Hallo Thrawn,
du erwartest etwas reichlich Unmögliches. Du bietest hier die Interpretation deiner Laktatkurve zur Wertung an. Löse dich erst mal von der Vorstellung, dass man dir mit diesen Trainingsbereichen die "Wahrheit" übergeben hat. Man hat dir eine Interpretation deiner Laktatkurve übergeben. Und diese Interpretation stammt nicht von deinem Doc, sondern von dem Programm, das sie ausgedruckt hat. Dein Doc hat lediglich die Messwertepaare Puls / Laktat eingegeben. Und wenn er dabei keinen Fehler gemacht hat (kann man hoffen), dann ist die Kurve einigermaßen genau. Die Interpretation ist eine von 15 - 20 die in Gebrauch sind. Großer Gelehrtenstreit entsteht gerne um die Frage, wie man die individuelle aerobe anaerobe Schwelle festlegen soll. Denn genau genommen geht das nur mit mehreren Tests, an mehreren Tagen, wo man dich in der Nähe deiner Schwelle stufenweise schneller laufen lässt und zwar längere Zeit. Und am letzten Tag der Testserie wird man feststellen, dass das Schwellentempo überschritten wurde, weil dein Laktatwert immer weiter steigt, obwohl du permanent dieselbe Geschwindigkeit läufst.
Mit einem Test, an einem Tag, mit drei bzw. fünf Minuten langen Stufen bekommt man eine Kurve, die zunächst unmerklich und in einem bestimmten Bereich dann rasch und kurz danach steil ansteigt. Wo die Schwelle ist, lässt sich nur schätzen. Ein Verfahren geht davon aus, dass sie jenem Punkt entspricht, an dem die Steigung der Kurve genau 45° aufweist. Aber was, wenn die Messwerte rechts und links dieses Punktes zufällig etwas ungenau waren, weil der Doc dein Ohrläppchen nicht anständig vom Schweiß befreit hat, der - wie man weiß - die Messung durch den Teststreifen / das Teströhrchen gerne verfälscht?
Leistungsanalysen über Laktattests erfordern vor allem zweierlei: Erfahrung und fundierte Kenntnisse beim Durchführenden. Erfahrung in der praktischen Anwendung, mehr noch Erfahrung in der Interpretation, Erfahrung auch mit dem Probanden. Mit anderen Worten: Ein Test ist witzlos! Mehrere in entsprechenden Abständen zeigen wie der Läufer auf die Trainingsmaßnahmen reagiert, wie sie sich in seinem Lakttatspiegel abbilden. Kenntnisse sind wichtig. Nicht jeder Durchführende hat die. Deinem Doc darf man sie unterstellen. Ich fiel einem in die Hände, der genaus viel darüber wusste wie ich damals: Nichts! Der drückte auf "Enter" und der Computer spuckte die Trainingsbereiche aus. Meine Fragen griffen ins Leere. Das zwang mich zur Selbsthilfe und am Ende wusste ich, dass mit dem Laktattest wenig anzufangen ist.
Deine Grundausdauer sei schon recht gut! Was für eine gewagte Aussage!!! Ja um Himmels Willen. Du rennst 2 Stunden und bewegst dich bald 18 km am Stück. Mit diesen Angaben sage ich dir das blind auf den Kopf zu: Du hast eine hervorragende Grundausdauer, sonst könntest du nicht so lange laufen. Dein Doc hat das erkannt, weil der Knick deiner Kurve einigermaßen weit nach rechts verschoben ist. Davor "dümpelt" der Laktatwert bei 1 mmol/l (+/- etwas).
Und noch zu deiner Frage: 4 mmol/l wurden als Schwelle festgelegt, weil sehr viele Menschen in der Nähe dieses Wertes ihre Schwelle tatsächlich haben. Je trainierter jemand ist, aber auch je untrainierter, umso stärker weicht die tatsächliche (die individuelle) Schwelle davon ab.
Wenn du mehr über Laktat- und Leistungstests wissen möchtest empfehle ich dir den entsprechenden Abschnitt auf unserer
Laufseite. Aber Vorsicht! Das ist nix, was man sich mal eben in 5 Minuten anlesen kann.
Zum Laufen selbst. Grundausdauer kann man erreichen, dann aber nicht mehr verbessern. Das steckt ja schon im Begriff Grundausdauer drin. Was man verbessern kann ist die spezifische Ausdauer des Laufens, wobei man wissen muss, WAS man läuferisch für ein Ziel ansteuert, d.h. auf welcher Strecke man letztlich maximal schnell sein will. Dementsprechend wird trainiert. Dabei geht es aber lediglich um die Anteile bestimmter Intensitäten am Gesamtpensum. Ein Marathoni muss deutlich mehr / länger / weiter im GA1-Bereich trainieren, als ein 5000m-Läufer, der seinerseits deutlich mehr Kilometer auf hohem Temponiveau absolvieren muss. Aber auch der Marathoni muss Tempotraining machen, also Intervalle, Schwellenläufe, nur weniger eben. Der Bereich zwischen langsam und schnell ist aber auch unverzichtbar, weil der Laufmuskulatur alle Reize angeboten werden müssen.
Wie viel du wo von und wie oft laufen musst, richtet sich nach deinem Ziel. Wofür trainierst du?
Alles Gute
Gruß Udo