Tja New York und eine Bildschlagzeile, wenn das nicht hilft einige Leser zusätzlich zu gewinnen, dann weiss ich auch nicht. Ok im Gegenzug verspreche ich im Gegensatz zu meinen sonstigen Berichten mich kurz zu fassen. Nachtrag: ich habe fertig und mein Versprechen nicht halten können
New York 2008 und ich bin dabei… Nach nur 1 ½ Jahren Lauferfahrung schon in New York – eigentlich blöd so ein teures Highlight schon so früh zu machen, aber Freunde wohnen seit einem Jahr hier und die wollten wir eh besuchen. Dies ist mein dritter Marathon und oh Wunder mein erster Marathon bei dem ich nicht in den letzten zwei Wochen der Vorbereitung mit einem heftigen Infekt flachgelegt wurde. Ok die Vorbereitung an sich war kürzer und schlechter aber im Endeffekt ist es jetzt mein Marathon!
Vor dem Marathon gibt es am Samstag den Friendship Run, wo laut Frau Schmidt ganz viele Kenner Laufshirts austauschen… Ich laufe zusammen mit 16000 Läufern ein paar Kilometer durch New York und bekomme hier einen Vorgeschmack auf den morgigen Lauf. Super Wetter tolle Stimmung viele bunte Läufer aus aller Herren Länder – TOLL.
ABER der Skandal ist natürlich - ich laufe und fotografiere mich durch die Gegend mit einem Plastikbeutel in der Hand mit zahlreichen Laufshirts zum tauschen. Tja und grinsend muss ich feststellen ich bin der einzige – jawohl Frau Schmidt hat uns schamlos angelogen! Niemand sonst läuft hier mit einer Plastiktüte durch die Gegend – ich mache mich hier zum Affen und das ganz umsonst!
Da geht es für die letzten 1 ½ Meilen in den Central Park um schon mal festzustellen wie es ist hier morgen Einzulaufen. Kaum bin ich in Höhe des 26,2 Meilen Schildes kommt ein Brasilianer auf mich zu: „Hey change?“ und reicht mir ein schönes gelbes Trikot entgegen und deutet auf mein Leverkusener HM Shirt….. Klar und schon geht der Basar los. Mist die Schlagzeile ist dahin – die Wahrheit hat mich eingeholt ABER hey interessiert das die Bildzeitung? - eben also raus mit der Schlagzeile egal ob es stimmt oder nicht.
Sonntag 06:20 ich besteige den Bus zum Marathonstart – tolles Wetter und mal wieder eine Nacht mit ca. 2-3h Schlaf hinter mir – verdammte Aufregung vor dem Marathon – ob das irgendwann mal besser wird? Egal die Fahrt ist Klasse… kurz vor dem Startbereich in New Jersey – STAU! Eine sechsspurige Straße wird von der Polizei auf eine Fahrspur verjüngt…. Blöde Marathonis….
Ach nee bin ja selber einer unser Busfahrer schert von ganz rechts wieder nach ganz links aus… bleib voll auf dem Gas und fährt an alle vorbei bis an die Absperrung heran…Endlich mal einer der das Reisverschlusssystem richtig verstanden hat – aber das finde selbst ich etwas heftig und vor uns blinkt alles – An dem ersten Polizeiwagen angekommen steppt er auf die Bremse und verzögert die 20Tonnen zum stillstand – Fenster auf und: Hey Officer we need to go to the start“….
Anstelle einer Rüge werden wir/ nee ICH mit Polizeischutz und mit Blaulicht an den anderen Autofahrern (und anderen Marathon-Zubringer-Bussen) zum Start gefahren. Der Hammer ich als VIP Starathlet habe natürliche einen solchen Service verdient aber erwartet…..
Im Startbereich angekommen geht es raus in die Kälte – es ist wunderschön aber …..kalt – ca. 3° in Kombination mit einem ordentlichen Wind – na toll – trotz zwei Müllsäcken, einem Pulli und ca. 5 T-Shirts friere ich erbärmlich. Drei Stunde in dieser Kälte muss ich jetzt frierend verbringen, na toll. Letztlich ist es wirklich toll es gibt soviel zu sehen und die Zeit vergeht wie im Flug. Dieses Jahr wird zum ersten mal in drei Waves gestartet. Um 9:20 fliegt Paula mit den anderen Gazellen los. Um 9:40 die ersten 13000 Männer um 10:00 bin ich bei den nächsten 13000 dabei und um 10:20 der letzte Schub. Der Veranstalter will damit testen ob er in den kommenden Jahren noch mehr verrückte zahlungskräftige Läufer auf die Strecke schicken kann.
Um 10 Uhr und 6 Minuten gehe ich über die Startlinie und hoch auf die Verrazano Bridge - ich darf oben auf der Brücke laufen. KLASSE ich bin heiss - ich fühle mich gut obwohl ich die vergangenen zwei Tage viel zu viel auf den Beinen war und in New York mir einiges zu Fuß angeschaut habe.
Dieses Rennen soll ein ganz spezielles werden VIC sagt ich kann 3:35 laufen… Da soll man bei meinen Leistungsniveau 10 Minuten draufrechnen weil es hügelig ist. Pah ich bin zum ersten Mal nicht krank gewesen und ich habe eine Mission: Ich will es diesmal wissen und das unmöglich wagen die 3:30 von Pfflügler angreifen… JA ich bin unbezwingbar heute ist mein Tag!
Ich gehe los jage an den mich umgebenden Läufern vorbei – der Schnitt liegt mit 4:58 sogar leicht unter der Zielzeit von 3:29:59 – ha das läuft zwischendurch den Puls checken: prima nicht über 156 auf den ersten 20km habe ich mir vorgenommen – ergo 1-2 Schläge über den ersten zwei Marathons…. Läuft.
Von der ersten Kilometern an ist das Publikum der Hammer toll die Leute stehen an der Straße und feuern uns an – es läuft klasse. Bei Meile 8 werden die Strecken der drei verschiedenen Farben zusammengeführt und mein Puls ist etwas höher – egal ich fühle mich gut und ob nun 156 oder 158… das ist doch nun wirklich kein Unterschied… 3:30 ist das Ziel und das packe ich heute in New York!
Ach ist das schön beim Laufen mache ich Fotos wie bescheuert – ok das kostet noch mal ein wenig Kraft aber davon habe ich genug und wie gesagt ich bin heute unbezwingbar. Jetzt habe ich 12 Meilen zurückgelegt und bin immer noch auf Zielkurs aber es wird langsam etwas anstrengender und mein Puls klettert in Richtung 160… hm vielleicht sollte ich doch eine kleinen Gang zurück nehmen?
Quatsch geht schon…. HM-Marke ich bin mittlerweile ca. 20 Sekunde hinter meiner Zeitvorgabe… OK ok die „Vernunft“ siegt und ich nehme etwas raus… was solls wenn’s nicht unter 3:30 ist ok… 3:35 wäre auch klasse – ich kann ja am Ende noch mal ein wenig Druck machen wenn die 3:30 noch in Reichweite sind…
Bei Meile 15 geht es auf die Brücke Richtung Manhattan.. Ekelig Gitterroste mit Teppich belegt außerdem geht es steil bergauf.. der Schnitt fällt aber ich muss auf mich achten… Nicht unter 6min/km fallen lassen – Komm Till es geht gleich wieder bergab und dann holst du dir alles wieder zurück – außerdem stehen Morten, Anja, Amelie, Moritz und Niklas bei Meile 17 an der First Avenue auf Höhe der 72 Straße und dahinter mein Schatz – Jetzt nicht nachlassen…
Ich komme die Brücke runter und wir laufen nach Manhattan – bislang war das Publikum KLASSE – jetzt ist es unglaublich es ist ein Gejohle und Getöse das man nichts anders mehr Wahrnimmt die Leute stehen in 5-10 Reihen zu beiden Seiten der First Avenue… IRRE!
Ich nehme wieder Fahrt auf 59 Straße…. 64 Straße bald kommt die 72igste… Ich laufe schon in einem ziemlichen Tunnel die Oberschenkel brennen aber ich bin wieder bei unter 5min/km. Puls? Wenn interessiert der Puls ich will eine tolle Show bieten… Verdammt langsam muss die 72igste doch kommen… Hm ausgerechnet hier steht kein Straßenschild.. keine Ahnung wie weit es noch ist… Meine Fans wollen auf der linken Seite stehen.. vielleicht ist rechts ein Schild.. Augen nach rechts… nee auch nix… Ach da 17 Meile… Hm da war doch was…. denken funktioniert nicht mehr wirklich gut…
Da ein Straßenschild: 74th – VERFLUCHT ich hab sie verpasst…. Alle standen genau da wie abgesprochen mit Plakat und Gejohle aber ich hab Sie verpasst…. Ich habe kein Kraft mich damit auseinanderzusetzen das Tempo ist nicht mehr zu halten… Ok 3:39 ist angesagt – vergiss alles andere…
Es geht wieder über eine Brücke diesmal in die Bronx. Hier ist es trostlos nicht soviel Publikum und überhaupt nicht schön – passt zu meiner Verfassung… Was muss ich jetzt laufen um noch in 3:39 reinzukommen? Mann für so eine Rechenaufgabe muss man eigentlich nen Nobelpreis in Mathematik bekommen… Für mich unlösbar…. Mein Schnitt fällt auf 6:30 und ich überhole niemanden mehr, nee ich werde überholt und schwimme so eben noch mit den Schwächeren mit.
Ein paar Meter weiter: Ein weiterer Blick auf die Uhr 7min/km – mann ist das peinlich – es geht nicht mehr…. Arrg ich will es nicht wahrhaben aber ich kann mich nicht mehr wehren. ES geht nicht schneller. Der Puls sackt deutlich unter 150… ein untrügliches Zeichen es ist nix mehr da… Es geht nur noch ums überleben.
Die Überschlags Rechnung/Schätzung ergibt mit dem Schnitt wird es trotzdem noch PB so um die 3:45 – was soll’s. Es geht aus der Bronx wieder nach Manhattan und das Bild und das Publikum wird wieder ansprechender. Nix gegen die Bronx für jeden anderen Lauf wäre das immer noch umwerfend aber im Gegensatz zu den anderen Gegenden…. Klar den Leuten geht es hier einfach auch nicht so gut, die haben andere Probleme wie ein paar tausend Bescheuerten zuzuschauen….
Meile 22 ich will aufs Klo – ja wahrscheinlich will ich nur eine Ausrede vor mir selbst haben, um einfach mal anzuhalten… Ich gebe nach.. kurzer Zwischenstop.. Das wieder anlaufen ist ein wahrer „Genuss“… Ich bin mittlerweile bei 8min/km angekommen….
Verdammt das muss ich halten sonst brauche ich über 4h – das will ich nicht… Der Kopf befiehlt und der Körper sagt Till Du kannst mich mal 8:30 reicht auch. Ca. bei Meile 23 geht es in Richtung Central Park – es wird zu meiner Freude auch noch Wellig – Bergauf und –ab.
Laufen kann man den Mist von mir schon lange nicht mehr nennen ich krieche mit 9min/km durch die Gegend – der Akku ist soooo leer ich weiss nicht wo hin um den rechts und links an mir vorbeifliegenden Läufer nicht im Weg zu stehen. Mittlerweile ist es traurige Realität unter 4h ist unmöglich. Mir sollte eigentlich zum heulen sein aber ich grinse über beide Ohren. Die Amis schreien „You are looking good“ und „Good Job“ – verdammt Lügner. Ich krieche kopfschüttelnd und grinsend vorbei.
3:30 weg, 3:35 weg, 3:39 weg, 3:45 weg, PB, weg, unter 4h weg mein jetziges Ziel nicht gehen! Die nächste Steigung mein Schnitt fällt „laufend“ auf unter 10min/km… ich gehe…. Die Uhr zeigt km 40 nur noch 2km das sind noch über 20Minuten…. Ich will nicht mehr! Ich „trabe“ wieder…. Ewigkeiten später da ist das Ziel 26,2 Meilen…. In 4h und 10 Minuten torkele ich ins Ziel. Auf den letzten 12km habe ich 40Minuten verloren….
Ich arroganter, ignoranter Sack habe es nicht anderes verdient! Ist der Lauf nicht Dein Freund ist er dein Lehrer…. Strenger Lehrer heute… ich hab es nicht anders verdient und ich bin „glücklich“ über die Lektion. Ja das wird mir (hoffentlich) nicht noch mal passieren.
Medaille umgegangen und dann 20Minuten mit 1000senden anderen Läufer langsam in Richtung Kleiderbeutel schieben. Uff – ich kämpfe mich in die U-Bahn und dann geht es mit dem Pathtrain Richtung – New Jersey zum Hotel – der Treffpunkt mit meiner Frau und Freunden. Im Hotel angekommen sind die anderen nach ca. 2 Minuten ebenfalls da.
Ich erfahre dass Sie auch im Central Park waren und auf mich gewartet haben, aber wir haben uns auch da nicht gesehen und da haben auch die mich nicht gesehen ich war wahrscheinlich einfach so langsam dass das Auge des Zuschauers keine Bewegung festgestellt hat und das Gehirn dieses als stehendes nicht betrachtungswürdiges Objekt aufgefasst hat.
New York ist eine Reise wert! Der Lauf ist toll organisiert – die Stadt ist toll der Publikum ist UNGLAUBLICH… der Gegenwert des Veranstalters – Verpflegung usw ist lächerlich! Der Lauf ist „objektiv“ viel zu teuer aber wenn man es finanzieren kann IMO ein tolles Erlebnis was es „wert“ ist. So viele Nationen ein so friedliche gelöste Atmosphäre und das Publikum ist unglaublich… nee das kann an gar nicht oft genug sagen für mich lebt New York eindeutlich in erster Linie von den New Yorkern.
Ich will hier noch mal hin, aber dann will ich mich qualifizieren und nicht über eine Reiseveranstalter einkaufen…. Also wenn ich es überhaupt packe dann sieht mich der große Apfel vielleicht in 5 Jahren wieder…. Dann hoffentlich wieder mit den gleichen SUPER TOLLEN FANS – danke Euch dass Ihr für mich frierend an der Straße gestanden habt und so lange ausgehalten habt! Ich hätte Euch wirklich gerne 40 Minuten früher in die Wärme entlassen aber ich hab’s echt nicht gepackt…..
Sorry es ist doch wieder viel zu lang geworden obwohl ich soooooooooo viel weggelassen habe. Es Ging nicht anderes – Danke fürs lesen!
Gruß
der-Treppen-rückwerts-gehende-Till
Frau Schmidt lügt….! Die Wahrheit über den großen Apfel
113.04.2007 Nichtraucher & Ich beginne (mal wieder) zu laufen
08.06.2008 HM Lev 1:37,51 ----- 01.08.2009 Ring - 2:02,32
16.02.2008 10k Seligenstadt - 44:11 ---- 26.04.2009 M HH - 3:34,10
08.06.2008 HM Lev 1:37,51 ----- 01.08.2009 Ring - 2:02,32
16.02.2008 10k Seligenstadt - 44:11 ---- 26.04.2009 M HH - 3:34,10
), den muss ich später lesen. Ich freu mich aber schon drauf!
!
für den packenden und so anschaulichen Bericht Deines unvergesslichen Laufs!
ja wohl! Ich werde mich nie mehr über die Preise in D beschweren...
