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Düsseldorf-Marathon - Endlich wieder am Start

Düsseldorf-Marathon - Endlich wieder am Start

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Der Marathon und ich stehen in einem zwiespältigen Verhältnis zueinander. Nach dem Beginn meines Daseins als Läufer habe ich es diverse Male versucht. Oft war das Training aber bereits Endstation. Mal versagte mein Knie, mal erwischte mich eine Influenza, mal streikten die Schienbeine. Sicherlich hätte ich die Marathons danach laufen können. Wenn ich es aber tu, soll es im Bewusstsein geschehen, gut vorbereitet zu sein. Zu groß ist mein Respekt. Einmal gelang es mir, eine Vorbereitung bis zum Ende durchzuziehen: 2006 in Münster. Diesen konnte ich dann folgerichtig auch geniessen.

Dieses Mal gab es aber auch wieder diverse Momente, wo es hätte kippen können.
Dieses Mal habe ich das Training aber auf breitere Füsse gestellt.

Ich trainiere seit August 2007 nach dem Vicsystem von Viktor Röthlin. Die heisse Marathon-Vorbereitung dauert dort 14 Wochen. Da machen kurze Phasen mit Blessuren, Erkältungen, etc. nicht so viel aus.

So begann mein Marathon-Training Anfang Februar. Viele Einheiten lief ich auf dem Laufband, meine Tempoeinheiten waren für viele zu lasch. Ich hatte aber Vertrauen und sah von Woche zu Woche meine Form ansteigen. Mit meiner Form stiegen auch die Ansprüche von Vic, die er mir im Training abverlangte. Ich hatte aber immer das Gefühl, behutsam aber stetig aufgebaut zu werden.

Dennoch ging es nicht ohne Rückschläge:

Ich wurde krank und konnte wegen einer Erkältung mit leichtem Fieber ca. 6 Tage nicht trainieren.

Am schlimmsten waren aber Knieprobleme, die urplötzlich nach einer Laufbandeinheit auftraten. Ich war nicht richtig locker, wollte aber die Tempovorgabe 100% erfüllen, dabei verkrampfte ich und fehlbelastete das Knie. Das Unwohlsein habe ich einige Wochen mit mir herumgeschleppt und der Marathon stand auf der Kippe. Drei Wochen vor dem Marathon lief ich einen HM-Test, bei dem ich die sub1:30 angreifen wollte. Es scheiterte mit einer 1:32:16, ich war aber dennoch froh. Das Knie gab Ruhe. Das war die Befreiung.

Nun kommen wir zum nächsten Kapitel der Unsicherheit: Welche Zeit soll ich anlaufen? Vor dem M-Training hatte ich einen super HM in 1:30 hingelegt. Die Prognose des Vicsystems stieg mit meinem Feedback in ungeahnte Höhen. Ich blieb aber immer realistisch. Nach dem HM-Test hoffte ich, eine 3:15 angehen zu können, ohne völlig zu überpacen.

Dann kam die Woche der Wahrheit und es gab nur noch ein Thema: Das Wetter. Die Prognose hatte sich in den letzten Tagen von kühl und regnerisch auf Sonne und hohen Temperaturen geändert. 23 Grad sollten es im Schatten werden. Nach Röthlin sollte man 1% pro Grad über 20 Grad abziehen. Im Schatten, in der Sonne? Was ist mit der ersten Rennhälfte, die im Schatten noch unter 20 Grad stattfand.

Es kam der Marathontag und ich wusste nicht:
- Hält mein Knie die lange Strecke? Den letzten Lauf > 30k war ich vier Wochen vorher gelaufen.
- Welche Abstriche muss ich in der Zeit machen?
- Bekomme ich gegen Ende wieder Krämpfe?

Ich entschloss mich ungefähr an den Korridor 3:15-3:20 zu halten. Dabei wollte ich den Puls kontrollieren und ggf. schneller oder langsamer werden.

Das Rennen:
Hier als Anmerkung vorab: Die 5k-Splits sind an den Streckenmarkierungen von mir gestoppt, die km-Splits kommen von meinem Forerunner, daher gibt es hier Differenzen. Grob zeigen sie aber die Entwicklung der Pace an.

Start-km5: (4:35,4:36,4:29,4:37,4:39 => 23:19)
Beim Start stand ich in dem zweiten Block der Läufer mit einer PB zwische 3:00 und 3:30. Daher kam ich direkt gut weg. Es war zwar voll am Anfang, aber das Tempo passte gut. Es ging die Cecilienallee 3km bis zur Messe herunter. Die Strecke war geprägt davon, dass ich irgendein Tempo finden musste. Ich versuche es damit, die ersten 10km im 4:40er Schnitt zu laufen und danach je nach Puls zu beschleunigen. Ich schaute ständig auf meinen Forerunner und war verzweifelt, weil die Anzeige mal ein 4er Schnitt anzeigte, mal ein 5:30er. Es verwirrte mich, obwohl ich wusste, dass die Anzeige nicht exakt ist. Das Tempo fühlte sich aber gut an. Das ist im Marathon aber nicht ungewöhnlich.

An der Messe ging es auf eine kleine Schleife und plötzlich war man auf Kopfsteinpflaster. Das war unangenehm, zu dem Zeitpunkt des Rennens aber in Ordnung. Bei km 5 gab es die erste Erfrischungsstation. Ich begann mit dem Ritual, welches ich wegen des Wetters an jeder Station wiederholte: Becher schnappen, Inhalt trinken, Schwamm aus dem Hosenbund holen und in die Wanne tauchen. Die Zwischenzeit mit 23:19 war absolut in Ordnung.

km 5-10: (4:33,4:39,4:38,4:34,4:39 => 23:22)
Nach der Runde ging es wieder auf der Cecilienallee in umgekehrter Richtung und auf der anderen Seite sah man die tausenden Staffelläufer. Irgendwann werden wir mit den schnellen Staffeln zusammenkommen. Das Feld streckte sich aber schon und ich hatte freie Bahn. Das ist für mich ein großer Vorteil gegenüber den ganz großen Marathons. km 9 lag auf der Oberkassler Brücke. Die Steigung war zu dem Zeitpunkt aber nicht der Rede wert.

km 10-15: (4:29,4:34,4:33,4:48,4:34 => 23:19)
Auf der Oberkassler Seite begann mein Abenteuer: Verpflegung. Mein erstes Gel wurde verschlungen und mit Wasser heruntergespült.

Es wurde schon richtig warm.

km 15-20: (4:39,4:29,4:33,4:43,4:41 => 23:21)
Bis km 19 blieben wir in Oberkassel um dann doch wieder auf die rechtsrheinische Seite zu wechseln. Erneut war die Brücke kein Hindernis. Zum Ende des Rennens wie im Vorjahr hätte das sicherlich anders ausgesehen.

km 20-25: (4:38,4:31,4:30,4:48,4:17 => 23:15)
Der nächste Fixpunkt war hier das HM-Tor. Ich schaute auf die Uhr, weil ich schon gemerkt habe, dass der Forerunner mehr Strecke mass und daher die angezeigte Pace zu schnell war. Die 1:38:29 zeigten mir, dass eine sub 3:15 an dem Tag nicht möglich war. Der Pulsbereich schwankte hier immer zwischen 84-85% HFavg. Der Pacedurchschnitt zwischen 4:37-38. Zum ersten Mal versuchte ich hochzurechnen. Ich liess es aber und dachte wieder in kleineren Abschnitten: Erst mal den km 25 erreichen. Nun begann ich aber auch in mich und vor allem mein Knie zu horchen. Gespannte Ruhe. Damit lastete diese Ungewissheit weiter auf mich.

km 25-30: (4:34,4:31,4:36,4:48,4:42 => 23:13)
Nun machte ich mir langsam Sorgen über meine Oberschenkel. Es war warm und ich befürchtete Krämpfe wie bei meiner Marathon-Premiere bei ähnlichem Wetter. Diesmal hatte ich aber zusätzlich Salz in meine Eigenverpflegung getan.

km 30-35: (4:45,4:48,4:42,4:37,4:38 => 23:57)
Schön war es, dass ich bei km 30 von lieben Bekannten im Publikum überrascht wurde. Das hat mich echt gepusht und sehr gefreut. Das Publikum war an vielen Stellen wirklich toll. Manchmal hatte man richtig Alpe d'Huez-Feeling.

Auf diesem Abschnitt begann aber auch mein Elend mit der Eigenverpflegung. Vier Flaschen hatte ich abgegeben und noch keine gefunden. Hilfeeee! Parallel dazu probierte ich die Gelchips aus. Es war ein seltsames Gefühl mit den dicken Backen, aber mein Tempo hielt ich so.

km 35-40: (4:32,4:38,4:37,5:00,4:42 => 24:22)
Jetzt wurde es hart. Die Sonne und das Tempo forderten ihren Tribut. Ich schwamm mit den Läufern mit, die mich schon lange begleiten. Das Tempo wurde aber um einiges langsamer. So schwach fühlte ich mich aber nicht und begann zu überholen. Das aber mit langsameren Tempo. Es ging ins Zentrum und plötzlich sah ich unseren Laufgott Magnus am Rand stehen, der mir einen Sonnenbrand prognostizierte. Hey, so langsam bin ich doch gar nicht. Doch, war ich wohl. Da steht schon einmal "Prominenz" an der Strecke und ich krieche hier vor mich hin. Da auf der anderen Seite schon schnellere Läufer entgegenkamen hiess das, dass ich noch einmal an Magnus vorbei musste. Toll, da bin ich sicherlich noch unenspannter.

Es ging Richtung Kö. An Kilometer 40 fand ich sie dann endlich: Meine erste Flasche Eigenverpflegung. Yeah! Gierig trank ich daraus. Für das Öffnen eines neuen Gelbeutels oder die Einnahme eines Gelchips hatte ich keine Kraft mehr. Ich war verdammt noch einmal müde. Es begann die Zeit des Tunnelblicks. Ich freute mich jedesmal, wenn die Pace unter 4:55 blieb und schaffte das durch die Aussicht, bald im Ziel zu sein sogar manchmal zu beschleunigen.

km 40-Ziel: (4:54,4:46,3:30 => 10:26)
Es ging aus der Stadt durch ein Spalier laut anfeuernder Menschen. Plötzlich war ich auf dem Rheinufer und sah hinten das Ziel stehen. Ich erinnerte mich daran, wie emotional der Anblick des Ziels in Münster bei meinem ersten Marathon war. Diesmal: gar nichts. Ich wollte diesen Lauf nur beenden. Ich sah in der Ferne die Uhr auf 3:17 stehen. Ich versuchte zu beschleunigen, da ich wusste, dass es ja die Bruttozeit ist. Meine Uhr sagte mir, dass eine 3:18 drin ist. Dazu musste ich mich aber quälen. Es war nicht schön, aber effektiv. Bei 3:18:53 netto war ich im Ziel und freute mich, wenn auch diesmal nur innerlich.

Auf dem Weg in das Verpflegungszelt sah ich Magnus hinter dem Zaun. Wir unterhielten uns eine Zeit und dann bekam ich aber Durst und Hunger. Ich plünderte das Zelt, führte noch ein nettes Gespräch mit Roland, der trotz Verletzung in 3:33 ins Ziel kam.

Mit der Zeit bin ich gerade bei den Bedingungen schon zufrieden. Viele sind auf der zweiten Seite eingegangen. Dass mir das nicht passiert ist, liegt sicherlich auch am neuen Training, welches mir mit seinem langen Tapering sehr entgegenkommt. Andererseits war ich mal wieder sehr defensiv in meinem Tempo. Mir war es wichtiger, einen großen Schritt zu tun, als mit Risiko einen sehr großen Schritt zu machen und dabei vielleicht bei einer enttäuschenden Zeit zu landen.

Kurze Statistik:
HFavg: 84%
1. HM: 1:38:29
2. HM: 1:40:24

Nun plane ich im Herbst den Frankfurt-Marathon und strebe dort eine Zeit zwischen 3:09 und 3:14 an. Mal sehen, wie ich über den Sommer und ins nächste M-Training komme.

Ich freue mich schon.

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Hallo Andre,
toller Bericht und nochmals Gratulation zu dieser Wahnsinns-Zeit. Ich bin ehrlich, ich war nach Deinem Benrath-Lauf ein wenig am zweifeln ob Du Dir nicht ein zu großes Ziel vorgenommen hast. Aber was kann ich nun sagen: Du hast alles richtig gemacht. Absolut Klasse !! Eine Zeit von der ich nur träumen kann und das bei der Wärme !! :daumen: :daumen:
Vielleicht sieht man sich ja in Frankfurt, falls Angelika dort starten sollte.
Viele Grüsse
Roland
Wenn Du tot bist, dann weißt Du nicht das Du tot bist. Es ist nur schwer für die anderen. Genau so ist es, wenn Du blöd bist

24.04.2016: Hermannslauf
21.05.2016: Rennsteiglauf - Marathon
05.06.2016: Rhein-Ruhr Marathon "HM"
16.10.2016: Rhein-City-Lauf Düsseldorf - Duisburg HM
30.10.2016: Frankfurt-Marathon


Unsere Homepage:
http://www.angelika-und-roland-laufen.com

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RolandGLA hat geschrieben:Hallo Andre,
toller Bericht und nochmals Gratulation zu dieser Wahnsinns-Zeit. Ich bin ehrlich, ich war nach Deinem Benrath-Lauf ein wenig am zweifeln ob Du Dir nicht ein zu großes Ziel vorgenommen hast. Aber was kann ich nun sagen: Du hast alles richtig gemacht. Absolut Klasse !! Eine Zeit von der ich nur träumen kann und das bei der Wärme !! :daumen: :daumen:
Vielleicht sieht man sich ja in Frankfurt, falls Angelika dort starten sollte.
Viele Grüsse
Roland
Danke Roland! Benrath war auch schwierig zu werten, weil ich einfach mal die sub 1:30 probieren wollte und ich das an dem Tag nicht draufhatte. Für meinen Einbruch am Ende des HMs war die 1:32 aber noch relativ gut, so dass ich guter Hoffnung war.

Frankfurt wäre toll. Wie im Ruhrmarathon-Thread zu lesen ist, bist Du ja ein sehr engagierter Supporter. In Düsseldorf hat mir der Support von Bekannten, von denen ich gar nicht wusste, dass sie da sind, noch einmal einen Schub gegeben.

Gruß
Andre

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...na aber zuvor kommt ja bei Dir die Sub 1:30 in Köln, nicht wahr ?!! :zwinker5:

Wenn ich meinen Fersensporn bis dahin in Griff bekommen habe, gehe ich auch die Sub xxx.xx an.
Grüsse
Roland
Wenn Du tot bist, dann weißt Du nicht das Du tot bist. Es ist nur schwer für die anderen. Genau so ist es, wenn Du blöd bist

24.04.2016: Hermannslauf
21.05.2016: Rennsteiglauf - Marathon
05.06.2016: Rhein-Ruhr Marathon "HM"
16.10.2016: Rhein-City-Lauf Düsseldorf - Duisburg HM
30.10.2016: Frankfurt-Marathon


Unsere Homepage:
http://www.angelika-und-roland-laufen.com

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Herzlichen Glückwunsch zu dem tollen Ergebnis :respekt: ! Perfekte Taktik!

Jetzt regenerier dich erst einmal gut.

Vielen Dank für den tollen Bericht. Viel Erfolg bei der Vorbereitung auf Frankfurt.

Gruß
Ralph

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Hallo Andre !

Schöner, ausführlicher Bericht - es ist erst 17 Tage her ?! :confused: . Kommt mir vor als seien es schon Monate.
Schade, auf der Strecke müssen wir uns überholt haben. Ich bin auch 3:18 gelaufen, nur mit umgekehrten Split.

Viel Erfolg für den Herbstlauf !
Ich grüble noch wo es mich hinzieht...

toto 98

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Glückwunsch!

schöner Bericht super Wettkampf..... Klasse!

Gruß
Till
13.04.2007 Nichtraucher & Ich beginne (mal wieder) zu laufen
08.06.2008 HM Lev 1:37,51 ----- 01.08.2009 Ring - 2:02,32
16.02.2008 10k Seligenstadt - 44:11 ---- 26.04.2009 M HH - 3:34,10
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