Alex run hat geschrieben:Hallo C. mit dem Glas Bier in der Hand
(wär echt schön auch Deinen Vornamen zu kennen
),
Christof mit F am Ende. Sobald die Leute den Namen wissen, schreiben sie ihn falsch, meist mit ph. u. a. deswegen gehe ich damit nicht so hausieren. Ist übrogens alkfrei auf dem Bild - gerade aber eins mit Alk getrunken.
Alex run hat geschrieben:
also ich denke wir kommen nicht auf einen gemeinsamen Nenner, muss auch nicht sein und ist auch nicht schlimm.
Nur komisch, dass Du die Meinung einiger Laufautoren (Petersen, Baumann, Steffny, Marquardt), die ich gelesen habe verwirfst und als Klischee hinstellst.
Nein, ich denke nicht, dass ich die Meinungen von all diesen komplett verwerfe, wobei ich gerade Steffny und Marquardt sicher auch nicht immer zustimme.
Ich verstehe manche Sachen nur etwas anders und ich versuche das Laufen ehrlich und in etwa auf dem heutigen Stand der Trainingswissenschaft zu beschreiben. Ich halte nix davon, als Trainer die Athleten mit schlechten oder gar falschen Erklärungen zu motivieren oder zu bremsen.
Leider ist sowas üblich. Mal ein anderes gerne nachgebetetes Klischee, hier über Intervalltraining: "Wenn du die letzte Wiederholung weglässt, war das Training vergeblich, in der letzten Wiederholung steckt der maßgebliche Trainingseffekt". So ein Unsinn. Natürlich ist die letzte Wdh. meist die intensivste, aber 5*1000m statt 6*1000m haben natürlich einen sehr respektablen Trainingseffekt. Und allemal besser, eine WDh weniger zu machen, als sich in der letzten zu verletzen. Der Satz oben ist ein reiner Motivationsspruch, um jemanden dazu zu bringen, alle WDh zu machen.
Langsam Laufen ist eine Notlösung, aber eine notwendige und gut funktionierende. Es trauen sich viele Trainer aber nicht, das so deutlich zu sagen. Weil die Überlastung natürlich schlimmer ist als die Unterforderung. Gerade Steffny will große Auflagen verkaufen und muss also gerade mit den Plänen für die langsameren Läufer sehr im Wohlfühlbereich bleiben.
Also sagt er lieber, lauf dieses Tempo, statt zu sagen, lauf zwischen 60 und 85 % Hfmax, je nachdem wie es dir geht. Und er sagt auch nicht: Lauf an den lockeren Tagen gerade so schnell, dass du alle (Tempo-) Einheiten gut packst und dich insgesamt nicht überlastet. Das sind eben Anweisungen, die für Anfänger auch oft zu schwierig umzusetzen sind. Die brauchen oft genaue Anweisungen - genaue, aber sehr pauschale Anweisungen haben aber wenig mit optimiertem individuellen Training zu tun. Aber der Mainstream-Buchautor macht seine Programme eben so, dass sie für einen Durchschnittsläufer grob passen und ihn tendenziell eher unter- als überfordern.
Ein erfahrener Läufer mit gutem Körpergefühl kann sich meist jedoch so gut einschätzen, dass er nicht in jedem lockeren Lauf auf Nr. sicher gehen muss und das Tempo findet, dass ihn ausreichend fordert aber nicht zu sehr ermüdet. So kann er aus der Trainingszeit das Maximum herausholen.
Außerdem hängt es sehr vom Kopf ab, wie intensiv jemand trainieren kann. Und ein Buchautor kann natürlich nicht wissen, welches "Mindset" welcher Leser hat. Nicht nur der Körper wird müde, auch der Kopf. Nicht jeder geht gut gelaunt durch die Woche, wenn er weiß, dass er drei mal schnell trainieren muss.
Robert "Bob" Schul trainierte nahezu ausschließlich Intervalle mit schnellen Abschnitten von maximal 400m Länge und wurde Olympiasieger in Tokio 1964 über 5000m - wenn man nur den breitgetretesten Lauf-Klischees glaubt und nicht weiß, wieviel Ausdauer man durch extensives Intervalltraining aufbauen kann, wird man da sehr überrascht sein. Er sagt:
"Only the mind becomes tired as far as I am concerned and you can continue to push the body but not hard enough to injury it." - Der Kopf muss es mitmachen, der Körper war für ihn gar nicht das Problem!
Es ist natürlich heute eher unüblich, alles mit Intervallen zu machen und die Zeiten auf den Langstrecken haben sich seit den 60ern deutlich verbessert - auch durch längere Intervalle und TDL. Aber es ist klar, dass für eine 5000m Zeit unter 14min eine gewaltige Ausdauer nötig ist - und die hat Schul ohne einen einzigen langen langsamen Lauf erreicht. Schul hat auch nur an 3-4 Tagen in der Woche hart trainiert - an den anderen locker, aber nahezu immer Intervalle.
Zwei wichtige Lektionen, die man daraus lernen kann:
1. Schnelles Training muss nicht immer hart sein
2. Intervalltraining muss nicht immer hart sein.
Da sind leider auch diverse andere Gerüchte im Umlauf ...
Bob Schul ist ein Extrembeispiel. Ich könnte und wollte nicht so trainieren, und würde es auch niemandem raten. Aber es zeigt, dass manche Klischees über das Laufen wenig mit der Wahrheit zu tun haben. Bob Schuls "Haus" ist nicht zusammengebrochen, weil das "Fundament" an langsamen Läufen gefehlt hätte.
Heute war ich übrigens gut 16km in etwa 5'05/k unterwegs, also nicht gerade schnell für meine Verhältnisse. Ich habe gestern schnell trainiert und kann natürlich auch nicht jeden Tag so intensiv trainieren. Außerdem hab ich mich nett unterhalten.
Bin kein extremer "Schnelltrainierer", obwohl ich alleine sicher selten bei sehr geringer Intensität unterwegs bin. Wichtig ist imo an den meisten Trainingstagen, dass man weder mit Gewalt und zwanghaft schnell läuft, noch mit Gewalt und zwanghaft bremst. Wenn die Balance im Training stimmt und eine gewisse Erfahrung vorhanden ist, kommt das passende Tempo oft zu dir, ohne dass du es erzwingen musst.
Alex run hat geschrieben:
Auch Baumann habe ich schon im GA-Training durch den Wald schleichen sehen und mir damals gedacht, was das wohl bringen sollte.
Baumann muss bei seinen Umfängen auch mit der Intensität haushalten. Das sind eben keine 60km in der Woche. Möglicherweise hat er in den intensiven Einheiten dafür um so mehr geknüppelt. Es ist auch typabhängig, es gibt diese Schleicher, allerdings sind es bei den Eliteläufern imo die Ausnahmen, nicht die Regel.
Ich halte Baumann aber auch für jemanden, der sein Talent nie voll ausgeschöpft hat - was aber auch daran liegt, dass er wohl einfach nie richtig Bock auf richtig hohe Umfänge und lange Läufe hatte. Daran ist dann wahrscheinlich u. a. auch sein Profi-Marathon-Debut gescheitert.
Alex run hat geschrieben:
Aber mein aktuelles Trainingsprogramm von Steffny
ich habe nix gegen Steffny, er ist ein netter Kerl. Die ambitionierteren Programme werden dann auch deutlich heftiger, bei ihm fängt es erst bei Zeiten unter 3h an, "ernst" zu werden. Bei allen anderen geht er sehr auf "Nr. sicher".
Das Problem, was nicht nur ein Steffny hat, ist: Anfängertraining ist gerade im langsamen Marathonbereich ein sehr großer Spagat. Weil seriöses Marathontraining bei Programmen und Umfängen anfängt, die viele Anfänger noch nicht laufen können.
Gerade in Bezug auf den langen Lauf gibt es Probleme, er bleibt immer zu kurz, um den Anfänger nicht zu überlasten. Ein 2:30 Marathoni kann ohne Probleme einen Lauf machen, der zeitlich länger ist als der M., sogar einen Überdistanzlauf verkraften. Ein 4h Mann hat u. U. Probleme, einen Lauf von 75% der M-Distanz zu verkrafteten.
Die einzigen "seriösen" Ratschläge sind genaugenommen die, die nur wenige annehmen können oder wollen:
- Mit dem Marathon warten.
- Erst schneller und ausdauernder werden.
- Erstmal regelmäßig im Schnitt 80km in der Woche an Training verkraften.
- Das Durchlaufen von 35km sollte kein großes Problem sein.
Wenn man diese Ratschläge berücksichtigt, braucht man im M-Training oft weniger faule Kompromisse machen und hat gute Chancen, ein Training zu machen, dass einen Marathonlauf auf Zeit ohne Einbruch ermöglicht.
Mit solchen Ratschlägen kann man im Marathon-Boom aber schlecht Bücher verkaufen.
Natürlich will ich keinem langsamen Läufer den Marathon verbieten. Nur den meisten sollte klar sein, dass die meisten Pläne für Anfänger viele faule Kompromisse beinhalten und ein späterer Marathon möglicherweise mehr Spaß bringen kann.
So, ist ein halber Roman geworden.
Ich hoffe, es ist verständlich.
Gruß
C.