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Frankfurt Marathon 2008: Neue PB trotz Einbruch

Frankfurt Marathon 2008: Neue PB trotz Einbruch

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Für die ganz eiligen: bin halbwegs gut angekommen. Es gab eine 3:35er Zeit. Also weit entfernt von meiner geplanten 3:29 :-)


Für die, die etwas mehr Zeit haben...

Freitag: Um 16:00 Uhr fällt endlich der Hammer. Feierabend! Klamotten packen und ab zur Freundin nach Stuttgart.

Samstag: Gegen 16 Uhr schaffen wir es endlich, das Haus zu verlassen und machen uns auf den Weg nach Frankfurt. So langsam steigt meine Nervosität. Was soll schon schief gehen? Das Hotel ist gebucht. Das Training verlief einigermaßen gut. Die geforderten Zielzeiten konnte ich erfüllen. Es würde ein super Lauf werden.

Das Navi lotst uns durch Frankfurt. Beeindruckende Stadt. Hatte mich schon auf die Wolkenkratzer gefreut. Als Sauerländer bekommt man so etwas ja eher selten zu Gesicht. Noch 300 Meter und wir sind am Hotel. 200... 100... rechts abbiegen... aber wo ist das Hotel? Wir stehen mitten in einer Häuserreihe. Die Gegend kommt mir etwas abgewrackt vor. Naja, ich würde niemals hier wohnen wollen!!!
Wir drehen noch eine Runde um den Block. Noch immer ist nicht von einem Hotel zu sehen. Ich stelle den Wagen rechts ab und mache mich zu Fuß auf die Suche. Die Freundin lasse ich im Auto und hoffe nur, dass sie niemand klaut.
Ich muss blind gewesen sein! Gleich am Eingang der Straße steht groß geschrieben "Hotel". Klasse! Ich gehe rein, sage dem Herrn, dass ich gebucht habe und er sucht seinerseit die Buchungsunterlagen... und sucht... und sucht. Wann ich denn gebucht hätte, fragt er. August, antworte ich. Er greift nach hinten, holt einen Ausdruck und erklärt mir die Lage. Man hätte das Hotel im September übernommen. Der Besitzer hatte das Hotel heruntergewirtschaftet und war nun auf der Flucht. Mein Gott, wo bin ich hier gelandet!!! Wir bekommen trotzdem ein Doppelzimmer, für 10 Euro mehr.

Das Zimmer ist, gelinde gesagt, ein Dreckloch. Das Bad gleicht einer Campingtoilette und wenn man aus dem Fenster guckt, schaut man direkt in einen Hinterhof, der als Müllkippe genutzt wird. Egal! In 24 Stunden liege ich schon wieder auf der eigenen Couch!

Es wird Zeit für die Messe. Wir geben etwas Gas und erreichen sie gegen 18:30 Uhr. Nach 10 Minuten habe ich meine Startnummer und noch zwei Gels ergattert. Der Lauf kann starten. Wir machen noch einen kurzen Abstecher in die Festhalle, in der Hoffnung, noch etwas Essbares ergattern zu können. Fahrkarte! Die Pastaparty ging bis 18 Uhr. Egal. Ich wollte eh zu einem Italiener und dort Pasta essen.

So langsam steigt meine Stimmung wieder. Gegen 20 Uhr machen wir uns mit dem Auto auf in die City. Ich hätte mir doch besser einige Adressen aufschreiben sollen! Wir kurven bald eine Stunde durch Frankfurt und halten nach italienisch klingenden Restaurants ausschau. Irgendwann habe ich genug und lasse mir per Handy die Adresse vom Vapiano durchgeben. Nach 5 Minuten haben wir "das Ziel erreicht". Nach weiteren 20 habe ich die erste Portion gegessen und habe immer noch Hunger. Nach der zweiten Portion ist Schluss. Das reicht für morgen. Noch fix einen Absacker und ab in die Heia!

Sonntag: Es sollte so schön werden. Eine Stunde länger schlafen (Zeitumstellung) und dann nochmal lange ausschlafen. Es sind ja nur 20 Minuten bis zum Start. Die Nacht wird aber um 7 Uhr unterbrochen. Eine Putzfrau steht auf einmal in unserem Zimmer! Ich war schon in vielen Hotels, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt! Die Stimmung ist wieder eingefroren. Das Frühstück passt zu dem Hotel. Kein Toast, kein Brot, nur vertrocknette Brötchen. Bloss weg hier!

Um kurz nach 9 Uhr erreichen wir das Messegelände. Jetzt geht alles sehr schnell und meine Stimmung ist wieder top. Norman Stadler und sein Team gehen direkt neben mir vorbei. Wow. Mein Freundin bemustert muskulöse Hinterteile. Der Sprecher mahnt dazu, sich rechtzeitig in die Startblöcke zu begeben. Nach kurzem Warmlaufen gehen wir zum Kleinwort Startblock. Heftig! Vom Block sind es keine 100 Meter bis zu den Startmatten. Die Ordner kontrollieren jeden Läufer und sind sehr genau. Fünf Minuten vor dem Start brechen leider die Dämme. Läufer, die alle Zeit der Welt hatten, klettern über die Absperrgitter. Meine Freundin wird von beiden Seiten eingeklemmt. Ich hole mir noch schnell einen Abschiedskuss ab und schicke sie nach hinten. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis sie einen Schuh ins Gesicht bekommen würde. Es folgt das übliche Klatschen. "Ich würde ja gern klatschen, aber ich kann meine Arme nicht bewegen!" ruft mein Nebenmann. Es klingt lustig, aber es ist wirklich so. Es ist so voll, dass man sich kaum bewegen kann.

Der Startschuss fällt und zwei Minuten später setze ich mich in Bewegung. Endlich! In 3,5 Stunden ist es vorbei!

Der erste Kilometer ist wie zu erwarten langsam. Viele Läufer, viel Gedränge. Aber die Sekunden werde ich wieder einholen.
Es geht erst einmal durch die Innenstadt. Ich glaube nach etwa 4 Kilometern kommen uns die Führenden entgegen. Ein Wahnsinnsanblick. Eine Meute von 20-25 dunkelhäutigen Läufern. Keiner sagt dort ein Wort. Bei "uns" herrscht dabei reges Geplapper. Die Stimmung ist gut. Mit einigem Abstand entdecke ich die ersten weißen Läufer. Kurz sehe ich ich Martin Beckmann. Dann ist er auch schon auf und davon. Weiter geht es durch die kurvige Innenstadt. Bei km 6(?) kommen mir die ersten Damen entgegen. Ich kann Kirsten Otterbu ausmachen. In einigen Metern Entfernung folgt ihr Melanie Kraus mit ihren Pacemakern.

Nach 12 Kilometer geht es über die Alte Brücke. Hier werden viele tolle Fotos gemacht. Läufer mit der Frankfurter Skyline im Hintergrund. Als Läufer selber, nimmt man diese nicht wirklich wahr. Wir biegen nach rechts ab. Ich weiß, dass es jetzt einige Kilometer geradeaus gehen wird. Jetzt wird es auch Zeit für das erste Gel. Meine Beine zeigen schon eine leichte Müdigkeit. Auf dem Boden liegen schon vermehrt Gelpackungen. Ich warte noch bis km 17,5 und schlucke das Zeug mit zwei Bechern Wasser herunter. Ich will danach alle 5 Kilometer ein Beutel zu mir nehmen. Bis KM 21 ist hier nicht mit viel Abwechslung zu rechnen. Die Uhr zeigt rund 1:42 an, als ich die Hälfte der Strecke bewältige. Ich liege immer noch sehr gut in der Zeit. Jetzt kann ich mir Zeiten über 5 Minuten leisten. Das packe ich! Mein rechter Oberschenkel, genauer gesagt, meine Adduktoren, melden sich. Ein leichter Schmerz macht sich breit.

Zwischen km 23 und 24 geht es auf die Schwanheimer Brücke. Hier streife ich erstmals seit langem wieder die 4:57er Marke. So langsam müssten wir uns der Mainzer Landstraße nähern. Der Abschnitt soll sich lange dahinziehen und auf die Moral drücken. Das wird also ähnlich wie in Köln werden. Egal. Ich werde mir schon eine Läufergruppe suchen und mich dranheften. Bei km 25,5 kommen uns Läufer entgegen. Also wieder ein Wendepunktabschnitt. Ich finde so etwas immer demotivierend. Die entgegenkommenden Läufer haben es schon hinter sich. Bei Km 26 geht es bergauf. Ich versuche mein Tempo zu halten, merke aber, dass ich langsam abbaue. Dennoch bleibt meine Zeit unter 5 Minuten. Perfekt. Bald habe ich es gepackt.

Dann geht es auf die Mainzer Landstraße. Bei km 29 stoppe ich meine Zeit und ein lautes "Oh Gott" entfleucht mir. 05:29 steht dort. Das kann nicht sein. Jemand muss die Kilometerschilder ziemlich verschoben haben. Beim nächsten Kilometer werde ich also weit unter 4:50 sein. Doch weit gefehlt. Bei Km 30 bleibt die Uhr bei 5:19 stehen. Wenn ich ehrlich bin, macht sich jetzt etwas Panik breit. Ich habe innerhalb von zwei Kilometern fast eine Minute verloren. Meine Beine sind müde... richtig müde. Und mein Kopf meint "Geh doch mal etwas!" Aber ich bleibe dran. Ich will weder gehen, noch mein Ziel aufgeben. Ich müsste jetzt noch eine Minute Puffer haben. Beim nächsten Stand gibt es das nächste Gel. Vielleicht hilft mir das Koffein aus der Patsche? Aber es hilft alles nichts. Ich fühle mich wie in einem Alptraum. Ich komme noch einmal an eine 5:10 heran. Danach verschwindet auch dieser Zeitbereich von meinen Zwischenzeiten. Bei Km 34 schreibe ich mein Ziel von 3:29 ab und nehme mein nächstes Ziel ins Visier. Neue persönliche Bestzeit. Das müsste doch noch möglich sein!!! Oder?

Bei Kilometer 35 weiß ich, dass ich ins Ziel kommen werde. Meine Beine haben dafür noch genug Kraft. Die Stimme in meinem Kopf versucht mich jedoch zu überreden, zu gehen. Am nächsten Getränkestand fülle ich mich ab und gehe ein paar Meter. Wenigstens kann ich hier meinen Durst löschen. Mir ist mittlerweile alles egal. Ich weiß, dass ich gerade in der Nähe der Messe bin und noch 7 Innenstadt Kilometer auf mich warten. Also Knappe 37 Minuten. Langsam trotte ich weiter. Mein Schritt ist sehr schwer geworden. Meine Füße streifen schon bei kleinen Unebenheiten über die Straße. Es geht noch einmal zwischen den Wolkenkratzern hindurch. Zwischen den Gebäuden kann man andere Läufer erkennen. Es geht kreuz und quer durch die Stadt. An den Getränkeständen gehe ich wieder und sammle Kraft für die letzten Kilometern.Die Kilometer 37, 39 und 39 wollen einfach nicht vorbeigehen. Bei Kilometer 40 kommt noch einmal so etwas wie Stimmung auf. Gleich ist es geschafft. Meine Freundin wartet bereits in der Festhalle auf mich. Hoffentlich macht sie sich keine Sorgen. Ich bin ja schon spät dran.

Kilometer 41. Gleich ist es vorbei. Es geht noch einmal auf die letze Gerade. Der Messeturm ist direkt neben mir. Vor mir biegen die Läufer links ab. Es wird lauter. Kilometer 42. Das war es!!! Es geht durch einen abgesperrten Korridor. Die Zuschauer jubeln uns zu. Dann druchquere ich den Eingang der Festhalle. Es ist ein schönes Gefühl. Viele Zuschauer. Irgendwo muss meine Freundin sein. Aber es ist sinnlos, in der Dunkelheit jemanden ausmachen zu wollen. Ich recke noch einmal meine Faust gen Himmel und lege die letzten Meter bis zum Ziel mit einem Lächeln zurück.

Hinter dem Ziel gibt es ein wenig Gedränge. Eng ist es hier. Ich schnappe mir schnell meine Medaille und einen Kälteschutz und verschwinde nach draußen. Hier ist es ebenfalls sehr voll. Die Stände grase ich schnell ab. Versorgen mich mit Tee, Nüssen und Dosenbier. Im Prinzip, das gleiche, was ich früher am Wochenende gemacht habe. Da blieb es aber bei Nüssen und Dosenbier ;-)

In einer Ecke nehme ich kurz auf einem Stein Platz und genieße das kühle Blonde. Nach dem ersten Schluck kommt der erste Schweiss heraus. Das Zeug ist irre agressiv und läuft mir in die Augen. Minutenlang kann ich meine Augen nicht öffnen, weil es sofort brennt. Jetzt noch schnell einen Kaffee holen und ab zum vereinbarten Treffpunkt.

Wir wollten uns an einer Telefonzelle neben dem Messeturm treffen. Am Ausgang steht Sie dann. Trotz der vielen Leute, die hinter dem Absperrgitter stehen, sehe ich meine Freundin sofort. Sie freut sich sehr und mir geht es gleich besser. Gut, mein Ziel habe ich nicht erreicht, aber das ist mir jetzt grad egal. Ein Kuss und alles ist wieder gut.

Ich hatte Befürchtungen, dass es schwer werden würde, mit "zermatschten" Beinen zum Auto zu gehen. Aber so ist es nicht. Ich kann raltiv locker zum Auto gehen. Auf dem Weg dorthin, kommen wir an einer Verpflegungsstation vorbei. Es ist die Station bei KM 35. Die Station, wo ich zum ersten mal ging. Diese Stelle hatte ich seit gestern 3 mal überquert. Im Lauf selber nahm ich an gleicher Stelle nichts mehr wahr. Hätte man mich gefragt, hätte ich gesagt, "KM35... das war mitten in der Stadt". In der Stadt ja, aber nicht mitten drin. Wir haben von hier aus einen freien Blick auf den riesigen Messeturm. Im Lauf habe ich den nicht mehr gesehen. Ist schon eigenartig, wie die Wahrnehmung schwindet, wenn man sich verausgabt.

Jetzt liege ich gerade auf der Couch. Meine Beine sind etwas steif. Katze Lili liegt auf meinen Oberschenkeln und schläft. Die Wärme die sie ausstrahlt tut echt gut ;-)

Das Ergebnis reiht sich nahtlos in die Erlebnisse der letzten Stunden ein. Nach all dem Training bin ich schon etwas enttäuscht. Der starke Einbruch bei KM30 kam sehr überraschend. Mit einem Abbau hatte ich gerechnet, aber das er so extrem ausfallen würde??? Vielleicht war ich noch nicht soweit. Somit habe ich ein Ziel für das nächste Jahr. Die 3:30 sind erreichbar! Dann aber mit einem "Markenhotel" ;-)

Zum Lauf und allem drumherum kann ich nur sagen: super. Es ist alles sehr gut organisiert. Von der Marathonmesse, bis zur Zielverpflegung lief alles einwandfrei ab. Ich fand jedoch, dass es mehr Waserstationen hätte geben können. Ich bin mir wirklich nicht mehr sicher, aber ich glaube nicht, dass alle 2,5 Kilometer etwas zu trinken da war. Ich hatte schon starken Durst unterwegs. Den integrierten Staffellauf empfanden einige Mitläufer als nervend. Gut, man wird von vermeitlichen Sprintern von hinten geschnitten und läuft später auf die langsamen Läufer auf, aber ich bin selber bereit auszuweichen und erwarte keine Vorfahrt.

Jetzt heisst es erstmal ausruhen! :winken:

Viele Grüße,
Peter

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Hey Dodger,

wow, klasse Leistung, erst mal herzlichen Glückwunsch! Und danke für den Bericht…
Und wegen dem Hotel, würde ich mal anraten, das nächste Mal ein paar Frankfurter Foris zu fragen ;)

Erhol Dich gut.

Gruß,
bibee

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Sehr schöner Bericht!

Die Sache mit km 29 kann ich bestätigen. Da ist definitiv was schief gelaufen. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nen Schnitt von 5:15 und plötzlich, ohne dass ich irgendwie eingebrochen wäre oder mich schlecht gefühlt hätte stand 5:49 auf der Uhr...

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Hallo Peter,

das mit dem Hotel klingt ja gruselig.
Danke für den Bericht und Gratulation zum Durchbeißen und zur Bestzeit.
Wie geht 's weiter?
1. Ärgern übers Hotel
2. Freuen über die Bestzeit
3. Analyse des Trainings und des Laufs und
4. Neuer Angriff auf die 3:29!!!
Und so ne "Schwere-Beine-Therapie-Katze" will ich auch!!!

Töffes
"Wer keine Zweifel hat, ist schlicht verrückt." (Peter Ustinov)

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Hi Peter,

herzlichen Glückwunsch zur neuen PB. Die sub3.30 gelingen dann halt im nächsten Jahr.
Es waren aber - bis auf die allerersten km - schon alle 2,5 km Versorgungsstationen.

Liebe Grüße
Bruno
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Hallo Peter,

vielen Dank für deinen informativen, ehrlichen Bericht. :nick:
Kopf hoch, es gibt auch wieder bessere Tage. Du bist ja noch jung.

Liebe Grüße :winken:

Harald

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Hallo Peter,

danke für deinen Bericht, war doch ne super Leistung und ein krönender Abschluss einer erfolgreichen Saison :daumen: !

Gruß Volker
Liebe Grüße,
Volker

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@robman: Waren wir etwa im gleichen Hotel? Ne.... bei uns legte ein Pärchen schon gegen 0 Uhr los. Nicht um 3 Uhr :D

@töffes: genau in dieser Reihenfolge. Aber den Hotelpunkt lasse ich weg. Wir können jetzt drüber lachen. Muss man alles mal mitgemacht haben :D

Viele Grüße,
Peter
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