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Röntgenlauf 2007 recap

Röntgenlauf 2007 recap

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Ein Bericht von meinem Ausflug ins Ultra-Metier letztes Jahr:
Nach dem verkorksten Frühjahrsmarathon in Duisburg 2007 überdachte ich meine letzte Saison und die bisherigen Ergebnisse und beschloß etwas Neues auszuprobieren. Es gibt einige Dinge in sportlicher Hinsicht, die mich reizen würden, weil sie eine Herausforderung an die eigene Leistungsfähigkeit darstellen oder einfach sportliches Neuland darstellen. Dazu gehörten auch Distanzen jenseits der klassischen Marathondistanz, sog. Ultraläufe.
Einen Lauf ohne Zeitdruck zu bestreiten und im Ziel trotzdem stolz auf das vollbrachte Ergebnis zu sein, das war es, was ich einmal wieder erleben wollte.
Der Entschluß war gefasst, ein Ultralauf sollte ins Auge gefasst werden. Aber welcher bloß? Ultras gibt es nicht an jedem Wochenende hier in der Gegend und bis zum legendären Rennsteiglauf im nächsten Mai wollte ich a) nicht warten und b) nicht ohne Vorerfahrung anreisen.
Also fiel meine Wahl auf den Röntgenlauf der auf dem Röntgenweg rund um Remscheid führt.
Er ist 63,3km lang und darf somit die Bezeichnung Ultralauf auch zu Recht tragen.
Zusammen mit Maike B. aus Herdecke die hier 2005 bereits erfolgreich die 63km-Runde gefinisht hat, reiste ich am Sonntag morgen in Remscheid an. Nach unproblematischem Abholen der Startnummern und den sonstigen Verrichtungen die ein Läufer vorm Start besser noch einmal erledigen sollte, reihten wir uns ins Starterfeld ein. Wir stellten uns in den Bereich der 6min/km-Läufer und bald schon ging es los. Trotz der ca 500 Starter kamen wir alle gut ins Rollen.
Die Durchgangszeit nach 10km war mit 54min schon recht langsam, aber es sollte ja noch ein langer Tag werden. Bei km 3 bereits traf ich Rainer König aus Wetter (mittlerweile Dt. Meister M35 im Cross-und Landschaftslauf 2008) mit dem ich einige km plaudernd einherlief. Nach einem Toilettenstop traf ich ihn dann noch mal bei km 18 wieder und an der Halbmarathonmarke verschwand er dann endgültig nach vorne.
Ich spürte bereits jetzt dass meine Waden trotz tagelanger Laufpause nicht so frisch waren, wie ich es mir wünschte und sie wurden auch mit den Kilometern nicht lockerer. Die Anstiege entlang der Strecke waren teilweise recht happig und sehr zahlreich. Ich nahm sie aber alle im Laufschritt, während meine Mitstreiter teilweise bereits bei km 20 die Anstiege hochgingen um Kraft zu sparen, vermutlich.

Eindrucksvoll fand ich die Passage unter der Müngstener Brücke, über die just in dem Moment, als ich dort drunterherlief eine alte Dampflok mit vielen Tendern laut Signal gebend darüberknatterte!

Ich kam etwas später - so ca bei km 35 mit einen Läufer ins Gespräch der bereits ein gutes Dutzend Ultraläufe absolviert hatte und der sich alle paar Kilometer die Steinchen aus den Schuhen schütten musste.
Er erzählte mir von seiner Teilnahme am letzten Ultrabalaton - einem 210km Lauf um den Plattensee ! Hammerhart, was sich manche antun. Das bergablaufen fiel mir zusehends schwerer und ich nahm an Tempo raus, wenn es abwärts ging.
Im Marathonziel (nach 3:53h) angekommen, setzte ich mich erstmal kurz hin. Meine Beine schmerzten nun doch schon ziemlich. Die Verpflegungsstände boten bisher nur Bananen und Müsligebäck an; ich hätte jetzt lieber was Herzhaftes gehabt.
Stefan Vorberg aus Wetter war zum Anfeuern gekommen und winkte mir zu. Schliesslich, nach mehrminütiger Pause lief ich wieder an und versuchte den Inhalt eines Powergeltütchens runterzuschlucken. das zeug war aber so ekelhaft dass ich die nahezu volle Packung wegwarf und nur wiederwillig die menge in meinem Mund runterschluckte. Wie sich rausstellte war das Gel bereits abgelaufen, was sich zumindest auf den Geschmack sehr negativ auswirkte.
Dennoch folgten nun die besten 5 Kilometer dieses Tages. Es ging zur Eschbachtalsperre hinauf und im darübergelegenen Höhenzug durch den Wald. Ich erinnere mich wie ich an der 45km-Markierung vorbeiflog und mich super fühlte. Dieses gefühl verschwand aber schlagartig nur einen km später, als es eine lange gerade Steigung hochging, an der ich zum Gehen gezwungen wurde. Hier traf ich auf Jens Tekhaus aus Schwerte, der mir schon beim Duisburgmarathon begegnet war. Wir trabten ein wenig plaudernd nebeinander her, schliesslich musste ich ihn aber ziehen lassen.
Es erschien mir endlos lange, bis endlich in einem einsamen Tal unvermittelt die 50km-Matte auf dem Weg lag. jetzt wurde es richtig hart und sollte auch nicht mehr viel besser werden.
Bei km 55 schmerzten meine beine so stark, dass ich versuchen musste meine Aufmerksamkeit auf andere Dinge jenseits des Schmerzes zu richten. ich entdeckte in einem endlos langen Tal eine Gruppe Krähen, die abwechselnd einen Bussard attackierten, der in ihr Revier eingedrungen war. Diesen Luftkampf beobachtete ich gebannt und vergass so für eine weitere wohltuende Minute meine Pein.
Mittlerweile musste ich Gehpausen auch auf den flachen Abschnitten einlegen , an den Anstiegen sowieso.
Bei km 58 war ein Verpflegungsstand, der endlich mal was Herzhaftes (Frikadellen, Schwarzbrot und KÖLSCH) im Angebot hatte; das tat richtig gut. Dort begegnete ich auch Armin Borst (von der LG Schwerte) der aus der Gegend stammt und der mich für einige Zeit laufend begleitete. Danke Armin; es tut gut, nach fast 60km Gesellschaft zu bekommen, die einen "auf Trab hält". Jede Abwechslung vom Schmerz ist da willkommen.
Mittlerweile taten mir auch meine Schultern und der Nacken weh. Das Ziel kam ziemlich unvermittelt nach einem letzten, fiesen Berg und kurzem Abwärtsstück und ich war sehr sehr froh, so gut alles überstanden zu haben.
Meine Frau erwartete mich bereits mit einem Finisher-Bussi und Lauffreundin Maike hatte meine Jacke schon mal vorgewärmt - es waren genau wie beim Start 8 C° und Wind- und ich durfte mir stolz meine silberne Röntgenlaufmedallie umhängen. Die grösste Anerkennung und Bestätigung für erbrachte Leistungen ist aber eine intrinsische und nicht Abzeichen oder Medallien. Ich geniesse es, eine weitere Erfahrung mit mir selbst gemacht zu haben und meinen Schmerz beim Laufen erfolgreich "in den Griff" bekommen zu haben.
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