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ThüringenULTRA - eine Chronologie der Gedanken

ThüringenULTRA - eine Chronologie der Gedanken

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Vorgeplänkel

Ich und 50km. Na ich weeß ja nich. Ich bin doch bisher erst zweimal Marathon gelaufen und das noch dazu ziemlich langsam.
Aber Jokie sucht bereits so lange nach einem Laufpartner und ich finde niemanden für eine 4x25km Staffel. Der Rennsteigmarathon versetzt mir ungeahnte Endorphine und die paar Kilometer mehr gehen doch sicher. Thüringen liebe ich sowieso und unser Jörg kann ziemlich überzeugend sein…. arrgh, okay okay. Ich trainiere um mein Leben um das Ganze halbwegs anständig zu überstehen.


Freitag, 19 Uhr
Jokie und seine Frau nehmen mich ganz herzlich bei sich zu Hause auf. So nett die Beiden! Ein kurzes Foritreffen am Freitagabend lässt mich an meinem Verstand zweifeln. Die sind hier alle erfahrener und schneller als ich. Die Waldläufer laufen glattweg wöchentlich Marathons. Was soll ich hier nur? Ich schnappe mir das Babyschneckchen und wir gehen eine Runde auf den Spielplatz rutschen. Jawohl, wenigstens da weiß ich, dass ich das kann.


Samstag, 4.15 Uhr
Jokie läuft die erste Etappe und sitzt aufbruchbereit in der Küche. Ich blinzle verschlafen in der Gegend herum. Niemals nie könnte ich um diese gottlose Uhrzeit laufen.


5 Uhr
Die Staffelläufer starten. Es sind 17 Staffeln über 2x50km und circa 40 Staffeln über 4x25km. Die wahren Helden des Tages sind bereits im Finstern um 4 Uhr früh los. Als kleine Augenweide stellte die Fröttstädter Feuerwehr imposante Fackeln an den Wegesrand. Jokies Frau und ich gehen wieder ins Bett und schlafen noch eine Runde.

8.15 Uhr
Wir sind an der Grenzwiese, km34. Ich schaue mich um und überlege, wie es wohl sein muss hier beim Rennsteig Supermarathon lang zu laufen. Die Waldläufer, GastRoland und Cheforganisator Guntero laufen vorbei. Jokie kommt und kommt nicht. Seine Frau wird bereits unruhig, da schwebt Renn-Schnecke lockerleicht an uns vorüber und kündigt an, dass mein Staffelpartner kurz hinter ihr ist. Anscheinend war der Anstieg rund um den Inselsberg wohl ganz schön anstrengend und sein Bein macht nicht ganz mit, wie es soll. Das Schnecken-Dreamteam und Jörg treffen wir ebenfalls, aber die haben die schnelle Mama bereits verpasst.

10.30 Uhr
Floh-Seligenthal, ein kleines pittoreskes Örtchen in Thüringen. Ich warte gar aufgeregt auf meinen Staffeleinsatz und renne deshalb permanent aufs WC. Sinchen und SarahBoo kommen vorbei, Jörg und Renn-Schnecke wechseln und kurz darauf darf ich ebenfalls losdüsen. Jokie hat eine sagenhafte Zeit von fünfeinhalb Stunden vorgelegt.
Zuerst geht es sacht bergauf, dann steil bergauf, dann extrem bergauf. Nach 2km bin ich bereits am wandern. So war das ja eigentlich nicht geplant. Aber ich habe noch im Ohr: „wenn du die ersten 6km überwunden hast, ist ein Großteil der Höhenmeter bereits geschafft…“ Die Getränkestelle am Jobsstein (km 56) erreiche ich nach sagenhaften 43 Minuten. Die Natur um uns herum ist atemberaubend schön. Satte grüne Wiesen, Wälder und Berge. Auf dem malerischen und sehr holperigen Weg in den Spittergrund lutsche ich mich das erste Mal an die Waldläufer heran, um kurz darauf wieder von ihnen versägt zu werden. Dieses Schauspiel sollte sich in den folgenden Stunden noch mehrmals wiederholen. Irgendwie beruhigt mich der Blick auf die beiden roten Hemden ein bisserl. Wenn ich ein ähnliches Tempo wie diese beiden sehr erfahrenen Ultras laufe, kann ich nicht viel verkehrt machen, gell.

12 Uhr
Mittagessen in Tambach-Dietharz. Es gibt leckere Riegel mit Früchten und Schokolade, Wasser und Butterkekse sowie Beifall von Jokie, dessen Frau, dem Schneckenteam und den sehr netten Helfern am Verpflegungsstand. Über die Organisation und Betreuung durch die Freunde der Feuerwehr und die Thüringer Vereine der Umgebung kann ich echt nur sagen, Hut ab, das war spitze!!

13.15 Uhr
Wir laufen durch Wälder Richtung Gänseberg hoch und zum Ort Finsterbergen wieder hinab. Irgendwie bekam mir die Verpflegung wohl nicht. Alles rund um meinen Bauchnabel ist ein einziger Krampf, mir ist latent übel und ich habe keine Lust mehr. Zwei nette Holländer, die die 100km laufen, lenken mich ab. Überhaupt ist es neu und interessant für mich, dass bei einem Ultra so viel gequatscht wird. Ich habe, glaube ich, mit jedem einzelnen Mitläufer, der mir auf den 50km begegnete einige bis recht viele Worte gewechselt.

14.15 Uhr
Wir queren Friedrichroda nachdem wir einen mörderisch steilen Abstieg hinter uns gebracht haben. Für mich lief sich dieser Abschnitt schlimmer als der Hohlweg beim Rennsteig. Ein Staffelläufer über die 25km, welcher kurz zuvor gewechselt hatte, holt sich glatt eine Muskelzerrung, so steil ging es hier runter. Mich erinnert 2 Tage danach ein heftiger Muskelkater im gluteus maximus daran.

15 Uhr
Der Ort Tabarz begrüßt uns am Wassertretbecken mit Bier. Bier ist jetzt legitim, denn ab jetzt geht es merklich bergab. Die Einwohner unterstützen uns Läufer phänomenal. Kinder sitzen mit Wasserbechern vorm Haus, Babybadewannen mit Schwämmen stehen zur Verfügung und Kleingärtner sitzen in ihren Klappstühlen und feuern uns an. Ich freue mich über so viel Anteilnahme und ärgere mich, dass ich gar nicht so viel trinken oder mich abkühlen kann, wie hier angeboten wird. Vor einigen Kilometern habe ich Karsten, einen 100er aufgegabelt und zusammen laufen wir anderthalb Stunden einträchtig, mal plaudernd, mal schweigend nebeneinander her.

15.30 Uhr
In Langenhain treffe ich Guntero wieder. Ich bin erstaunt ihn eingeholt zu haben. Schnell wird mir klar, es liegt daran, dass unser Cheforganisator meist recht lange an den Ständen verweilt und mit den Helfern redet. Die Spezialität dieses Standes sind geschmolzene Schokoladenstückchen - es ist mittlerweile sehr heiß. Da hilft es nicht, dass wir nun über ein Feld und Asphaltstrassen in der prasselnden Sonne laufen

16 Uhr
Nanu, ist denn hier schon das Ziel? Nein nur ein Getränkestand an dem die Party tobt. Wild winkende Frauen jubeln uns zu. Wir werden mit Namen begrüßt und aus den Boxen schallt Europes „It’s the final countdown, trallalala…“ Trotz gefühlten 40 Grad bekomme ich Gänsehaut am ganzen Körper.
Es geht nur noch durch ein etwas ödes Gewerbegebiet. Ich merke, dass ich noch über Kräfte verfüge und befehle mir selbst, diese letzten 5km durchzulaufen, komme was wolle. Viele Ultras hingegen gehen. Zur Motivation fahren uns Leute aus Fröttstädt mit dem Fahrrad entgegen. Ich kenne sie nicht, aber sie geben mir Mut. Die Dorfstraße von Fröttstädt zieht sich elendig, doch am Ende winken Jokie und seine Frau. Zusammen mit meinem lieben Staffelpartner laufe ich die letzten 500m.

16.45 Uhr
Ich bin im Ziel. Ich bin gerade 50km in 6 Stunden und 16 Minuten gelaufen. Es geht mir gut. Tiefe Freude und Zufriedenheit durchströmen mich. So schlimm war’s gar nicht. Es war eigentlich nur ein ziemlich langer Lauf in wunderschöner Natur, wo es bissel bergauf und bergab ging, wo es unterwegs Butterkekse gab und wo man nette Leute traf.
Bei der anschließenden Massage mit dem besten und geduldigsten Physio, den ich je hatte erzählt SarahBoo vom Röntgenlauf. Und ich denke mir bereits, mhm, na ich weeß ja nich, aber andererseits, die paar Kilometer mehr gehen immer….

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Was für ein schöner Bericht. :) Ich sitze hier und schmunzele vor mich hin... :)
Die ganzen Orte/einzelnen Verpflegungsstellen hatte ich mir gar nicht so gemerkt. Aber so wie du es beschrieben hast, habe ich alles wiedererkannt. An der steilen Bergabstelle habe ich mir gedacht "gut, dass ich hier nicht mit Skiern runtermuss (und dann nicht bremsen kann...)" :wink: Oder stell dir vor, es wäre da Glatteis gewesen... Also hatten wir es doch noch gut.
Dass dir der Lauf so gut gefallen hat, habe ich schon auf den Bildern gesehen. Da strahlst du ja nur so vor dich hin... :)

Ganz herzlichen Glückwunsch!!!

LG
Sinchen

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Auf diesen Bericht habe ich gewartet!

Ich muß ja sagen, ich hatte richtige Skrupel hatte , dir zu diesem Abenteuer zugeredet zu haben. Aber Schlaubetal und Rennsteig hast du so gelassen absolviert, dass ich darauf vertraute, dass du auch bei diesen höhenbestückten 50 km deine Kräfte sinnvoll einteilen kannst. Du hast einen Superlauf hingelegt und es ist bezeichnend, das in deinem tollen Bericht nirgends von Qual und Leid die Rede ist.

Dein Strahlen im Ziel ist auf allen Bildern zu sehen. Mein Lieblingsbild von dir ist das hier.

Übrigens beim Röntgenlauf sind Elcorredor und ich dabei und man kann ja auch Fahrgemeinschaften aus dem Osten bilden.

Noch mal Gratulation - du bist eine Ultra!!
Neue Laufabenteuer im Blog

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da kann ich nur sagen herzlichen Glückwunsch für den lauf und dankeschön für diesen tollen Bericht
Viele Grüße aus Altbach :daumen::zwinker2:

5
Sehr schön zu lesen, schmunzeln gefolgt von ein - zwei ma Gänsehaut *gg*

Mein Dad läuft meist Supermarathon beim Rennsteig, zumindest die letzten male soweit ich mich erinner ^^

ob ich jemals soweit bin ist fraglich aber nuja wer weiß das schon ^^

liebe grüße maze :hallo:

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Hallo Cathleen,

herzlichen Glückwunsch zum ersten Ultra. Toll, wie du dich da durchgekämpft hast und trotzdem den Lauf genießen konntest :daumen: :respekt2: .
Wunderschön beschrieben und du bist jetzt schuld, wenn ich da auch mal laufen will :zwinker5: . Muss ja nicht gleich 50 km sein.

Liebe Grüße
Anett
Radiergummi-Liga
Bild

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Ach Cathleen, wie schön :daumen: Herzlichen Glückwunsch, und das Foto, das der Jörg da eingestellt hat, das sagt eigentlich alles. Klasse gemacht, Du hast Dich im ganzen letzten Jahr unglaublich entwickelt.

Den Röntgenlauf kann ich Dir nur wärmstens empfehlen - Du wirst ihn genießen, da bin ich sicher. Das waren im letzten Jahr ganz genaus so meine Stationen: Rennsteig - ThüringenUltra - Röntgen!

Mach das mal :nick:
☼ ☼ ☼
Entscheide Dich. Und wenn Du Dich entschieden hast,
vernichte die Alternativen.

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Zitat Jörg:
Gratulation - du bist eine Ultra!!
und was für einer!!!
Herzlichen Glückwunsch zum Superlauf und tollen Bericht!!!
Solch ein Lachen wie Deines auf der Strecke und im Ziel sind doch der schönste Lohn für den Veranstalter! Das macht wirklich Spass!

Ultrafreundliche Grüße aus Fröttstädt!
Gunter

9
Hallo Cathleen,

toll gelaufen, toller Bericht. Das Lesen hat mir richtig Spaß gemacht.

Den Röntgenlauf kann ich Dir nur wärmstens empfehlen. Erstens natürlich, weil ich auch dabei sein werde, und weil kaum jemand weiß, wie schön meine bergische Heimat ist. Also: anmelden, mitlaufen.

Gruß
Hendrik

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Hallo ihr, vielen Dank für die Glückwünsche, ich freue mich darüber sehr :peinlich: :)
Ich bin schon wieder gut erholt, hätte glatt Lust heute zu laufen, aber ich pausiere vernünftigerweise heute mal noch einen Tag.

Über den Röntgenlauf habe ich mich nun informiert, der kollidiert ja dummerweise mit dem Schlaubetalmarathon eine Woche vorher. So kurz nacheinander laufe ich keine so langen Läufe, zudem soll der Schlaubetal mein erster richtig auf Zeit gelaufener Marathon werden. Kathrinchen, das ist schlecht eingerichtet :frown:

Aber nächstes Jahr wäre dies ein lohnendes Ziel, Rennsteigmarathon + ThüringenUltra im Frühjahr und 3 Talsperren Marathon + Röntgensupermarathon im Herbst. Alle 4 sind richtig bergig und in schöner Natur, genau wie es mir gefällt :daumen:

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Ja ja, ich weiß, aber leider hat die Natur im Schlaubetal es so eingerichtet, daß es nur an diesem Wochenende so richtig goldig dort ausschaut. Wir züchten im Übrigen gerade das Herbstlaub für den Termin :zwinker2:

Als bergige Landschaftsläufe muß ich Dir dann aber unbedingt noch den Kyffhäuser-Marathon und die Harzquerung empfehlen... Du wirst es lieben.

Übrigens finde ich es schon lustig, auch ich plane immer während der laufenden Saison die nächste! Schön, daß Du schon wieder fit bist
☼ ☼ ☼
Entscheide Dich. Und wenn Du Dich entschieden hast,
vernichte die Alternativen.

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Hallo Cathleen,

herzlichen Glückwunsch zu der tollen Leistung und danke für deinen kurzweiligen Bericht. :daumen:

Vielleicht klappt das ja doch noch mit dem Röntgenlauf - muss ja beim ersten Mal nicht gleich der 63er sein... :zwinker2:

Gruß
Georg
Bild

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Herzlichen Glückwunsch Cathleen und willkommen unter den Ultraläufern!!!
Da steht dem SM nächstes Jahr ja nichts mehr im Wege...

Viele Grüße
Sören
Mein Laufblog

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cabo hat geschrieben:
Aber nächstes Jahr wäre dies ein lohnendes Ziel, Rennsteigmarathon + ThüringenUltra im Frühjahr und 3 Talsperren Marathon + Röntgensupermarathon im Herbst. Alle 4 sind richtig bergig und in schöner Natur, genau wie es mir gefällt :daumen:
Hallo Cathleen,

ich habe den Bericht zweimal gelesen und an vielen Stellen gelacht. Danach war der Entschluß gefasst, da muß etwas zum ersten Teil geschrieben werden.

Deine Ziele für nächstes Jahr sehen recht beeindruckend aus. Fehlt noch Oberelbe-HM oder Kyffhäuserberglauf-HM für die Vorbereitung. Aber thüringenULTRA im Plan gefällt mir besonders. :nick: :nick: :nick: :nick: :nick:
Ciao Achim :winken:

Je älter ich werde,
desto besser bin ich mal gewesen! :zwinker5:

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Hallo Carbo,

danke für Deinen Bericht. :daumen:

Als Du schriebst:"Eigendlich war es nur ein sehr langer Trainingslauf in wunderschöner Umgebung und ein bischen länger geht immer" war ich total begeister und motiviert. Es geht also doch ohne grosse Schmerzen und Verletzungen :hihi: ein solches Projekt zu beenden. Es muss nicht sein, dass einen der Hammermann holt.

Vielen Dank, dass Du uns Langsameren den Mut machst auch solche Läufe zu geniessen

Ich wünsche Dir für die nächsten Läufe alles gute und freue mich auf neue Berichte, vielleicht vom Röntgenlauf?

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Kathrinchen hat geschrieben: Wir züchten im Übrigen gerade das Herbstlaub für den Termin
Das Bild aus dem goldgelben Schlaubetal, welches Martin damals von mir geschossen hat, hängt hier direkt neben dem PC. Ich freue mich bereits sehr auf km11-28, das war wirklich wunderschön.
Kathrinchen hat geschrieben: muß ich Dir dann aber unbedingt noch den Kyffhäuser-Marathon und die Harzquerung empfehlen
Hach ja, es gibt so viele schöne Läufe :nick:

schrambo hat geschrieben:Da steht dem SM nächstes Jahr ja nichts mehr im Wege...
Bist du des Wahnsinns. Nee du, lass ma, den Sadomasorennsteig laufe ich frühestens in der nächsten Dekade. Wenn ich den in etwa 9 Stunden finishen könnte, dann ja.

jokie55 hat geschrieben: Aber thüringenULTRA im Plan gefällt mir besonders.
Dito!
BadArolsen hat geschrieben:Vielen Dank, dass Du uns Langsameren den Mut machst auch solche Läufe zu geniessen
Bitte! Ich finde, man sollte sich nicht zu sehr einen Kopf darum machen, was andere von der eigenen Leistung halten, so lange man es vor sich selber vertreten kann. Lizzy zum Beispiel schreibt stets herrliche Berichte und wen stört's dass sie oft etwas länger braucht.
Wenn du Lust dazu hast, laufe solche Läufe. Ich war bei weitem nicht die Einzige in dem Tempo.
Ich für mich habe festgestellt, dass ein bergiger Ultra im 7.xxmin/km Schnitt ein schönes Erlebnis und wenig anstrengend sein kann, wohingegen mich 10km im 5er Schnitt null reizen und körperlich auslaugen.
Nichtsdestoweniger werde ich über den Sommer wieder intensiv am Tempo arbeiten, in der Hoffnung irgendwann einmal eine Verbesserung dahingehend zu sehen. Anders als manche andere Anfänger werde ich nicht von alleine schneller, aber ich denke auch, dass mit meinen noch nicht mal 30 Jährchen trotzdem etwas für die Grundschnelligkeit zu machen sein muss.
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