Wer liest von euch den neuen Murakami und was haltet ihr davon? Dank Noro-bedingtem Ausfall die letzten Tage hab ich am 2. und 3. Tag reichlich Zeit zum Lesen gehabt (neben noch reichlicherem Schlafen).
Wer sich noch nicht entschließen konnte zu diesem Buch, mag vielleicht einige Zitate lesen, Buchstellen, die mir besonders gut gefallen und das Buch für mich abgerundet haben.
[...Triathlon...]
Natürlich waren die Erfahrungen körperlich oft schmerzhaft, und es gab Momente, in denen ich am liebsten alles hingeschmissen hätte. Aber 'Schmerz' scheint eine Voraussetzung für diesen Sport zu sein. Denn wer würde sich, wenn kein Schmerz damit verbunden wäre, die Mühe machen, an einem Triathlon oder Marathon teilzunehmen? Beides Sportarten, die viel Zeit und Energie erfordern. Wir wollen den Schmerz überwinden, das Gefühl haben, am Leben zu sein, oder zumindest teilweise herausfinden, was das heißt. Die Qualität des eigenen Lebens basiert nicht auf Vorgaben wie Zeit, Zahl oder Rang, sondern wird am Ende (wenn alles gut geht) im Erwachen eines Bewusstseins für den flüssigen Ablauf des Handelns an sich erreicht.
[...]
Dann würde jeder den Blick auf den nächsten Wettkampf richten und still auf seine Weise an seinem Platz sein gewohntes Training wieder aufnehmen. Von außen betrachtet - oder von hoch oben - mag ein solches Leben keine besondere Bedeutung haben, fruchtlos oder sogar völlig nutzlos erscheinen, aber das spielt für mich keine Rolle. Auch wenn es keine größere Bedeutung hat, als sinnlos Wasser in einen alten Topf mit einem Loch zu gießen, bleibt zumindest die Mühe, die man sich gegeben hat. Ob nun etwas dabei herausgekommen ist oder nicht, ob es schick ist oder nicht - am Ende zählt nur das, was man nicht sehen kann (sondern im Herzen fühlt). Etwas wirklich Wertvolles kann man oft nur durch scheinbar sinnloses Tun erreichen. Doch auch Taten, die nutzlos erscheinen, müssen nicht unbedingt dumm oder unsinnig sein. So denke ich. Als Mensch, der diese Erfahrung gemacht hat.
[...]
Persönliche Bestzeit, Rang, Äußerlichkeiten und das Urteil anderer - all das ist zweitrangig. Für einen Läufer wie mich zählt vor allem, die Ziele, die ich mir selbst gesteckt habe, mit meinen Beinen zu erreichen. Wenn ich alle Kraft geben, die ich zu geben habe, alles ertrage, was ich ertragen kann, bin ich auf meine Weise zufrieden. Aus all meinen Fehlern und Freunden ziehe ich eine konkrete Lehre - sie kann ruhig kleine sein, aber konkret muss sie sein. Und mit der Zeit, mit den Jahren, in denen ich einen Wettkampf nach dem anderen absolviere, werde ich am Ende einen Ort erreichen, an dem ich zufrieden bin. Oder vielleicht erhasche ich ja auch nur einen Blick darauf (ja, das ist ein passender Ausdruck).
(aus Haruki Murakami: 'Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede', 2008, Dumont-Verlag)
_____________________________
Ich mag Murakamis Schilderungen, Gedanken über sein Leben, was Laufen in seinem Leben bedeutet, die Verbindung zum Schreiben. Es ist sicher ein 'ungewöhnliches' Laufbuch, sofern es 'gewöhnliche' Laufbücher überhaupt gibt.
Schönes WE euch allen.
Sabine