Sergej hat geschrieben:Die Frankfurter Rundschau hat eine Sonderseite zum Thema,
klick.
der ist sehr gut:
Kenianische Läufer
Laufendes Risiko
VON FRANK HELLMANN
Läufer (Imago)
Das Podium im Maritim-Hotel an der Frankfurter Messe war glücklicherweise groß genug. So hatten alle Platz, und alle kamen zu Wort, die zur 26. Auflage des Frankfurter Marathons etwas zu sagen hatten. Etwa Renndirektor Jo Schindler, der angesichts des rasanten Wachstums - am Sonntag um 10 Uhr werden mehr als 18 000 Teilnehmer laufen - von einer "vorzeigbaren Weltklasseveranstaltung" sprach.
Dazu sollte eigentlich Yaser Belal Manzour sein Scherflein beitragen. Startnummer zwei, 23 Jahre jung. Er hat in fulminanten Sololäufen jüngst in Düsseldorf und Karlsruhe triumphiert. Bestzeit 2:09:48 und dem Vernehmen nach mit erheblichem Potenzial. Doch der Geheimfavorit ist nie in Frankfurt angekommen. Stattdessen hockt "der kleine lustige Kerl", wie ihn der Sportliche Leiter Christoph Kopp nennt, tief frustriert daheim in Iten im kenianischen Hochland Eldoret. "Er hat derzeit keinen Pass", erklärt sein Manager Gerard van der Veen, "deshalb konnte er nicht ausreisen." Denn Yaser Belal Manzour hieß vor kurzem noch Bellar Yator, ehe er seine Staatsbürgerschaft an Abwerber aus Katar verkaufte. Nun ist der kenianische Pass weg, der aus Katar kommt dummerweise erst nächste Woche. Und sein Mentor ist stocksauer.
"Ich mag das nicht, wenn sich Sportler an ein anderes Land verkaufen - es geht doch nur ums Geld", schimpft der Niederländer, gleichwohl ist er machtlos. 500 Euro monatlich werden seinem Läufer aus dem Scheichtum überwiesen - für kenianische Verhältnisse viel Geld. Auch den besten Hindernisläufer der Welt, Stephen Cherono köderten die Kataris als Saif Saeed Shaheen; der Fall erregte weltweit Aufsehen. Kopp spricht offen vom grassierenden "Athletenklau". "Manche verkaufen sich für 5000 Dollar."
Überdies ist die Episode typisch für die Wirrungen und Irrungen, die Risiken und Nebenwirkungen, die die Verpflichtung einer flinken Marathon-Elite birgt. Zehn Prozent "Verluste" kalkuliert Kopp ein, oft Absagen aus gesundheitlichen, mitunter aber auch kurzfristige Ausreden per E-Mail aus fadenscheinigen Gründen. "Ich muss das Feld immer überbuchen, damit es komplett ist", sagt Kopp. Auch auf dem Anflug nach Frankfurt geht oft noch was schief: Da haben Flüge ganze Tage Verspätung, nehmen Athleten die falsche Airline oder finden sich gar nicht zurecht. Am Donnerstag nahm Kopp einen Anruf vom Airport entgegen - man hatte dort einen orientierungslosen Afrikaner aufgelesen. In seinem Starterfeld die Nummer 24, Jonathan Kipkosgei, Madrid-Sieger 2007. "Eigentlich wollte der am Samstag kommen, plötzlich war er am Donnerstag gelandet", so der 59-Jährige Kopp, der sich im Umgang mit ostafrikanischen Protagonisten ein dickes Fell zugelegt hat.
Das braucht auch Alexander Hempel. Der 35-Jährige betreut und managt kenianische Läufer, derzeit wohnen drei morgen am Main startende Elite-Athleten in seinem Haus in Kilianstädten. "Bei der Visa-Erteilung in der Deutschen Botschaft in Nairobi wird viel Missbrauch getrieben", weiß Hempel. Und immer wieder gibt es Probleme bei der Einreise. Oder es haut einfach einer ab. So wie kürzlich Philemon Kipchilat, "für den hatte ich gerade ein Jahresvisum bekommen, jetzt läuft er irgendwo in Frankreich." Hempels Erfahrung: "Manche Läufer sind skrupellos." Richtig beruhigt ist er erst, wenn sein Topläufer Sammy Kurgat um 10 Uhr am Start steht. "Auf dem Flug von Nairobi über Dubai, China oder Amsterdam geht schon mal einer verloren ." Einen anderen hat er mal stundenlang auf dem Flughafen gesucht, "der hat sich einfach auf eine Bank gesetzt und war eingeschlafen."
Kigen mit Tochter eingeflogen
Immerhin hellwach ist der via Doha eingeflogene Kenianer Wilfred Kigen gelandet - statt von seiner schwangeren Frau Hilda von Tochter Patience begleitet. Beinahe regungslos kündigte der 32-Jährige gestern an, dass er schnell rennen und ein drittes Mal gewinnen wolle. Im stark besetzten Frauenfeld fällt den Protagonisten die Prognose schwer. Luminita Zaituc, 39 Jahre, fühlt sich "ganz gut", Europameisterin Ulrike Maisch, 30 Jahre, sagt, dass ihr Trainingslager "mal hü, mal hott" gelaufen ist. Und: "Ich werde Gas geben.