Banner

Bernialauf 2008, die zweite große Herausforderung

Bernialauf 2008, die zweite große Herausforderung

1
Liebe Läufergemeinde,

immer mal wieder muss ich nach Spanien um nach dem doch recht alten Haus meiner Eltern an der Costa Blanca zu schauen, meine Eltern können dies aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Wer die Costa Blanca nicht kennt, oder nur die Strände, der kann nicht ermessen, welch bergige Gegend sich im Hinterland erstreckt, darunter auch der Bergzug der "Bernia" der sich von Meereshöhe bis auf 750 Meter erhebt. Die Strasse über diesen Bergzug,besser ein Strässchen, führt bis auf 650 Meter.

Rückblende, Sommer 2007
Die Familie macht Urlaub an der Costa Blanca, die Laufbegeisterung des Unterzeichners bestand seit März 2007, die ersten Strecken über 10 bis 15 Kilometer waren schon geschafft.. :daumen:

Nun gibt es auf der Bernia ein Restaurant, das eine überragende Paella anbietet, zu diesem Zwecke fuhren wir des abends die langen Serpentinen von dem kleinen Örtchen Jalon auf 180 Metern Meereshöhe hinauf auf die Anhöhe, dabei wurden 12 Kilometer zurückgelegt. Da die Strasse für Radfahrer eine echte Herausforderung ist, wird jeder Kilometer auf der Strasse mit weißer Farbe vermerkt und mit aufmundernden Sprüchen versehen.

Wer sich das Pofil anschauen möchte- Sierra de Bernia
(Mein geplanter Laufkurs begann beim Aufstieg an der eingezeichneten kleinen roten Hütte, km 14, und führt beim Abstieg über die zweite rote Hütte an die Strassenabbiegung N332/AV 1421 dann, wie im Aufstiegsprofil vermerkt zurück an die erste rote Hütte)

"Und nächstes Jahr läufst Du hoch".Ich weiß noch wie elektrisiert ich war, als mein damals zwölfjähriger Sohn angesichts von 10 und mehr Prozent Steigung versuchte, mich mit meiner beginnenden Laufleidenschaft hochzunehmen. :nick: Sofort stritt ich ab, nee, da kann keiner hochlaufen, nein, das ist mir zu heavy. Aber eswurde ein kleiner Stich gesetzt, eine Art Spreissel, der fortan in meinem Läuferfleisch steckte und immer mal wieder anfing zu jucken.

2007 ging in's Land. Die erste HM-Distanz war noch 2007 absolviert, dier ersten Wettbewerbe auf HM-Distanzen, die Vorbereitung auf den Einsteinmarathon, lange Läufe, Intervallläufe, auch Hügelläufe, Läufe, Läufe, Läufe. Der 21. September, Marathondebut, bis zum 01.09.2008 war ich wieder in Spanien, im Urlaub, wieder auf der Bernia, mit dem Auto :nene: . In der direkten Vorbereitung zum Marathon wollte ich nichts riskieren, gejuckt hat es schon, aber es war heiß, sehr heiß. Nun gut, insgeheim erkundigte ich mich aber, wie das Projekt anzugreifen wäre. Jalon-Bernia 12 km 470 Höhenmeter netto, Bernia- Pinos, 6 km 200 Höhenmeter netto bergab, Pinos-Benissa 8 km, 200 Höhenmeter netto bergab, Benissa-Jalon 7km 70 Höhenmeter netto bergab. Insgesamt 33 km und 470 Höhnemeter netto rauf und netto runter.

NETTO ! Brutto sind es ca 750 Meter rauf und 750 Meter runter. Nach einem genauen Blick in meine topographische Karte der Umgebung legte ich den Plan erst mal schlafen. :teufel:

November 2008. Zum Geburtstag hatte ich von der besten Ehefrau von allen einen Trinkrucksack geschenkt bekommen. Von Vaudee, rot, mit Zusatzfach und einfach nur klasse anzuschauen.Wo einweihen, ein langer Lauf muss her und da war er wieder, dieser kleine Spreissel, schliesslich wollte ich zwischen dem 06.11. und dem 11.11. schauen, was denn das alte Haus so macht und die nötigsten Arbeiten erledigen. Da müssten doch ein paar Stunden drin sein...

Ich war nicht abgeschlafft nach dem Einsteinmarathon, bin weiter gelaufen, die Langen hab ich zwar etwas verabsäumt, die längsten waren so zwischen 20 und 24 km angesiedelt. Aber ich fühlte mich frisch und so eine Herausforderung,der Spreissel :zwinker5: ...

Das Wetter am 07.11.2008 war göttlich. Blauer Himmel, 16 Grad, ich steuerte meinen Mietwagen nach Jalon. Der Ort ist bekannt für den Süsswein den sie dort produzieren und auch für den Honig. Ich hatte meine Schuhe vom Marathon dabei und auch das finishershirt an, Motivation sollte noch wichtig werden an diesem Tag. :D

Direkt am Beginn des Anstiegs legte ich meinen Trinkrucksack an, die Ausstattung mit Handy für den Notfall, Gels, Energieriegeln, Clopapier sowie einer einfachen Erstehilfeausrüstung schnell noch mal gecheckt, aber dann los, los bevor die Zweifel den Mut überwinden.

Der FR 305 hatte bei diesem Wetter schnell die Satelliten gefunden und so fing er munter an, die Meter zu zählen. Gut, ich war schon mal tausend Meter am Stück einen Hügel hochgelaufen, doch ich wusste, das ist heute was anderes...So zwang ich mich zu einem gemässigten Tempo, erst zwang ich mich, dann der Berg mich. Meter um Meter ging es die 12 Kilometer bergauf. Nach sechs Kilometern Kurvenlaufen, immer aussen, damit die Steigung erträglich blieb, eine erste recht flache Strecke über ca 1,5 km durch ein verlassenes Bergdorf, dann nochmal heftige 4,5 km in Serpentinen bergauf. Insgesamt brauchte ich eine Stunde und 15 Minuten und ich war glücklich oben angekommen zu sein, so glücklich das ich es in die doch recht einsame Bergwelt hinausschrie, ja,ja,ja. :)

Danach direkt der Absieg, eine gerade Gefällstrecke, keine Kurven. Da musste ich die Serpentinen selbst "herstellen" um die Belastungen für die Gelenke zu minimieren. Ich war froh, als dann wieder die "normalen" Serpentinen begannen. Weniger froh war ich über kleine, giftige Anstiege, die auf diesem Streckenabschnitt zu verzeichnen waren. Immer mal wieder so zweihundert oder dreihundert Meter, im Auto hatte ich die nie so richtig wahrgenommen. So langsam wurde ich auch müde, die Muskulatur begann zu schreien, kein Vergleich zum Marathon, die Belastung hier war eine ganz andere. Wohl auch weil ich nicht mit tausenden von anderen vor großem Publikum unterwegs war, hier war nur ich und mein Kopf gefragt, denn Aussteigen ging ja nicht, wollte ich auch nicht, der Blick auf das Marathonshirt verlieh mir immer wieder neuen Mut, Kraft hatte ich nur noch wenig.

"Unten" angekommen nach langen 26 Kilometern, dachte ich, jetzt wird alles gut, nur noch 7 Kilometer. Hatte ich nicht an alles gedacht ? Wie konnte ich diese zwei Anstiege übersehen haben, die sich mir nun schmerzlich präsentierten. Auf dem Profil sind sie deutlich zwischen der Strasseneinbiegung und dem roten Häuschen vermerkt...Doch ich riss mich zusammen, dieser Spreissel wird heute gezogen und zwar-bis zum nächsten Mal.

Und so kämpfte ich mich zurück nach Jalon. Nach drei Stunden und fünf Minuten war es geschafft, ja, ich bin hoch gelaufen und es war gut so und schön.

Diesen Lauf habe ich meinem Sohn gewidmet, seine Bemerkung zu mir am Telefon-"du spinnst".
Bild


http://www.ra-hascher.de

2
Zitat Redapricot
Diesen Lauf habe ich meinem Sohn gewidmet, seine Bemerkung zu mir am Telefon-"du spinnst".


Jawoll :nick: ! Dein Sohn hat Recht. Aber: Du bist als Spinner äh Läufer, nicht der einzige, der so verrückte Sachen macht.
Das ist ja gerade das Tolle an unserem Sport. Dass man Herausforderungen suchen und finden kann, ganz für sich alleine - über die Sierre de Bernia, oder in der großen Masse - wie beim Einstein Marathon in Ulm.

Danke für die schöne Geschichte und
liebe Grüße

Wolfgang

3
Hallo!

Danke für den sehr, sehr tollen Bericht. Echt beeindruckend. Das sind die Erlebnisse, die man nicht vergisst, die ein Läuferleben prägen. Sehr genial!
Ein Freund von mir nennt das immer so "Des sinn die Mommende, die wo du in dei Schatzkästle dusd..." (der alde Frangge... :D )

Danke und liebe Grüße
nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

5
Vielen Dank für das Lob ! :winken:

Liebe Nachtzeche,

als ich oben war in dieser herrlichen Bergwelt, deren Gewalt und Macht ich im Lauf gespürt hatte, kam mir dann doch Jesaia 54,10 in den Sinn, es sollen wohl Berge und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von Dir weichen...


Ich denke Du verstehst... :hallo:
Bild


http://www.ra-hascher.de

6
Redapricot hat geschrieben:V
als ich oben war in dieser herrlichen Bergwelt, deren Gewalt und Macht ich im Lauf gespürt hatte, kam mir dann doch Jesaia 54,10 in den Sinn, es sollen wohl Berge und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von Dir weichen...Ich denke Du verstehst... :hallo:
...tue ich... :D

nachtzeche
(der schon auf der Suche nach ebensoeinem Lauf ist...)
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

7
Eine schöne Herausforderung!

Und ein schöner Bericht!
(Hat mich ein kleines bisschen an einen Urlaubsmorgen erinnert, an dem ich, lange bevor die Touristenbusse kamen, in den Timanfaya-Park gelaufen bin.)

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“