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von SantaCruz
Mir hilft es kurz vor einem Lauf im Gedanken alles durchzuspielen, was passieren kann. Zum Beispiel gehe ich nochmal im Geiste durch zu welchem Zeitpunkt ich welche Kilometermarke passieren will. Ich überlege, was ich machen will, wenn ich langsamer oder schneller als geplant bin. Sofern ich die Strecke kenne: Wo gibt es beispielsweise Steigungen, schwierigen Untergrund usw., die ich bei meiner Kalkulation einbeziehen muß. Was bei kleineren, regionalen Läufen gut geht: Ich schaue, wer so an Läufern in meiner Leistungsklasse mitläuft, an denen ich mich im Rennen möglicherweise orientieren an. Beim Warmlaufen besichtige ich die ersten und die letzten Meter der Strecke. Dabei stelle ich mir Fragen wie: Wo könnte es im Startgetümmel eng werden, wie laufe ich ggf. die ersten Kurven? Wo kann ich am Ende - nicht zu früh und nicht zu spät - einen Zielsprint ansetzen usw.?
So bin ich dann, wenn es losgeht, gedanklich voll aufs Laufen eingestellt. Ich habe dann ein Gefühl der Sicherheit, auf die meisten Eventualitäten eingestellt gestellt zu sein. Ich weiß dann vorher genau, was ich machen muß und sobald der Startschuß kommt, brauche ich "nur noch" zu laufen, was die Beine hergeben. (Ob das wirklich so ist oder doch alles anders kommt, sei mal dahin gestellt. Wichtig ist mir auch eher das Selbstvertrauen, das sich bildet.)
Durch die starke mentale Beschäftigung mit Lauf im Vorhinein, habe ich auch keine abschweifenden Gedanken wegen persönlicher Befindlichkeiten der vergangenen Tage oder was auch immer. Ich weiß ja, daß das alles Vergangenheit ist und ich daran nichts ändern kann. Hier und jetzt ist das Rennen. Daher vermeide ich auch, groß mit irgendwelchen Bekannten zu tratschen, die man ja immer wieder auf Läufen trifft. Kurze Begrüßung und viel Glück, das reicht. Zu mehr habe ich auch keinen Nerv, ich will mich auf den Lauf konzentrieren. Zum Plausch bleibt hinterher noch genug Zeit. Und Familie zur "Unterstützung" mitbringen, was einige ja machen, würde mir zum Beispiel nie in den Sinn kommen. Wäre für mich in dem Moment bloß Ablenkung und laufen muß ich ohnehin immer noch selbst.
Wenn das Rennen losgeht, bin ich dann sehr fokussiert. Das hat dann wirklich etwas von Tunnelblick. Von Zuschauern und Landschaft usw. bekomme ich dann nicht mehr viel mit. Anfangs heißt es den Rhythmus finden, also auf Atmung und Bewegungsabläufe achten. Dann ggf. schauen, wo die Läufer sind, die ich mir vorher zur Orientierung herausgepickt habe. Und natürlich die Zwischenzeiten kontrollieren und ggf. entsprechend reagieren. Dabei spielt natürlich auch Intuition und Körpergefühl eine wichtige Rolle, weil nicht alles planbar ist. Und außerdem denke ich immer nur abschnittsweise, von Kilometer zu Kilometer.
Jedenfalls bin ich auch der Meinung, daß es für die Leistung wichtig ist, stets voll bei der Sache zu sein. Und ich merke auch, daß es umso schwieriger ist, die Konzentration durchgängig aufrecht zu erhalten, je länger die Strecke ist.
"What do you do, you just go out there and gambol about like a bunny?" - Sheldon Cooper