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Mein Jubiläumslauf

Mein Jubiläumslauf

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Gestern Abend rief mein Laufpartner an und sagte, dass er heute nicht laufen könnte. Er ist erkältet. Eigentlich laufen wir immer zusammen. Na gut, dann muss ich halt alleine laufen. Und dann fiel mir ein, dass ich ja vor ein paar Tagen Jubiläum hatte. 6 Monate Laufen. Das muss gefeiert werden. Und wie feiert ein Läufer? Genau - mit Laufen. So habe ich beschlossen, heute Morgen meinen Jubiläumslauf zu starten und die für „irgendwann diesen Winter“ geplante 15 km Strecke anzugehen. Schön flach, schön langsam. 7 min/km ist das Tempo, das ich mir auf diese Strecke zutraue. Würde eine Zielzeit von 1:45 h ergeben.


Eine Stunde und fünfundvierzig Minuten? So lange bin ich noch nie gelaufen, und so weit auch noch nicht. Die hügeligen 11,1 km in 1:19 h vom letzten Samstag waren bisher das Höchste. Aber da war hinten raus auch noch Luft. Also will ich es probieren, und ich freue mich darauf.


Um 4.50 Uhr klingelt der Wecker, um 5.00 Uhr verlasse ich das Haus mit einer Banane und einem Becher Wasser im Bauch. Wenige Minuten später bin ich am virtuellen Start und laufe los. Es ist dunkel, aber ich kann meine Umgebung gut erkennen. Und die ersten Kilometer sind ein wenig zäh, die Beine schwer. Ich weiß nicht, ob ich das durchhalte. Mein Tempo kann ich nur schätzen, da ich lediglich eine einfache Stopuhr habe. Aber ich bin nicht zu schnell, das fühle ich. Also weiter, durch den Wald, über die Amper, dann am Amperkanal entlang. Scheinbar endlos geradeaus.


Nach etwa 5 oder 6 Kilometern merke ich plötzlich, dass ich lächle. Davon habe ich hier im Forum mal etwas gelesen – lächelnd laufen. Es funktioniert, aber nicht, weil ich mir einrede, es tun zu müssen. Das Lächeln ist einfach da und ich freue mich darüber. Auf einen Schlag wird mir bewusst, was ich schon eine ganze Weile fühle. Ich laufe längst nicht mehr nur, weil ich abnehmen möchte. Ich laufe, weil es mir Freude bereitet! Und das hier ist mein ganz persönlicher Jubiläumslauf, nur für mich. Und ich genieße ihn, genieße die Stille und die Einsamkeit. Freue mich über meine Fortschritte. Ist es wirklich erst ein halbes Jahr her, dass ich nach wenigen hundert Metern eine Pause machen musste, weil ich entweder keine Luft mehr bekam oder meine Schienbeine derart schmerzten, dass an weiterlaufen nicht zu denken war? Ja, das ist erst ein halbes Jahr her. Und heute will ich 15 Kilometer am Stück laufen. Ohne Pause. Ein gutes Drittel davon habe ich hinter mir, und es läuft jetzt prima.


Ungefähr bei Kilometer 9, ich bin inzwischen auf der anderen Seite der Amper auf dem Weg zurück, folgendes Szenario: links neben mir fließt die Amper über ein kleines (natürliches?) Wehr, rechts neben mir liegt ein kleiner See. Vor mir zeigt sich zaghaft das erste Tageslicht. Der erste Vogel zwitschert, irgendwo schnattert eine Ente. Ja gibt es denn etwas schöneres? Schon, aber nicht viel... Da ist es wieder, das Lächeln.


Nach 11 Kilometern betrete ich wieder bekannte Laufstrecke – noch 4 km. Jetzt weiß ich, dass ich es schaffen werde, auch wenn ich inzwischen etwas mit ermüdenden Beinen kämpfe. Aber das nimmt mir jetzt niemand mehr. Ich laufe also tapfer weiter, und dann ist er da – der virtuelle 15-km-Zielstrich. Die Uhr zeigt 1Std.42 min27sek, aber ich halte sie nicht an. Genau so wenig wie mich selbst. Ich wollte die 15 Kilometer, die habe ich. Aber plötzlich will ich auch die 1:45 Stunden. Und weil das nicht mehr weit ist und ich das noch locker (!!!) in den Beinen habe, laufe ich weiter, sogar noch einen kleinen Berg hoch. Nach 1:45:08 stoppe ich die Zeit und gehe die letzten paar hundert Meter nach Hause. Was jetzt passiert, kann ich eigentlich nicht beschreiben. Das Lächeln ist zurück. Aber ist das noch ein Lächeln? Nein – DAS ist ein Glücksgefühl der besonderen Güte. Ungefähr so, wie ich es bisher nur bei den Geburten meiner Kinder erleben durfte... Herzlichen Glückwunsch. Zu der Entscheidung zu laufen. Heute und vor 6 Monaten.


P.S. An alle, denen das jetzt zu lang war, und vielleicht auch zu selbstgefällig: Entschuldigung. Aber ich musste euch das einfach schreiben, weil ich sonst geplatzt wäre.
Viele Grüße,
Maik
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Hallo kami76,

das war weder zu lang noch zu selbstgefällig - das war einfach nur toll! :daumen: Großartig, was du in dem halben Jahr erreicht hast! Und großartig, daß du die erarbeiteten und verdienten Glücksgefühle so in Worte fassen kannst! Das Laufen ist für dich zum Selbstzweck geworden, nachdem es ursprünglich nur ein Mittel zum Abnehmen gewesen ist. Und dafür wurdest du mit einem fantastischen Jubiläumslauf belohnt, der auch noch zwei neue Erfolgserlebnisse brachte. Meinen allergrößten :respekt: für deine Leistung und alles Gute für deine weitere "Laufbahn"!

LG Iris :hallo:
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Oh wie schön!!!!
Es war toll, das zu lesen!! :daumen:
Gratulation zum Jubiläum und auf dass noch viele solcher Glücksläufe folgen mögen!

Gruß, Wim
Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen. (Kurt Tucholsky)
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Schon fast Poesie...

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Sehr schöner, unter die Haut gehender Bericht (wobei der Ausdruck "Bericht" dem Inhalt nicht gerecht wird)... :daumen:

Gibt einem beim Lesen das Gefühl dabei zu sein, toll.

Gratuliere! (zum Erfolgserlebnis und zur Schreibe).

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Hi, ich gratuliere dir, war einfach nur super! Hat man sich beim Lesen so richtig dabei gefühl!

Weiter so! :daumen:
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Hallo liebe Leser,

ich danke euch für´s Lesen, und ganz besonders für eure Glückwünsche! Das gibt dem Erlebnis noch eine besondere Würze. Und es ist das Schöne am LA-Forum: lauter Gleichgesinnte. :nick:

Ich wünsche euch auch viel Erfolg für eure Ziele!
Viele Grüße,
Maik
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Hallo Kami76 :daumen:

Danke für deinen tollen Erlebnisbericht. Durch so tolle Berichte hier im Forum hole ich mir immer Motivation für den nächsten Lauf (der innere Schweinehund darf keine Chance bekommen). Ich hoffe, das ich in 3 Monaten auch so tolle Erfahrungen mit dem Laufen machen kann.
Dein Bericht trägt bei mir dazu bei, nicht aufzugeben sondern einfach die Schuhe anzuziehen und loszulaufen.

Auch von mir nochmals Respekt zu deiner tollen Leistung, nach 6 Monaten. Es list sich auch so, als hättest Du noch große Reserven gehabt. Ich glaube das wir in 3 Monaten lesen können das Du einen persönlichen HM gelaufen bist in einer Zeit um die 2 Stunden.
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http://freenet-homepage.de/lauftagebuch/03c1989b09103a004/index.html

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Hallo Djävul-Löpare,
Ich hoffe, das ich in 3 Monaten auch so tolle Erfahrungen mit dem Laufen machen kann.
Ja, das wünsche ich Dir! :daumen:
Ich glaube das wir in 3 Monaten lesen können das Du einen persönlichen HM gelaufen bist in einer Zeit um die 2 Stunden.
Einen HM möchte ich schon laufen, auch gerne unter 2 Stunden. Aber erst im April. Man soll es ja nicht übertreiben, und schließlich möchte ich noch lange Spaß am Laufen haben.
Viele Grüße,
Maik
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Es gibt Tage bzw. Läufe, da muss man vor Freude laut Jauchzen, so ist das eben. Und genau das macht den Genuss aus, den keiner, der nicht läuft, nachvollziehen kann. Juchuuuuuuuu! :geil:

Freudige Grüße,
3fach

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Eigentlich ist es ja kein Bericht - sondern eine Motivationspritze :D
Freut mich, dass mein eigenes Erfolgserlebnis auch anderen helfen kann!
Ach ja zum Jubiläum sag ich mal :party2: :party:
Danke!
Es gibt Tage bzw. Läufe, da muss man vor Freude laut Jauchzen, so ist das eben. Und genau das macht den Genuss aus, den keiner, der nicht läuft, nachvollziehen kann. Juchuuuuuuuu! :geil:
Ganz genau!
Viele Grüße,
Maik
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Herzlichen Glückwunsch, kami76.

Es war wunderschön, dein Lauferlebnis lesen, und so mit dir teilen zu dürfen.

Und, du sprichst mir so aus dem Herzen. Zwar bin ich noch weit entfernt von deiner Leistung, aber das Gefühl kenne ich auch und darf ich immer wieder erleben.
Welch ein Glück.

Danke,
Heike

Ich hab noch viel zu tun!

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Hallo liebe Foris,

heute muss ich mich noch mal melden. Mein erklärtes Ziel ist ja der HM am 20. April 2008 sub 2 h. Heute Morgen bin ich meine 10 km Trainingsrunde in 59:23 gelaufen und war ziemlich am Limit (bei 2,5 km bergauf laufen gegen einen ziemlich fiesen Wind und späterer Endbeschleunigung wohl auch kein Wunder).
Nun wiege ich ja immer noch etwas über 100 kg (100,6 heute). Onkel Greif sagt, wenn ich noch 12 kg abnehme, kann ich die 10 km plötzlich in 53:19 min laufen. Die 12 Kilo sind jetzt mein Ziel bis Ende Januar. Meint ihr, dass ich bis dahin mit parallel gezieltem sub 50 Training diese sub 50 auch erreichen kann? Damit möchte ich dann ab Februar in die gezielte HM-Vorbereitung einsteigen. Komme ich mit 30 Wochen-km (1x 15 langsam, 1x 10 mittel, 1x 5 schnell) aus? Oder soll ich schon mit Intervallen anfangen? Fragen über Fragen. :confused:

Ich weiß, das sind für einen Anfänger hoch gesteckte Ziele. Aber ich weiß auch, dass ich das drauf habe (Gewichtsreduktion vorausgesetzt). Ich bin dankbar für jeden Hinweis und möchte mich dafür schon mal im Voraus bedanken!
Viele Grüße,
Maik
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Na, erstmal herzlichen Glückwunsch zu den Kilos, die Du schon verloren hast! Aber in zweieinhalb Monaten nochmal 12,5kg runter halte ich doch für ein sehr ehrgeiziges Ziel - und das über Weihnachten? Wie lange hast Du denn gebraucht, um die 17kg bis jetzt runter zu bekommen? Dabei solltest Du auch noch beachten, dass 1kg von 100 natürlich prozentual mehr ist, als 1kg von 118. Dein Grundumsatz wird auch mit jedem Kilo, dass Du verlierst, niedriger. Es wird also immer schwieriger ein Kilo abzunehmen, je leichter Du wirst. Nimm Dir nicht zuviel vor - sonst bist Du nur enttäuscht, wenn es nicht klappt.

Schneller werden erscheint mir da schon fast einfacher - wobei ich dazu nicht soviel sagen kann (dafür laufe ich noch nicht lange genug)...

Grüße,

Markus

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Hallo Markus,

vielen Dank für die Glückwünsche.
Aber in zweieinhalb Monaten nochmal 12,5kg runter halte ich doch für ein sehr ehrgeiziges Ziel - und das über Weihnachten?
Im Moment habe ich das Gefühl, dass mich beim Abnehmen gar nichts aufhalten kann. Schon gar nicht Weihnachten.
Wie lange hast Du denn gebraucht, um die 17kg bis jetzt runter zu bekommen?
Etwa 6 Monate. Wobei es erst in den letzten Wochen so richtig purzelt... *rauskram*... 8 Kilo seit dem 4. Oktober.
Nimm Dir nicht zuviel vor - sonst bist Du nur enttäuscht, wenn es nicht klappt.
Ich weiß natürlich nicht, ob ich in dem Tempo weiter abnehmen kann. Hoffe aber, dass es mit gesteigerten Umfängen und der jetzigen Ernährungsdisziplin (einfach abends weniger essen) klappt.
Schneller werden erscheint mir da schon fast einfacher
Das ist das Ziel. Dann darf es mit dem Abnehmen auch ruhig etwas länger dauern.
Viele Grüße,
Maik
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Hallo kami,

dein Bericht ist sicher einer der wichtigsten Beiträge in dieser Rubrik. Er beweist, dass es geht. Er zeigt auch was innerhalb eines halben Jahres möglich ist. Du hast dich frei gelaufen. Aus Kampf wurde Lust. Aus einem Mittel zum Zweck entwickelte sich eine Bereicherung deines Lebens.

Welche (-r) Motivationssuchende würde deine Zeilen nicht begierig aufsaugen?

Toll! :daumen: :daumen: :daumen:

Gruß Udo

Ps: Bin gespannt wie du dich weiter entwickelst :nick:
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Hallo Udo,

danke.

Eine Bereicherung meines Lebens - ja, das trifft es sehr gut. Du hast immer sehr schöne Vergleiche.

Hast Du auch einen Tip für mein HM-Training bzw. die Vorbereitung darauf (siehe Post Nr. 13)? Ist es für einen HM unter 2 Stunden nötig, die 10 unter 50 min laufen zu können (hab ich mal gelesen)? Wo liegt die Grenze?
Viele Grüße,
Maik
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Hi, kami,
sowas will ich auch!!!
Neid!!! Nein, bald schaff ich das!

LG
Maie

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Hallo kami,

Gewichtsreduzierung und die Verbesserung von Ausdauerleistung sind zwei Ziele, die sich durchaus gemeinsam verwirklichen lassen, die sich sogar gegenseitig begünstigen. Wer abnimmt, muss weniger Masse bewegen, wer weniger Masse bewegt wird ausdauernder. D.h. er kann schneller und / oder länger laufen. Die durch sportliche Betätigung mögliche Erhöhung von Muskelmasse spielt im Ausdauerbereich eher eine geringe Rolle. Lass mich ein wenig im Grundsätzlichen verharren: Zwischen Abspecken und Sport im Allgemeinen oder Ausdauersport oder Laufsport oder noch genauer Langstreckendauerlauf gibt es nur eine mittelbare Beziehung und keine unmittelbare Abhängigkeit. Verständlicher: Wer läuft nimmt nicht automatisch ab. Dafür muss er eine weitere dauerhafte Verhaltensänderung herbei führen. Er muss jenes Verhalten unterlassen, am besten das Gegenteil davon tun, das ihm das Übergewicht eingebracht hat. In der Regel heißt das (wenn das Übergewicht nicht auf einer Stoffwechselerkrankung beruht) richtig essen und trinken (richtig kann sein: weniger und / oder anders zusammen gesetzt).

Dennoch unterstützt der Sport die Gewichtsreduktion, weil man Kalorien dabei verbraucht, die unter Umständen nicht in gleicher Menge anschließend wieder zugeführt werden. Vor allem aber weil er den Stoffwechsel des Menschen aktiviert. Der Grundumsatz des Energieverbrauches erhöht sich leicht. Um das Abspecken so gut wie möglich zu unterstützen, sollte man als Läufer wissen welche Art zu laufen dafür die beste ist. Das ist eben nun genau nicht der langsame Trab mit niedrigen Pulswerten, wie es gebetsmühlenhaft noch immer von vielen wiederholt wird. Selbst Fachleute im Fitnessbereich geben diesen Irrglauben noch immer unreflektiert weiter. Manchmal vielleicht auch entgegen besseren Wissens, weil sie daraus wirtschaftliche Vorteile schöpfen wollen - ohne dies nun weiter zu vertiefen.

Je schneller, je härter, besser: je intensiver man trainiert, umso höher ist der Kalorienumsatz und umso besser wird das Abspecken unterstützt. Dafür gibt es zwei Gründe: Nummer eins ist klar: Schneller, härter, intensiver verbraucht mehr Kalorien. Nummer zwei ist jedoch fast wichtiger: Durch intensive Reize entsteht in der Muskulatur der sogenannte "Nachbrenneffekt" in weit höherem Maße, als durch langsamen Trab. Nachbrenneffekt bedeutet, dass die Muskulatur noch lange nach der eigentlichen Belastung in erhöhtem Maße Energie verbraucht. Man hat bei sehr harten Belastungen nachgewiesen, dass 48 Stunden oder noch länger der Energieverbrauch der Muskulatur erhöht war. Mit anderen Worten: Du hockst "faul" auf der Couch und dein Körper verbraucht trotzdem zusätzlich Kalorien.

Problem: Einsteiger können nicht so schnell, hart bzw. intensiv trainieren. Fortgeschrittene nur teilweise. Wer es dennoch tut, missachtet die erforderlichen Anpassungsvorgänge seines Körpers und wird sich vermutlich verletzen.

Relativierung: Wer beinhart trainiert, kann morgen und ev. übermorgen nicht wieder laufen. Wer langsam läuft, dafür länger, kann das ggf. durchaus. Deshalb ist es sicher falsch, dreimal pro Woche knochenhart zu bolzen, selbst wenn der Betreffende das könnte.

Es läuft also auch im Sinne des Abspeckens auf ein ausgewogenes Trainingsprogramm hinaus, das mit verschiedener Reizsetzung arbeitet:
  • 1x schnell/hart bzw. intensiv und kurz
  • 1x lange und langsam
  • 1x mittellang und in der Geschwindigkeit / Intensität zwischen den anderen beiden Läufen.
Jetzt spezifisch zu kami76:

Weniger Gewicht macht Läufer schneller. Nach meiner Kenntnis jedoch nicht in dem von dir angegebenen Umfang. Ich habe Zahlen im Kopf, die sich auf den Marathon beziehen: Hier bedeutet ein Kg weniger Körpermasse einen Zeitgewinn von 1 bis 2 Minuten. 12 Kg weniger würden also zu einer Marathonzeit von 12 bis 24 Minuten unter dem bisherigen Wert führen, wenn man am Training sonst nichts verändert. Auf die 10 km-Distanz umgerechnet kommt da aller Wahrscheinlichkeit nach weniger bei raus, als die von dir angedeuteten ca. 6 Minuten. Das Ganze ist natürlich statistisch zu sehen. Im Einzelfall kann es anders ausgehen. Insbesondere wenn das Übergewicht drastisch ist. Zum Beispiel so groß, dass die Massen den Läufer im Bewegungsablauf behindern. Dann können 12 kg weniger durchaus auch mehr bringen, wenn er sich plötzlich freier bewegen kann.

Bis zum Einstieg in den HM-Plan entspricht der von dir beabsichtigte Trainingsplan pro Woche nach meiner Auffassung genau dem, was 1. die Gewichtsabnahme und 2. die Ausdauerleistung verbessern wird. Deine Angabe deckt sich mit dem was ich oben grundsätzlich ausführte. Allerdings sind bei der Gestaltung der kurzen, schnellen Trainingseinheit verschiedene Wege möglich und sinnvoll. Und du solltest alle drei der folgenden Möglichkeiten wechselweise trainieren:
  • Dauerlaufmethode (85-90%)
  • Fahrtspiel (Training, in dem du immer wieder mal die Geschwindigkeit nach Gusto erhöhst und so den Puls hoch jagst, oder: Lauf in Gelände mit Steigungen, wobei die Steigungen zur höheren Belastung genutzt werden)
  • Intervalltraining (Mehrfache Wiederholung schneller Laufabschnitte [400 oder 800 Meter oder Ähnliches], dazwischen "lohnende Pausen" [Puls erholt sich nicht vollständig, sinkt etwa bis auf 75-80%, bei 800m-Intervallen sollte das nach etwa 400-600Meter so weit sein]. Nur so schnell laufen, dass alle Intervalle im selben Tempo absolviert werden können. Und nur so viele Intervalle, dass nach dem letzten das Gefühl besteht "Einer ginge noch".
Das Intervalltraining will ich nicht weiter präzisieren, weil du dafür Gefühl entwickeln musst. Wichtig: Fang ganz vorsichtig an, fühle wie dein Körper darauf reagiert. Geh's vom Tempo her in den Intervallen nicht zu schnell an und setz dir anfangs keine hohe Wiederholungszahl. 6 x 400 oder 3, 4 x 800 m würden zum antesten - in noch nicht so hohem Tempo - erst mal reichen. Du wirst fühlen, was dein Körper geben kann, was ihm bekommt. Bei dieser Aussage stütze ich mich auf dein anscheinend bereits entwickeltes Laufgefühl, das sich für mich in deinen Sätzen "Ich weiß, das sind für einen Anfänger hoch gesteckte Ziele. Aber ich weiß auch, dass ich das drauf habe (Gewichtsreduktion vorausgesetzt)." manifestiert.

Alle drei Varianten fürs Tempotraining "reizt" den Körper immer wieder auf andere Weise, was im Sinne der Trainingslehre "Setzen unterschiedlicher Reize" den Erfolg erhöhen kann.

Natürlich könntest du einstweilen einen Sub50-10km-Trainingsplan nutzen. Nötig ist das meiner Meinung nach aber nicht. Dadurch setzt du dich unnötig unter Druck, zumal in den vor uns liegenden Wochen das Wetter häufig durch bestimmte Trainingseinheiten zu exakt vorbestimmten Tagen einen Strich machen wird. Da bist du ohne festen TP mit der oben dargestellten Systematik flexibler. Vor dem Einstieg in den HM-TP solltest du dich noch einmal über 10km testen und davon dann die Auswahl des HM-TP für eine bestimmte Zielzeit abhängig machen. Insgesamt bringt es jedoch nichts, sich selbst die Messlatte zu hoch zu hängen. Die Enttäuschung über eine nicht erreichte Zielzeit wiegt vielleicht schwerer, als die Einbuße an möglicher Ausdauerentwicklung, weil du nach einem TP mit längerer Zielzeit trainiert hast. Außerdem solltest du nicht vergessen, dass dein Laufeinstieg erst ein halbes Jahr her ist und dein Körper beständig daran arbeitet, sich dem anzupassen was du mehrmals pro Woche von ihm verlangst.

Jedenfalls wünsche ich dir, dass es ähnlich erfolgreich und mit viel Spaß für dich weiter geht :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Hallo Maie,
sowas will ich auch!!! Neid!!!
= falsche Einstellung!
Nein, bald schaff ich das!
= richtige Einstellung! Viel Spaß und Erfolg dabei! :daumen:
Viele Grüße,
Maik
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Hallo Udo,

vielen herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort! Toll, wieviel Zeit und Mühe Du immer wieder investierst, um uns zu helfen. Das muss mal wieder gesagt werden, denn es ist keineswegs selbstverständlich. Vieles ist mir jetzt klarer, und die Antwort hat mir geholfen, meine weitere Vorgehensweise zu strukturieren. Auf einen Trainingsplan werde ich (noch) verzichten, statt dessen das Training so gestalten, wie ich es schon angedacht hatte.
Die Zeitverbesserung durch Gewichtsabnahme hat der Greif´sche kg-Zeit-Rechner so ausgespuckt. Mal sehen, wie sich das entwickelt.

Übrigens: Die Aussage "dass ich das drauf habe" würde ich im Nachhinein gerne in "dass ich das schaffen kann" umwandeln (das trifft es besser).

Eines kann ich Dir noch versprechen: Sollte ich feststellen, dass ich die sub 2h im HM noch nicht erreichen kann, dann werde ich mir das auch eingestehen und mit einer höheren Zeit zufrieden sein. Laufen soll doch schließlich Spass machen. Und man braucht ja auch ein Ziel für den 2. HM.

Nochmals danke für Deine Hilfe! :daumen:
Viele Grüße,
Maik
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