ist einfach nur noch schön. Kühle, frische Abendluft, lange Schatten durch die schon tiefstehende Sonne, herrliche Farben und ich trabe auf einer meiner Lieblingstrecken entlang eines breiten Baches. Genuss pur. Es strengt schon an, obwohl ich nicht schnell unterwegs bin. Die Tour war anstrengend gestern, die Beine verkünden es. Egal. Laufen ist geil. Laufen ohne Funktion. Ich überlege kurz, wann ich das zum letzten Mal gemacht hab. Muss im Dezember gewesen sein, ich weiß es nicht mehr.

Etwa nach der Hälfte der Strecke schaue ich unwillkürlich auf die Uhr. Ich sehe die Zeit und ich frage mich was ich damit heute will? Ich kenne mich: Wenn ich zu Hause bin und das Ding stoppe, werde ich wieder anfangen zu rechnen. Nein! Kommt nicht in Frage! Heute nicht! Und ich drücke die Stopptaste. Sicher lächle ich grade ein bisschen, habe ich mir doch gerade die letzte Chance vermasselt, das Läufchen im Nachhinein doch noch mit ein wenig Wertung zu versehen, ihm ein bisschen "Funktion" zu verpassen.

Und so komme ich nach 11 Kilometern vergnügt, nur leicht angemüdet, verschwitzt, entspannt, super gut gelaunt und ohne Zeit auf der Uhr zu Hause an. 11 Kilometer Freude, davon 8 Kilometer in der Natur. Läuferherz was willst du mehr.

Das waren sicher 11 der berühmt-berüchtigten "leeren Kilometer", von den in gewissen Artikeln gewisser Laufzeitschriften oft die Rede ist. 11 Kilometer, dir rein gar nix zur Formerhaltung beitrugen.

Aber es waren verflucht schöne elf Kilometer. Elf der schönsten in diesem Jahr!

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Hallo Udo,

ich kann dieses Gefühl voll und ganz nachvollziehen. Das ist reines, unverkrampftes Genusslaufen, ohne jeglichen Druck, einfach so. Gut für die Seele, gut für den Kopf.

Einen solchen Lauf habe ich soeben bei fürchterlicher Schwüle auch gemacht. Einfach ein bischen das Tempo rausgenommen und "laufen lassen". Viel von der herrlichen Natur mitgenommen. Reichlich was fürs Herz getan.

Ein schöner Bericht!
LG
Winni



Alles was ich machen kann ist, ich selbst zu sein, wer immer das sein mag (Bob Dylan)
Erwarte nichts im Leben. Wenn du es tust, dann ist alles, was du noch bekommst, ein Bonus (Frank Zappa)

2005: Ein bisschen gelaufen (PB)
2006: Schon mehr gelaufen (PB)
2007: Ganz viel gelaufen und läuft und läuft... (PB)

2008: Ja wo läuft er denn? (Abbruch)
2009: Wiedereinstieg
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Hallo Udo,

mal ein Laufbericht der anderen Art :D !

Ich habe mich direkt mit Dir mitgefreut über das schöne Erlebnis - und "leer" waren die Kilometer ganz gewiss nicht! Dein Wohlbefinden nach dem Lauf sagt da ja schon alles!

In der Hoffnung auf eine weitere gute Neuigkeit frage ich, auch wenn's Deinen Thread verwässert, einfach mal Folgendes:

Du hattest bei Deinem Biel-Lauf von Sehstörungen berichtet.
Geht's Deinem Auge wieder gut? Hast Du eine ärztliche Diagnose für das Problem?

Weiterhin fröhliches uhrloses Laufen wünscht Dir
Walter
You can only fail if you give up too soon

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Schau an der Udo kann das auch :zwinker5:

Ich hoffe es kommen noch weitere "sinnlose" Kilometer dazu.

Gruß
Laufschnecke

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yay! das entspricht exakt meiner einstellung zum laufen zur zeit. genau in der form hab ich die letzten vier wochen knapp 400km runtergeschrubbt, das macht verdammt viel spass.

hin und wieder mal etwas aufs tempo drücken, allerdings sehr unplanmässig.

(heute: was geht auf 400m?)

so sollte laufen eigentlich auch sein, es ist ja nur ein hobby.

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Laufschnecke67 hat geschrieben:Schau an der Udo kann das auch :zwinker5:

Ich hoffe es kommen noch weitere "sinnlose" Kilometer dazu.

Das wollte ich auch gerade sagen :wink:

Find ich gut :daumen:
:winken: Hase


I am vegan because I feel that other sentient beings are not mine to use.

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U_d_o hat geschrieben:Und so komme ich nach 11 Kilometern vergnügt, nur leicht angemüdet, verschwitzt, entspannt, super gut gelaunt und ohne Zeit auf der Uhr zu Hause an. 11 Kilometer Freude, davon 8 Kilometer in der Natur. Läuferherz was willst du mehr.
Schön, auch mal so einen Bericht von dir zu lesen :daumen: .

Gerade heute habe ich auch mit leichtem Muskelkater und nach einem stressigen Arbeitstag einen 7,5km-Lauf gemacht, ohne auf die Uhr zu schauen (habe aber trotzdem gestoppt :peinlich: ), einfach nur zum Beine ausschütteln. Und jetzt fühle ich mich sauwohl :nick: .
Übrigens laufe ich schon seit 2 Wochen (notgedrungen) ohne Pulsmesser, der Gurt hatte schmerzhafte Spuren hinterlassen. Und ich finde es gar nicht mal so schlecht.

Viele Grüße
Anett
Radiergummi-Liga
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Also mein Pulsmesser liegt seit Monaten in der Schublade. Ich laufe selbst geplante Trainingsläufe nur noch nach Gefühl. Und was soll ich sagen, ich fühle mich dabei pudelwohl. Sowohl die entspannenden, langen Läufe als auch die Tempoläufe funktionieen prächtig. Ohne den Druck der Pulsuhr, auf die ich viel zu sehr geachtet habe, läuft es sogar besser.

Momentan kann ich mir nicht vorstellen, den Gurt nochmal anzulegen.
Liebe Grüße
Dirk

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und gerade diese SINNLOSEN Kilometer sind vielleicht so richtig SINNVOLL
und viel förderlicher weil die Seele lacht...

Ich wünsche Dir noch viel mehr solche schönen Läufe!
Liebe Grüße
Magimaus
http://www.hundephysioharz.de

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Das ist ein schöner Bericht. Ich wünsche Dir auch noch viele sinnlose Kilometer und viel Genuss.

Anja, die ausschließlich sinnlos läuft (aber trotzdem alles aufschreibt). :D
He says things that annoy me. He gives me good advice. (Oscar Wilde)
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Das kenn ich, vor allem das Gefühl danach. :zwinker4:

Hab ich erst als 2. Staffelläufer beim Zermatt-Marathon am 07.07.07 "zelebriert". Einfach nur losgelöst gelaufen, ohne Uhr und die herrliche Schweizer Bergwelt genossen.
War mir vorher völlig unbekannt, aber das geht auch...und es macht auch noch Spaß...

...einfach unglaublich...

Viel Spaß noch bei den nächsten Kilometern, Udo...

Gruss
mohrläuft :hallo:
http://mohr42laufen.wordpress.com/

Ich lebe so wie ich laufe, mein Laufrhythmus ist gleichmäßig und bedächtig, aber zielstrebig. Bei meinen Kollegen bin ich bekannt dafür, dass ich nicht anhalte, bevor ich mein Ziel erreiche!

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viermaerker 707 hat geschrieben:Du hattest bei Deinem Biel-Lauf von Sehstörungen berichtet.
Geht's Deinem Auge wieder gut? Hast Du eine ärztliche Diagnose für das Problem?
Hallo Walter,

zufällig war ein paar Wochen nach Biel ohnehin ein Augenarztbesuch terminiert, so dass ich das "Phänomen" vorbringen konnte (sonst hätte ich es womöglich genauso vergessen wie damals nach dem 6h-Lauf :nick: ).

Das "milchig-trübe Sehen" auf dem linken Auge, war ja bereits ein, zwei, Stunden nach dem Finish abgeklungen und noch am selben Tag restlos verschwunden. Die gute "Augen-Dokteuse" hatte sich bislang noch nie mit einem Läuferproblem dieser Art auseinander zu setzen und rätselte ein wenig herum. Von geplatztem Äderchen nahe der Netzhaut, über winzig kleiner Hirndefekt bei der Reizleitung war einiges im Gespräch. Nachdem sie es sich noch mal ganz genau von mir hat beschreiben lassen (manchmal hören die kundigen Herrschaften einfach nicht richtig zu :nick: ), war sie sicher, dass ein Ödem der Hornhaut vorlag.

Also winzige wässrige Einlagerungen in der mikrofeinen Hornhaut. Dafür sprach die Art und Weise meines Sehempfindens, dass es nicht weh tat und auch das rasche Verschwinden. Möglicherweise wird dieser Effekt von Schweiß, der längere Zeit ins Auge läuft, begünstigt.

Warum nur das linke Auge betroffen war (beim 6h-Lauf war's auch das linke), konnte sie nicht sagen. Vielleicht ist die Hornhaut links einfach empfindlicher. Wenn man am linken Bein Schmerzen bekommt, könnte man sich ja auch fragen, wieso am linken und nicht am rechten!?

Machen kann man da nach ihrer Aussage gar nix. Außer eben nicht so lange laufen ... dabei lächelte sie ein wenig, weil ihr sicher klar ist, dass sie mir genauso hätte vorschlagen können nicht mehr zu atmen :wink: . Außerdem läuft sie selbst und hat Verständnis für meinen Bewegungsdrang. Jedenfalls ist die Sache nicht gefährlich und ich muss auch nicht mit Langzeitschäden rechnen.

Danke der Nachfrage


@all

Danke für eure Beiträge.

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Udo,

es tut mir leid, Dir sagen zu müssen, dass der Lauf trainingstechnisch nicht sinnlos war. Auf Deinem Niveau wirken elf lockere Kilometer ja durchaus regenerativ. Ähnliche Läufe nur meist etwas kürzer und nicht so schön, da im Park, habe ich auch in ernsthaftesten Trainingsphasen, zum Beispiel als morgendliches Jogging, wobei abends noch eine Laufeinheit anstehen kann. Du kannst Dir ruhig öfter mal etwas Freiheit beim Laufen gönnen, auch wenn Du gerade Wettkampfziele hast.

Gruß,

Carsten

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Hallo Udo,

irgendwie überraschend, diesen Bericht von Dir zu lesen. Ich finde es schön, dass Du das noch kannst :wegroll:

Um ehrlich zu sein, der ganz große Teil meiner Trainings"planung" läuft genauso ab, wie Du es da beschrieben hast :hallo: aber ich gelobe Besserung.
It takes both sunshine and rain to make a rainbow.

Grüße von Monika

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Aus genau diesem Grunde hab ich meine Pulsuhr vor genau 7 Jahren abgelegt - ich genieß es lieber, mir reicht schon der Tacho am Fahrrad, aber selbst den nutze ich größtenteils wegen der Uhrzeit. Sich treiben lassen, finde ich wesentlich angenehmer, als sich ständig zu treten - durch welche Uhr auch immer.
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