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Köln HM 2008: Vorgabe erfüllt... Wunsch nicht

Köln HM 2008: Vorgabe erfüllt... Wunsch nicht

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Mal wieder ein „kurzer“ Laufbericht. Der vorletzte vor meinem Winterschlaf ;-)
Das Wichtigste steht gaanz unten.

Es ist 5:45 Uhr und der Wecker klingelt schon. Viel zu früh! Das waren keine vier Stunden Schlaf! Draussen stürmt es heftig. Meine Lust zu laufen sinkt gegen Null.

Bevor ich mit dem Bericht anfange, ein kleiner Vergleich zu den Vorbereitungen zum letzten Kölner HM: Die Woche schön getapert. Samstag: Abendessen bei Schwiegereltern. Nur Pasta mit Sauce. Ein Kölsch. 0 Uhr im Bett. Im Ziel war ich dann nach 01:37:07.

Jetzt ist 2008. Das Training verlief gelinde gesagt bescheiden. Ich trainiere für einen Marathon und nicht für einen Halbmarathon. Erkältung(en) und Kundenschulungen ließen mich die letzten zwei Wochen nicht richtig trainieren. Am Montag konnte ich bei Nacht und Nebel (mehr Nacht als Nebel) meinen 30er Nachholen. Donnerstag dann einen lockeren 10er und Samstag noch mal lockere 5 Kilometer. Abends gab es dann wieder lecker Essen... und ich konnte nicht wiederstehen. Für Gulasch lasse ich alles stehen und liegen. Ich schlug mir also den Bauch voll. Aus einem Glas Kölsch wurden zum Schluss drei halbe Liter. Um 22 Uhr zog ich die Notbremse. Ab jetzt nur noch Wasser, Wasser und nochmals Wasser! So viel zu den Vorbedingungen.

6:00 Uhr. Nach einer heißen Dusche verlasse ich das Bad. Die Nacht hatte ich echte Probleme. War schweißgebadet. Gestern Abend war mir kalt. Hatte ich mir gestern bei dem 5er doch noch etwas gefangen?

Meine Freundin liegt immer noch im Bett. In einer guten ¾ Stunde wollen wir los und ich weiß, dass sie morgens öfters mal länger braucht. Letztes Jahr hatten wir das gleiche „Zeitproblem“ aber dieses mal bin ich viel entspannter. Ein kurzes rütteln am Bett löst mein Problem. Frau ist wach. Sicherheitshalber verlasse ich den Raum.

Es folgt das Übliche: zwei Kaffee, zwei Honigbrötchen. Schwägerin in spe ist auch schon wach und gegen 6:50 Uhr sind wir drei schon auf dem Weg nach Kölle.

Wir fahren wieder nach Köln-Vingst und von dort mit der U-Bahn zum Start. Alles klappt wie am Schnürchen. Kein Stress, keine Hektik. Sogar meine beiden Frauen sind gut drauf.

Dort angekommen bleiben noch 30 Minuten zum aufwärmen. Also fix ab in den roten Block. Verdammt... ich fühle mich etwas fehl am Platze. Es sind vielleicht 50 Meter bis zu den Startmatten. Also richtig weit vorne.

Schnell noch ein paar Meter einlaufen und ab für kleine Läufer. Nur noch wenige Minuten verbleiben. Der Sprecher vorne am Start faselt etwas davon, dass es nicht regnen wird. Kaum hat er dies ausgesprochen, bekomme ich den ersten Tropfen ab. Ich drehe mich nach hinten um, um die Reaktionen der Läufer zu sehen. Mein Hintermann schaut mich an und zeitgleich fällt das Wort „ScheiXXe!“ Breites Grinsen. Die nächsten zwei Minuten verbringe ich damit, meine dünne Windjacke umzubinden und wieder zu lösen. Soll ich jetzt mit oder ohne laufen??? Ach komm: nass wirst Du so der so und ne umgebundene Jacke kann Dich beim laufen behindern.

Dann geht alles sehr schnell. Startschuss. StartKUSS und weg. Sekunden später überquere ich die Startmatte. Die Zeit läuft.

Das Tempo ist gut. Letztes Jahr brauchte ich über 5 Minuten für den ersten Kilometer (der Rest war eine einzige Aufholjagd. Keine Ahnung wie ich das damals gepackt habe.) Auf der Deutzer Brücke weht ein strenger Wind und ich bin froh, als es in die Stadt geht. Der erste Kilometer kommt... 4:48! Wie geil ist dass denn? Weit besser als im letzten Jahr. Und es kann nur noch schneller werden! Die nächsten Kilometer werden besser. Nach fünf Kilometern laufe ich 4:35 und ich kann das Tempo halten. Ich versuche Läufer auszumachen, die mein Tempo laufen. Und finde eine kleine Läuferin. Sie ist älter als ich, aber ich kann ihr Alter schlecht einschätzen. Kilometer für Kilometer laufen wir gemeinsam durch die Häuserschluchten. Hängen Läufer ab und werden überholt. Mal bin ich einen Meter vorne, mal sie. Ich sehe uns schon gemeinsam durchs Ziel laufen ;-)

Die Strecke wurde dieses Jahr geändert. Etwa bei Kilometer 8 müssen wir eine kleine Rampe rauf. Letztes Jahr war dort der Messpunkt für die 10 Kilometer. Wie gerne wäre ich jetzt schon an diesem Punkt. Nach 00:46:14 überquere ich die 10km Matte. Über 30 Sekunden schneller als letztes Jahr. Bestzeit, ich komme!

Nach 12 Kilometern meint meine Mitstreiterin, das Tempo erhöhen zu müssen. Zentimeterweise läuft sie davon. Aus Zentimetern werden Meter und aus Metern wird „ausserhalb der Sichtweite“. Mein Tempo verringert sich. So langsam wird es unangenehm. Ich muss anfangen zu kämpfen. Meine Konzentration lässt auch langsam nach. Aus einem „ich packe es!“ werden Gedanken an müde Beine, der Wind scheint stärker zu wehen, die Mitläufer nehmen die Kurven enger und das seeehr lange und unangenehme Teilstück wartet noch auf mich. Das einzig positive was mir grad einfällt, ist die „Engstelle“. Die Strecke wird dort mit Gittern verengt. Letztes Jahr war nur knappe 2-3 Meter Platz in dieser Gasse. Ich kriege ne leichte Gänsehaut, als ich daran denke. Dort werde ich bestimmt Energie tanken, so wie letztes Jahr!

Denkste! Irgendwie habe ich den Streckenplan doch nicht so richtig im Kopf. Es wird lauter, also kommt jetzt gleich diese besagte Engstelle. Ich kann mich noch an eine Linkskurve erinnern, dann war man drin. Yep, ich biege links ab und laufe.... an der Engstelle vorbei. Es folgt eine etwa fünf Kilometer lange Wendestrecke. Stures geradeauslaufen. 2,5 hin und 2,5 wieder zurück. Und man sieht etliche entgegenkommende Läufer, die dieses Teilstück gepackt haben. Diesen Streckenabschnitt fand ich letztes Jahr schon demotivierend. Heute ist es schlimmer. Am Wendepunkt bin ich mittlerweile auf eine 4:49 zurückgefallen. Ich konzentriere mich wieder verstärkt aufs laufen und schaffe es zurück auf eine 4:43. Mit einer neuen PB wird es knapp.

Nach einer gefühlten Unendlichkeit ist dieser Abschnitt endlich beendet!!! Ich fühle mich wirklich ausgelaugt. Die besagte Engstelle kommt..... und geht. Gebracht hat sie nix. Die Stimmung ist dort recht gut, aber die Gasse ist doch recht breit, sodass keine wirklich „Alp d´Huez“-Stimmung aufkommen will. Ich will nur noch eines: ankommen, egal wie!

Bei KM 18 versuche ich mit etwas Cola etwas neue Energie zuzuführen. Keine Wirkung. Bin einfach nur müde.

Zwischen KM 19 und 20 kommt der Punkt, auf den ich mich schon sehr lange gefreut habe! Wir Halbmarathonis dürfen am Kölner Dom entlang laufen! Gestern konnte ich mir dies noch bunt ausmalen. Dom bestaunen und dann Beine in die Hand nehmen. Und jetzt? Es geht auf den Roncalliplatz. Den Dom nehme ich überhaupt nicht wahr! Auch jetzt noch, kann ich mich nicht daran erinnern, dass er da war. Ich will nur noch dieses 20km-Schild sehen und nix anderes. Doch statt dessen fällt mir sofort etwas anderes ins Auge: am Heumarkt steht meine Freundin und ihre Schwester. Wie winken uns zu. Statt mich zu freuen mache ich nur eine Handbewegung: Daumen runter. Ich bin am Ende.
Endlich fangen die letzten 1000 Meter an. Es geht wieder über die Deutzer Brücke. Ich versuche Didi „ich stelle mich vor jede Kamera die ich sehe“ Senft (den Tourteufel) auszumachen. Letztes Jahr konnte ich ihn noch abklatschen. Kein Teufel da, dafür ist der Franzose da. Ihr wisst bestimmt, wen ich meine. Der läuft scheinbar jeden Marathon mit. Wir klatschen ab und ich beschleunige noch einmal für die letzten paar 100 Meter.

Selten war ich so glücklich, im Ziel zu sein. Selten war ich so kaputt. Ich taumel irgendwie inRichtung Verpflegungsdorf. Einige Sanis schauen mich schon komisch an. Helfer geben mir meine Medaille und einen Plastikschutz. Der Wind kann mir von hinten schon mal nix anhaben. Aber ein zweiter zum Schutz für die Brust wäre nicht schlecht. Auf das Verpflegungsdorf hatte ich mich auch schon riesig gefreut. Und wie im letzten Jahr gibt es wieder Leckereien ohne Ende. Ich beginne mit einem Keks. Fehler! Mein Mund ist dermaßen trocken, dass ich sofort einen riesigen Klumpen im Mund habe, der alles verklebt. Ab zum Erdinger-Stand. Es tut so gut, endlich ein kühles Bierchen schlürfen zu können. Langsam kommen auch meine Lebensgeister wieder zurück. Die nächsten 20 Minuten verbringe ich damit, mir an den Ständen den Bauch voll zu hauen. Dann geht es ab zum vereinbarten Treffpunkt. Es fängt an zu nieseln und ich bete für die Marathonis, dass es sehr schnell wieder aufhört. Der Wind hat auch nicht nachgelassen und mein Windschutz flattert wild umher. Wie soll ich den auch festhalten? Ich habe beide Hände voll mit Riegeln, Tütchen und nem großen Bier! ;-)

Fast pünktlich um 10:30 Uhr bin ich am Treffpunkt vor der Deutzer U-Bahn-Station. Leider bin ich alleine! Es dauert noch zehn Minuten, bis meine Damen da sind. Die paar Minuten reichen, um mich total auszukühlen. Mit zitternden Händen ziehe ich mir trockene Kleidung an. Jetzt geht es schon etwas besser.

Nach 20 Minuten sind wir am Auto. Nach weiteren 30 Minuten genieße ich eine heisse Dusche. Der Lauf ist für mich jetzt wirklich zu Ende!

Bleibt noch das wichtigste: die Zeit. Vorgabe für meinen 03:30:00er Marathon war eine 01:40:00 im Halbmarathon Test. Mein Ziel war eine Zeit unter 01:37:00. Also eine neue PB.
Im Ziel hatte ich dann ein 01:38:52. Meine Vorgabe habe ich erreicht. Mein Ziel nicht. Aber ich muss sagen: es ist mir so was von..... egal. Trainingsziel ist und bleibt der schnelle Marathon. Da kann ich von dem Marathon keine Wunderzeiten erwarten. Vielleicht starte ich nächstes Jahr noch mal einen Angriff. Dieses Jahr gibt es bestimmt keinen HM-Wettkampf mehr ;-)

Danke fürs lesen und viele Grüße,
Peter

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Vielen Dank für den schönen Bericht!

Für alle die nach Köln noch Kraft, Zeit und Lust haben kann ich noch den Rheinhöhenlauf empfehlen!
Gruß Franky
10.Rheinhöhenlauf 18.-20.09.2015:dafuer:
26.07.08 5:23:32 Swissalpin Davos
05.09.09 5:02:29 Jungfrau-Marathon
05.12.09 4:21:30 Untertage Marathon Sondershausen
08.05.10 4:07:11 Rennsteig Marathon
07.11.10 3:59:40 LGA Indoor Marathon
15.05.11 3:50:08 Knastmarathon Darmstadt
09.10.11 3:49:00 Gardasee Marathon
11.12.11 4:05:00 Siebengebirgsmarathon
28.01.12 4:51:00 Ultramarathon Rodgau 50 km
12.05.12 8:21:43 Supermarathon Rennsteig 72,7 km

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Dodger hat geschrieben:.............. Ich schlug mir also den Bauch voll. Aus einem Glas Kölsch wurden zum Schluss drei halbe Liter. Um 22 Uhr zog ich die Notbremse.......
das war aber mehr als suboptimal, ich esse am Tag vor dem Wk spätestens gegen 17:00 und auch ganz normale Portion, keinen Alk, sonst hab ich immer das Gefühl ich muss alles mitschleppen.
...............
Bleibt noch das wichtigste: die Zeit. Vorgabe für meinen 03:30:00er Marathon war eine 01:40:00 im Halbmarathon Test. Mein Ziel war eine Zeit unter 01:37:00. Also eine neue PB.
Im Ziel hatte ich dann ein 01:38:52. Meine Vorgabe habe ich erreicht. Mein Ziel nicht. Aber ich muss sagen: es ist mir so was von..... egal. Trainingsziel ist und bleibt der schnelle Marathon. Da kann ich von dem Marathon keine Wunderzeiten erwarten. Vielleicht starte ich nächstes Jahr noch mal einen Angriff. Dieses Jahr gibt es bestimmt keinen HM-Wettkampf mehr ;-)
Warte es ab, Peter!
wenn die äußeren Bedingungen passen und du jetzt gesundheitlich gut über Runden kommst, dann ist lt Marathon Austria mit ner 1:39:00 Vorleistung ein M in 3:27:50 drin (sagt der Rechner :zwinker2: ) . Ich hab ja diesmal auf einen HM Test verzichtet, weil mir das Training hart genug schien und bin zuletzt lieber im Tapering noch etwas mehr ruhige km gelaufen als viele vorschlagen. Bei mir ist es diesmal aufgegangen .

Alles Gute für deinen nächsten WK!

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Dodger hat geschrieben: Bleibt noch das wichtigste: die Zeit. Vorgabe für meinen 03:30:00er Marathon war eine 01:40:00 im Halbmarathon Test. Mein Ziel war eine Zeit unter 01:37:00. Also eine neue PB.
Im Ziel hatte ich dann ein 01:38:52. Meine Vorgabe habe ich erreicht. Mein Ziel nicht. Aber ich muss sagen: es ist mir so was von..... egal. Trainingsziel ist und bleibt der schnelle Marathon.

Genau. Und dafür hast du die Vorgabe erreicht. :daumen:

Danke für den eindrucksvollen Bericht, der nächste wird bestimmt freudiger ... :zwinker2:

Grüße,
3fach
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Some say there's no magic formula. I say there is. It's just that the magic is different for everyone. Keith Dowling

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Hey Dodger,

sehr sehrschöner Bericht.

Ich fands auch schade das die Engstelle diesesmal recht breit war, Frechheit, wozu läuft man sonst Köln :D

Schade das es bei dir nicht geklappt hat, bin selber ein paar Sekunden unter meiner PB geblieben. Was ich nicht gedacht/geglaubt/versucht hatte.
Aber es lief so gut am Anfang und nachdem mich ein älterer Herr mich unbewusst motiviert hat, hats am Ende gepasst!
Zumal meine Vorbereitung ähnlich wie Deine waren, Sa. Kölsch zischen und lecker Essen, die WOche über nur am Mo. gelaufen...

Und ich bin richtig froh das des Wetter bei uns gehalten hat und ich noch trockenen Fusses in Hotel gelangt bin!

Also :daumen: hoch und die 3:30 in Angriff nehmen

Ade
Agui
HM Stuggi 2005: 1:33:39
M Lissabon 2005: 3:08
HM Köln 2007: 1:37:30
M New York 2007 3:21:10
HM Köln 2008: 1:33:16

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Hi Dodger,
danke für Deinen ausführlichen Bericht.
Für mich war es der erste HM in Köln. In Summe mein zweiter HM (hatte meinen ersten dieses Jahr in Bonn).
Mit den Zeiten von Dir und den anderen kann ich leider nicht mithalten.
Für mich war das Ziel für diesen HM im Ziel anzukommen ohne danach einzuknicken. Und das ist mir gelungen. :)
Ich habe auch meine Zeit vom HM in Bonn um 40 sek unterboten.
Daher bin ich eigentlich sehr zufrieden mit meinem Ergebnis.
Ich muss aber gestehen, dass ich von der Stimmung an der Strecke mehr erwartet habe. Aber ich schätze mal, dass ich dafür das schlechte Wetter verantwortlich machen kann.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg bei 3:30:00

Gruß, Katja
Gesperrt

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