15. Juni: heute ist es soweit. Heute startet der 83. Comrades-Ultramarathon in Südafrika. Beim Up run sind 86,7 km von Durban am Pazifik nach Pietermaritzburg im Landesinneren zu bewältigen. Anfang April habe ich mich angemeldet, mehr als 11.000 weitere Läufer ebenso. Heute um 5.30 Uhr ist der Start.
Ich stehe im Startblock relativ weit vorne. Ich werde vorsichtig beginnen. Und ich werde meine HF beobachten. Dafür habe ich sogar den klobigen Forerunner mitgenommen und den Brustgurt umgeschnallt. Über 170 will ich auf keinen Fall hinausgehen.Start! Es ist eng, viele haben sich vorne eingeordnet, zu weit vorne. Es gibt kaum ein Durchkommen, fast stolpere ich über einige, obwohl ich wie geplant kontrolliert anlaufe.Von Beginn an geht es immer leicht auf oder ab, endlich wird das Läuferfeld offener. Es fällt leichter, den eigenen Weg zu finden und das eigene Tempo zu laufen. Ich bin immer etwas am Überholen, schaue aber auf die HF-Anzeige und nehme teils wieder etwas Tempo zurück.
Bald ist der erste größere Anstieg erreicht. Ich kenne das Streckenprofil, hab’ es mir vorher genau angeschaut, es ist abgespeichert, ich weiß daher, dass es jetzt eine ganze Zeitlang nur bergauf gehen wird. Hier ist besondere Vorsicht angesagt. Ich lasse mich bereitwillig von einem jüngeren Läufer und einem im besten Mannesalter überholen. Die HF ist zwischenzeitlich doch auf über 170 gestiegen, ich behalte dennoch mein momentanes Tempo bei: Es geht ja bergauf, da ist der HF-Anstieg normal. Positiv macht sich das vorherige Bergtraining bemerkbar, auch wenn es zeitlich etwas zurück liegt. Wirklich schwer fällt mir das Bergauflaufen nicht.
Endlich ist die Kuppe des Hügels erreicht, jetzt wird es wieder einfacher, es geht bergab, nicht zu steil, so dass man etwas Geschwindigkeit gut machen kann. Schon bin ich an meinen beiden Kontrahenten wieder vorbei. Bergab lasse ich es laufen. auch wenn einige kleinere Gegensteigungen kommen; ohne zu hohes Belastungsempfinden geht es flott voran.
Das nächste km-Schild deutet an, dass es nicht mehr weit ist bis ins Ziel. Die Schritte werden länger, das Tempo ist recht hoch. Die Strecke biegt ab, ins Stadion hinein. Ich höre die Schritte eines Verfolgers, der Blick halb nach hinten bestätigt es, der jüngere Läufer vom langen Anstieg hat sich herangekämpft. Eigentlich geht es um nichts, aber archaische Verhaltensmuster brechen durch: die erreichte Position halten und verteidigen, also Schlussbeschleunigung. Und es gelingt, ich lasse mich nicht mehr überholen, rette die Position ins Ziel.
Viele sind jetzt noch auf der Strecke, kämpfen den Kampf um Zeiten oder ums schlichte Ankommen. Ich trinke, esse was, erhole mich und bin mit der Frage konfrontiert: War dieser Start okay?
Später: die Klassensieger werden nach vorne gerufen, es soll ein gemeinsames Foto gemacht werden. Gewusel, Hin- und Herschieberei, bis endlich alle zu sehen sind. Dann werden die Urkunden verteilt. Ich nehme meine in Empfang: 15:59 min für 4,4 km mit 74 Höhenmetern, der Forerunner sagt etwas weniger: 4,2 km, das passt auch besser zu der Zeit. Eigentlich war der Lauf doch etwas schneller als vorgesehen.
Und ich denke erneut daran, dass ich eigentlich Tausende von Kilometern weiter südlich hätte laufen können, laufen wollen, aber nicht laufen darf. Noch können die ersten, die Spitzenläufer, nicht im Ziel sein, aber lange kann es nicht mehr dauern. Später sehe ich, dass der Sieger, ein Russe, den Streckenrekord um 47 Sekunden auf 5:24:46 h verbessert hat.
Bemerkenswert auch die Zeit eines der vielen Novizen auf dieser Strecke: Der amtierende DUV-Präsident hat in phantastischer Zeit von 6:32:21 h das Ziel in Pietermaritzburg erreicht, das bedeutet für ihn Platz 56 im Gesamtklassement und ganz locker eine Silbermedaille. (Goldmedaillen erhalten die ersten 10 Läufer bzw. Läuferinnen, Silber gibt’s für alle, die 7:30 h unterbieten. Nach exakt 12 h ist Schluss, danach gibt’s gar nichts mehr.)Ob’s für mich noch mal, wie vor 3 Jahren im Down run, zu Silber gereicht hätte? Müßig, darüber nachzudenken. Game over. Neues Spiel, neues Glück!
Ich fahre von Aachen-Hahn nach Hause. Ich weiß: Ja, das war unvernünftig heute. Ich hätte nicht mitlaufen sollen, auch wenn es „nur“ 4,4 km waren. Aber ich fühl’ mich gut!
Bernd
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Wieso ?burny hat geschrieben:aber nicht laufen darf.
Renn-Schnecke
... von 2 auf 100 in 11 Jahren ...
... von 2 auf 100 in 11 Jahren ...
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du hast doch schon beim weinstr-marathon davon geträumt!!was ist los mit dir???
man muss seine träume leben!!!
man muss seine träume leben!!!
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laufjoe hat geschrieben:...man muss seine träume leben!!!
Hey Joe,
ist Dein Avatar von Rügen ?
Laut marato stehst Du auf meinem hinter mir !
Gruß
Gruß von TomRun
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Nein, da wäre es evtl. wenn Du mitgespielt hättest - haste aber nicht. Für igendwas wars bestimmt gut!burny hat geschrieben:Game over.
Zumindest war da bestimmt eine Affenhitze und in Aachen wars angenehmer
So isset!burny hat geschrieben:Neues Spiel, neues Glück!
gruss hennes
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ja, das bild ist von rügen.TomRun hat geschrieben:
Hey Joe,
ist Dein Avatar von Rügen ?
Laut marato stehst Du auf meinem hinter mir !
Gruß
ich kann gar nicht hinter dir sein, weil ich immer vor dir war
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burny hat geschrieben:Aber ich fühl’ mich gut!
Bernd
Na das ist doch auch was.
Dann halt beim nächsten Mal
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Dank an alle euch für eure Kommentare!
@Renn-Schnecke: auf die Antwort hat Sinchen mit dem link schon verwiesen; sehr lang und/oder schnell ist momentan halt ziemlich risikobehaftet.
@Sinchen: Danke für die Aufmunterung! Ich hab’s eigentlich abgehakt, aber als ich später so in die Ergebnisliste schaute, kam noch mal ein letztes Fünkchen Wehmut auf. - Vergessen!
@Laufjoe: In Bockenheim war’s kein Traum, da war’s noch real (bzw. Realität in spe), war ja alles eingetütet.
@Hennes: Wenn man bedenkt, dass in Südafrika Winter ist, war es mit 27° wirklich ziemlich heiß. Schatten gibt’s fast gar nicht. Hab ich also Glück gehabt?
@Highopie: Ja, so seh ich das auch. Wenn ich zu Hause rumgehockt hätte, wär mir an dem Tag die Decke auf den Kopf gefallen.
Und ein kleines Stück Genugtuung war auch dabei, denn letztes Jahr bin ich dort den 10-er gelaufen nach einer voll durchgefeierten Nacht, mit viel zu viel Restalkohol im Blut und hab mich bereits nach dem ersten Anstieg gequält wie noch nie.
@Joerg: Wenn ich’s noch mal probiere (das hab ich momentan ausgeklammert), dann vermutlich sogar eher zur nächsten Olympiade als zur WM.
Verletzungsfreies Training und schöne Läufe wünsche ich allen!
Bernd
@Renn-Schnecke: auf die Antwort hat Sinchen mit dem link schon verwiesen; sehr lang und/oder schnell ist momentan halt ziemlich risikobehaftet.
@Sinchen: Danke für die Aufmunterung! Ich hab’s eigentlich abgehakt, aber als ich später so in die Ergebnisliste schaute, kam noch mal ein letztes Fünkchen Wehmut auf. - Vergessen!
@Laufjoe: In Bockenheim war’s kein Traum, da war’s noch real (bzw. Realität in spe), war ja alles eingetütet.
@Hennes: Wenn man bedenkt, dass in Südafrika Winter ist, war es mit 27° wirklich ziemlich heiß. Schatten gibt’s fast gar nicht. Hab ich also Glück gehabt?
@Highopie: Ja, so seh ich das auch. Wenn ich zu Hause rumgehockt hätte, wär mir an dem Tag die Decke auf den Kopf gefallen.
Und ein kleines Stück Genugtuung war auch dabei, denn letztes Jahr bin ich dort den 10-er gelaufen nach einer voll durchgefeierten Nacht, mit viel zu viel Restalkohol im Blut und hab mich bereits nach dem ersten Anstieg gequält wie noch nie.
@Joerg: Wenn ich’s noch mal probiere (das hab ich momentan ausgeklammert), dann vermutlich sogar eher zur nächsten Olympiade als zur WM.
Verletzungsfreies Training und schöne Läufe wünsche ich allen!
Bernd
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Thrombosen im Arm sind ausgesprochen selten, wie mir die Ärzte sagen. Die häufigste Ursache ist eine mechanische Einklemmung der Vene, z. B. durch ungewohnte Gartenarbeit, Decke streichen o. ä., das hatte ich aber nicht. Eine weitere Möglichkeit ist, dass ein Tumor auf die Vene drückt (glücklicherweise per MRT ausgeschlossen), und evtl. kann Dehydrierung die Ursache sein, das könnte am ehesten in Frage kommen. (Ich hatte in der Woche eher wenig getrunken, dadurch dickt das Blut ein, das könnte zum Thrombus geführt haben.)Renn-Schnecke hat geschrieben:Wie bekommt man sowas eigentlich im Arm ?
Der Thrombus ist gut aufgelöst, aber zur Prophylaxe muss ich ca. 1/2 Jahr lang blutverdünnende Tabletten nehmen (Coumadin). Dadurch wird die Gerinnung herabgesetzt, und bei hoher Anstrengung kann es im Körper zu Blutungen kommen, die dann möglicherweise nicht aufhören. Das und nicht die Thrombose ist derzeit das Risiko.
Ähnlich wie bei deiner Hyponatriämie-Geschichte wird man ja quasi zum Experten: Es gibt bestimmte Gen-Defekte, die das Thromboserisiko um etliche Faktoren steigern. Das wird jetzt noch untersucht, ob ich da einen oder mehrere Defekte hab.
Bernd
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marato meint, Du bist ein Spätstarter !laufjoe hat geschrieben:ja, das bild ist von rügen.
ich kann gar nicht hinter dir sein, weil ich immer vor dir war
Also bist Du es doch !!!
Gruß von TomRun