Geplante Bestzeit, kann das gut gehen?

Heute ist nun mein erster HM in 2008, mein dritter überhaupt.

Nachdem ich vorher eine Woche krank war (Seitenstrangangina und Kehlkopfentzündung), bin ich froh, daß ich am Donnerstag noch einmal vorher laufen konnte und gerade rechtzeitig zum Lauf gesund bin.

Nun ist die Frage, wie gut man so etwas wegsteckt. Ich habe in den letzten Monaten mein Trainingspensum extrem erhöht. Fühlte mich topfit. Meine alte HM-Bestzeit(1:47:32) müsste also auf jeden Fall fallen.

1:45 soll auf jeden Fall drin sein. 1:40 habe ich mir vor der Krankheit erhofft.

Also denke ich mir, ich gehe mittleres Risiko und laufe auf 1:42 los. Wenn ich nach 12 km noch gut drauf bin, lege ich noch ein paar Scheite nach. Wenn nicht, versuche ich das Tempo durchzuhalten und wenn gar nichts mehr zu gehen scheint, krabbel ich auf dem Zahnfleisch in hoffentlich unter 1:45 ins Ziel.

Schnell noch ein Zwischenzeitenarmband ausgedruckt und mit Tesafilm verstärkt.

Auf der Hinfahrt pushe ich mich mit schwerem Metall in Kampfeslaune.
Ich komme in Duisburg an und bin begeistert. Das Wetter ist einfach geil. leicht bewölkt bei viel Sonne, aber nicht zu warm.

Nach einem kurzen Hallo mit einigen anderen Läufern aus dem Laufforum (alle sind heute besonders gut gelaunt), laufe ich mich etwas warm und gehe zum Start.

Fast 3000 Läufer reihen sich ein. Ich fühle mich super, endlich wieder Halbmarathon. Der Startschuss fällt und wenig später setzt sich das Läuferfeld um mich herum in Bewegung. Die Geschwindigkeit passt. Mein geplanter Schnitt liegt bei 4min 50s pro Kilometer.
Nach einem Kilometer treffe ich diese Zeit fast auf die Sekunde genau. Und dass obwohl bei einem so großen Läuferfeld, ständiges Überholen unvermeidlich, aber manchmal gar nicht so einfach ist.

Der Läufer an sich lästert ja gern über Nordic Walker, die angeblich immer nebeneinander walken und fast unüberholbar sind. Läuft er dann mit Freunden bei einer Veranstaltung, nutzt der Läufer selbstverständlich die ganze Breite der Strasse. Wer überholen will. kann ja über den Grünstreifen laufen...

Mich bringt jedoch heute nichts aus der Ruhe. Ich nutze vor mir laufende Gruppen, um mich selber einzubremsen und mein Tempo nicht zu übertreiben (wie bei meinem letzten 10km-Lauf).
Ich genieße die Sonne, das Laufen, den herrlichen Tag.
Bis Kilometerschild 9 schaue ich regelmäßig auf mein Zeitenarmband. Ich bin etwa eine Minute zu schnell, fühle mich aber so gut, dass ich mich nur leicht bremse. Dann löst sich das Armband in zwei Teile. Ich hätte es wohl von beiden Seiten mit Tesafilm verstärken sollen. Wieder was gelernt für den nächsten Lauf!

Ich brauche das Armband aber nun nicht mehr, habe meinen Rhytmus gefunden. Laufe einfach nach Gefühl und schaue nur selten auf die Uhr.
Bei km15 fällt mir auf, dass ich vielleicht sogar noch ein 1:40h laufen kann. Die meisten Läufer vor mir werden etwas langsamer (oder ich schneller). Ich bin fast nur noch am überholen. Ein schönes und sehr motivierendes Gefühl.

Ich weiß aber auch, dass der schwerste Teil noch vor mir liegt. Langsam fühle ich, wie meine Waden sich leicht verhärten. Ich versuche locker zu laufen, was jetzt leichter gesagt als getan ist, denn ein Wadenkrampf wäre nicht das, was ich jetzt gerade gebrauchen könnte!

Außerdem habe ich mir den Streckenverlauf vorher angesehen und dabei bemerkt, dass der Veranstalter uns fast bis zum Ziel laufen lässt und dann, wenn man das Ziel schon sehen kann wieder davon weg und eine weitere kleine Runde drehen lässt.

Im Hinblick auf den nächsten Marathon ist das sicher ein gutes Training der Willenskraft.
Im Hinblick auf die Motivation in diesem Lauf ist es aber einfach nur Sch...wer.

Ungefähr bei Kilometer 16 überholen mich zwei Läufer. Ich höre, dass der eine heute vor dem HM schon einen anderen Lauf mitgemacht hat. Ich frage ihn, ob er dann heute abend noch Marathon läuft. Da erzählt mir sein Freund, dass er das zwar nicht tut, aber nächste Woche 100km läuft.
Ich denke mir da spiel ich doch mal Fuchs und häng mich an die beiden ran und lasse mich ziehen so lange ich mithalten kann. Wer 100km läuft, kann bestimmt auch konstantes Tempo halten. Ich frage vorsichtshalber, ob sie was dagegen haben, und dann laufe ich einfach nur hinterher.

Um 1 Stunde 40 zu laufen muss ich noch ein paar Sekunden gut machen und so langsam geht mir doch die Kraft aus.

Viel denken kann ich jetzt nicht mehr. Anderthalb Kilometer vorm Ziel schwächelt einer von meine beiden "Zugpferden". Ich überhole, denn ich möchte alles versuchen die Traumzeit von 1:40 zu unterbieten. Ich muss mir aber eingestehen, dass meine Power heute in diesem Tempo nur für 20 km gereicht hat. Immer wieder nehme ich ein bißchen Tempo raus um überhaupt durchzuhalten. Dann versuche ich wieder schnellere Schritte.

Fünfhundert Meter vor dem Ziel überholen mich die beiden wieder. Ich würde gern nochmal dranbleiben, aber ich schaffe es nicht mehr.

Egal! Ich bin so oder so auf einer für mich tollen Bestzeit und vor allem: Ich bin gleich im Ziel!

Auf den letzten Metern säumen Zuschaer auf beiden Seiten die Strecke. Normalerweise motiviert mich das und ich kann nochmal zu legen. Heute bin ich so erschöpft, dass ich sie kaum richtig wahrnehme. Ich habe den totalen Tunnelblick. Aber...ich sehe das Ziel.

Im Ziel bin ich völlig fertig, aber glücklich. Ich schaue auf die Uhr. Die offizielle Zeit lautet 1:40:10.

Ich freu mich über diese Zeit. Über 7 min die Bestzeit verbessert. Das werde ich wohl nie wieder schaffen.

Aber die 1:40 unterbiete ich noch dieses Jahr. Und zwar im Oktober in Köln. Da bin ich sicher...

Hallo Notis,

ein sehr schöner nachvollziehbarer Bericht !

Und so ne tolle Bestzeit - Mönsch wenn ich in der Region erst wäre.
Das hast Du toll gemacht.

GLÜCKWUNSCH !


Und die 1:40 knackst Du dieses Jahr mit Sicherheit. So sicher wie ich die 2:00 h dieses Jahr noch angreife.

ATTACKE !

- super Lauf !

Die 1:40 fallen beim nächsten Mal !

Mannomann, da ist aber einer schon gut drauf. Und das nach einer Woche Zwangspause. Aber da hat der Körper wenigstens ein bisschen Ruhe gehabt, denn wenn der Läufer ihm sie nicht gibt (welcher Läufer macht das schon ?), dann holt er sie sich.

Ach so : GLÜCKWUNSCH zur Bestzeit

Gut gemacht, alter Grieche

Herzlichen Glückwunsch, und schöner Bericht!

Sehe ich auch so, Glückwunsch auch von mir!

gratuliere dir sehr herzlich! :-))

Muss mich definitiv den Gratulanten anschließen. Es ist ein sehr schöner Bericht und eine tolle Zeit. Mit der Basis knackst du die 1:40h definitiv. Viel Erfolg.