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Freiburg Marathon 2008 - oder - der verkrampfte Versuch, eine neue PB zu erreichen

Freiburg Marathon 2008 - oder - der verkrampfte Versuch, eine neue PB zu erreichen

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Freiburg Marathon 2008
- oder -
der verkrampfte Versuch, eine neue PB zu erreichen


Prolog
Samstag, 22. März 2008: Endlich, nach fast 2 Wochen Bestellfrist, sind meine neuen ASICS DS Trainer Grösse 13 eingetroffen. Ultraselten und vermutlich direkt aus Japan eingeflogen. Ein erster kleiner Testlauf zeigt gute Ergebnisse im Vergleich mit meinen alten gedämpften Landstrecken-Latschen. Ich sehe positiv dem Halbmarathon in Freiburg entgegen.

Sonntag, 30. März 2008: Ich verwende meinen üblichen Sonntags-Longjogg für Laufstilübungen. Stichwort: Schritte wie ein Kenianer. Also immer schön konzentrieren, nach hinten abzudrücken und das nach vorne gehende Bein ignorieren - es wird schon am rechten Ort aufkommen. Fühlt sich super an und macht Spass. Auf den letzten Kilometern fängt die Achillessehne an zu zwicken und weil ihr das wohl Spass macht hört sie auch gar nicht mehr damit auf. Auch am Abend nach dem Dehnen nicht.

Dienstag, 1. April 2008: Training mit dem Verein. Immer schön locker im 5:15 bis 5:30er Schnitt knapp 18 Kilometer weit. Die Sehne ist wohl müde und macht sich darum auch kaum bemerkbar. Die Tage danach bis zum Sonntag versuche ich nicht wie üblich die Treppen hochzurennen und auch sonst meinen Bewegungsapparat zu schonen. Vielleicht versetzt das die Sehne ins Koma und ich kann am Wettkampf beschwerdefrei rennen.


Das Rennen
Sonntag, 6. April 2008: Der Wetterbericht verspricht 0-1° und Schneeregen. Flugs die langen Hosen, das dickere Oberteil und noch eine Laufjacke eingepackt. Man möchte ja nicht frieren. Dünne Handschuhe und eine Mütze finden auch noch den Weg in die Sporttasche. Als ich gegen 12:00 in Freiburg ankomme ist, ist schon viel los. Die Schlangen vor den einzelnen Anmeldeposten reichen fast durch die Halle. Ist besonders witzig wenn man sich nachmeldet und mehrmals voller Vorfreude in der falschen Schlange ansteht. Zum Glück ist die Schlange eine freundliche Schlange und klärt mich über meinen Irrtum auf. Leichte Ausschüttung von Stresshormonen zu bemerken.

Eintrag ins Notizbuch: Früher anreisen bei solch grossen Veranstaltungen

Es ist unterdessen halb Zwei, der Start in dreissig Minuten und ich trage immer noch meine Strassenkleidung. Das Auto steht beim IKEA. Naja, ein kleiner Spaziergang und flugs die Rennsachen angezogen. Die Strecke zurück zum Start nutze ich zum Einlaufen. Somit hat der Weg einen Sinn gefunden und muss sich nicht so nutzlos vorkommen.

Am Start hat es unglaublich viele Menschen. Ich bin eigentlich kein Wettkampf-Junkie sondern trainiere aus Spass an der Bewegung. Daher lassen sich meine Rennen in den letzten Jahren an zwei Händen abzählen und auch diese waren eher so Wald-Feld-Wiesen-Anlässe. Nun ja, einmal ist das erste Mal. Und das erste Mal ist heute. Also hüpfe ich rum und versuche meine Stresshormone von der Anmeldung auszuschwitzen. Das gelingt mir ganz gut, hauptsächlich weil jetzt die Sonne hervorkommt und der Moderator vor Begeisterung darüber fast sein Mikrophon verschluckt. Ich fühle mich etwas deplatziert mit meiner Winterbekleidung und lasse unauffällig meine Handschuhe und die Mütze in der Jackentasche verschwinden. Ein Mitläufer fragt mich noch nach einem Taschentuch. Er will unter 1:40 und ich unter 1:30. Er meint er will sich mal an mich dranhängen. Na denn. Ich wünsche ihm viel Glück beim Rennen und dann gehts auch schon bald los.

Eintrag ins Notizbuch: Traue keinem Wetterbericht und friere lieber als schwitze!

14:00: Der Start. Alles jubelt und dann jubelt es nicht mehr so sehr weil wir schon auf der Strecke sind und den Schnauf für was anderes gebrauchen. Nämlich für das Rennen. Den klassischen Anfängerfehler, vor lauter Aufregung viel zu schnell loszurennen mache ich nicht. Immer schön locker zwischen 4:05 und 4:10 sind wir unterwegs. Nach 2 Kilometern treffe ich Jean-Jaques vom LSVB. Wir plaudern kurz und rennen noch eine zeitlang nebeneinander. Dann verliere ich ihn aus den Augen. Aber lieber ihn aus den Augen verlieren als den Mann mit dem 1:30 Ballon. Der müsste zwar einen 4:15er Schnitt rennen aber vielleicht weiss er das ja nicht. Jedenfalls sind wir zügig unterwegs. Es geht ja auch geradeaus. Noch. Was mir nämlich nicht klar war: In Freiburg gehts hoch - und zwar bis zum Umkehrpunkt. Und der ist noch weit.

Eintrag ins Notizbuch: Höhenprofil lesen und Strategie anpassen

Die erste Zwischenzeit nehme ich bei KM5: 0:20:52. Das ist doch ganz OK. Naja, eigentlich ist es etwas zu schnell aber jetzte geht es eh aufwärts und dann lässt das Tempo nach. Kann ich ja dann auf dem Rückweg wieder gutmachen und die Beine etwas strecken. Wir laufen an vielen Bands vorbei die alle voller Begeisterung am musizieren sind. Die Zuschauer sind auch begeistert und ich bin es auch. Direkt vor mir rennt ein Typ mit einer Tibet-Fahne die er in der linken Hand hält. Und rennt dabei fast einen 4er-Schnitt. Nicht übel! Es geht jetzt durch die Innenstadt und danach dem Fluss entlang den Berg hoch. Ich treffe David vom LSVB und wir laufen die nächsten Kilometer zusammen. Er erzählt mir voller Begeisterung dass er einen 190er Puls habe. Aha!

KM10, nach 0:42:32 erreicht. Meine Beine fühlen sich etwas müde an und Herr Achilles ist wohl im Schlaf gestört. Jedenfalls zwickt es ein bisschen. Aber das wird ja gleich alles besser werden, denn wir nähern uns dem Wendepunkt, an dem wir bei 0:47:06 vorbeischiessen. Endlich geht es runter. Aber irgendwie werde ich nicht wirklich schneller. Im Gegenteil. Den nächsten Messpunkt bei KM15 passiere ich in 1:06:32. Meine Begeisterung kann sich irgendwie nicht mehr so begeistern und lässt es darum sein. An ihre Stelle tritt Herr Achilles und nimmt seinen Kollegen Wadenkrampf auch gleich noch mit weil es ja so schönes Wetter ist und zu zweit ist es ja immer geselliger als allein. Dave ist unterdessen davongezogen und ich beschäftige mich damit, in mich hineinzuhorchen. Nachdem es wider Erwarten schon wieder etwas den Berg hochging war auf der Kuppe die Luft raus. Ende. Ich beschloss, mich mit dem Bürgersteig anzufreunden und ein paar Meter zu gehen bis die Beine sich erholt haben. Danach war aber an meinen geplanten Schnitt nicht mehr zu denken und die erwartete PB von <1:30 in weite Ferne gerückt.

Die nächsten Kilometer waren dann ein Kampf zwischen Schweini, meinen Beinen und meinem Ego. Wenigstens das Ziel wollte ich erreichen. Eigentlich. Obwohl ich mit einem Taxi das Ziel ja auch erreicht hätte... Aber es gab kein Taxi. Und den direkten Weg zum Messegelände wusste ich auch nicht. Also verzichtete ich auf den DNF und beschloss, bis zum bitteren Ende durchzukrampfen. Teilweise gehend, teilweise laufend.

KM20 war dann in 1:35:02 erreicht. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Noch auf der Steigung zur Eisenbahnbrücke zog ich das Tempo an. Mein Heimweh war übermächtig und dann kam auch schon die Gerade zum Ziel ins Blickfeld. Nochmals alles gegeben und siehe da, der 5:15er Schnitt verwandelte sich in einen 3:36er beim Zieleinlauf. Auf die Uhr guckte ich da schon gar nicht, zu gross war die Enttäuschung. Später wagte ich einen Blick in die Laufdaten und da standen 1:40:07 auf dem Display. Ich hätte bei meinem Nach-Hause-Humpeln eher etwas um die 1:50 erwartet. Naja, ein kleiner Trost.

Eintrag ins Notizbuch: Gelernt habe ich heute aber trotzdem etwas: Kein überfüllter Stadt-Marathon mehr, keine Teilnahmen mit nicht 100% auskurierten Verletzungen und vor allem niemals dem Wetterbericht glauben!

Liebe Grüsse, Euer
Dominik
Dominiks Sportblog

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Das ist sehr humorvoll geschrieben und unterhaltsam nachzulesen, und für einen "richtigen" ersten Wettkampf auch noch ein ganz passables Ergebnis.

Aber einen weiteren Eintrag hätte ich noch für dein Notizbuch:
dominik_bsl hat geschrieben: Den klassischen Anfängerfehler, vor lauter Aufregung viel zu schnell loszurennen mache ich nicht. Immer schön locker zwischen 4:05 und 4:10 sind wir unterwegs.
...

Die erste Zwischenzeit nehme ich bei KM5: 0:20:52.

Notizbuch nicht beschummeln!

Denn das war am Anfang klar zu schnell. Du bist mit dem Tempo für 1:26 bis 1:28 losgelaufen, und das rächt sich. Beim nächsten Versuch klappt's bestimmt schon besser. Viel Glück!

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

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burny:

Da hast Du allerdings fast recht. Das Ziel war ja, unter 1:30 zu kommen und nicht 1:26... Besser wäre daher von Anfang an ein 4:10er bis 4:15er Schnitt gewesen. Nur: Früher hab ich den ersten Kilometer eher in 03:50 abgedüst. So gesehen bin ich auf einem guten Weg :) Im Herbst folgt dann wahrscheinlich der Versuch Nummer 2 für dieses Jahr. Dann mit sauberer Vorbereitung und viel in der Zwischenzeit wieder aufgebautem Selbstvertrauen, die 1:30 dieses Jahr doch noch zu knacken. Hab ja noch etwas Zeit bis dahin...

Gruss
Dominik
Dominiks Sportblog

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Was für ein schöner Bericht!
Es ist doch immer nett, einen anderen Bericht über einen Lauf zu lesen, den man selber mitgelaufen ist.
Wobei es bei mir ja der Marathon war.
(Und darüber bin ich auch froh, wenn ich daran denke, welche MASSEN an Läufern beim HM unterwegs waren. Ich bin da nämlich wie du: ich mag das auch nicht.)

Wie auch immer, ich finde deine Zeit absolut grandios, herzlichen Glückwunsch dazu!! :party2:
:winken: Hase


I am vegan because I feel that other sentient beings are not mine to use.

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Na running-rabbit,

da müsste ich eher DIR gratulieren, Du hast Deine PB um 20 Minuten verbessert. Saubere Leistung!


Gruss
Dominik
Dominiks Sportblog
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