Leider hast du nicht verstanden, worauf ich hinaus will. Und das Zitat von Canova und meine Erläuterungen zum Thema Max LaSS hast du entweder nicht gelesen, oder nicht verstanden oder du willst es nicht glauben.
Das ist auch erstmal nicht verwunderlich, es ist schließlich eine leider noch weit verbreitete Lehrmeinung, der du anhängst. Aber die Trainingswissenschaft bleibt nicht auf dem Stand von vor zig Jahren stehen. Also vergiss bitte mal kurz alles, was du glaubst über "Schwellentempo" zu wissen, und lies das folgende aufmerksam durch.
Amigo hat geschrieben:Man kann die Bereiche über das Lauftempo definieren, wobei das Schwellentempo die Grenze ist. Dabei sind die "aerob" und "anaerob" zunächst erstmal nur Bezeichnungen (ob diese angebracht sind, ist ne andere Diskussion).
Dass das Schwellentempo das größtmögliche Lauftempo ist, wo es bei konstantem Tempo zu keinem Anstieg der Laktatkonzentration im Blut kommt, darüber dürfte ja Einigkeit bestehen.
Nein. Darüber besteht keine Einigkeit. Erstes steigt das Laktat natürlich auch beim Stundentempo an, nur eben sehr langsam. Zweitens gibt es natürlich eine Menge schnellerer Tempi, bei denen man den Laktatanstieg durch Training so begrenzen kann, dass man von einem Steady State sprechen kann.
2 Beispiele dafür:
Steve Magness hat geschrieben:
Steeplechase World Record Holder: Saaeed Saif Shaheen:
Over a 4 month period, Canova had Shaheen do a test interval session that essentially simulated a 5k. It was 5 x 1000m (13:10 pace - 2:38)with 1min to 1:15 rest. Remember that this session was done at altitude, thus while the pace is slower than his 5k pace, it’s comparable since it’s at altitude.
The first test showed the following lactate levels after each 1000m:
1
6.8 mmol
9.4 mmol
11.8 mmol
13.9 mmol
15.8 mmol
What you can see from this data is that lactate increases after every 1,000m. This is what is expected according to the common physiology beliefs. However if we look at the last test, 4 months later, the lactate shows a different picture.
6.5 mmol
8.0 mmol
8.3 mmol
8.8 mmol
10.2 mmol
As can be seen, from the 2nd through 4th 1km, the lactate is essentially steady! That means for about 8min in the middle of a 5k, if the pace is consistent, Shaheen is running at lactate steady state. This phenomenon is what Physiologists expect to see during an hour long race, not one for 13min. Furthermore, the before and after data shows that with training it’s possible to change the lactate dynamics of a runner.
Canova tested two more of his athletes and the same phenomenon occurred. For sake of brevity, let’s look at one more of his athlete’s James Kwalia. Similarly to Shaheen, Kwalia performed a series of intervals over a 4 month period. His intervals were 4 x 1200m (3:09 + 1 x 800m max. speed) with 1min rest. The first set was the following:
8.4 mmol
9.8 mmol
11.8 mmol
14.6 mmol
14.8 mmol
Like we expected no steady state. Pay particular attention to the last two numbers. After the 4th 1200m, his lactate was 14.6, but he still had a max 800m after only 1 minute rest. He wasn’t able to raise his lactate very much at all. The time in that 800m reflects that. He was not able to pick up the pace at all, even though it was supposed to be all out. He only ran that 800m in 2:05.6, essentially the same pace as the 1200m.
Now, let’s flash forward 4 months with the same test
8.7 mmol
9.0 mmol
9.3 mmol
10.8 mmol
20.6 mmol
Note the very small increase in lactate during the first 3 reps. That means he was essentially running at a steady state of lactate production at 63sec pace for 9min. Then to top it off, his lactate was much lower after the 4th rep, and he was able to increase it substantially on the all out 800. Not surprisingly, he ran 1:54 to finish it off and went 58,55 to boot. What this shows is that with the athlete being able to keep his lactate low AND having the anaerobic abilities to increase it be quite a lot, he was able to close much faster than in the earlier interval set.
Hervorhebungen von mir. Wenn du Probleme mit dem Englischen hast, kann ich es dir auch übersetzen.
Quelle ist der sehr lesenswerte
Blog von Steve Magness. Ähnliche Daten hatte Canova mehrmalsauf lets run.com veröffentlicht.
Im 2. Beispiel wird durch den 800m all out am Ende gut erklärt, wie ein Bekele so ein Finish wie z. B. in Peking hinbekommt. es ist also anzunehmen, dass man bei etwas langsameren Tempo als 5k Tempo ebenso einen Steady State antrainieren kann, der dank etwas geringerer Intensität logischerweise etwas länger gehalten werden kann.
Man könnte also Z. B. folgende Schwellen bzw Varianten eines Steady states definieren:
ca. 5,5 min für 3000 bei ca. 11-13 mmo
ca. 6min für 3000 Hindernis bei 11-13 mmol
ca. 8min für 5000 bei etwa 8-10 mmol
ca. 17-18 min für 10000 bei etwa 6-8mmol
Alles auf Elite-Leistungen bezogen, es scheint aber logisch, dass es auch bei langsameren Tempi möglich sein kann, sich den passenden Steady State anzutrainieren.
Wenn man weiter nach oben geht, kommt man eben irgendwann bei ca. 1 Stunde bei etwa 4mmol an., aber natürlich könnte man zwischendurch auch eine 40min Schwelle definieren, oder eine 1,5h Schwelle, ganz wie man es eben für einen Wettbewerb braucht.
Amigo hat geschrieben:
Weil die Laktatkonzentration bei Überschreitung des Schwellentempos nicht einfach wieder aufhört zu wachsen?
Die Frage ist durch obige Daten und Erklärungen möglicherweise beantwortet.
Amigo hat geschrieben:
Ansonsten gibt es noch eine weitere Schwelle: eine aerobe Schwelle. (Aber auch das ist wieder ne andere Diskussion.)
Man kann prinzipiell beliebig viel Schwellen definieren, s. o. Ob das jetzt wirklich sinnvoll ist, irgendwo richtung Marathontempo eine sogenannte Aerobe Schwelle zu definieren, sei mal dahiongestellt.
Amigo hat geschrieben:
Das ist gleichbedeutend damit, bei jedem gegebenen Tempo die Laktatwerte durch Training zu verringern. (Rechtsverschiebung der Laktatkurve, Erhöhung des Schwellentempos) Der Laktatwert an der Schwelle selbst ist dagegen durch Training nicht beeinflussbar.
Du hast möglicherweise nicht verstanden, was spezifisches Training bedeutet und was damit möglich ist. Es gibt keine feste Kurve, die sich immer komplett verschiebt. Ich wiederhole nochmal ein Zitat:
Steve Magness hat geschrieben:
Furthermore, the before and after data shows that with training it’s possible to change the lactate dynamics of a runner.
Amigo hat geschrieben:
Für eine Ausdauersportart wie den Langstreckenlauf ist das Schwellentempo von fundamentaler Bedeutung, sowohl im Training als auch im Wettkampf. Ein Tempo, welches höher als das Schwellentempo kann nicht dauerhaft (d.h. z.B. länger als 60 min.) aufrecht erhalten werden.
Die Vorstellung, das Stundenlauftempo die gleiche fundamentale Bedeutung für alle Langstrecken hat, ist vollkommen idiotisch.
Wenn du einen Hm in einer Stunde laufen willst, dann ist es logischerweise extrem wichtig. Je näher du an die Stunde daran kommst, desto wichtiger. Aber es ist nur ein Wert von vielen. Da ich z. B. die 1:20 knacken will und die 1h nie schaffen werde, ist für mich natürlich der Wert bei 80min-Tempo wichtiger als der bei 60min-Tempo.
Wenn ein 5000m- Spezialist seine Strecke in 15min laufen möchte, ist das Stundentempo oder der Laktatwert dabei sicher NICHT der aussagekräftigste Wert zur Trainingsteuerung. Am interessantesten st der Laktatwert beim 15min Tempo, nicht der bei 60min Tempo, denn es geht um ein 15min Rennen.
Zu den längeren Strecken: Für den Marathon ist natürlich viel aussagekräftiger, welches Tempo du über 1,5 oder 2h halten kannst als das Stundenlauftempo.
Also ist das Stundentempo nur
ein Zubringerwert für den Marathon. Im ambitionierten Marathontraining geht es dann wieder darum, "die Kurve zu verbiegen": Das Marathontempo wird möglichst nah ans Halbmarathontempo gebracht. Am interessantesten sind dann also die Laktatwerte beim Marathontempo.
Dabei gehen die Laktatwerte für schnellere Tempi auch nicht notwendigerweise deutlich mit nach unten, sondern der Quotient M Zeit/ Hm-Zeit wird verkleinert.
Amigo hat geschrieben:
Wie man die Intensitätsbereiche links und rechts davon nennt, ist für mich erstmal Nebensache. Eingebürgert haben sich eben "aerober Bereich" und "anaerober Bereich".
Solange das nicht zu Fehlern in der Trainingsgestaltung führt, ist eine seltsame Nomenklatur möglicherweise zu verschmerzen, obwohl es nicht gerade zu einem korrekten Verständnis der physiologischen Grundlagen des Laufsports beiträgt.
Leider hat Angst vor "anaerobem Training" aber schon oft zu suboptimalen Training geführt und das passiert auch immer noch.
Wenn man davon ausgeht, das obige Messwerte stimmen, die Entwicklung der Weltspitze auf den Langstrecken aufmerksam beobachtet hat und logisch denken kann, kann man eigentlich nur zu einem Schluss kommen:
Das bisherige Modell mit den 2 Schwellen (der "anaeroben" und der "aeroben") ist nicht mehr zeitgemäß.
gruß
C.