hier also mein versprochener Laufbericht von meinem ersten Halbmarathon. Wird, wie bei mir schon üblich, länger. Ein bißchen Zeit braucht 's schon ....
Extra angereist zum Bericht erstatten:
Reporterlegende Gerd Rüben-Bauer und als Experte Stefan Nieh, genannt Steff.
Sonntag, 7.9.2008, 9:00 Uhr.
Wir blenden uns ein in die Live-Bericht-Erstattung des Senders "Lauf-Sport-Akuell"
"Liebe Zuschauer, herzlichen willkommen zum 11. Saarschleife-Marathon. Gerd Rüben-Bauer und Steff Nieh werden Sie in den nächsten Stunden begleiten. Herzlich willkommen, Steff!"
-"Ja, hallo Gerd."
-"Steff wird für uns als Experte das Geschehen kommentieren."
-"Ja, da kann ich wohl ein bißchen was zu sagen. Von mir auch einen Guten Morgen an die Zuschauer an den Geräten."
-"Ja Steff. Wir haben uns für heute etwas besonderes einfallen lassen. Wir wollen uns bei unserem Kommentar diesmal nicht auf die Spitze des Laufes konzentrieren, sondern wollen unser Augenmerk richten auf einen Läufer, der sich für diesen Lauf einiges vorgenommen hat: Töffes.
Töffes, der in diesem Jahr noch in der M 40 antritt, wird hier und heute sein Halbmarathon- Debut geben.
Töffes hat sich auf diesen Lauf seit Monaten akribisch vorbereitet und wird sicherlich sehr nervös sein. Steff, kannst du dich noch an die Aufregung vor deinem ersten großen Wettkampf erinnern?"
-"Oh ja. Das weiß ich noch sehr gut. Ich habe in der Nacht davor ganz schlecht geschlafen und habe auch beim Frühstück kaum was runterbekommen. Aber Essen ist ja ganz wichtig. Und ich habe mir dann auch was reingezwängt. (Lacht)"
Ja, ich hatte nicht ganz so gut geschlafen, 2,5 Stunden vor dem Lauf mit meinem erprobten Müsli ausgiebig gefrühstückt und war schon eine halbe Stunde vor dem geplanten Start vor Ort. Viel zu früh. Aber zu spät ist noch schlimmer.
-"Die ersten Läufer sind bereits am Halbmarathon- Start angekommen. Der Halbmarathon startet in Saarhausen und führt immer an der Saar entlang durch die malerische Saarschleife nach Merzig. Auch der Start erfolgt vor einer malerischen Kulisse. Hoch über der Saar auf der anderen Seite tront die St. Michaels-Kapelle. Über ihre Erbauung gibt es eine hübsche Sage, die wir vielleicht später noch erzählen können."
(Kameraschwenk über die Saar hinweg zur Michaelskapelle, die malerisch auf einem hohen Felsen liegt.
"Töffes ist bereits im Startbereich eingetroffen. Wir schalten kurz zu unserem Reporter vor Ort, Herr I. Bert Fast-Bender.
Bert, du hast Töffes am Mikrofon."
(Bildausschnitt: Herr Fast-Bender mit Mikrofon und Töffes)
-"Ja Gerd. Neben mir steht Töffes, der sich für heute, für seinen ersten Halbmarathon viel vorgenommen hat. Töffes, wie fühlen sie sich?
-"Ganz gut. Ein bißchen aufgeregt vielleicht."
-"Wie verlief denn ihre Vorbereitung auf diesen großen Tag?"
-"Ziemlich gut. Eigentlich sogar optimal. Ich bin von Verletzungen verschont geblieben und konnte mein Training wie geplant durchziehen. Wenn es heute schief gehen sollte, kann es nicht an der Vorbereitung gelegen haben."
-"Die Strecke ist ja nicht ganz einfach. Eine enge Treppenpassage in Mettlach ..."
-"Die habe ich mir gestern noch kurz angesehen. Ist eigentlich ganz gut zu laufen."
-"Was haben Sie sich vorgenommen für ihren ersten Halbmarathon?"
-"Ich habe auf eine Zeit unter 1Stunde 45 Minuten trainiert."
-"Und? Glauben Sie, dass Sie das heute schaffen können?"
-"Ein paar Zweifel bleiben immer und werden mich wohl über die ganze Strecke begleiten. Schließlich muss ich ein Tempo von unter 5:00 min/km über 21,1 km halten. Und das habe ich bisher im Training noch nie gemacht. Das Tempo kann ich laufen, auch 21 km kann ich laufen. Aber beides zusammen? Aber die guten Trainingsleistungen der letzten Woche lassen mich zumindest hoffen."
-"Danke, Töffes für das erste Gespräch. Zurück zu Gerd und Steff."
(Bild: Viele Läufer, die sich warm laufen. Zusammenstehen. Lange Schlange vor den Toilettenhäuschen)
-"Danke, Bert. Tja, Steff. Du hast es gehört. Glaubst du, dass Töffes das schafft?"
-"Ja, er hörte sich doch sehr optimistisch an. Und diese Athleten haben ja in aller Regel auch ein ganz gutes Körpergefühl. Aber Töffes läuft seinen ersten Halbmarathon. Ich spreche da gerne von einem Debutanten Malus. Weil einfach die Erfahrung fehlt, kann das erste Mal auch daneben gehen. Gerade bei einer so ehrgeizigen Zielzeit. Die äußeren Bedingungen sind aber optimal."
Diese Athleten, hi, hi. Und gutes Körpergefühl. Wie werden sehen. In Wirklichkeit zweifle ich immer noch, ob ich das heute schaffe. Plan B in der Tasche sieht mindestens 1:49 vor. Aber das Wetter ist wirklich echtes Läuferwetter
(Bild: Himmel)
-"Bedeckter Himmel, 14 Grad. Der Wetterbericht sagt den Regen erst für heute Nachmittag voraus. Bei diesem Wetter bist du doch auch am liebsten gelaufen."
-"Besser könnte es nicht sein. Hitze ist bei solchen langen Wettkämpfen immer schlecht. Bei Regen läuft auch nicht jeder gerne. Obwohl Töffes ja auch ein bekennender Regenläufer ist. Aber ich sage immer: im Wettkampf sind die äußeren Bedingungen ja für jeden gleich."
-"Gibt es da so Rituale vor dem Lauf?"
-"Bei mir und ich glaube auch bei den meisten anderen Läufern auch. Im Laufe der Wettkämpfe hat man verschiedenes ausprobiert und wenn 's gut gelaufen ist, übernimmt man das. Rituale nehmen die Anspannung ein bißchen raus."
(Bild: Reporterkabine: Herr Ruben-Bauer und Herr Nieh, beide mit Kopfhörern auf)
Ja die Rituale. Unmittelbare Vorbereitung ist bei mir tatsächlich immer gleich. Und mein Laufdress auch.
-"Ich höre gerade aus der Regie, dass der Start noch ein wenig verschoben werden muss. Bert, was ist denn da los?"
(Bild: Herr Fast-Bender mit Mikrofon neben einem Mann in Arbeitskleidung)
-"Ja, ich stehe hier mit Harald Müller von der Organisation. Herr Müller, was ist passiert?"
-"Tja, Herr Fast-Bender. Wir sind heute morgen noch mal die Strecke mit dem Rad abgefahren und in der Nacht ist ein Baum umgefallen. Auf die Strecke gestürzt. Liegt quer rüber. Alles ist dicht. Kurz vor der Saarschleife. Da ist jetzt gerade ein Trupp dabei, die Strecke wieder frei zu machen."
-"Wann wird denn der Start erfolgen?"
-"Ungefähr eine viertel Stunde später."
-"Dann hoffen wir mal, dass alles glatt geht. Zurück zu dir, Gerd."
(Bild vom Baum gibt 's keines. Stattdessen Kamerablick saarauf und saarab)
-"Ein Schreck in der Morgenstund. Gott sei Dank wurde die Strecke noch mal kontrolliert. Kompliment an die Organisatoren. Das wäre ja für die Läufer ein böse Überraschung geworden."
-"Der ganze Lauf ist sowieso sehr gut organisiert. Getränke und Verpflegungsstellen etwa alle 2,5 km. Da muss keiner verdursten. (lacht) Gibt sogar ISO und COLA und Salzgebäck."
-"Was geht in den Läufern vor, wenn so was passiert?"
-"Verzögerungen bei den Starts kommen leider immer wieder vor. Die meisten nehmen 's gelassen. Einlaufen, trinken, noch mal schnell die Toilette aufsuchen. Da vergeht die Zeit schnell."
-"Auch unterhalten mit anderen Läufern?"
-"Also ich war immer sehr konzentriert aufs Laufen. Unterhalten eher nachher."
-"Bert, wie verkraftet Töffes die neue Situation?"
-"Er ist äußerlich sehr gelassen. Läuft sich gerade warm."
(Bild: Töffes läuft sich warm. Andere Läufer und Läuferinnen ebenfalls)
Ich habe noch ein wenig mit anderen Läufern geplaudert, was getrunken und dann ab zum einlaufen. Die Verzögerung hat mich gar nicht gestört.
-"Steff, wie wichtig ist das Einlaufen vor dem Start?"
-"Sehr wichtig. Die Muskeln müssen erst auf Betriebstemperatur gebracht werden, damit man gleich vom Start weg Tempo machen kann."
-"Aber die Läufer und Läuferinnen haben doch 21 km zurückzulegen. Und dann noch vorher laufen? Wie weit läuft man denn da?"
-"Die sind alle gewohnt, noch weiter als 21 km zu laufen. Genau genommen sind es ja sogar 21 km und 97,5 m. Diese letzten Meter darf man nicht vergessen. Eingelaufen wird in einem ganz langsamen Tempo. Aber so ungefähr 2 bis 3 km kommen da schon zusammen. Am besten man rundet das ganze noch mit ein bißchen Lauf ABC ab."
-"Lauf ABC? Das was Töffes da gerade macht?"
(Kameraschwenk auf Töffes)
-"Genau. Fast wie aus dem Lehrbuch" (lacht)
Lauf ABC tut mir vor dem Wettkampf gut. Hat mir bisher immer geholfen. Also mach ich das so. Und einlaufen sowieso. Gehört zum Ritual. Aber ich und lehrbuchreif? Das gäbe mal ein Buch. Oh je.
(Bild: Kamera auf großen Steinbruch)
-"Der Steinbruch im Bild. Da muss ich noch kurz was zu sagen: Hier kommt der Belag her, mit dem in der Region fast alle Wanderwege befestigt werden. Leicht rötlicher Split, das wird die Läuferinnen und Läufer heute auch um die Saarschleife begleiten. Gibt Farbe am Schuh. (Steff lacht)
Jetzt scheint es los zu gehen. Bert?"
(Bild: Herr Fast-Bender im Läuferpulk, Kamera schwenkt zum Starter mit Pistole)
-"Ja Gerd, die Startvorbereitungen laufen. Alle Läufer versuchen eine Position zu finden, die ihrem Leistungsvermögen entspricht. Leicht haben es die schnellen Läufer, die sind ganz vorne. Leicht haben es auch die langsamene Läufer, die starten ganz hinten. Die anderen müssen irgendwo zwischen fast 1000 Startern
(Kameraschwenk über das ganze Läuferfeld)
ihren Platz suchen. Keiner will am Anfang zu viel überholen müssen. Die anderen behindern will natürlich auch keiner."
-"Steht Töffes für seine Zielzeit nicht zu weit hinten, Steff?"
-"Das ist immer schwer zu sagen. Ich hoffe, er hat sich richtig eingeordnet."
-"Der Countdown: fünf, vier, drei, zwei, eins,
(Kamera auf den Starter: man hört den Schuss)
der Halbmarathon ist gestartet!!!
(Kamera von vorne auf das Läuferfeld)
Vorne geht es in einem schnellen Tempo los. Da, wo Töffes steht, tut sich noch nichts. Gehenderweise setzt sich auch das hintere Feld in Bewegung. An der Zeitmessschleuse, durch die alle durchmüssen, gibt es ein wenig Stau.
Jetzt, nach etwa 30 sec. geht Töffes über die Startlinie. Er nimmt gleich Tempo auf. Vor ihm etliche langsame Läufer. Er läuft im Slalom durch das Feld nach vorne. Hoffentlich kostet das nicht zu viel Kraft.
(Kameraschwenk: Töffes von vorne: Leicht verärgerter Gesichtsausdruck.)
Glücklicherweise ist die Straße breit und es gibt Platz zum überholen. Trotzdem muss er immer wieder abbremsen, da die Läufer nebeneinanderlaufen."
immer das gleiche: viele langsame weit vorne. erster Kilometer Hindernisparcour. Glücklicherweise ist Platz auf der breiten Bundesstraße. Ich ärgere mich trotzdem.
-"Nach dem ersten Kilometer hat er sich aber freigelaufen. Er scheint in einen guten Rythmus zu kommen. Der erste Kilometer in 4:44. Steff, ist das nicht zu schnell?"
-"Ja für seine Zielzeit erheblich zu schnell. Das passiert am Anfang leicht. Man muss überholen, und dann überzieht man schnell. Aber er hat schon auf die Uhr gesehen und, ja, er korrigiert etwas. Nimmt das Tempo etwas raus."
-"Die ersten des in Merzig gestarteten Marathonlaufes kommen dem Halbmarathonfeld schon entgegen. Kurzer Applaus kommt auf. Man respektiert hier gegeseitig die Leistung. Schöne Geste. ... "
(Bild: Kamera auf den entgegenkommenden Läufern)
-"Täuscht das Bild, oder geht es etwas bergauf?"
(Bild: Breite Bundesstraße mit leichter Steigung. Viele Läufer von hinten.)
-"Die Strecke führt saaraufwärts und ist in ihrer Tendenz eher steigend. Hier jetzt kurz hinter Saarhölzbach geht es merklich hoch. Ist aber keine schlimme Steigung. Ist vielleicht mir leichtem Gegenwind vergleichbar. Die Läufer werden 's kaum merken."
-"Bert, wie sieht 's im Feld aus?"
-"Töffes läuft taktisch sehr geschickt. Er hat sich an eine sechser-Gruppe gehängt, die in etwa sein Tempo läuft. Kann sich ein bißchen im Windschatten halten. Der Wind bläst hier doch merklich von vorne."
(Bild: Töffes in einer Gruppe)
-"Steff, Gegenwind?"
-"Im Rennen hat man immer das Gefühl, dass der Wind von vorne kommt. (lacht) Aber hier auf der Strecke bläst es schon ein wenig. Das macht es für alle Läufer anstrengender. Töffes muss schon aufpassen, dass er nicht überzieht. Er ist immer etwa 4 sec pro km schneller als seine Marschtabelle das vorsieht. Entweder es ist wirklich topvorbereitet, oder diese km werden sich noch rächen. Zur Zeit läuft alles auf ein Endzeit von knapp über 1:43 hinaus."
-"Wird er dieses Tempo halten können?"
-"Schwer zu sagen. Er kontrolliert das Tempo jeden Kilometer. Vielleicht fühlt er sich wirklich so gut. Ob er 's halten kann? Bei km 17 geht der Halbmarathon erst los."
(Bild: Töffes blickt auf die Uhr
Mir ist zu diesem Zeitpunkt (bei km 4) schon klar, dass ich zu schnell unterwegs war. Ich habe schon 20 sec. Vorsprung vor der geplanten Zielzeit. Aber das Tempo fühlt sich gut an. Die Beine sind locker, der Atem geht gleichmäßig. Warum also bremsen?
-"Jetzt nach fünf Kilometern nähert sich Töffes mit seiner Gruppe Mettlach, Sitz von Villeroy und Boch, eine berühmte Porzellanfabrik und größter Arbeitgeber der Region.
(Bild: Die Fabrik von Villeroy & Boch.)
Hier ist auch ein Stimmungsnest. Eine Gruppe von vielleicht 30 Personen macht Stimmung für Tausende. Johlen, Rasseln, Pfeifen.
(Bild: Kamera auf der Zuschauergruppe)
Einige aus der Gruppe winken. Scheinen Bekannte im Läuferfeld zu sein. Die nächste Getränkestation. Geht alles ohne Gedränge. Töffes schnappt sich einen Becher Wasser und trinkt in vollem Tempo. Offensichtlich hat er das geübt."
(Bild von der Getränkestation und Töffes, der in vollem Lauf zu trinken versucht)
um ehrlich zu sein: Nicht wirklich. Aber die Tipps aus dem Forum habe ich mir zu Herzen genommen, drücke den Becher zu einem "Schabel" zusammen und es geht prima. Obwohl es Plastikbecher sind. Ein bißchen was landet trotzdem im Gesicht und auf den Shirt. Aber ich kriege genug ab.
-"Töffes hat sich anscheinend vorgenommen, keine Getränkestation auszulassen. Ist das eine gute Entscheidung, Steff?"
-"Ich trinke auf Strecken bis HM nichts. Aber ich habe auch andere Voraussetzungen. Es ist sicherlich gut, früh für Nachschub zu sorgen. Und lieber öfter und weniger trinken, als sich an einer Stelle dann den Bauch vollschlagen zu müssen."
-"Töffes hat durch das Vollspeedtrinken einige Konkurrenten überholt, die zur Getränkeaufnahme das Tempo rausgenommen haben. Sie holen aber wieder auf.
Jetzt hier in Mettlach verlässt die Laufstrecke die B 51 und geht an einem Schiffsanleger vorbei. Das ist richtig eng. Aber das Feld ist inzwischen so weit auseinandergezogen, dass sich alle problemlos bei der Engstelle einfädeln können.
(Bild: Schiffsanleger mit Brücke im Hintergrund, unter der sich das Läuferfeld druchbewegt. direkt neben dem Fluss)
Unter der Brücke durch und eine Treppe rauf. Immer noch kommen Marathonläufer entgegen. Aber auch diese kritsche Stelle wird störungsfrei absolviert. Töffes läuft die Stufen locker im Tempo hoch."
-"Ja, das sieht sehr locker aus."
(Bild von der Treppe mit hochlaufenden Läufern)
Das mit dem locker stimmte für die erste Hälfte. Die Stufen sind tief genug um schön rythmisch zu laufen. Überholen ist schwierig, weil es sehr eng ist und auch noch Marathonis entgegenkommen. Die 2. Treppenhälfte ist deutlich anstrengender. Zum ersten Mal geht der Atem, oben angekommen, etwas schneller. Kann mich aber schnell wieder erholen und sogar das Tempo weiter hoch halten.
(Bild: Kamera schwenkt über die Staustufe)
-"An der Staustufe von Mettlach vorbei geht der Weg noch ein bißchen auf einer Teerstraße. Dann folgen viele Kilometer auf Schotter/Waldwegen. Das Tempo bleibt hoch. Hier liegt auch der umgefallene Baum. Eine große Eiche mit Wurzelballen umgefallen und von den fleißigen Helfern zerlegt.
(Bild: Große umgekippte Eiche, in Meterstücke zersägt und in die Saar gezogen.)
Der schönste Streckenabschnitt beginnt. Die Läuferschar ist, so scheints, in ehrfürchtiges Schweigen versunken. Töffes läuft immer noch in einer Gruppe.
In diesem Teil gibt es keine Autostraße. Auf der Saar fährt ein Ausflugsschiff, die Fahrgäste nehmen aber kaum Notiz von den Läufern.
(Bild: Kameraschwenk auf ein Ausflugsschiff. einige Passagiere winken.)
An der nächsten Verpflegungsstelle läuft Töffes wieder trinkenderweise voll durch. Er verliert kaum Zeit und lässt die Gruppe, mit der er lange Zeit gelaufen ist, hinter sich."
(Kameraschwenk auf Töffes:)
-"Er sieht noch sehr entspannt aus."
-So langsam macht sich das schnelle Tempo aber bemerkbar. Ich beschließe, bei km 9 etwas Tempo rauszunehmen. Ich erhole mich wieder.
-"Er hat auf dem letzten Kilometer deutlich Tempo rausgenommen. Ein Teil der Gruppe läuft wieder auf. Von hinten kommen weitere Läufer heran.
Von hinten nähert sich das Motorrad, das die ersten der Marathonfeldes ankündigt.
(Bild: Motorrad)
Im Feld entsteht etwas Unruhe. Ausgerechnet an einem Verpflegungsstand soll die Überholung stattfinden. Töffes greift zum ersten Mal nach ISO."
Das mache ich zum ersten und zum letzten Mal. Ja ich weiß, nichts trinken, was man nicht im Training getestet hat. Zum ersten Mail weil ich das Gefühl habe, jetzt was anderes zu brauchen als Wasser. Zum letzten Mal, weil mir das Zeug einen halben Kilometer später fiese Magenkrämpfe verschafft. Die gehen zum Glück nach ca. 2-3 Minuten wieder weg.
(Bild: rechte Spur Läufer wie an einer Perlenschnur. Ab und zu dreht sich jemand um)
-"Alle Halbmarathonläufer laufen jetzt brav auf der rechten Spur. Vor dem Überholen dreht sich jeder (na ja, fast jeder) um, um nach den Marathonis zu schauen, aber nix passiert. Jetzt erst kommt das Fahrrad, das den 1. des Marathons ankündigt. Und gleich hintendran der Führende. Zaghafter Applaus im Läuferfeld."
(Bild: Läufer hinter Fahrrad zieht vorbei)
Ich bin gebührend beeindruckt. Der hat schon 39 km hinter sich und läuft immer noch so sehr viel schneller als ich.
-"Einige der Halbmarathonläufer versuchen sich dranzuhängen, müssen aber bereits nach wenigen hundert Metern abreißen lassen. Der Führende ist zu schnell. Das Tempo in der Gruppe um Töffes ist aber weiterhin gleichmäßig hoch.
Steff, ist das die richtige Taktik? In der Gruppe mitschwimmen und Tempo immer hoch halten?"
-"Ja für Töffes sieht es noch gut aus. Aber der Halbmarathon ist ja gerade mal zur Hälte vorbei. Das kann immer noch nach hinten losgehen. Sein Schnitt hat sich wieder bei 4:54 eingependelt. Wieder schneller als der Plan. Inzwischen liegt er 44 sec. vor seiner Zielzeit. Aber die Gruppe, die er gefunden hat, läuft schön gleichmäßig und er kann sich schön ziehen lassen."
Zum ersten Mal realisiere ich, dass es sogar für eine Zeit unter 1:44 reichen kann. Das gibt neue Kraft für die nächsten Kilometer.
-"Die Schleife der Saar ist inzwischen passiert. Das Feld bewegt sich auf Besseringen zu. An der nächsten Getränkestation schnappt Töffes sich Wasser und Cola. Der Laufschritt scheint nicht mehr ganz so flüssig und schwerelos zu sein. Da hilft das Cola vielleicht weiter."
-"Ja, der Körper braucht Kohlenhydrate. Und in Cola sind davon eine Menge. Das Koffein als Schub kann man dabei getrost vernachlässigen. Zucker ist das, was der Körper jetzt verlangt."
Und wie. Sonst trinke ich Cola nur wenn ich krank bin. Aber ich habe einen so unbändigen Drang nach Cola, dass ich meinen Vorsatz (nur erprobte Sachen im Wettkampf) ein zweites Mal breche. Diesmal aber ohne unangenehme Folgen. Der Zucker in der Cola scheint zu helfen. Mir geht es besser.
-"Töffes ist immer noch sehr flott unterwegs und keine Anzeichen deuten auf einen Einbruch hin. Die Landschaft ist immer noch wunderschön, aber niemand der Läufer scheint das so richtig zu würdigen."
(Bild: Grandiose Landschaftsaufnahmen vom Saartal.)
Das stimmt so nicht. Ich kann die Landschaft zwar nicht genießen wie bei einer gemütlichen Wandertour. Aber so manch schönes Bild prägt sich dennoch ein.
-"Nach der Getränkestation geht es an einer Wiese vorbei, um eine scharfe Linkskurve und dann.... oh je, das wird den Läufern schwer zu schaffen machen. Ein sehr steiler Anstieg.
(Kameraschwenk: zeigt einen schmalen, steil ansteigenden Pfad)
Steigung ca. 20 %. Töffes beginnt den den Anstieg hoch zu laufen, überholt zwei Leute. Der Anstieg ist steil und scheint immer noch steiler zu werden. Manche gehen. Das Laufen ist sehr mühsam und langsam. Aber es ist immer noch laufen. Nach 200m oben angekommen, atmen alle heftig und schimpfen vor sich hin.
(Originalkommentare: "Das hatt ewei net misse sin"; "Das hat mir grad noch gefehlt"; "das war fies"; "Jetzt bin ich platt"; "oh scheiße"; "davon stand in der Streckenbeschreibung aber nix"; "Des brauch kenn Mensch")
Steff, war 's das?"
-"Dieser Anstieg hatte es wirklich in sich. Immerhin haben die Läufer alle schon fast 15 km in den Beinen. Da steckt man das nicht mehr so locker weg. Vielleicht wäre gehen klüger gewesen."
-"Töffes steht die Anstrengung deutlich ins Gesicht geschrieben ...
(Kameraschwenk auf Töffes)
Ob er das durchhält? Gleich nach dem Anstieg geht es auf einer Teerstraße wieder ziemlich steil bergab. Mit müden Muskeln gleicht das Laufen bei Töffes im Moment eher einem Eiertanz und Töffes ist sowieso nicht als guter Bergabläufer bekannt. Die beiden, die er im Anstieg überholte, sind wieder dran und lassen ihn hinter sich. Das muss frustrierend sein."
-"Auch Bergablaufen will geübt sein. Das ist manchmal sogar anstrengender als hinauf."
Das wieder-überholt-werden war nicht das frustrierende. Frustrierend was, dass mich dieser Anstieg völlig unvorbereitet traf, dass er Zeit und vor allem viel Kraft gekostet hat. Für mich hätte der Lauf da eigentlich zu Ende sein dürfen. Beim Bergablaufen musste ich alle Konzentration aufbringen, um nicht zu stürzen.
(Bild: Töffes eiert die Straße runter)
-"Töffes hat wieder Rythmus aufgenommen. Und hinter der nächsten Kurve steht seine private Unterstützercrew und feuert ihn frenetisch an."
Endlich! Meine Familie! Eine bessere Stelle hätten sie sich nicht aussuchen können. Als ich besonders fertig war. Was für eine schöne Motivation. Meine Frau sagte später, ich hätte noch gut ausgesehen. Offenbar hat man mir von außen nicht angesehen, wie fertig ich war.
(Bild: Familie feuert an)
-"Steff, kann er das Tempo jetzt noch halten?"
-"Also, wenn man sich nicht auskennt, könnte man denken, er schafft das. Auf den ersten Blick sieht man es ihm zwar nicht an, aber sein Schritt ist doch merklich schwerer geworden. Ich glaube langsam, das zu schnelle Tempo wird sich rächen. Der Einbruch kündigt sich an."
Nee Steff, ich gebe nicht auf. Ich werde kämpfen. Nur noch 4 km. Selbst wenn ich langsamer werden muss, ist die 1:44 noch drin. Kann ich das Tempo halten, winkt immer noch eine 1:43 !!! Hennes Mantra (ihr erinnert euch?) JAMMA NICH, RENN!!! muss wieder herhalten. Ich bewege mich wie in Trance. Eigenartiges Gefühl. So als würde ich gelaufen. Wenn ihr versteht, was ich meine.
-"Noch läuft er, aber du hast Recht. Das sieht schon gequält aus."
(Bild: Minutenlang bleibt die Kamera auf Töffes. Er sieht angespannt aus. Zu hören ist nur das Tapp, Tapp, Tapp von Füßen.)
Im nächsten Kilometer merke ich, dass ich das Tempo nicht halten kann. Ich nehme etwas raus, versuche bewusst zu entspannen und lockerer zu laufen. Und, oh Wunder. Ein bißchen Kraft kommt zurück.
-"Kann er sein Ziel noch schaffen? Wird er durchkommen? Steff?"
-"Durchkommen, glaube ich schon. Er hat einen starken Willen. Aber 1:44? Nein. Es sei denn, er kann sich noch mal erholen und kriegt die 2. Luft."
-"Man sieht deutlich, dass er kämpft, aber nach dem letzten langsameren Kilometern scheint er wieder ein bißchen zuzulegen. Einige überholen zwar und ziehen langsam, kaum merklich, nach vorne davon. Sein Begleiter für ca. 15 km ist jetzt etwa 50 m vor ihm. Und entfernt sich weiter. Aber Töffes kann auch noch ein paar Leute überholen. Jetzt nähert sich von hinten ein Läufer der M60 mit einem jungen Pacemaker an seiner Seite. Da hängt er sich jetzt dran. Da hängt er sich dran! Das könnte helfen. Und der letzte Verpflegungsstand: Wieder COLA. Das wird spannend. Die letzten Energiereserven mobilisieren. Noch ist es zu schaffen. Es sind noch 2 km bis ins Ziel. Aber eng wird 's schon. Komm Töffes, jetzt kämpfen."
Was für ein blöder Kommentar, Herr Kommentator. Ich mache schon seit 4 km nichts anderes mehr. Und der M60 zieht nach vorne weg. Respekt. Aber den hole ich wieder. Wenn ich mit 60 noch so laufen könnte. Meine Güte. Ich kämpfe mich wieder ran.
(Bild: Älterer Mann mit jungem Begleiter, direkt dahinter Töffes)
-"Er schafft es die Lücke zu dem M60 wieder zu schließen. Scharf links um die Kurve unter der Straße durch. Die letzten 500 m bis zum Ziel durch den Stadtpark. Zuschauer schreien. klatschen, johlen, pfeifen.
(Bild: Jubelnde Zuschauer)
Töffes zieht an dem M60 vorbei. Der kontert und zieht nach vorne weg. Töffes kann nicht mehr folgen! Jetzt die Zitrone ausquetschen bis zum letzten!! Alle Reserven raushauen, da ist schon der rote Teppich!!
(Bild: Der Zielkanal: Töffes kommt angerauscht und kommt fäusteballend durch den Zielbogen.)
Die allerletzten Meter. Töffes fliegt durch 's Ziel!!!
Die Uhr zeigt: 1:43:XX. Er drückt seine eigene Uhr und ballt die Fäuste. JAA, er hat es geschafft! Unglaublich! Er hat es tatsächlich noch geschafft! Steff, was sagst du nun?"
-"Also, da muss ich ja wirklich Abbitte leisten. Meinen Respekt. Das war Kampf pur auf den letzten Kilometern. Super. Das hätte ich nicht mehr für möglich gehalten."
-"Er läuft immer noch weiter. Er bleibt ja gar nicht stehen!"
-"Ja Gerd, das ging mir auch immer so. Man muss noch ein paar Meter weiterlaufen oder gehen können. Sonst kommt es zu einem plötzlichen Blutdruckabfall und man läuft Gefahr umzufallen."
-"Im Ziel wird er von seiner Familie gebührend gefeiert. Die Glückwünsche hat er sich auch redlich verdient."
(Bild: Töffes und Familie), Getränkestände, Festatmosphäre
Ja, Familie ist da. wie schön. Ich freue mich wie verrückt über die für mich super Zeit. Ein fast perfekter Lauf. Ich muss jede Menge Flüssigkeit nachtanken. Ein Gründels fit (alkfreies Bier mit Apfel) kommt mir vor wie das beste Getränk auf Erden. Solche MIxgetränke mag ich normalerweise gar nicht. Aber nach solchen Läufen schmeckt wahrscheinlich alles toll. Und was anderes war für mich nicht dabei: Wasser konnte ich nicht mehr sehen, Iso verschmähe ich (wegen der Magenkrämpfe) Aber wie gesagt: das Gründels ist echt lecker. Und bei meinem kilometerweiten Begleiter muss ich mich auch noch bedanken.
(Bild: Herr Fast-Bender mit Mikrofon und Töffes)
-"Im Ziel steht Bert mit Töffes zum Interview. Bitte, Bert!"
-"Ja hier bei mir im Zielkanal steht ein erschöpfter, aber glücklicher Töffes. Erst mal Gratulation zu ihrer Leistung."
-"Danke."
-"Sind Sie zufrieden?"
-"Ob ich zufrieden bin? Was für eine Frage! Ich bin mehr als zufrieden. Das war genial. Super. Ich war über eine Minute schneller, als erträumt. Schon die 1:44: war ein für mich sehr ehrgeiziges Ziel. Zwischendurch habe ich nicht mehr dran geglaubt. Einfach geil."
-"Sie können ja schon wieder reden ohne zu schnaufen. "
-"Ja, stimmt. Ich habe mich schnell erholt, aber die Beine tun schon weh."
-"Wie sehen jetzt die weiteren Pläne für den Tag aus?"
-"Ich hole noch meine Urkunde ab, dann duschen und mir der Familie lecker essen gehen und noch ein bißchen feiern. Heute abend geht 's dann wieder nach Haus."
-"Kommen Sie im nächsten Jahr wieder?"
-"Jetzt wo ich diesen fiesen Anstieg kenne? Nee!! (lacht) Im Ernst: Der Lauf ist sehr schön. Organisation super. Kann ich mir schon vorstellen."
-"Nochmals Gratulation und alles Gute"
-"Dankeschön"
-"Das war das erste Interview mit Töffes aus dem Zielraum. Zurück zu Gerd und Steff."
(Bild: die Kamera schwenkt ein letztes Mal über den Zielbereich. Viele Läufer kommen noch an und werden vom Publikum gefeiert.)
-"Danke, Bert. Wir gratulieren auch von dieser Stelle noch mal ganz herzlich und auch wir sind beeindruckt von dieser Leistung. Wir verabschieden und aus dem Studio. Ich bedanke mich bei Steff Nieh und wir hoffen, es hat ihnen ein bißchen Spaß gemacht und sie schalten bei unserer nächsten Übertragung wieder ein. Schönen Tag allerseits."
(Bild: Abspann:
Drehbuch: Töffes und das Leben.
Kamera: Töffes
Text: Töffes
Kommentare: Töffes
Ton: Töffes
Ich bedanke mich bei allen aus dem "Halbmarathon- Zielzweifler-Faden", bei meiner Familie (auch für die Unterstützung schon im Training, da geht ja schon Zeit drauf), bei Gerd Rüben-Bauer, Steff Nieh, Bert Fast-Bender.
Und bei allen anderen Foris, die mich bei der Vorbereitung unterstützt haben und mir mit Rat und Tat zur Seite standen.)
ENDE
Ja, das war 's also mit meinem Laufbericht.Tschöö sagt Töffes, immer noch glücklich und zufrieden.
Deine Debut ist wirklich perfekt gelungen 
Wir bleiben in Verbindung 
!
! Ich lief sowohl meinen ersten HM (noch als Rundkurs) und meinen ersten M. dort. 
für den genialen Bericht!
