Hallo Silvester,
voraus schicken möchte ich, dass meine Hinweise, ohne dich näher zu kennen, auf jeden Fall einem Fischen im Trüben vergleichbar sind. Umso mehr, als ich selbst wirklich extremen Leistungsschwankungen nie ausgesetzt war; jedenfalls nicht ohne ersichtlichen Grund. Für möglich halte ich jedoch:
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- Der Witterungsumbruch von Kälte auf Wärme macht vielen Menschen zu schaffen. Es ist die Zeit in der viele sich auch einen Infekt einfangen. Die Frühjahrsmüdigkeit ist keine Legende, sondern ein durch körperliche Prozesse erklärbare Tatsache. Nur sind nicht alle Menschen gleich davon betroffen. Mag sein, dass du dazu gehörst. Und so ist leicht vorstellbar, wenn eine gewisse Sensibilität in dieser Richtung durch hartes Ausdauertraining um ein Vielfaches verstärkt würde. Das könnte erklären, weshalb du nicht an allen Tagen auf dem Damm bist.
- Speziell die Empfindung von bleiernen Beinen hatte ich oft im Training. Man muss aber unterscheiden zwischen subjektiv schlechtem Empfinden und tatsächlicher Leistungsfähigkeit. Wie oft ging ich in eine Trainingseinheit - z.B. Intervalltraining auf der Bahn - und war mir meiner Schwäche während des Aufwärmens sicher! Auch das erste Intervall trommelte ich mit "dicken Füßen" runter bis es dann besser ging. Doch hinterher war wieder klar: Ich hab es geschafft, sowohl hinsichtlich der Zeitvorgabe als auch was die Wiederholungszahl anging. Wäre ich wirklich schwach gewesen, hätten an meinen Beinen tatsächlich Zentnergewichte gehangen, dann hätte ich es nicht geschafft. Was wir empfinden entspricht nicht immer den physischen Tatsachen.
- Im Verlauf harter Trainingspläne ist mir durchaus geläufig, dass es gute und schlechte Tage gibt. Gute, an denen ich mich stark fühle und Spaß am Training habe. Schlechte, an denen der Motor nicht so recht anspringen will und die Laufeinheit durchaus zur Qual werden kann. Diese Schwankungen waren sicher nicht so stark, wie das was du beschreibst, könnten jedoch dieselbe Ursache haben. Welche? In manchen Fällen war klar, dass eine Konstellation aus harten vorherigen Trainingseinheiten, mit offenbar zu wenig Regeneration zu Grunde lagen. Die Restermüdung war noch so groß, dass so kommen musste. In diesem oder jenem Fall - dies war mir nach vielen Monaten irgendwann einmal klar - habe ich auch einfach viel zu wenig geschlafen!!! Andererseits gab es auch immer wieder solche tagesbezogenen Tiefs für die ich keine Erklärung fand; nicht die mindeste. Es war und bleib rätselhaft. Ich vermutete allenfalls das, was ich als nächstes beschreibe:
- Nach Jahren ehrgeizigen, wettkampfvorbereitenden Trainings, meist am persönlichen Limit, bin ich sicher, für mich persönlich sicher, das ich einem Biorhythmus unterliege. Ohne je den Versuch gemacht zu haben die Intervalle seiner Welligkeit, das Auf und Ab, zeitlich zu besimmen steht fest: Es gibt bei mir Tage, die für die Erbringung von Leistungen sehr geeignet sind, dann fällt es mir leicht zu trainieren und der Spaßfaktor ist groß. Ich empfand aber auch regelmäßig das Tief, durchaus auch mal zwei Trainingstage in Folge, wo die Einheiten zur bestenfalls spaßneutralen Pflichtübung missrieten.
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So wie du deine Tiefs beschreibst, vermag ich nicht an irgendwie krankhafte Ursachen zu glauben. Zum Beispiel kann Eisenmangel unerklärliche Schwächezustände begünstigen. Aber dann ist dieser Zustand beständiger, als du es beschreibst. Ich könnte mir allenfalls vorstellen, dass du ein Training zu wenig hydriert angehst, also generell zu wenig trinkst. Aber selbst daran glaube ich nicht wirklich.
Ich denke auch nicht, dass der Trainingsplan zu hart für dich ist. Erstens geht Steffny recht moderat vor. Zweitens würde sich eine einleitende Phase von Übertraining eher so bemerkbar machen, dass du generell müde, ausgelaugt und lustlos läufst. Sporadische Tiefs, gefolgt von wieder kraftvollen Läufen passen nicht in dieses Schema.
Kontrollierst du deinen Ruhepuls (Puls kurz nach dem Aufwachen)? Das wäre ein Mittel um ggf. irreguläre Körperzustände festzustellen. Wenn der plötzlich morgens um ~ 10 bpm höher liegt als gewöhnlich, dann könnte in dir was in Unordnung sein, was man medzinisch überprüfen müsste. Aber auch daran glaube ich nicht wirklich.
Wie steht es mit deiner sonstigen Lebensführung? Gingen den schlechten Tagen irgendwelche langen Nächte oder psychischen Belastungen voraus? War sonst etwas grundlegend anders als sonst?
Ich grabe deshalb so tief, weil ich mir aus eigenem Erleben nicht erklären kann, wieso du einen lang geplanten Lauf, für den nach läuferischem Ermessen noch genug Kraft hätte da sein müssen, bereits nach der Hälfte abbrechen musst. Dergleichen - klar gesagt - kenne ich nicht. Ok, ich hab schon Intervalltrainings abbrechen müssen. Aber das war dann in insgesamt kritischer Trainingssituation und dicht an meinem absoluten läuferischen Limit. Du bist davon aber als Läufer noch weit entfernt, da gibt es noch eine Menge Entwicklungspotential.
Aber lassen wir die Kirche im Dorf und dramatisieren das nicht. Wenn du in keiner Weise beunruhigende Ausfallserscheinungen kennst (Schwindel, Sehstörung, Schweißausbrüche, alles was einen beunruhigt, weil man es sonst nicht kennt), dann soll dir meine Aufzählung oben insgesamt signalisieren: So lange die Schwächen nur vereinzelt auftreten und von guten Läufen mit stabiler Leistung gefolgt werden, solltest du dir keine grauen Haare wachsen lassen. Auch die eventuelle Befürchtung ausgerechnet am HM-Lauftag in solch einem Tal zu stecken, solltest du von dir weisen. Erstens wird der Trainingsplan die Belastung rechtzeitig zurücknehmen, um dich voll aufgetankt ins Rennen zu schicken. Wenn dann zweitens ein unguter Körperzustand - ausgelöst wovon auch immer - dich drückt, so ist dies ohnehin nicht beeinflussbar. Und drittens wird dich das Lampenfieber psychisch dergestalt aufputschen (bei den meisten nicht völlig ehrgeizlosen Läufern ist das wohl so
), dass du mehr Leistung freisetzen kannst, als im Training je möglich wäre ...
Ich wünsche dir jedenfalls einen guten und schönen Lauf. Warum solltest du nicht unter zwei Stunden bleiben? Du hast ernsthaft trainiert und kannst es schaffen.
Gruß Udo