29
von Winni2
In einem Laufforum finden sich Gleichgesinnte wieder, also Foris, die dieselbe Leidenschaft, dieselben Ziele haben. Im Mittelpunkt steht das Laufen. Die Gruppe ist homogen. Die Abläufe sind immer dieselben. Das fängt bei der Neueinstellung an: "Hallo ich bin der/die Neue und habe das Laufen für mich entdeckt." Sofort stimmen alle ein "Hallo, Super, herzlichen Glückwunsch". Und dann kommt die tolle Zeit, in der alle, die wenigstens schon 2-3 Monate laufen und hier posten, so einem Neuen erst mal erzählen, wie das so läuft beim Laufen. Da gibt es auch Zustimmung unter den erfahreneren Läufen "Super, sehe ich genauso..." und all das andere, was wir täglich so schreiben und lesen dürfen Ansonsten gibt es noch viel Fachsimpelei, Diskussionen über das Lauftraining, Fettverbrennung, Nahrungszufuhr, wie spät oder früh das Laufen mit oder ohne Regen im Dunkeln oder im Hellen Sinn oder keinen Sinn macht, usw., wieviel Kilometer schon im Jahr gelaufen wurden, welche Distanzen und Zeiten eher Weicheiern zuzuordnen sind, wer alles aus sich herausholt, usw..
In der übrigen Zeit geht jeder -wenn er noch Zeit zum Arbeiten hat- Laufen, trainieren, laufen usw. Ein weiterer Teil der Freizeit wird dann im Forum verbracht. Dort -wie kann es anders sein- werden Laufberichte, Wehwehchen u.a. beschrieben. Wer darüber hinaus keinen Partner, keine Familie, keine Kinder hat, liest noch Laufbücher, besucht Wettkämpfe.....
In dieser kleinen Welt der immer wieder kehrenden Erlebnisse kommt dann ein Thema, das mit dem Laufen nur bedingt oder garnichts zu tun hat, z.B. die Frage, ob es wichtig ist, ein Auto zu besitzen, wie man sich sonst im Leben verhalten sollte, welche Musik man hört (alles schon off topic) usw.
An der Stelle gehts los: Endlich ergibt sich durch ein allgemeines Thema eine Gelegenheit, aus der Konformität auszubrechen, das Homogene der Gruppe aufzubrechen und endlich mal eine andere Meinung zu vertreten. Dabei treten plötzlich Mechanismen auf, die man aus der sonst alltäglichen Forumtreiberei jedoch nicht kennt: Es wird eckig, kantig, es werden Positionen bezogen. Das ganze gewinnt Drive, die ersten werden angegriffen, ausgegrenzt.
Kurzum: Es wird die ansonsten überschaubare Diskussionswelt des Laufens verlassen. Ob es daran liegt, dass -provokativ gefragt- manch einer, der diese überschaubare Welt verlässt- mittlerweile überfordert ist und dann auch schon mal aggressiv wird?
Ich glaube, es liegt nicht am Laufen sondern daran, wie man damit umgeht, wie verkrampft und einseitig das Leben ausschließlich auf diese "Sucht" abgestellt wird. Bei einigen hat man den Eindruck, dass es neben dem Laufen (vielleicht auch noch eine 2. und 3. Sportart dazu) nichts mehr gibt, was das Leben auch sonst noch Lebenswert macht und ganz andere Perspektiven schafft. Da kommt (wie Steiff es auch schreibt) dann schon mal der Gedanke auf, ob Nichtsportler vielleicht viel gelassener damit umgehen. Klar, viele geniessen ihr Leben mehr und stellen sich nicht unter so einem permanenten Zwang und Druck ("Oh je, ich war schon den 2. Tag nicht Laufen und bin völlig unglücklich" oder "wie mache ich das nur. Meine Familie will mit mir in Urlaub und ich mache mir Sorgen , ob ich da Laufen kann). Mal ehrlich: Das ist doch der permanente Leistungsdruck und eine Abhängigkeit, bei der sich die Ventile doch irgendwo öffnen müssen. Und das geschieht unter anderem auch im Forum.
Nur mal so eine These von mir. Muss ja nicht stimmen
LG
Winni
Alles was ich machen kann ist, ich selbst zu sein, wer immer das sein mag (Bob Dylan)
Erwarte nichts im Leben. Wenn du es tust, dann ist alles, was du noch bekommst, ein Bonus (Frank Zappa)
2005: Ein bisschen gelaufen (PB)
2006: Schon mehr gelaufen (PB)
2007: Ganz viel gelaufen und läuft und läuft... (PB)
2008: Ja wo läuft er denn? (Abbruch)
2009: Wiedereinstieg[/size][/font]