Samstag Nacht– ich bekomme einen unsanften Stoß in den Rücken mit den Worten „Schatz – betrachte dich als geweckt“. Ich taste nach dem Wecker und sehe 5:30, So. 02.09.2007 – da war doch was – Richtig 26 km durch die fränkische Schweiz rennen.
Also aufstehen, das übliche Prozedur aus waschen, Wettkampffrühstück, ein Liter Wasser trinken und dann raus auf den Balkon um die Kleiderfrage zu klären. Es war kalt, regnerisch und der Himmel war grau und Wolken verhangen „Ich hab Urlaub – Ich will wieder in mein warmes Bett“. Wäre ich doch bloß bei meiner Einzelanmeldung geblieben – ich hätte im Bett liegen bleiben können und keiner hätts gemerkt. Aber hilft ja alles nix – lange Hose und Jacke über die kurzen Laufsachen gezogen und ab nach Ebermannstadt um meinen Staffelpartner und das Team vom „Weißen Ring“ zu unterstützen. Auf dem Weg dorthin konnte ich nicht die Bundesstraße benutzen – die wurde heute zum Laufen gebraucht. Also fuhr ich auf kleinen Straßen über die Dörfer Richtung fränkische Schweiz. Bei der fahrt durch die schöne Landschaft abseits der großen Straße begann ich mich doch langsam auf diesen Landschaftstrainingslauf zu freuen. Ich hatte nämlich beschlossen diesen Lauf nur als eine Art langen Trainingslauf mit etwa 5:30 - 6:00 / km und einer Endzeit von etwa 2:30 anzugehen.
In Ebermannstadt angekommen traf ich mich noch kurz mit meinem Staffelpartner und den anderen vom weißen Ring. Die Abgabe des Kleiderbeutels, und damit das Ausziehen der langen Sachen, schob ich so weit wie möglich nach hingen raus. 10 Minuten vorher stand ich dann in kurzen Hosen und leicht fröstelnd in der Startaufstellung. „Was mach ich hier überhaupt – anstatt bei meiner Freundin im warmen Bett zu liegen renne ich hier mit anderen um die Wette. Und dann auch noch 26 km“. Dann begann auch schon der Countdown und der Startschuss erfolgte. Ich plante mit 5:30/km loszulaufen und nach etwa 2:30 in der Wechselzone zu sein. Meinem Staffelpartner hatte ich voller Optimismus von etwa 2:15 – 2:30 erzählt. Am ersten Kilometerschild der Blick auf die Uhr – 5:30 – Punktlandung. Jetzt hatte mein Laufmotor Betreibstemperatur erreicht und ich spulte die nächsten Kilometer ab – allerdings etwas schneller als im Plan, so dass ich bei km 8 mit 42:00 etwa 2 Minuten unter dem Zeitplan lag. Da es aber grad so gut lief – beließ ich es dabei und beschloss einen eventuellen Einbruch zu riskieren – ist ja nur ein Trainingslauf. Nach etwa 10 km kam uns dann die Spitzengruppe des Marathons entgegen – Wahnsinn dieses Tempo!
Kilometer 13 – der Wendepunkt. Kurzer Blick auf die Uhr 1:08. Das heißt, wenn ich mein Tempo beibehalte komme ich bei 2:16 ins Ziel. Eigentlich als langer gemütlicher Trainingslauf geplant – packte mich nun doch der Ehrgeiz – unter 2:20 wollte ich schon bleiben.
Jetzt zeigte sich auch langsam die Sonne und das Tal der Wiesent erstrahlte in seiner vollen Schönheit. Welch ein Privileg, auf einer so gut ausgebauten Straße durch diese herrliche Landschaft zu laufen – und weit und breit keine Autos.
Bei km 15 war dann wieder eine Verpflegungsstation und ich genehmigte mir eine Portion Kohlenhydrate mit Bannane-Erdbeer-Geschmack. Ein Läufer neben mir, der sich auch an einem Gel zu schaffen machte rief mir mit einem Augenzwinkern ein fröhliches Mahlzeit zu, welches ich mit einem Grinsen erwiderte. Ich schloss mich dann einer Vierergruppe an um den Lauf gemütlich mit 5:30/ km zu beenden – was mir allerdings schnell zu langsam wurde und ich zog von dannen.
Langsam verließen wir das tiefe Tal und somit auch den schattigen Abschnitt der Strecke. Die Sonneneinstrahlung blieb aber erträglich und so ließ es sich optimal weiterlaufen. Kilometer 17 passierte ich bei knapp unter 1:30 was mich wieder zu Rechenspielen veranlasste. Noch 9 km in etwa 45 min = Endzeit von 2:15. Das würde zwar hart werden – aber erschien mir machbar. Schließlich hatte ich mich von dem Gedanken nur einen lockeren Lauf zu machen schon vor 5 Kilometern verabschiedet.
Kilometer 20 wurde bei 1:42 passiert – die HM Distanz unter 1:50 sollte jetzt eigentlich kein Problem mehr sein. Kurz vor der Versorgungsstation nahm ich noch mal ein Gel – verdammt ist das Zäh und klebrig – und spülte es mit reichlich Wasser herunter. So erfrischt lief ich dann auf die Matten bei 21,1 km zu. Mit 1:48:08 hätte ich fast meine bisherige HM-PB (aktuelle HM-PB: 1:47:57) pulverisiert.
Jetzt liegen noch etwa 5 km vor mir, die ich um die sub 2:20 zu erreichen in 30 min laufen muss – eine lösbare Aufgabe. Vielleicht ist ja sogar eine 2:15 drinnen – 5 km in 27 min - machbar ??? Aber jetzt wurde es spannend, da ich noch nie weiter als die HM-Distanz gelaufen war. Wie würden sich die restlichen 5 km anfühlen – was würde auf mich zukommen? Schmerzen, Unlust, Erschöpfung – was würde mich wann und wie erwischen? Fragen über Fragen und einfach laufen lassen.
Bis km 23 lief es zügig und unspektakulär weiter. Ab dann ging es aber nochmal bis etwa km 25 bergauf. Jetzt hieß es Zähne zusammenbeißen und einfach so schnell wie möglich den Berg hochstapfen. „Sch…. – ist der steil“ „Schaffe ich die 2:15?“ Oberflächlich begann ich mich schon damit abzufinden – aber ohne Schweini! Er scheuchte mich mit Beinpein, Sauerstoffknappheit und glasigen Augen über den Berg.
Irgendwann waren wir dann oben – kurzer Check bei Km 25: 2:08 und jetzt geht’s bis zum Ziel nur noch bergab. Die Anfangs kaum für möglich gehaltene 2:15 gehört uns. Ich ließ es einfach laufen – da das 26-km-Schild – nur noch ein paar Meter und dann die Wechselzone 2:14:03.
Zu Hause auf der Couch haderte ich mit meinem Schweini ob es denn wirklich notwendig ist jedes Mal wie bekloppt durch die Gegend zu rennen. Können wir nicht einfach mal einen gemütlichen Genuss-Wettkampf machen – Scheinbar nicht.
Aber eine Frage die mich noch mehr beschäftigte war – hätte ich die restlichen 16 km in 1:45 und somit den ganzen Marathon unter 4 Stunden beenden können. In Laktat und Endorphinen schwimmend bildete ich mir ein es zu können. Jedenfalls sehe ich meinem Marathon-Debut im Frühjahr 2008 ziemlich entspannt entgegen.
PS: Mein Staffelpartner Werner lief seine 16 km in beachtlichen 1:39 was uns eine Gesamtzeit von 3:53 bescherte.
Mein bisher längster Lauf - oder wie Schweini mich den Berg hochhetzte
127.09.2009 10 km von Röthenbach (10 km) - 38:58
05.04.2010 Osterlauf Scheßlitz (HM) - 1:26:09
11.10.2009 München Marathon (M) - 3:21:47
05.04.2010 Osterlauf Scheßlitz (HM) - 1:26:09
11.10.2009 München Marathon (M) - 3:21:47